Khan und andere Liebhaber tiefen Geläufs
Irgendwie macht es der deutsche Galopprennsport dem Betrachter derzeit nicht leicht. Auch weil die „falschen“ Pferde sich aktuell die besten Rennen in Deutschland schnappen. Entweder kommen sie aus dem Ausland oder es gewinnen Vollblüter, die das nach den Vorformen gar nicht dürfen. Khan zum Beispiel am Sonntag im Preis von Europa in Köln. Der siegte als krasser Außenseiter hochüberlegen.

Eine der ersten Dinge, die der Turf-Enthusiast lernt, ist, dass Rennen auf schwerem Boden ihre eigenen Gesetze haben. Denn viele Pferde hassen regelrecht diesen Untergrund, andere aber laufen bei diesen Verhältnissen zur Hochform auf. In Köln regnete es stark, der Boden wurde von Rennen zu Rennen schwerer. Immerhin wurde der Beobachter bereits an die nahende englische Hindernisrennen erinnert, weil die Pferde per Flaggenstart auf die Reise gingen.
Khan zählt zur Gruppe der Schlamm-Liebhaber. Das englische Wort „mud lover“ klingt für diese Pferde viel schöner. Je weicher der Boden, desto besser – seine stärkste Leistung zeigte er im November 2017 in München im Großen Preis von Bayern, wo er nur vier Längen hinter Könnern wie Guignol, Iquitos, Dschingis Secret oder dem Franzosen Waldgeist (aktuell dritter Favorit für den Arc) landete. Oder als Dritter im Dortmunder St. Leger (Gruppe 2), wo er noch mal mächtig aufdrehte und Platz 3 belegte.
Aber danach war er immer weit geschlagen. Fünf Versuche in teilweise bester Gesellschaft und alle erfolglos – der Betrachter fragte sich schon, warum Besitzer und Trainer ihrem Schützling immer wieder scheinbar unlösbare Aufgaben aufhalsten.
Am Sonntag gaben sie die Antwort und Trainer Henk Grewes sehr erfolgreiche Saison wird nun von einem ersten Gruppe 1-Erfolg gekrönt. Es wird ihnen egal sein, dass es kein besonders aufregend besetzter Preis von Europa war.
Überhaupt nicht mit dem Boden zurechtkam der Favorit Torcedor, der in Köln für den Melbourne Cup proben wollte. Schon nach 200 Meter war das Rennen vorbei, sagte sein Trainer Andreas Wöhler, und danach „versuchte er nur noch, mehr oder weniger hüpfend, den Löchern auszuweichen.“

Kracher auf Boden schwer
Bei schwerem Boden fällt dem Kolumnisten immer ein regnerischer Renntag am Tag der Deutschen Einheit 1995 in Mülheim ein. Damals veranstaltete die Rennbahn im Ruhrgebiet noch den Preis der Winterkönigin, das wichtigste Rennen für die zweijährigen Stuten. Es schüttete den ganzen Tag, das Geläuf war schwer, sehr schwer – und es triumphierte Massada, die zweite oder dritte Waffe aus dem Quartier von Trainer Harro Remmert.
Im Sattel saß der heutige Trainer Waldemar Hickst und seine Stute gewann zum Kurs von 511 hochüberlegen. Es war eines dieser Schockresultate, so richtig hat Massada diese Leistung auch nie wieder bestätigt.
Einige der im Nachhinein schwächsten Derbysieger Deutschlands triumphierten auf schwerem Geläuf in Hamburg-Horn. Robertico etwa 1998 oder Karloff 1990 – zwei Kandidaten, die an diese Form nie wieder herankamen. Karloff versuchte sich später sogar in Hürdenrennen.
Auf der anderen Seite konnten aber auch Top-Pferde tiefes Geläuf. Bei den Erfolgen etwa von Shirocco (2004), Next Desert (2002) oder Lavirco (1995) lautete die Bodenangabe in Hamburg-Horn schwer. Und das waren zweifellos sehr gute Vollblüter. Oder Monsun, der gewann zwar nie das Derby, aber unter anderem zweimal den Preis von Europa. Zweimal – sowohl auf guten als auch schweren Boden.