V75-Wette macht Schweden glücklich
Manchmal gönne ich mir das Vergnügen: Dann schaue ich abends bei Racebets Trabrennen aus Schweden, obwohl mich ansonsten der Trabrennsport weniger interessiert. Trabrennen in Schweden sind aber irgendwie Kult – besonders, nachdem ich mal zwei nette und unvergessene Renntage auf der Trabrennbahn in Arvika verbracht habe. Besonders der zweite Tag war auch finanziell äußerst lukrativ.
So etwas verbindet natürlich und seitdem die Rennen abends live im Stream zu sehen sind, riskiere ich schon einmal ein oder zwei Euro Einsatz, in der Regel auf Sieg. Die meisten Schweden wollen hingegen das große Geld mit möglichst wenig Einsatz. Das können sie auch haben: Sie müssen nur sechs oder sieben Sieger in nacheinander folgenden Rennen treffen. V65 oder V75 sind quasi sechsfache oder siebenfache Schiebewetten – und höchst populär. Bei der V75 liegt der Umsatz bei bis zu 10 Millionen Euro, die Wette ist quasi „Schwedens Lotto“. Da kann man nur sagen: Glückliche Schweden, denn auf Pferde zu wetten ist doch interessanter als Zocken auf blöde leblose Zahlen.
Wer keine Ahnung gibt, für den gibt es „Harry Boy“, ein Computersystem, das beim Ausfüllen des Wettscheines hilft. Weil die Umsätze so gut sind, gibt es höchstattraktive Quoten. Spielen kann man die Wetten in Läden im ganzen Land – überall dort, wo das ATG-Zeichen leuchtet.

Randsport
Spätestens da stellt sich die Frage, warum funktioniert das in Schweden und warum scheitern solche Wetten in Deutschland? Die deutsche Traberfraktion hatte es erstmals Anfang der neunziger Jahre mit der V 65-Wette probiert, das Ergebnis war ernüchternd. Einer der letzten Innovationen im deutschen Galopprennsport war die Top 6-Wette, die Ostern 1999 startete. Auch diese scheiterte, weil die Verantwortlichen keine neue Zielgruppen erreichten, die Umsätze zum Schluss beschämend schlecht waren und die Quoten entsprechend mäßig. Obwohl der Markt damals einfacher war, weil die Konkurrenz durch die Fußballwetten noch nicht so stark war. Immerhin gab es eine kontinuierliche Fernsehpräsenz auf ntv, konnten die Wetten auch per Telefon placiert werden. So etwas wie die ATG-Läden, wo auch der Kunde fernab von Buchmachern und Wettannahmestellen seine Wette platzieren konnte, fehlte jedoch. Der weite Bereich der Online-Wetten befand sich noch in der Startphase.
Es hätte viel Zeit, Geld und Geduld gebraucht, um so eine Wette erfolgreich am Markt zu platzieren. Weil eben der Galopprennsport in Deutschland nur eine Randsportart ist.
Und heute? So eine deutschlandweite Wette würde dem deutschen Turf gut tun, aber das scheint in diesen schwierigen Zeiten derzeit utopisch zu sein. Immerhin kann man die schwedische V75 auch im Internet spielen. Zum Glück für den deutschen Turf wetten ja Galoppfreaks nicht auf Trabrennen. Oder etwa doch?