„Beglückt und gemartert“ – der große alte Mann des kickers geht
Dienstschluss mit 85 Jahren: Karl-Heinz Heimann, Herausgeber des im Nürnberger Olympia-Verlag erscheinenden kicker sportmagazins, verabschiedet sich zum Jahresende endgültig in den Ruhestand – nach fast 58 Jahren bei dem Fachblatt, die manche für die „Bibel des deutschen Fußballs“ halten. 1952 fing Heimann als Redakteur an, war von 1967 bis 1988 Chefredakteur und zog sich 1988 als Herausgeber Stück für Stück aus dem Tagesgeschäft zurück.
„Rangliste des deutschen Fußballs“, „Torjägerkanone“, „Fußballer des Jahres“ oder das jährlich erscheinende Sonderheft zur Fußball-Bundesliga, das zahlreiche Nachahmer gefunden hat – alles noch heute bestehende Markenzeichen des kickers, die Heimann als Chefredakteur mit ins Leben rief.
Und dann gibt es natürlich den Scheinwerfer, seine Kolumne in der Montags-Ausgabe. „Informativ, aber nicht aggressiv, fachlich und abwägend sachlich“, urteilte Wolfgang Uhrig, selber lange Zeit beim kicker tätig, in der Nürnberger Zeitung.
In der Tat: Heimann wird nie polemisch, manches wirkt aber gerade heute sehr hausbacken und bieder, manche Texte schreien einfach nach einem Schuss Ironie oder Sarkasmus. Und fast nie gab es Kritik am Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder am Weltfussballverband FIFA.
Weiteres Kennzeichen: Der kicker-Herausgeber liebt noch heute das Ausrufezeichen, setzt es, wenn ihm danach ist. „Heimanns Scheinwerfer hat in seiner ganzen sachlichen Betulichkeit Generationen von Fußballfans beglückt und gemartert“, bilanzierte die TAZ.

Staatsgast
Ein Schreibstil aus einer anderen Zeit, aus der Epoche des Wirtschaftswunders, aus den Tagen des „Wunders von Bern“. Es erstaunt nicht, dass Heimann Sepp Herberger „für die wichtigste Persönlichkeit des deutschen Fußballs hält“, wie er in einem Interview im aktuellen kicker verriet (S. 40-42). Denn Herberger hatte „Bedingungen, die heute unvorstellbar sind. Fußball im Fernsehen war am Anfang. Er musste zu den Spielen in den vier Oberligen fahren, alle sonntags. So konnte er nur ein Spiel pro Woche sehen. Er hatte lange Zeit keinen Assistenten, die Vereinstrainer übrigens auch nicht.“
Wie viele seiner Generation prägten Heimann (Jahrgang 1925) die persönlichen Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg. 20jährig geriet er in russische Gefangenschaft, lernte dort die Sprache und wurde später einer der besten Kenner des russischen Fußballs in Deutschlands. „Ich war jahrelang der einzige westliche Journalist, mit denen sich die russischen Spieler unterhalten konnten“, sagte er 2006 in einem Gespräch mit dem Radiosender Bayern 2.
„Die Aussöhnung zwischen Russen und Deutschen lag ihm besonders am Herzen“, schrieb die Süddeutsche Zeitung. „Bei Europapokalspielen deutscher Mannschaften in der alten Sowjetunion, so heißt es, standen sich die Spieler an der Passkontrolle oft stundenlang die Beine in den Bauch, der journalistische Begleiter Heimann aber war längst mit der Limousine abgeholt worden wie ein Staatsgast.“