Montag, 26. September 2011
Schafe, Seriensieger und geschlagene Frontrenner
Ganz großer Galoppsport am Sonntag in Köln-Weidenpesch: Der Preis von Europa war der Höhepunkt einer hochinteressanten Karte mit einem weiteren Grupperennen, zwei Listenrennen und mehreren gut besetzten Handicaps.
Eigentlich war es ein perfekter Tag: Das Wetter fantastisch, die Bahn sehr gut besucht, obwohl der 1.FC Köln zeitgleich ein Heimspiel hatte. Die Kölner Bahn hat zudem Flair, weil die Besuchermischung stimmt. Die Atmosphäre ist locker, nicht so verkrampft wie manchmal in Düsseldorf. Außerdem hatten die Kölner genügend Kassen geöffnet, so dass man nicht lange anstehen musste. Und es war nicht so voll, dass man beispielsweise nicht an den Führring kam. Meine persönliche Bilanz des Tages.

Aufreger des Tages
Es war ein souveräner Sieg nach einem gut eingeteilten Ritt von Frankie Dettori: Campanologist aus dem Godolphin-Imperium gewann den Preis von Europa und schlug dabei mit Ibicenco, Earl of Tinsdal und Saltas drei Top-Vertreter des deutschen Derbyjahrgangs. Und schon gehen sie wieder los, die Diskussionen um die Qualität des Derbyjahrgangs.
Denn der Kingmambo-Sohn war zwar bereits dreifacher Gruppe I-Sieger in Deutschland, die diesjährigen Formen waren allerdings nicht gerade furchteinflößend. Zum Beispiel der zweite Platz aus Istanbul hinter Indian Days: Dieser sechsjährige Wallach ist ein sehr solides Pferd, das sich durch die Handicaps nach oben gekämpft hat, aber mehr als Gruppe 3-Format verkörpert der Stolz von Trainer James Given nicht. Davor lief Campanologist schwach in englischen Rennen und auch die Form aus dem April in The Curragh hinter So You Think finde ich nicht gerade aufregend. Er habe den Lauf im Melbourne Cup im November 2010 in Australien nicht verkraftet, sagte Jockey Dettori im Interview nach dem Rennen. Zudem ist es auch in diesem Jahr ähnlich wie in den Jahren zuvor: Im Herbst laufen die Pferde der blauen Armada zu großer Form auf, die Leistungen im Frühjahr sind hingegen oftmals sehr schwach.
Und damit kommen wir zum deutschen Derby-Jahrgang: Ibicenco aus dem vor dem Derby so gefeierten Schlenderhaner „Wunder-Jahrgang“ schlug sich noch am besten, zeigte viel Stehvermögen und kam noch einmal etwas an Campanologist heran, ohne diesen zu gefährden.
Eher enttäuschend lief hingegen der große Favorit Earl of Tinsdal. Der war schon im Führring auffällig nervös und zermürbte diesmal seine Gegner nicht von der Spitze. Auf den letzten Metern zog der Black Sam Bellamy-Sohn wieder etwas an und verteidigte damit seinen Nimbus gegen den alten Rivalen Saltas, den er allerdings bei seinem Erfolg im Kölner Rheinland Pokal viel deutlicher distanzierte. „Die beiden Erstplacierten waren heute einfach besser, dem Earl ist damit kein Zacken aus der Krone gefallen“, erklärte Trainer Andreas Wöhler auf seiner Homepage. Ich sehe das ähnlich: Der Earl hat eine anstrengende Saison hinter sich, zudem waren die Gegner im Rheinland-Pokal schwächer. So ganz schreibe ich den Derbyjahrgang nicht ab, auch wenn diese Form und andere Fakten – wie etwa die letzten beiden Auftritte des Derbysiegers Waldpark - nicht so optimistisch stimmen. Zudem gibt es ja noch Danedream.


Der Engländer nennt das "Slightly on his toes". Schon im Führring wirkte der Earl of Tinsdal reichlich nervös.

Sieger des Tages
Wenn ein Pferd das sechste Rennen in Serie gewinnt, dann ist das schon eine besondere Leistung: Lordsbury Pride lautet der Namen des Galoppers, der im Preis des Spielbank Bad Neuenahr siegte. Das war zwar „nur“ ein Ausgleich 3, aber wie Trainer Sascha Smrczek den Wallach des Stalles Frohnlach gesteigert hat, verdient schon Respekt. Erstaunlicherweise hat Lordsbury Pride bereits 17 Starts hinter sich. In England lief er elfmal in meist bescheidener Gesellschaft, zwei Placierungen waren eine eher dürftige Ausbeute. In Deutschland konnte er im Handicap ziemlich unten anfangen und das machte sich bezahlbar: Den Erfolgen in Bad Harzburg (zwei Mal), Bad Doberan, Miesau und Baden-Baden folgte jetzt Köln.

Ritt des Tages
Im Ilse und Heinz Ramm-Erinnerungsrennen, einem Listenrennen für Stuten über 1600 Meter, wurde er noch Zweiter mit Julie’s Love, doch im Kölner Herbst-Stutenpreis, einem Gruppe 3-Rennen für Stuten über 2200 Meter, zeigte Mirco Demuro einen perfekt getimten Ritt und fing die Favoritin Ovambo Queen noch ab. Die Siegerin Kapitale kommt aus dem Quartier von Andreas Wöhler, der mit drei Siegen der Trainer des Tages war und mit Black Arrow einen weiteren hochtalentierten Youngster vorstellte. Nur der Earl lief nicht ganz so wie vorgesehen.


Irgendwo dahinten ist er: Die Besucher schauen zu Frankie Dettori und Campanologist, Triumphator im Preis von Europa. Und weil diese Seite ungerne blaue Trikots zeigt, suchen wir mit ihnen.

Wettbilanz des Tages
Mal wieder mau. Ich war allerdings auch erst zum dritten Rennen auf der Bahn und bin dann nach dem achten Rennen wieder gefahren. Pech war, dass Campanologist mir im Preis von Europa den Einlauf kaputt machte. Hinzu kam falscher Geiz: Ovambo Queen, Kapitale und Temida hatte ich mir vorher als Pferde für die Einlaufkombi ausgesucht, auf der Rennbahn spiele ich allerdings nur Ovambo Queen und Temida. Kapitale siegt vor Ovambo Queen, die Zweierwette zahlt 435 – ein Vermögen, obwohl die heiße Favoritin dabei war. Und sonst: Reine heuresse war ein etwas vermessener Tipp, nach Bestform hatte sie jedoch durchaus Chancen. Koos hatte ich wie viele andere in der Wettchance des Tages getippt, weil die erst wenig geprüfte Stute noch Reserven hat. Beide wurden aber reichlich offensiv von der Spitze aus geritten. Das ist auf der langen Kölner Geraden bei gutem Boden nicht immer vorteilhaft – besonders wenn reichlich Speedpferde im Feld sind.
Und dann war da noch Lotosprinz in meinem abschließenden achten Rennen, einem Ausgleich IV. Neben mir gab es noch genug andere dumme „Schafe“, die den Mamool-Sohn wetteten und zum Favoriten machten. Dabei soll man doch nie den Favoriten im Ausgleich IV nehmen. Lotosprinz lief dann auch ein etwas „unauffälliges“ Rennen und landete im vorderen Mittelfeld. Die Viererwette wurde im übrigen in dieser Prüfung nicht getroffen. Die Nachbarn auf der Stehstufen jubelten aber: Sie hatten Kim Groom gespielt und für die überaus formbeständige Stute gab es reichlich Geld.