Dienstag, 5. Mai 2009
In England gefeuert, in Holland gefeiert
Vom Volldeppen zum Architekten des Erfolges – Steve McClaren, Trainer des holländischen Erstligisten FC Twente Enschede, kennt die Wechselbäder des Trainerlebens.
Das Bild ging um die Welt und wird ihn wohl sein Leben lang verfolgen. November 2007, es regnete in Strömen im Londoner Wembleystadion und Englands damaliger Nationaltrainer McClaren verfolgte den Untergang seiner Mannschaft im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Kroatien zur Fußball-EM 2008 unter einem Regenschirm mit einem Getränkebecher in der Hand. Es war der Anfang vom Ende seiner Zeit als Teamverantwortlicher: Lampard, Beckham, Gerrard und co. verpassten durch ein 2:3 die Qualifikation für die Veranstaltung in Österreich und der Schweiz.
England war entsetzt über das erneute Scheitern. Hauptschuldiger war natürlich der Nationaltrainer – und der besaß auch noch die Unverfrorenheit, sich vor Wind und Wetter mit einem Schirm zu schützen. So ein Weichei! „Der Trottel mit dem Regenschirm“, tönte die Boulevardpresse, zum Beispiel die unsägliche Daily Mail. McClaren wurde gefeuert – und war für die englische Öffentlichkeit fortan die Witzfigur, die England die Europameisterschaft kostete.
Dabei hatten die hochdotierten Stars aus der Premier League schon unter seinem Vorgänger Sven Göran Eriksson bei der WM 2006 „Steinzeitfußball“ gezeigt. Das setzte sich unter McClaren fort – der frühere Assistent von Alex Ferguson bei Manchester United und spätere Manager des FC Middlesbrough war nicht in der Lage, den Three Lions ein erfolgreiches taktisches Konzept zu vermitteln.

Besser als Ajax, Feyernoord und PSV
Im Sommer 2008 wechselte McClaren in die holländische Provinz zum FC Twente Enschede. Der Verein hatte seine größten Momente in den siebziger Jahren, als er 1974 niederländischer Vizemeister wurde und 1975 im UEFA-Cup-Endspiel Borussia Mönchengladbach mit 0:0 und 1:5 unterlag. Ansonsten stand der Club in der Ehrendivisie aber immer im Schatten der großen Drei des niederländischen Fußballs: Ajax Amsterdam, PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam. Und von Januar 1996 bis September 1999 wirkte dort ein gewisser Hans Meyer als Trainer.
McClaren übernahm allerdings in Enschede ein funktionierendes Team. Unter seinem Vorgänger Fred Rutten, der nach Schalke wechselte (und dort bekanntlich scheiterte), belegte Twente Rang 4 und qualifizierte sich in der Play-off-Runde zur Champions League durch einen Erfolg gegen Ajax Amsterdam für die europäische Königsklasse. Dummerweise traf der Engländer in der 3. Runde der Qualifikation auf seine Landsleute vom FC Arsenal (obwohl dort ja kaum Engländer spielen). Die Gunners erwiesen sich aber als eine Nummer zu groß und zogen locker mit 4:0 und 2:0 in die Gruppenphase ein.
Doch in der Meisterschaft war der ehemalige englische Nationaltrainer höchst erfolgreich: Einen Spieltag vor Abschluss der Serie qualifizierte sich der FC Twente durch ein 3:0 gegen den bereits feststehenden Meister AZ Alkmaar als Vizemeister für die Qualifikation für die Champions League, weil Ajax Amsterdam sich mit 0:4 gegen Sparta Rotterdam blamierte. Damit steht erstmals seit 1981 kein Vertreter der großen „Drei“ im Europapokal der Landesmeister bzw. der Champions League.
Zudem erreichte das Provinzteam das Pokalfinale und trifft dort auf den SC Heerenveen. Im UEFA-Pokal besiegte Twente unter anderen den FC Schalke mit Trainer Rutten.
McClaren setzte dabei auf das bewährte 3-4-3-System seines Vorgängers und profitierte laut Kicker (Artikel leider nicht online) von der starken Offensive mit Regisseur Kenneth Perez (34) und den Angreifern Eljero Elia (22), Blaise Nkufo (33, ehemals Hannover und Mainz) sowie Marko Arnautovic (20), der im Februar als Kuranyi-Nachfolger in Schalke im Gespräch war.



Der Galopper der Woche: Ghanaati
Vor den englischen 1000 Guineas am Sonntag auf der Rennbahn in Newmarket richteten sich alle Augen auf Rainbow View, die zweijährig den Stuten-Jahrgang 2006 souverän beherrschte und als deutliche 17:10 Favoritin an den Start ging. Doch auch für die Stute von Trainer John Gosden galt nach dem Rennen die alte Turfweisheit: Es gibt keine „unverlierbaren“ Pferde. Zumal überragende zweijährige Vollblüter nicht zwangsläufig zu herausragenden dreijährigen Rennpferden werden.
Im Ziel hatten die berühmten blauen Farben von Scheich Hamdan Al Maktoum souverän mit eineinhalb Längen Vorsprung die Nase vorne. Die 210:10-Außenseiterin Ghanaati (Trainer Barry Hills/Jockey Richard Hills) gewann die 1000 Guineas vor Cuis Ghaire (Jim Bolger/Kevin Manning) und Super Sleuth (Brian Meehan/ Martin Dwyer). Die Favoritin Rainbow View wurde nur Fünfte.
Ghanaati lag immer prominent und als Jockey Richard Hills sie kurz aufmunterte, löste sich die Stute leicht von ihren Rivalinnen, blieb völlig ungefährdet. Die Tochter von Giant's Causeway präsentierte sich gewaltig gesteigert: Ghanaati lief 2008 zweimal auf der Allwetterbahn in Kempton und legte beim zweiten Start in einem „schwachen Rennen“ (so die Racing Post) ihre Maidenschaft ab. Der Zweitplacierte gewann inzwischen aber zwei Rennen in Serie.
Zudem hatte man im großen Hills-Stall immer eine hohe Meinung von der Stute. Sie kommt aus einer guten Familie, aus der unter anderem der Gruppe I-Sieger Nayef stammt. Auf eines ist bei Trainer Barry Hills außerdem Verlass: Seine Pferde sind in jeder Saison zu Beginn in Topform, er ist ein absoluter Frühstarter. Auch 2009 hat er bislang eine Siegquote von 30 Prozent bei seinen dreijährigen Startern.