Mittwoch, 14. August 2019
Fünf Handicap-Aufsteiger aus Deutschland und England
Sie marschieren durch die Handicaps und nach jedem Erfolg fragt sich der Beobachter, ob noch weiter Luft nach oben ist. Fünf Handicapper, die mit ihren Erfolgen für Aufsehen in England und Deutschland sorgten: King’s Advice, Timoshenko auf der Insel, Mockingjay, Bolt Phantom und Lover Boy in Deutschland.


King’s Advice (Trainer Mark Johnston)
Es war der achte Sieg beim neunten Saisonstart 2019: King’s Advice triumphierte auch im mit 100000 Pfund dotierten Qatar Summer-Handicap über etwas mehr als 2800 Meter. Outbox war ein hartnäckiger Gegner, der Rest des gutklassigen Feldes folgte schon mit etwas Abstand. Treue Leserinnen und Leser dieser Seiten kennen dieses Pferd natürlich. Einst in Deutschland trainiert von Andreas Wöhler, hat der Wallach in der Obhut von Trainer Mark Johnston noch mal deutlich zugelegt. Der Frankel-Sohn läuft gerne von vorne und wenn erst mal an der Spitze sind, dann kommen die Gegner nur schwer vorbei. Besonders, wenn der grandiose Joe Fanning im Sattel sitzt. Jetzt geht er als Favorit in das Ebor-Handicap in York, ein Rennen dotiert mit sage und schreibe einer Million Pfund.

Timoshenko (Trainer Sir Mark Prescott)
Der Stall von Trainer Sir Mark Prescott, einem Urgestein des britischen Turfs, startete in diese Saison sehr schlecht. Doch so langsam kommen die Pferde in Schwung. Eine der Hoffnungen der Saison heißt Timoshenko und der bestätigte dann auch im Goodwood Cup Handicap (Class 2, 50000 Pfund) über weite 4146 Meter diesen Status. Der vierjährige Archipenko-Sohn siegte mit sehr viel Stehvermögen, auf dem so kniffligen Kurs von Goodwood fand Jockey Luke Morris innen die entscheidenden Lücken. Es war der erste Saisonstart des Wallachs und der sechste Erfolg in Serie.
Zweijährig hatte Timoshenko 2017 vier Starts ohne Erfolg absolviert. Doch damit konnte er ganz unten im Ausgleich beginnen und so marschierte er 2018 über Strecken ab 2400 Metern durch die Handicaps – Chepstow, Ayr, Lingfield, wieder Chepstow und zum Schluss Musselburgh. Da waren die Gegner schon deutlich besser, denn es war immerhin ein Class 2-Ausgleich. Und jetzt ein weiterer Schritt nach vorne: „Es gibt keinen besseren Trainer als Mark, ein Pferd auf den Tag topfit zu bekommen“, sagte Jockey Luke Morris. Dabei war diese Prüfung wie so viele in Goodwood gespickt mit Formpferden und noch nicht erfassten Kandidaten. Geht es noch weiter? Nächstes Ziel soll das Cesarewitsch Ende Oktober in Newmarket sein.

Mockingjay (Trainer Marco Angermann)
Über Mockingjay und seine Besitzerin Steffi Schröder gibt es bei Galopponline eine schöne Story, die beste Werbung für den Turf ist. Weil sie den Enthusiasmus gerade vieler kleiner Besitzer wunderbar schildert – und weil die Geschichte natürlich auch viele Herz-Schmerz-Momente hat. Lutz Pyritz hatte das Pferd für Steffi Schröder auf der Auktion in Iffezheim ausgesucht und sollte es auch trainieren. Doch dann starb Pyritz Anfang Juni 2018, Mockingjay wechselte zu Frank Trobisch und gewann 2018 in Bad Harzburg und Leipzig seine ersten Rennen.
In diesem Jahr verbesserte sich Mockingjay – nun im Training bei Marco Angermann – noch mal deutlich. Im Düsseldorfer Ausgleich 2 am Diana-Tag feierte der Soldier Hollow-Sohn mit Bauyrzhan Murzabayev in einem Herzschlagfinale Erfolg Nummer 5 in Serie. Der Wallach siegte in Hoppegarten, Hannover, Baden-Baden (alle Ausgleich 3), Hamburg und Düsseldorf (beides Ausgleich 2). Und so langsam gehen die Startmöglichkeiten in Deutschland aus. Weil es hier so wenige Ausgleich 1-Prüfungen gibt.

Bolt Phantom (Trainer Lucien van der Meulen)
Die letzte Form aus Deauville war nicht mehr so gut, die zweiten Plätze (unter anderem im Ausgleich 1) beim Hamburger Derbymeeting waren aller Ehren wert. Davor hatte Bolt Phantom – der Top-Sprinter Usain Bolt stand offenbar bei der Namensgebung Pate – eine tolle Siegesserie hingelegt. Fünf Rennen nacheinander gewann das Pferd von Trainer Lucien van der Meulen 2018 und 2019 – Dresden, zweimal beim Meeting 2018 in Hamburg, Krefeld und dann im Juni 2019 in Baden-Baden. Aus dem Ausgleich 4 in den Ausgleich 1 auf Distanzen bis 1400 Metern, der England-Import zählt zur schnellen Brigade.
Auf der Insel kam Bolt Phantom für Trainer Ismail Mohammed über Ansätze nicht hinaus, lief immerhin in den Windsor Castle Stakes während Royal Ascot. Doch er blieb zweijährig sieglos, pausierte 2017 und kam dann zu van der Meulen nach Rijkevoort in den Niederlanden. Der Mann hat ein Gespür für solche Kandidaten, Bolt Phantom fand schnell zur Form und marschierte durch die Handicaps.

Lover Boy (Trainer Pavel Vovcenko)
Es ist schön erstaunlich. Bei Anna Schleusner-Fruhriep zeigte Lover Boy in sechs Starts noch nicht einmal einen Ansatz, doch beim ersten Start in Baden-Baden für Pavel Vovcenko war der Campanalogist-Sohn sofort – zu erstaunlich niedrigen Odds – erfolgreich. Der Sieg mit Bauyrzhan Murzabayev fiel überlegen aus und da konnte der Betrachter schon ahnen, dass Lover Boy mehr als nur Ausgleich 4 kann. Das zeigte er dann im Hamburger Ausgleich 3 mit dem Erfolg gegen Anarchy. Und es kam noch besser: Zwei „Superhandicaps“ (dotiert mit jeweils 20000 Euro) holte sich der Wallach während der Harzburger Rennwoche. Mitbesitzer Stephan Ahrens wird das besonders gefreut haben, denn er ist Präsident des Harzburger Rennvereins und Heimsiege sind eben besonders schön. Und vielleicht kann Lover Boy noch mehr als Ausgleich 2. Stephan Ahrens hofft das jedenfalls



Samstag, 6. Juli 2019
Dschingis First gegen die Großen Drei im Derby
Auf dem Papier sieht das Deutsche Derby 2019 in Hamburg nach einem Drei-Pferde-Rennen aus: Laccario, Django Freeman und Quest For Fame sind die gemeinten Pferde. Aber grau ist alle Theorie: Vielleicht verdirbt ja Dschingis First die Party.

Früher, da war dieser erste Sonntag im Juli immer etwas ganz Besonderes. Es war der Tag des Deutschen Galoppderbys, schon in der Woche vorher fieberte der Kolumnist diesem Ereignis entgegen. Und einmal im Jahr stand der Galopprennsport im medialen Interesse: Das Fernsehen übertrug live und Zeitungen, die sonst den Sport hartnäckig ignorierten, schrieben über das Derby.
Heute ist vieles anders: Der Kolumnist wurde älter und zynischer, das Fernsehen überträgt nicht mehr live, Print-Tageszeitungen haben viele Leser verloren. Das Rennen läuft natürlich bei den Online-Wettportalen und bei den Buchmachern, aber neue Interessenten lockt nur das Free-TV. Und da sieht es mit einer Übertragung ziemlich schlecht aus. Wie schon in den Jahren zuvor.
Wer gewinnt denn nun 2019? Der letzte Derbysieger, den der Kolumnist richtig angesagt hatte, hieß Lucky Speed und das war 2013. Die Strategie, gegen den Top-Favoriten zu spielen, zahlte sich in den letzten Jahren leider nicht aus – übrigens sowohl im Deutschen als auch Englischem Derby.



Der letzte Treffer: Lucky Speed triumphiert im Derby 2013

Aber auch in diesem Jahr wette ich gegen die Favoriten. So ruhen die Hoffnungen diesmal auf Dschingis First. Er kommt aus einer berühmten Familie: Von der Mutter Divya stammen die Derbyplatzierten Destino (Zweiter 2018) und Dschingis Secret (Dritter 2016, vorläufig), die alle zudem den gleichen Vater – Soldier Hollow – haben. Die Mutter weiß, was sie ihren Söhnen mitgeben muss, damit sie auf dem Hamburger Kurs erfolgreich sind.

Spätreif
Vieles an Dschingis First erinnert an Dschingis Secret: Auch letzterer war ein Spätentwickler, der von Start zu Start besser wurde. Auch er war Dritter in der Union, es folgte der gleiche Rang im Derby 2016. Mit vier wurde das „Geheimnis“ dann richtig gut.
Dschingis First galt bei Trainer Markus Klug immer als sehr veranlagt, aber auch als spätreif. Gegen die Jahrgangsspitze zog sich der Klug-Schützling zweimal ordentlich aus der Affäre. In der Bavarian Classic im Mai lief er – ohne dass ihn Jockey Adrie de Vries groß forderte – auf Platz 3, Django Freeman und Quest The Moon gingen aber deutlich besser. Auch in der Union (Platz 4 )hatte er einen starken Moment, aber gegen Laccario und Django Freeman blieb er letzlich ohne Möglichkeiten. Kann ein Siegloser das Derby gewinnen? Schwer, aber möglich. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Für Dschingis First spricht zum einen die Distanz von 2400 Metern, die ihm entgegenkommt, zum anderen weiß sein Trainer Markus Klug, wie das Derby gewonnen wird. Wenn sich der Hengst t weiter steigert, dann ist vielleicht die Überraschung drin. Sonst wird Dschingis First erst mit vier richtig Spitze.

Die klaren Favoriten
Drei Pferde sind die Hauptgegner: Zum einen Laccario, der überlegene Sieger in der Union. Ein von Start zu Start verbesserter Scalo-Sohn und nach den bisherigen Eindrücken nur schwer zu schlagen. Die letzten Erfolge fielen sehr souverän aus, nie hatte der Beobachter den Eindruck, dass sein Jockey das Letzte von ihm fordern musste. Das Pferd von Trainer Andreas Wöhler siegte mit dem berühmten „Finger in der Nase“. Sein Jockey Eddie Pedroza vergleicht ihn mit dem berühmten Novellist, der später die King George gewann, aber im Derby mit Pedroza von Pastorius auf den letzten Meter „geschluckt wurde“.
Der nächste große Kontrahent heißt Django Freeman. Henk Grewe, sein Betreuer, ist einer der Aufsteiger bei den deutschen Trainern. Sein Schützling war einer der besten Zweijährigen des Jahrgangs und diese Leistungen bestätigte er dreijährig. Er siegte im Bavarian Classic und war Zweiter in der Union. Dort war der Rennverlauf nicht optimal, doch ob er an diesem Tag eine Chance gegen Laccario gehabt hätte, erscheint fraglich.
Quest The Moon hat jetzt Andrasch Starke im Sattel, der auf dem Derbykurs eine so gute Bilanz wie kein anderer hat. Der Sea The Moon-Sohn, der in München von Sarah Steinberg betreut wird, ist der Dritte Große im Starterfeld. Auch er zeigte zweijährig schon starke Leistungen, war dann zum Saisonauftakt guter Zweiter im Bavarian Classic. Das sah schon sehr vielversprechend aus und diese Vorschusslorbeeren bestätigte er mit einem Sieg im Prix du Lys in Longchamp über 2400 Meter. Die Pferde hinter ihm bestätigten die Form durchaus.
Wer hat noch eine Chance? An den englischen Gast Surrey Thunder glaube ich auch bei weichem Boden nicht so recht, eher ist Beam Me Up das Pferd für die Überraschung. Nach Formen muss er sich gewaltig steigern, aber er ist ein Pferd mit viel Luft nach oben.



Donnerstag, 13. Juni 2019
Drei große Vorbilder für Laccario
Das war schon eine sehr beeindruckende Vorstellung, mit der Laccario die Kölner Union gewann. Auch wenn Django Freeman auf den letzten Metern noch mal anzog, hatte Eddie Pedroza auf dem Sieger alles im Griff. Ohne Laccario dabei groß zu fordern. Jedenfalls war der Schützling von Andreas Wöhler der beste Union-Gewinner seit Sea The Moon 2014 und geht damit als Favorit ins Derby. Die Union wird immer von sehr guten Pferden gewinnen. Drei großartige Sieger der letzten zehn Jahre – und ihre weitere Karriere.

Sea The Moon (2014, Trainer Markus Klug): Er ging als klarer Favorit in die Union und Sea The Moon wurde dieser Rolle auch gerecht. Kurz sah es etwas mühselig aus, doch je weiter es wurde, desto leichter zog der Schützling von Markus Klug Rapido (ja, dem Rapido) und Swacadelic davon. Im Derby wurde der Hengst dann von Christophe Soumillon gesteuert, sein vorheriger Jockey Andreas Helfenbein verpasste einen hochüberlegenen Triumph mit elf Längen Vorsprung gegen Lucky Lion.
Es war eine Demonstration purer Klasse und in Deutschland dachten die meisten, ein Pferd der Arc-Güte zu haben. Ein Dämpfer gab es allerdings beim ersten Aufeinandertreffen mit den älteren Pferden, denn Ivanhowe (damals noch ohne Our) besiegte ihn im Großen Preis von Baden sicher. Das war bereits das Ende der Rennkarriere von Sea The Moon, der verletzungsbedingt nach nur fünf Starts in die Zucht wechselte.



Sea The Moon in der Union 2014: Im Derby war er noch besser

Ivanhowe (2013, später Our Ivanhowe, Trainer Jean-Pierre Carvalho): Auch Ivanhowe, damals noch ein Schlenderhaner, ging als Favorit in die Union. Dabei war es erst sein dritter Lebensstart, vorher hatte er gerade mal eine Sieglosenprüfung gewinnen können. Doch die Wetter lagen diesmal richtig: In Köln triumphierte er souverän mit Adrie de Vries, Empoli und den Riesen-Außenseiter Orsello blieben die Plätze 2 und 3. Beim Derby allerdings enttäuschte Ivanhowe und belegte nur Platz 8, der Sieger hieß Lucky Speed.
Doch in Bestform hatte der Hengst sehr gutes Format, was er 2014 eindrucksvoll bewies. Zum Saisonauftakt ein Erfolg im Gerling-Preis, dann jedoch war er ohne bessere Möglichkeiten im Grand Prix de Chantilly. Seine beste Leistung zeigte er wohl im Großen Preis von Baden, als er den frischen Derbysieger Sea The Moon sicher in die Schranken wies. Der Arc war jedoch eine Nummer zu groß, dafür imponierte er zum Saisonende bei seinem sicheren Erfolg im Großen Preis von Bayern (Gruppe 1) in München. 2015 wechselte der Soldier Hollow-Sohn nach Australien und holte sich immerhin noch zwei Gruppe 1-Siege.

Novellist (2012, Trainer Andreas Wöhler): Ungeschlagen kam Novellist nach Köln zum Union-Rennen und selten gab es einen größeren Favoriten. Mickrige 1,20 Euro für einen Euro bekamen die Wetter in der Union, doch der Monsun-Sohn lieferte. Nachdem Jockey Eddie Pedroza die Lücken gefunden hatte, löste sich Novellist locker vom Feld, am Ende hatte er fünf Längen Vorsprung vor Munic Boy.
Im Hamburger Derby gab es die erste Niederlage: Novellist kam außen stark ins Rennen, doch Pastorius rauschte ganz außen mit Terry Hellier vorbei und fing den Favoriten noch ab. Dass der Wöhler-Schützling aber ein hochklassiges Pferd ist, bewies er 2013 eindrucksvoll. Vier Starts, vier Siege lautete die tolle Bilanz des nochmal verbesserten Hengstes: Höhepunkt war der überlegene Sieg mit fünf Längen im King George in Ascot gegen Trading Leather. Dazu gab es zwei Triumphe in Baden-Baden (Großer Preis der badischen Unternehmer, Großer Preis von Baden) sowie ein erster Platz im Grand Prix de Saint Cloud (Gruppe 1) – es war eine grandiose Saison.



“Novellist kicked away“: Sein größter Sieg im Gruppe 1-King George in Ascot. Nach Danedream der zweite deutsche Erfolg in kurzer Zeit in diesem Prestige-Rennen.



Samstag, 18. Mai 2019
Noble Moon ein mutiger Tipp
Ganz neue Konstellation im Mehl-Mülhens-Rennen, den Deutschen 2000 Guineas: Nur drei deutsche Pferde rücken am Sonntag in Köln in die Boxen, hinzukommen sechs Starter aus England und je einer aus Frankreich und Irland. Das zeigt einerseits die Krise im deutschen Turf, andererseits reiten auch nicht jeden Tag Leute wie Oisin Murphy, Joe Fanning oder Gérald Mossé in unserem Land. Der Klassiker ist zudem 2019 eine ziemlich kniffelige Anlegenheit. Starter und Chancen.

1. Arctic Sound (Trainer Mark Johnston/Jockey Joe Fanning): Wie viele Pferde von Mark Johnston zweijährig fleißig und erfolgreich: Vier Siege bei sechs Starts. Gruppe-3-Sieger aus Newmarket über 1400 Meter, als er mit Speed und Ausdauer gefiel. Beim Saisondebüt im European Free Handicap aber nur anfänglich gut dabei. Diese Form sollte er steigern können, Joe Fanning im Sattel ist ein weiteres Plus.

2. Fox Champion (Trainer Richard Hannon/Jockey Oisin Murphy): Von Rennen zu Rennen verbesserter Kodiac-Sohn, drei Siege bei vier Starts, zuletzt erfolgreich in einem Conditions-Stakes in Newmarket. Jetzt wird ein weiterer Sprung verlangt, das Potenzial könnte er haben. Erster Versuch über 1600 Meter, die Distanz sollte er können. Frontrenner.

3. Global Spectrum (Trainer Gay Kelleway/Jockey Gérald Mossé): Drei Erfolge bei vier Starts, Höhepunkt war der Sieg in der Al Biddah Mile (Gruppe 2). Die Form ist schwer einzuschätzen, chancenlos in starker Konkurrenz in den Craven Stakes in Newmarket.

4. Great Scot (Trainer Tom Dascombe/Jockey Richard Kingscote): Nach Vorformen der stärkste Gast. Zwar „nur“ Platz 9 in den englischen 2000 Guineas, aber gar nicht so weit geschlagen auf der „falschen“ Seite. Zum Saisonauftakt guter Zweiter in den Greenham Stakes und auch zweijährig mit starken Leistungen in sehr starker Gesellschaft. Kann manchmal laut Racing Post ein wenig nervig sein, pullte etwa Anfangs ziemlich hart in den Greenham Stakes.



Die Greenham Stakes 2019 in Newbury: Great Scot wird Zweiter.

5. Marie’s Diamond (Trainer Mark Johnston/Jockey P.J. McDonald): Zweiter Starter aus dem Quartier von Mark Johnston. Bereits elf Lebensstarts, neun davon als Youngster. Zweijährig mit guten Formen, unter anderem Gruppesieger in The Curragh und Zweiter in den Richmond Stakes in Goodwood (Gr.2). Alles über kürzere Distanzen, beim ersten Versuch über 1600 Meile Vierter in einem Listenrennen in Newcastle. Andere Kandidaten überzeugen mehr.

6. Noble Moon (Trainer Peter Schiergen/Jockey Andrasch Starke): Der Winterfavorit, zweijährig in zwei Starts unbesiegt. Platz 5 im Krefelder Busch-Memorial war ein wenig enttäuschend, allerdings hatte er auch ein schlechtes Rennen und kam erst spät richtig in Schwung. Nach der Winterfavorit-Form aber ein echter Prüfstein für die Gäste. Viele Pferde aus dem Peter Schiergen-Stall zeigen sich zudem beim zweiten Saisonstart deutlich verbessert.

7. Pogo (Trainer Charles Hills/Jockey Franck Blondel): Auch schon der elfte Start im Leben. Zuletzt Überraschungssieger in einem Class 2-Handicap, lief vorher oft in guter Gesellschaft und schlug sich manchmal ganz achtbar. Solider Kandidat, aber ohne große Empfehlungen.

8. Revelstoke (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Bauyrzhan Murzabayev): Talentiertes Pferd aus dem Wöhler-Quartier, das zweijährig Gruppeplatziert in Italien war. Ordentlicher erster Saisonsieg in Mülheim, jetzt heißt es Farbe bekennen. Mit Sicherheit noch weiteres Potenzial nach oben, sehr interessant.

9. Sibelius (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie de Vries): Von den heimischen Startern das Pferd mit der größten Erfahrung. Ganz ordentliche Formen in guter Gesellschaft und auch Platz 4 im Busch-Memorial war passabel. Dennoch fehlt das letzte Stück Klasse – Außenseiter.

10. Wargrave (Trainer J.A Stack/Jockey Jamie Spencer): Irischer Gast, der im sechsten Versuch in Naas im März erstmals siegte. Aber immerhin oft platziert, unter anderem in einem Listenrennen. Platz 4 im Guineas-Trial in Leopardstown war ok. Wäre dennoch eine Überraschung.

11. Lady Te (Trainer Carin Fey/Jockey Alexis Badel): Tertulian-Tochter aus dem Quartier von Carina Fey in Chantilly. Platz 3 in einem Gruppe 3-Rennen in Longchamp ist eine Empfehlung, vorher oft über längere Strecken in Altersgewichtsrennen und Handicaps unterwegs. Außenseiterin, aber nicht hoffnungslos.

Urteil
Great Scot, Arctic Sound und Fox Champion sind starke ausländische Gäste, die alle gute Chancen anmelden. Doch der Winterfavorit Noble Moon ist besser als die Krefelder Form, sein Erfolg gegen den aktuellen Derby-Favoriten Django Freeman war große Klasse. Revelstoke ist ein Pferd mit offenbar viel Talent. Er wird sich weiter verbessern.



Mittwoch, 15. Mai 2019
Deutsche Starter ohne Chance
So richtig rund läuft es bislang nicht für die deutschen Pferde in den Top-Rennen des Wochenendes. Wenn ausländische Gäste da sind, siegen sie auch meist. Auch wenn deren Form nicht besonders aufregend erscheint – siehe am Wochenende Raa Atoll im Oleander-Rennen in Hoppegarten. Oder am Sonntag davor French King im Carl Jaspers-Preis (Gruppe 2) in Köln. Ergebnisse, die doch ein wenig ernüchtern – bezogen auf die Qualität der einheimischen Armada.

Am Sonntag in Hoppegarten gab es sogar einen irischen Doppelerfolg. Aber nicht der hohe Favorit Thomas Hobson aus dem irischen Hindernis-Champion-Quartier von Willie Mullins machte das Rennen, sondern der Außenseiter Raa Atoll aus dem Stall von Luke Comer. Es war der erste Start für den irischen Trainer, der in den letzten Jahren mit seinen wenigen Startern wenig erfolgreich war und einigen Ärger hatte. Aber der Mann ist ja eigentlich Immobilienentwickler und gemeinsam mit seinem Bruder Brian Inhaber der Comer Group. In Irland sponsert die Gruppe einige große Steherprüfungen wie das St. Leger. Jetzt unterstützen sie auch das Oleander Rennen und da macht es sich natürlich gut, wenn der Sieger aus dem eigenen Stall kommt.
Im Sattel saß nicht ein eingeflogener Mann von der Insel, sondern Jozef Bojko, Jockey am Start von Andreas Wöhler. Der servierte Raa Atoll ein taktisch gutes Rennen aus dem Vordertreffen und hatte auch den Angriff des Favoriten immer unter Kontrolle. Der Sieger war im letzten Jahr bei John Gosden im Training, beste Form war Rang 4 in den King Edward Stakes während Royal Ascot. Beim letzten Start für Gosden war er allerdings abgeschlagener Letzter in einem Gruppe 2-Rennen in Newmarket.
Eigentlich war Thomas Hobson nach Formen das zu schlagende Pferd: Sieger im September im Doncaster Cup, zum Saisonschluss Zweiter hinter dem besten englischer Steher Stradivarius in Ascot – das waren schon handfeste Referenzen aus den Top-Marathonprüfungen in England.
Von den deutschen Startern lieferte der unverwüstliche Moonshiner noch die beste Leistung als Dritter, hochgehandelte Pferde wie Nikkei oder Ernesto erfüllten nicht die Erwartungen. Aber die deutsche Steher-Spitze ist quantitativ relativ klein, da überraschte ein ausländischer Erfolg nicht völlig.

Mal wieder Pantall
Wie French King allerdings die deutsche 2400-Meter-Elite vor gut einer Woche im Kölner Carl Jaspers-Rennen (dem ehemaligen Gerling-Preis) beherrschte, gab schon eher zu bedenken. Zugegeben, im Sattel saß der großartige Olivier Peslier und Trainer Henri-Alex Pantall ist ein Meister darin, für seine Pferde das passende Rennen in Deutschland zu finden. Der Gewinner hatte zwar zuletzt eine gutdotierte Prüfung in Doha gewonnen und dabei unter anderem Hunting Horn (nicht gerade ein Top-Pferd aus dem Aidan 0’Brien-Stall) besiegt. Vorher war er in französischen Listenrennen in der Provinz höchstens platziert.
Es war zum Schluss zwar nur eine dreiviertel Länge Vorsprung, aber es waren viele deutsche Pferde unterwegs, die in dieser Saison ihr Glück in den besten deutschen Prüfungen über längere Strecken versuchen werden. Leider macht sich hier bemerkbar, dass gute Pferde verkauft wurden und nun ihr Glück in Australien oder Hongkong versuchen.
Am nächsten Sonntag könnte es die nächste Schlappe für die heimischen Galopper geben. Das Mehl- Mülhens-Rennen in Köln über 1600 Meter, die deutschen 2000 Guineas, steht an und da werden starke Gäste aus England, Irland und Frankreich in die Startboxen rücken. Zwar nicht die Elite, aber die gute zweite Wahl. Und das reicht leider häufig über die Meile gegen die deutschen Pferde, zumal in diesem Jahr nur drei einheimische Starter laufen werden. Seit 2010 gab es fünf englische Erfolge, immerhin behielten in den letzten zwei Jahren dank Ancient Spirit und Poetic Dream hier trainierte Pferde die Oberhand. Und Henri-Alex Pantall hat immerhin kein Pferd am Start.



Dienstag, 30. April 2019
Daumen hoch für Quian
Erstes Gipfeltreffen der deutschen Derby-Kandidaten 2019 im pferdewetten.de – Bavarian Classic im München. Acht Pferde rücken am Maifeiertag um 16:05-Startzeit in die Boxen. Es ist ein sehr starkes Feld. Starter und Chancen.

1. Accon (Trainer Markus Klug/Jockey Jiri Palik): Einer von drei Startern von Trainer Markus Klug und mit sieben Starts das erfahrenste Pferd im Rennen. Im März legte er die Maidenschaft ab, vorher oft platziert (unter anderem hinter Django Freeman), aber andere Pferde könnten mehr Potenzial haben.

2. Amiro (Trainer Michael Figge/Jockey Alexander Pietsch): noch sieglos, beste Platzierung 2018 bei vier Starts waren fünfte Plätze. Müsste sich über Winter schon gewaltig verbessert haben.

3. Beam Me Up (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Seidl): Siegte beim Debüt im November in München trotz sichtbarer Unreife, der Zweite und der Vierte gewannen danach Rennen. Jetzt ist weitere Steigerung gefragt. Interessanter Außenseiter.

4. Django Freeman (Trainer Henk Grewe/Jockey Lukas Delozier): Campanologist-Sohn, zweijährig eines der besten Pferde des Jahrgangs. Erfolgreich beim Debüt in München, dann überlegener Sieger gegen Accon im Düsseldorfer Auktionsrennen und zuletzt knapp unterlegen im Winterfavoriten. Das sind schon Referenzen und auch beim Jahresdebüt das zu schlagende Pferd. Längere Strecke sollte ihm liegen.

5. Dschingis First (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie De Vries): Bruder der hochklassigen Dschingis Secret und Destino, die Wahl von Klug-Stalljockey Adrie de Vries. Zweijährig noch sieglos, aber die Brüder waren eher auch spät. Mal gucken, ob er schon ins Rollen kommt. Interessanter Starter, aber im Laufe der Saison vielleicht noch besser.

6. Enjoy The Moon (Trainer Peter Schiergen/Jockey Filip Minarik): Sea The Moon-Sohn, der beim zweiten Lebensstart Dschingis First besiegte. Talentiert, muss jetzt Farbe bekennen.

7. Quest The Moon (Trainerin Sarah Steinberg/Jockey Pat Cosgrave): Hochtalentierter Lokalmatador. Beim Debüt noch so eben besiegt von Django Freeman, danach folgte der überzeugende Erfolg im Badener Zukunftsrennen und Platz 2 im Mailander Gran Criterium (Gruppe 2). Spannend, ob er das dreijährig fortsetzen kann. Nach Abstammung sollte der Sea The Moon-Sohn Stehvermögen haben. Ein weiterer aussichtsreicher Kandidat.

8. Quian (Trainer Peter Schiergen/Jockey Andrasch Starke): Bei zwei Starts noch ungeschlagen und zuletzt im München Sieger im Auktionsrennen. Die Wahl von Andrasch Starke, sein Trainer Peter Schiergen hält den Mastercraftsman-Sohn für einen Steher, der dreijährig noch besser wird. In den gleichen Farben gewann Lucky Speed einst das Bavarian Classic und später das Derby.

Urteil
Es ist so häufig um diese Zeit bei den Dreijährigen: Top-Zweijährigen-Form trifft auf Potenzial. Django Freeman und Quest The Moon setzten zweijährig Maßstäbe in Top-Gesellschaft. Beide zählen auch diesmal zu den Siegaspiranten. Doch sie erwarten Gegner, deren Grenzen noch nicht erkannt ist. Dschingis First, Beam Me Up oder Enjoy The Moon sind solche Pferde. Mein Tipp ist jedoch der unbesiegte Quian aus dem Schiergen-Stall, der auch noch weitere Reserven haben sollte.



Donnerstag, 7. Februar 2019
Wetten, die die Welt nicht unbedingt braucht
Es ist ja nicht so, dass sich im deutschen Galopprennsport nichts bewegt. Zwei neue Wettarten – die Multi und die 2 aus 4 – sollen ab Mitte April den Toto-Umsatz ankurbeln. Dafür entfällt der Platz-Zwilling. Den Kolumnisten berührt das aber weniger.

Der Platz-Zwilling ging etwa völlig an mir vorbei. Bei den neuen Wetten klingt zumindest die Multi ganz interessant. Sie funktioniert ähnlich wie der Drilling in Frankreich, Unterschied: statt drei Pferden sind vier zu tippen. Diese müssen die ersten vier Plätze belegen, die Reihenfolge ist egal. Das macht die Erfolgschancen größer und die Quoten kleiner. Das Erfolgsrezept ist klar: Je besser die Quoten, desto größer die Erfolgschancen der Wette.
Ähnliches gilt für die 2 aus 4, wo nur zwei der ersten vier Pferde eines Rennens angesagt werden müssen. Klingt simpel und soll den Platzzwilling ersetzen. Erfolgsaussichten: in meinen Augen gering. Warum soll die Wette funktionieren, wenn schon der Platz-Zwilling gescheitert ist?

Sehnsucht nach einer Großwette
Man hätte eher die bestehenden Wetten stärken sollen. Immerhin wurden die Quoten der Sieg/Platzwetten erhöht, weil die Abzüge reduziert worden. Damit ist das deutsche Wettangebot konkurrenzfähiger gegenüber Frankreich und England.
Aber dennoch fehlt mir so eine Art Großwette, wo man mit wenig Einsatz viel Geld machen kann. Ich wiederhole mich gerne: So etwas wie die erfolgreiche V 75 in Schweden. Oder etwas kleiner, aber leichter zu treffen: den Placepot in England. Das ist so eine Art Platz-Schiebewette und er wird gespielt in den Rennen 1 bis 6 einer Veranstaltung, jeder Rennort hat dabei seinen eigenen Placepot.
Ähnliche Dinge sind in Deutschland zwar schon böse gefloppt und ohne starke Partner wird das kaum umsetzbar sein. Und ohne Geduld, Marketing und Geld so und so nicht.
Immerhin funktioniert das mit der Viererwette ganz gut. Und vielleicht werden Multi und 2 aus 4 zu Knüllern. Dann hätte ich mich gerne geirrt.



Donnerstag, 17. Januar 2019
Andre Best: Ein stiller Held des Turfs
Das allein ist schon eine große Leistung: Seit fast 30 Jahren sitzt Andre Best im Sattel auf Deutschlands Rennbahnen. Der Mann hat immer noch einiges drauf – das zeigt er auch in dieser Saison auf den Sandpisten in Neuss und Dortmund. Best ist einer dieser stillen Helden des Turfs, die oft übersehen werden – im Rampenlicht stehen andere Namen.

Es schüttete und schüttete. Und das gefühlt seit einer Woche. Kein Wetter, an denen man gerne vor die Tür geht. Es ist Sonntagmorgen gegen 10:55, die Zeit, in denen in diesem Winter schon mal Sandbahnrennen in Dortmund stattfinden. Dank PMU und so erwartet den Besucher früh um diese Zeit das „beste“ Rennen des Tages. Nur ein Ausgleich 3 und dort gibt es über die langen 2500 Meter einen spannenden Endkampf zwischen Camberwell und Epako. Letzteren hatte ich gewettet, doch so sehr sich sein Jockey Riccardo Mela auch mühte, er kam nicht vorbei. Weil Andre Best Camberwell immer neue Reserven entlockte und letztlich souverän siegte. Tolle Leistung von Reiter und Pferd.
Jockey Andre Best begleitet den Kolumnisten schon seit Ewigkeiten – so wie seine Kollegen Andrasch Starke oder Andreas Helfenbein. Zu Beginn seiner Karriere 1990 ritt er noch gegen Leute wie Lutz Mäder, Kevin Woodburn, Manfred Hofer oder Dragan Ilic. Es waren die guten Zeiten des deutschen Turfs. Im nächsten Jahr wird Best 50 Jahre, die große sportliche Karriere hat der gebürtige Essener nicht gemacht, in England würde man ihn als „Journeyman“ – sehr frei übersetzt: einer, der seine Arbeit gut kann – bezeichnen.

Im 1000er Club
Seine größten Erfolge feierte Best 1993 mit Kornado, mit dem er Union und Mehl Mülhens-Rennen gewann. Ältere werden sich erinnern: Das war dieser großartige Jahrgang 1990 mit Lando, Monsun, Sternkönig und eben Kornado. Im gleichen Jahr siegte Best zudem mit dem großen Außenseiter Pinot im Dortmunder St. Leger – Pinot und Kornado trainierte der längst verstorbene Bruno Schütz, bei dem der Jockey auch seine Ausbildung absolvierte.
Danach wurde es ruhiger, die Schlagzeilen machten andere. Andre Best ritt nach seiner Zeit bei Bruno Schütz unter anderem für die Trainer Uwe Ostmann, Horst Steinmetz, Hans-Albert Blume, Peter Schiergen, Andreas Löwe, Hartmut Steguweit und Mario Hofer. Aber in den Blickpunkt rückte er eigentlich nur noch einmal: Seit dem 27. Januar 2013 ist er Mitglied des 1000er Clubs, in denen nur Jockeys und Trainer mit 1000 Siegen kommen. Die großen und spektakulären Erfolge fehlten. Meist war er für kleinere Quartiere in den unteren Handicaps unterwegs.

Hohe Quoten
Eigentlich habe ich Best erst seit 2011 wieder auf dem Radar: Da ritt er in einem Listenrennen in Baden-Baden den hochtalentierten Rosello für Trainerin Sarah Weis zum Sieg und nicht nur Rennkommentator Manfred Chapman sah den kommenden St. Leger-Sieger. In Dortmund kam Rosello dann verletzungsbedingt nicht an den Start.
Best ist immer noch ein guter Reiter und gerade mit Außenseitern oft für eine Überraschung gut. Der Kolumnist ist seit einiger Zeit richtig angetan. Auch deshalb, weil ihm der Jockey in den letzten Jahren einige schöne Treffer bescherte. Best versteht es sehr gut, ein Pferd von der Spitze zu reiten und sich das Tempo einzuteilen. Beispiele waren die beiden Erfolge mit Camberwell in Dortmund im Dezember oder Mystic Tale für Trainer John Hillis am 14. Oktober in München.
Zebspear hatte ich am 2. Weihnachtstag allerdings nicht auf der Rechnung. 49,5:1 lautete die hohe Quote; das Pferd aus dem Quartier von Sven Schleppi gewann aber im Stile eines klaren Favoriten. Best hatte ihm aus Startbox 2 ein optimales Rennen von vorne beschert, wechselte früh an die Rails und stiefelte auf dem kürzesten Weg davon. In Dortmund in den Sprints über 1200 Meter sind die inneren Startboxen immer von Vorteil. Das weiß ein Profi wie Best.



Mittwoch, 7. November 2018
Donjah ist ein echtes Rennpferd
Manchmal, da sind selbst die hartgesottensten Rennbeobachter ergriffen. Diese Momente sind selten, aber es gibt sie. Beispiel: Am Sonntag ließ die zweijährige Stute Donjah im Krefelder Ratibor-Rennen ihre Kontrahenten stehen wie Statisten. Und nicht nur der Kolumnist dachte: Was für ein Pferd. Dieser Speed, diese Leichtigkeit trotz Unreife – das sah alles hochklassig aus.

Natürlich weiß man nicht, was die Form wert ist. Zweijährige Pferde, da bleibt noch vieles im Dunkeln. Keiner weiß, wie gut die mal werden. Dennoch: Die Teofilo-Tochter, trainiert von Henk Grewe und im Besitz von Darius Racing, scheint eine gute Investition für die Zukunft. Es war immerhin ein Gruppe-Rennen, eine Prüfung der besseren Kategorie. Und schon bei Ihrem Lebensdebüt siegte Donjah trotz Startverlustes überlegen.
Manche Beobachter fühlten sich schon an die große Enable erinnert, die am Tag zuvor im Breeders Cup Turf triumphierte und davor unter anderem zweimal den Arc holte. Das ist natürlich übertrieben, aber wer weiß? Dem deutschen Turf würde ein Top-Star mal wieder gut tun.
„Ich glaube, der Weg wird ins Deutsche Derby führen,“ erklärte Holger Faust, Racing Manager von Darius Racing. Gegen die Hengste und nicht in die klassischen Prüfungen für die Stuten – das zeugt von Selbstbewusstsein. Zuletzt schaffte das Doppel Ratibor und Derby der von Mario Hofer trainierte Pastorius, der 2011 die Krefelder Prüfung gewann und dann im Sommer 2012 in Hamburg-Horn triumphierte. Aber eher scheinen die Deutschen 2000 Guineas prädestiniert für den Krefelder Sieger zu sein: 27 Sieger des Ratibors, so Turf-Times, hatten später im Meilenklassiker die Nase vorn.

Teofilo
Aber eher befürchte ich, dass zum Beispiel die Jungs in Blau oder andere finanzstarke Investoren die Stute für gutes Geld kaufen und diese dann zukünftig im Ausland laufen wird. England fände ich noch akzeptabel: Den Sport dort gucke ich sowieso. Aber das ist alles Spekulation.
Vater von Donjah ist übrigens Teofilo: Ein Galileo-Sohn, der 2006 zweijährig in fünf Rennen unbesiegt blieb. Dazu gehörten unter anderem die National Stakes in The Curragh und die Dewhurst Stakes in Newmarket, zwei der wichtigsten Youngster-Rennen in Irland/England. Doch danach stoppte eine Verletzung die Laufbahn des Hengstes. Jetzt machte Teofilo – einst trainiert von Jim Bolger – Schlagzeilen als Deckhengst, denn sein Sohn Cross Counter gewann den Melbourne Cup. Und krönte die tolle Saison von Charlie Appleby. Aber auch Henk Grewe hatte eine großes Jahr.



Wird Donjah mal so gut wie Enable (hier bei ihrem Oaks Sieg in Epsom). Natürlich alles Träume ohne Fakten, aber Videos von Enable kann man immer gucken.



Donnerstag, 27. September 2018
Khan und andere Liebhaber tiefen Geläufs
Irgendwie macht es der deutsche Galopprennsport dem Betrachter derzeit nicht leicht. Auch weil die „falschen“ Pferde sich aktuell die besten Rennen in Deutschland schnappen. Entweder kommen sie aus dem Ausland oder es gewinnen Vollblüter, die das nach den Vorformen gar nicht dürfen. Khan zum Beispiel am Sonntag im Preis von Europa in Köln. Der siegte als krasser Außenseiter hochüberlegen.

Eine der ersten Dinge, die der Turf-Enthusiast lernt, ist, dass Rennen auf schwerem Boden ihre eigenen Gesetze haben. Denn viele Pferde hassen regelrecht diesen Untergrund, andere aber laufen bei diesen Verhältnissen zur Hochform auf. In Köln regnete es stark, der Boden wurde von Rennen zu Rennen schwerer. Immerhin wurde der Beobachter bereits an die nahende englische Hindernisrennen erinnert, weil die Pferde per Flaggenstart auf die Reise gingen.
Khan zählt zur Gruppe der Schlamm-Liebhaber. Das englische Wort „mud lover“ klingt für diese Pferde viel schöner. Je weicher der Boden, desto besser – seine stärkste Leistung zeigte er im November 2017 in München im Großen Preis von Bayern, wo er nur vier Längen hinter Könnern wie Guignol, Iquitos, Dschingis Secret oder dem Franzosen Waldgeist (aktuell dritter Favorit für den Arc) landete. Oder als Dritter im Dortmunder St. Leger (Gruppe 2), wo er noch mal mächtig aufdrehte und Platz 3 belegte.
Aber danach war er immer weit geschlagen. Fünf Versuche in teilweise bester Gesellschaft und alle erfolglos – der Betrachter fragte sich schon, warum Besitzer und Trainer ihrem Schützling immer wieder scheinbar unlösbare Aufgaben aufhalsten.
Am Sonntag gaben sie die Antwort und Trainer Henk Grewes sehr erfolgreiche Saison wird nun von einem ersten Gruppe 1-Erfolg gekrönt. Es wird ihnen egal sein, dass es kein besonders aufregend besetzter Preis von Europa war.
Überhaupt nicht mit dem Boden zurechtkam der Favorit Torcedor, der in Köln für den Melbourne Cup proben wollte. Schon nach 200 Meter war das Rennen vorbei, sagte sein Trainer Andreas Wöhler, und danach „versuchte er nur noch, mehr oder weniger hüpfend, den Löchern auszuweichen.“

Kracher auf Boden schwer
Bei schwerem Boden fällt dem Kolumnisten immer ein regnerischer Renntag am Tag der Deutschen Einheit 1995 in Mülheim ein. Damals veranstaltete die Rennbahn im Ruhrgebiet noch den Preis der Winterkönigin, das wichtigste Rennen für die zweijährigen Stuten. Es schüttete den ganzen Tag, das Geläuf war schwer, sehr schwer – und es triumphierte Massada, die zweite oder dritte Waffe aus dem Quartier von Trainer Harro Remmert.
Im Sattel saß der heutige Trainer Waldemar Hickst und seine Stute gewann zum Kurs von 511 hochüberlegen. Es war eines dieser Schockresultate, so richtig hat Massada diese Leistung auch nie wieder bestätigt.
Einige der im Nachhinein schwächsten Derbysieger Deutschlands triumphierten auf schwerem Geläuf in Hamburg-Horn. Robertico etwa 1998 oder Karloff 1990 – zwei Kandidaten, die an diese Form nie wieder herankamen. Karloff versuchte sich später sogar in Hürdenrennen.
Auf der anderen Seite konnten aber auch Top-Pferde tiefes Geläuf. Bei den Erfolgen etwa von Shirocco (2004), Next Desert (2002) oder Lavirco (1995) lautete die Bodenangabe in Hamburg-Horn schwer. Und das waren zweifellos sehr gute Vollblüter. Oder Monsun, der gewann zwar nie das Derby, aber unter anderem zweimal den Preis von Europa. Zweimal – sowohl auf guten als auch schweren Boden.