Einmal im Jahr zieht es ganz Dortmund auf die Galopprennbahn im Vorort Wambel, wenn die Stadtsparkasse Dortmund Freikarten für den Renntag an Christi Himmelfahrt verteilt. Früher endete dort mancher Vatertagsausflug. Heute gibt es zwar auch noch Männergruppen auf der Bahn, die den Vatertag feuchtfröhlich ausklingen lassen. Der Großteil der Besucher aber sind Familien mit Kindern.
Für Puristen, die nur wegen der Pferde kommen, sind solche Renntage nichts. Überall Lärm, überall lange Schlangen, Gedränge – Volksrenntage verlangen dem Besucher einiges ab. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an einem Samstag in den neunziger Jahren, als ich nach Köln zur Rennbahn fuhr und mir nicht bewusst war, dass der berüchtigte Otto-Mess-Renntag auf dem Programm stand.
Der Umsatz an diesem Tag ist nicht besonders – im Vergleich dazu, wie viele Besucher auf der Bahn sind. Doch viele Gäste an diesem Tag sind Anfänger. Sie wetten entweder kleine Beträge (die berühmten 2 Euro auf Platz) oder gar nicht, weil es ihnen zu kompliziert erscheint. Viele sind einfach nur da, gucken sich die Pferde und Rahmenprogramm an.
Von 102 000 DM auf 20 000 Euro
Dabei verpasst der Rennverein marketingmäßig eine große Chance. Denn seit ewiger Zeit ist an diesem Renntag die Bahn propenvoll, doch das Gros der Besucher kommt nicht zu den anderen Rennveranstaltungen. Warum? Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen in Dortmund auf diese Frage schon einmal systematisch eine Antwort gesucht haben…
Sportlicher Höhepunkt ist der große Preis der Sparkasse Dortmund für dreijährige Pferde über 2000 Meter. Dass der deutsche Rennsport in der Krise steckt, merkt der Dortmunder Rennverein schmerzhaft an der Dotierung. In diesem Jahr betrug das Preisgeld 20 000 Euro, 2006 waren es noch 30 000 Euro, zu DM-Zeiten war das Rennen 1997 sogar mit satten 102 000 DM dotiert.
Das Listenrennen gilt als Vorprüfung zum deutschen Derby, auch wenn das letzte Pferd, das das Doppel schaffte, schon lange Geschichte ist: 1978 war es
Zauberer. Die Placierten sorgten oftmals in Hamburg für Furore: 1999 war
Belenus in Wambel Zweiter und gewann dann das Derby; 2001 kam
Boreal auf Rang 3 und triumphierte anschließend in Hamburg-Horn. Die Dortmunder Siegerliste enthält aber viele
prominente Namen – unter anderem den großartigen
Well Chief, der später eines der besten Hindernispferde in England wurde.
Der Sieger 2009 heißt
Daring Tiger, wird trainiert von Peter Schiergen, und dürfte ebenfalls ein sehr gutes Pferd sein, besitzt aber keine Derbynennung,
weil die 2000 Meter die Grenze seines Stehvermögens seien.
Eine Derbynennung hat hingegen der Zweite
Panyu, ein Halbbruder von Platini und Paolini. Eigentlich hatte ich den Wöhler-Schützling schon als Sieger gesehen, doch Daring Tiger kämpfte groß und war am Ende knapp vorne. Panyu lief noch etwas grün, was auch für
Attila Sher Danon und besonders
Torres galt. Die beiden letztgenannten schätze ich eher als Pferde für 2000 Meter ein. Leider gab es nur fünf Starter; alle sahen im Führring phantastisch aus. Besonders Torres, der von Erika Mäder trainiert wird, ist ein Bild von einem Pferd und ist sich dieser Tatsache – so wie er durch den Ring stolzierte – auch bewusst.
Viel Zukunft
Im Rahmenprogramm gab es mit
Navajo Dancer (zur lächerlichen Quote von 14:10, aber laut
Galopponline hat das Pferd im großen Wöhler-Stall einen hohen Stellenwert) und besonders
King’s Bell im Stutenrennen zwei talentierte Sieger mit vielen Pferden dahinter, von denen noch einiges zu hören sein wird. Interessant auch das zweite Rennen, eine harmlose Prüfung der Kategorie E über 1750 Meter:
Löwenherz, einst ein Pferd mit einigen Ambitionen, gewann auch beim zweiten Start nach der Pause eindrucksvoll. Einen Hinweis verdient außerdem
Next Style, ein Halbbruder des Derbysiegers
Next Desert. Der Wallach, der dem Gestüt Wittekindshof des Dortmunder Rennvereinspräsidenten Hans-Hugo Miebach gehört, hatte zwar keine Chance gegen den Sieger, wurde sehr schonend geritten und zeigte sich gegenüber dem Comeback in Mülheim deutlich gesteigert.
Wetttechnisch war der Tag ein Flop. Noch mehr hätte ich mich allerdings geärgert, wenn ich in Baden-Baden im Betty-Barclay-Rennen
Ruten auf Sieg gewettet hätte. Das Pferd von Andreas Löwe lief im „Marathon der Spitzenklasse“ (
Sport-Welt) ein großes Rennen, scheiterte aber knapp an
Flamingo Fantasy. Da das Motto aber lautete an diesem Tag „Keinen Cent für Baden“, gab es auch keine Wette im Iffezheimer Hauptereignis. Der Grund: Weil Baden-Baden seit einiger Zeit am Feiertag veranstaltet, nimmt es den eh’ schon arg gebeutelten Rennvereinen Dortmund und Magdeburg, die traditionell an Himmelfahrt veranstalten, Außenumsatz weg. Baden-Baden soll wieder zurück auf den Freitag! Meine paar Euro werden die nicht interessieren, aber sie sollen es zumindest wissen….
Nachtrag: Panyu wechselte nach dem Rennen zu Trainer Peter Schiergen und verließ damit den Stall von Andreas Wöhler