Freitag, 10. April 2009
Die Zeit der großen Hoffnungen
Heute Bremen, Samstag Leipzig, Sonntag Düsseldorf und Hoppegarten, Montag Köln, Hannover, München und Saarbrücken – über die Osterfeiertage nimmt die Grasbahnsaison im deutschen Galoppsport endgültig Fahrt auf. Es ist die Zeit, in der die Hoffnungen bei Besitzern, Trainern und Jockeys blühen.
Gerade gewann zum Beispiel Wiener Walzer, ein dreijähriger Hengst aus dem berühmten Gestüt Schlenderhan, ein Sieglosenrennen in Bremen. Ziemlich souverän, die Fachpresse wird wahrscheinlich schreiben „in zukunftsträchtiger Manier“. Die Hoffnung schwingt mit bei jedem Sieg in einer Prüfung für den klassischen Jahrgang. Vielleicht ist der junge Vollblüter ja zu höheren Weihen berufen, hoffen Trainer und Besitzer und träumen vom Derbysieg.
Die Dreijährigen-Rennen sind das Salz in der Suppe früh in der Saison – auch für den Wetter. Doch wie gut sind die Pferde, die oftmals ihren ersten Lebensstart absolvieren? Und jetzt kommen die Stallparaden der Fachzeitschrift Sport-Welt ins Spiel.
Los geht es meist Mitte Januar. Dann besuchen die Redakteure und Mitarbeiter die Trainer und stellen danach jedes Pferd einzeln vor. Früher galt: Besucht wird nur der Trainer, der mehr als 15 Siege in der Vorsaison. Für manche Betreuer war es erklärtes Saisonziel, in die Stallparade der Sport-Welt zu kommen. Heute haben sich die Kriterien etwas gelockert.
Die Stallparaden sind eine großartige Sache, auch wenn das Fachblatt manchmal etwas übertrieben lobhudelt. Natürlich wird kein Trainer zugeben, dass seine letzte Saison eine völlige Katastrophe war. Irgendein einen guten Aspekt gab es immer – und der wird in den Vordergrund gestellt. Auch wird kein Trainer sagen, dass der teuere Vollblüter ziemlich langsam ist und die Investition eigentlich rausgeschmissenes Geld war. Wäre ja auch reichlich dumm, den Besitzer, der ihn finanziert, so zu verärgern.
Der erfahrene Leser liest jedoch zwischen den Zeilen. Wird zum Beispiel lang und breit die ach so noble Abstammung beschreiben, dann heißt das oft: Das Pferd hat in der Arbeit eigentlich noch gar nichts gezeigt, sein Leistungsvermögen ist eher begrenzt.
Wobei die Qualität des Berichts natürlich auch davon abhängt, was der Trainer preisgibt oder ob er nur die üblichen Floskeln verbreitet. Mein besonderes Vergnügen: Die Stallparaden zu sammeln und dann im November noch mal zu lesen. Es ist immer wieder erstaunlich, welche früheren klassischen Hoffnungen dann noch sieglos sind oder gerade einmal einen Ausgleich 4 gewinnen konnten.