Norderney am grünen Tisch
Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn waren in Südafrika, dafür waren Starjockey Christophe Soumillon und die deutsche Jockeylegende Hein Bollow zu Besuch beim Großen Preis der Wirtschaft auf der Dortmunder Galopprennbahn. Und auch nurpferdeundfussball nahm die Stadtbahn bis zur Haltestelle Rüschebrinkstraße und erwischte dort sogar einen Bus, der uns direkt zur Bahn brachte.
Der Renntag ist einer der wenige Grasbahntermine in Wambel und ein Höhepunkt des Dortmunder Rennjahres. Unterwegs habe ich gerätselt, wann ich zum ersten Mal beim Preis der Wirtschaft war. Irgendwann in meinen Anfangsjahren gewann mal die zweite oder dritte Wahl von Trainer Heinz Jentzsch, einer Legende des deutschen Galopprennsports. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass Horst Horwart im Sattel saß. Was ich genau weiß: 1992 siegte Iron Fighter vor Enharmonic aus dem Besitz der englischen Queen, der Einlauf zahlte über 900 und ich traf diesen mit 2,50 DM.
Jedenfalls sieht es in dem Raum unter der ersten Dortmunder Tribüne aus, als wenn dort eine Bombe eingeschlagen hätte. Dort, wo es Kaffee und Kuchen gibt, stehen vereinzelte Tische, ansonsten ist der Raum leer. Immerhin ist der Bierstand besetzt. Dabei war der Raum, der wahrlich keine Schönheit war, in den letzten Jahren ein Indiz dafür, dass die Dortmunder Rennbahn sich auch optisch in ein besseres Licht setzen möchte: Beispielsweise gab es Tische mit Tischdecken, Strohballen an den Biertischen sollten Stallatmosphäre schaffen. Jetzt sieht es wieder nach Wartehalle eines Provinzbahnhofes aus.

Die Rennleitung protestiert
Das sportliche Programm kann selbstverständlich nicht mit der Extravaganza von Royal Ascot mithalten, doch der Große Preis der Wirtschaft lockt traditionell immer gute Pferde. Auf dem Rasen siegte der Favorit Illo vor Norderney und Scolari, der Vorjahressieger Zaungast lief ein ordentliches Rennen als Vierter. Doch dann tönte die Sirene der Rennleitung, die Protest gegen den Sieger einleitete. Illo (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Adrie de Vries) hatte unterwegs Scolari entscheidend behindert, sein Jockey Christoph Soumillon musste den Ittlinger neu aufnehmen. Die Entscheidung ist nachvollziehbar und so triumphierte Norderney mit Andrasch Starke am grünen Tisch.
Große Felder prägten das Rahmenprogramm: 15 Pferde bewarben sich beispielsweise um den Preis vom Ingenieurbüro Fehringer, einer Prüfung der Kategorie E für sieglose vierjährige und ältere Pferde. Mit dabei El Django, über den das Fachblatt Sport-Welt schreibt: „Gezogen wie ein Weltmeister, von Deckhengst-Legende Sadler’s Wells aus der Superstute Elle Danzig“. Die noble Abstammung half ihm aber auch nicht beim ersten Lebensstart in bescheidener Gesellschaft: El Django endete im geschlagenen Mittelfeld, es gewann Bonfire Night nach einem beherzten Ritt von der Spitze. Ich hatte einen Einlauf gespielt mit Altano und dem Debütanten Melkam. Sie endeten auf den Plätzen 2 und 5 und besonders Melkam verdient einen Hinweis, weil er völlig unangefasst nach schwachem Start noch nach vorne lief.
Der interessanteste Teilnehmer im Preis des Gestütes Wittekindshof, einem Rennen für sieglose Dreijährige, trug den Namen Keep Cool, war in seinen letzten drei Starts immer hinter Pferden der Jahrgangsspitze platziert und stand natürlich in eindeutiger Favoritenposition. Und das Pferd aus dem Stall von Andreas Löwe gewann auch so und festigte damit seine Position im Derbyfeld.
Christian Sprengel strahlte indessen nach dem Erfolg von Bonfire Night am Bierstand und durfte nach dem dritten Rennen noch einmal feiern: Eastern Eagle siegte im Ausgleich 3 über 1400 Meter und machte so meinen Einlauf mit Saldenlöwe und Festspiel kaputt, die auf den Plätzen 2 und 3 endeten.

Donnerschlag durch Durban Thunder
Und das Wettpech setzte sich fort: Schulte lief zweimal vorher nicht schlecht und sollte auch gegen Gegner aus prominenten Ställen nicht chancenlos sein. Von wegen, das Pferd mit dem sauerländischen Namen kam zwar noch ins Rennen, aber da war vorne schon alles gelaufen. Keiner hatte eine Chance gegen den Debütanten Flash Dance aus dem Gestüt Schlenderhan. Dabei sah der Monsun-Sohn gar nicht so imposant aus, auch die Scheuklappen beim ersten Start mahnten zur Vorsicht.
Rebetiko-Saba Dancer-Lovileo und Boss Mak lautete die Viererwette in der anschließenden Wettchance und sie zahlte über 500 000 Euro. Ein glücklicher Wetter aus Hannover traf sie mit 0,50 Euro Grundeinsatz.
Auf 13:10 hatten die Wetter Durban Thunder aus dem Stall Tinsdal im siebten Rennen heruntergewettet. Ich bin da immer etwas skeptisch, zumal der erst zweimal geprüfte Hengst auf solide Ausgleich 3/Ausgleich 2-Galopper traf. Aber der Schützling von Torsten Mundry untermauerte eindrucksvoll seine Favoritenrolle, gewann wie ein Pferd, dessen Leistungsgrenzen noch lange nicht erkannt sind.
Und wer nach dem Hauptrennen noch auf dem Bahn weilte, durfte sich über den Sieger Shangrila freuen, der über 1000 am Toto zahlte. Falls er ihn getroffen hat…