Balsam für Österreichs Fußballseele
Der 17. September 2009 dürfte zukünftig ein denkwürdiges Datum im österreichischen Fußball werden. Am 1. Spieltag der neuen Europa League waren es die Kicker aus unserem fußballerisch oft belächelten Nachbarland, die für die Schlagzeilen sorgten. Rapid Wien schlug den Hamburger SV mit 3:0, die Plastikbullen aus Salzburg gewannen durch ein Last-Minute-Tor mit 2:1 beim italienischen Vertreter Lazio Rom. Da fällt es weniger ins Gewicht, dass Austria Wien (0:3 bei Athletic Bilbao) und Sturm Graz (0:1 gegen Dinamo Bukarest) den Platz als Verlierer verließen. Zumal es schon ein Erfolg ist, dass vier österreichische Klubs überhaupt die Gruppenphase der Europa League erreicht haben.
Besonders die Anhänger des Wiener Traditionsclubs Rapid werden später noch ihren Enkeln vom großartigen 3:0 gegen den Hamburger SV, immerhin Tabellenführer der Bundesliga, erzählen. Siege gegen den großen Nachbarn – siehe Cordoba 1978 – schmecken eben besonders gut. „Rapid marschiert, Wien regiert, der HSV wurde paniert“, titelte ein poetisch durchaus begabter Redakteur auf der Rapid-Homepage. Der Rapid-Sieg war hochverdient, der pomadig wirkende HSV fand nie ein Mittel gegen das gut eingestellte Team von Peter Pacult, früher schlitzohriger Stürmer in Diensten des TSV 1860 München.
Herausragend bei Rapid war ein Deutscher: Steffen Hofmann, einst bei Bayern Münchens zweiter Mannschaft und nochmals kurz beim TSV 1860 München aktiv, dirigierte die Grün-Weißen meisterlich und brachte mit einem direkt verwandelten Freistoss, bei dem die komplette HSV-Abwehr einschließlich Torwart Rost ganz schlecht aussah, die Österreicher in Führung.

Der Prater bebte
Ironie des Schicksals: Der HSV erlebte diese schwarze Stunde seiner Vereinsgeschichte ausgerechnet im Ernst-Happel-Stadion, benannt nach dem Trainer, mit dem die Hanseaten die größten Erfolge ihrer Vereinsgeschichte feierten. Aber Happel war auch eine Rapid-Legende und hätte zweifellos seinen Spaß an der Darbietung seiner Mannschaft gehabt – wie die grün-weißen Fans, die einen unglaublichen Support hinlegten und den „Prater zum Beben brachten“.
Ob die Anhänger von Red Bull Salzburg ihr Stadion auch in einen solchen Hexenkessel verwandeln können, ist hingegen mehr als fraglich. 2:1 gewann die Limonaden-Firmenelf überraschend bei Lazio Rom. Nur einer wird sich ärgern: Trainer Huub „Die 0 muss stehen“ Stevens, der die Salzburger eigentlich in die Champions League führen sollte. Das gelang nicht, weil sich die Israelis von Maccabi Haifa als zu stark erwiesen. Ansonsten sind mir die Plastikbullen einfach nur suspekt, weil sie dem Ursprungsverein Austria Salzburg die Identität nahmen und das ganze Red Bull-Konzept nur dazu dient, mehr von dem klebrigen Zeug zu verkaufen. Der wahre Verein in Salzburg heißt immer noch Austria, ist Tabellenführer der 1. Landesliga und trifft am Samstag auf den UFC Maria Alm.