Vergebliche Fuchsjagd - Fox Hunt siegt im Leger
Es gibt so Tage, die kann man wettmäßig nur „in die Tonne kloppen“. An denen nichts geht, alles irgendwie einfach schief läuft. Zum Beispiel am Sonntag: Es ist St. Leger-Renntag auf meiner Heimatrennbahn in Dortmund, der letzte Klassiker im deutschen Turf und immer noch einer der Höhepunkte der Dortmunder Grasbahnsaison. Ein Pflichttermin, die Bahn ist gut gefüllt – auch wenn Borussia Dortmund fast zeitgleich um 15:30 am Sonntag in Hannover spielt. Und es blieb trocken.


So sehen Sieger aus: Fox Hunt mit der Schleife, Trainergattin Deirdre Johnston strahlt.

Sieger des Tages
Das war natürlich Fox Hunt, der Gewinner im klassischen St. Leger und das Pferd, das ich partout nicht haben wollte. Mein Tipp Rosello war leider Nichtstarter, zu allem Überfluss wird mein anderer Tipp Dawn Twister auch zwischen Fox Hunt und dem späteren Zweiten Fair Boss eingeklemmt. Ob das Hirschberger-Pferd ohne diese Behinderung gewonnen hätte? Das glaube ich nicht, aber den Rhythmus hat er schon verloren. Die Stewards ließen jedenfalls das Ergebnis unverändert.
Die besten Formen hatte der Wallach schon, aber dafür ging er ja auch zum Kurs von 20 ab. Es gab schon Gründe, ihn nicht zu spielen: Zum Beispiel der, dass Fox Hunt eine anstrengende Saison hinter sich hatte und einige Substanz gelassen hat. Erstaunlicherweise vertrat auch Sport-Welt-Tipp-Experte Olaf Schick – ansonsten eher bekannt für Favoritentipps – diese These.
Doch Fox Hunt wird trainiert von Mark Johnston und dessen Pferde laufen viel, sind auf der Insel bekannt für ihre Härte. Jockey Silvestre De Sousa musste den Dubawi-Sohn dann mal kurz im Bogen aufmuntern, doch den tapfer kämpfenden Fair Boss bekam Fox Hunt noch sicher in den Griff. Trainergattin Deidre Johnson lobte dann auch den Siegeswillen ihres Schützlings, Jockey de Sousa strahlte und „God Save the Queen“ schallte zu Ehren des Siegesteams über den Rennplatz.
Es war schön, de Sousa mal live zu erleben, nachdem man ihn sonst nur am Bildschirm bewundern kann. Der aus Brasilien stammende Jockey ist eine der Entdeckungen der letzten Jahren und hat sich auf den Bahnen im Norden Englands aus bescheidenen Anfängen nach oben gearbeitet. Inzwischen zählt er zu den Top-Jockeys in England.

Ritt des Tages
Ich gebe zu, dass ich mir die drei Handicaps während des Fußballspiels quasi geschenkt habe und lieber den BVB geguckt habe. Aber es war ein blitzsauberer Ritt von Nicole Oelerking auf dem 352:10-Aussenseiter Russian Tigress im Preis von Hohenbuschei, einem gut besetzten Ausgleich 3. Die junge Reiterin fand immer wieder die Lücke aus hinteren Regionen und schlüpfte dann innen durch. Das war so überraschend, dass selbst Rennkommentator Pan Krischbin den Vorstoß verpasste und Win for Gold zum Sieger erklärte.

Nachwuchs des Tages
Um diese Zeit sind die Rennen für die Zweijährigen immer hoch interessant. Zwei Prüfungen gab es für die Youngster, eine davon war das hochdotierte Auktionsrennen. Im ersten Rennen ging es um den Preis des Dortmund Airports für sieglose Zweijährige. Alle überragte Russian Song, ein Bruder des guten Russian Tango. Allerdings sah er so aus, dass er diesen Lauf noch braucht. Und so lief es dann auch: Russian Song war lange gut dabei, doch als es ernst wurde, hatte er nicht mehr viel zuzusetzen. Besser konnte es der Favorit (und zudem viel rennfähiger aussah) und noch besser der Außenseiter All Shook Up: Der war spät geboren, bereits Wallach und weil Terry Hellier nicht rechtzeitig da war, gab es einen Kistenritt für Andre Best. Trainer Mario Hofer, der in München weilte, soll nach dem Rennen „regelrecht erschrocken gewesen sein“, weil er mit dem Erfolg nicht gerechnet hatte, berichtete Klaus Göntzsche, der in Dortmund mal wieder den Bahnsprecher zwischen den Rennen mimte. Und ich war 2 und 3 im Einlauf, weil ich die Stute Loivissa neben Global Thrill noch mit auf dem Schein hatte.


Der spätere Sieger fehlt hier: Global Thrill (vorne) und Russian Song vor dem ersten Rennen im Führring.

Rennen 3 war das BBAG-Auktionsrennen für zweijährige Pferde. Satte 52 000 Euro Preisgeld gab es für Pferde, die auf einer BBAG-Auktion im letzten Jahr angeboten wurde. Über den sportlichen Wert dieser Rennen lässt sich streiten, aber immerhin waren einige Pferde am Start, die gute Formen hatte. Einer davon war Chapman: Sein Namensvetter kommentiert in Dortmund bekanntlich nicht – und so kannte sich Pan Krischbin den Gag nicht verknapsen, dass Manfred, äh Chapman vorne war. Der Witz ging wie viele Krischbein-Witze deutlich daneben und besagter Chapman lief zwar ganz ordentlich, war aber chancenlos gegen den Iffezheimer Gast Old Pal, der mit durchaus brauchbaren Formen aus der französischen Provinz angereist war. Natürlich hatte ich den Hengst nicht mit auf den Schein, dabei machte der kleine Soldier Hollow-Sohn einen sehr entschlossenen Eindruck im Führring. Ich hatte mich nämlich für Compact Storm und Chapman im Einlauf schieden. Chapman lief gut, Compact Storm war lange gut dabei, doch hinterher fehlten die Reserven.

Ärgernis des Tages
Es war ein Tag der großen Felder: 16 Dreijährige, von denen einige zu diesem späten Zeitpunkt ihr Rennbahndebüt gaben, trafen sich beispielsweise im Preis des Phoenix-Sees. Und einige Starter wirkten wahrlich spätreif: Electric Desert zum Beispiel – eines der wenigen Pferde, das ein Dortmunder Trainer für das Gestüt Wittekindshof von Hans Hugo Miebach, dem Ehrenpräsident des Dortmunder Rennvereins trainiert. Vor dem Start passierte mal wieder etwas, was ich in England, Frankreich oder Irland noch nie gesehen haben, in Dortmund aber fast bei jedem Renntag Thema ist: Eine Boxentür öffnete sich frühzeitig. Das geschah dreimal(!), Leidtragende waren Agrippina und Lucciana, die beide nachträglich zu Nichtstartern erklärt wurden. Weil ich Agrippina mit auf dem Schein hatte, gab es kein Geld zurück. Vorne waren die drei meist gewetteten Pferde, dahinter war die Lücke groß.

Flop des Tages
Erst einmal meine Wetten, aber dann kommt schon Borussia Dortmund: 1:2 in Hannover, die beiden Gegentore in den 87. und 89. Minute kassiert. Es läuft nicht beim BVB in dieser Saison nach dem grandiosen Meisterjahr.