2008 arbeitete ich ein halbes Jahr in der Umgebung von Stuttgart. An den Wochenenden, die ich in Stuttgart blieb, spielten meist die Stuttgarter Kickers in der damaligen Regionalliga Süd daheim. Das war zwar kein Ersatz für den BVB, aber irgendwie gefielen mir die Blauen, ihr kleines nettes Stadion und ihre Eigenarten. Die rote Wurst hieß Stadionwurst, weil Rot die Farbe des großen Lokalrivalen VfB unten aus dem Tal ist. Und mit Bashiru Gambo trug auch jemand das hellblaue Trikot, der früher mal in Dortmund beim BVB kickte.
Die Kickers kämpften zu diesem Zeitpunkt verzweifelt um einen Platz in der neuen 3. Liga. Nach einer verpatzten Hinrunde war die Lage alarmierend; ein Abstieg in die Viertklassigkeit gefährde den finanziell schon fast traditionell klammen Verein existenziell, prophezeite der Vorstand.
Mein erster Besuch endete mit einer deprimierenden Niederlage gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern München, ohne das der Bayern-Nachwuchs groß überzeugte. Die Kickers spielten grottenschlecht; wie ein Team, das sich schon längst aufgegeben hatte. Die schwäbische Fußballseele kochte und trauerte zugleich – zumindest die Anhänger, die die Farbe Blau im Herzen hatte. Und wenn der bedächtige Schwabe mal zu Extremen neigt, dann muss die Lage schon verzweifelt sein. Den meisten Stuttgartern war die Lage der Kickers allerdings ziemlich egal. Doch die Mannschaft kämpfte sich heran, bot gegen Aalen und Unterhaching zwei sehr gute Heimspiele und qualifizierte sich am Ende in einem Herzschlagfinale für die 3. Liga
Knapp ein Jahr später ist die Stimmung wieder auf dem Siedepunkt. Dem Traditionsverein droht die Viertklassigkeit. Nach 32 von 38 Spieltagen liegen die Kickers auf dem 20. und letztem Platz, zum rettenden 17. Platz fehlen bereits acht Punkte. Nach dem 0:1 gegen den Mitkonkurrenten Wuppertal sprach Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum vom „gefühlten Abstieg“.
Mit dem
Slogan „Blaublut braucht dein Herzblut“ (
so ein Schwachsinn kann auch nur von einer Werbeagentur kommen) wollten die Stuttgarter noch einmal ihre Fans mobilisieren. Doch denen fehlt nach der schwachen Saison wohl der Glaube: 2 600 Zuschauer und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger erlebten eine weitere Katastrophenleistung der Heimmannschaft.
Irgendwie sind die Blauen nie in der Liga angekommen. Woran es lag? Keine Ahnung, aus der Ferne ist das nur schwer zu analysieren. Von Beginn an stand das Team fast immer auf einem Abstiegsplatz, die Bilanz: fünf magere Siege, 10 Unentschieden und 17 Niederlagen. Im September 2008 musste Trainer Stefan Minkwitz gehen, sein Nachfolger Edgar „Euro-Eddy“ Schmitt ereilte Mitte des Monats das Aus. Rainer Kraft soll jetzt das Wunder schaffen und den Absturz der Blauen, die immer noch in der ewigen Tabelle der zweiten Liga auf Platz 3 liegen, in die Regionalliga verhindern.