Montag, 14. Juni 2010
WM-Notizen (1): Mehr als nur ein Spiel
Drei Tage läuft die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika jetzt. Was bleibt bislang haften? Erst einmal die Dauerbeschallung durch die Vuvuzelas, die an einen Hornissenangriff in einem B-Movie erinnern. Und dann die Tatsache, wie wichtig der Fußball doch für die Stimmung im Lande ist.



Zum Beispiel Deutschland – Deutschland hat „die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten“ (Süddeutsche Zeitung), die derzeit in der Öffentlichkeit ein jämmerliches Bild abgibt. Da wird sich Bundeskanzlerin Angela Merkel freuen, dass wenigstens die deutsche Nationalmannschaft etwas von ihren Problemen ablenkt: Locker mit 4:0 gewann das Team von Joachim Löw zum Auftakt gegen allerdings schwache Australier. Doch diese waren auch so schwach, weil Deutschland sie so gut im Griff hatte. „Es war der perfekte Abend“, schwärmte ZDF-Experte Oliver Kahn.

Zum Beispiel Ghana – John Mensah lief eine Ehrenrunde mit der Landesfahne. Sie feierten, als wenn sie den Titel gewonnen hätten. Dabei war es nur ein Spiel der Vorrunde: 1:0 besiegte Ghana in der „deutschen Gruppe C“ Serbien, aber schickte damit offensichtlich einen ganzen Kontinent in Partystimmung. Es war ein eher müder Kick, in dem Ghana das etwas bessere Spiel zeigte und der „böse“ Kevin-Prince Boateng mal wieder eindrucksvoll unter Beweis stellte, welch großartiger Fußballer er doch ist. Und Serbien? Die Realität auf dem Platz war enttäuschend und entsprach gar nicht den enthusiastischen Vorberichten.

Zum Beispiel England – Fabio Capello soll es richten und nach über 40 Jahren den Titel wieder ins Mutterland des Fußball holen. Und wie immer war die Euphorie vor dem Start grenzenlos. Doch von wegen „Let’s spank the Yanks“, wie der englische Boulevard, in diesem Fall der Daily Star, gewohnt zartfühlend vor dem Spiel getitelt hatte. Englands Fußball-Nationalmannschaft bekam zum Auftakt der WM in Südafrika den ersten Dämpfer: Nur 1:1 gegen die USA. Die erste Halbzeit erinnerte an längst vergangene Zeiten. Die Bälle flogen nur hoch nach vorne und dann führte Keeper Paul Green die Tradition der Kollegen Seaman, James und Robinson fort, als er einen harmlosen Ball passieren ließ.

Zum Beispiel Argentinien – Es war unglaublich, was Lionel Messi mit Nigerias Abwehrspielern anstellte. Rechts vorbei, links vorbei – der kleine Ausnahmefußballer war an diesem Nachmittag kaum zu stoppen. Nur einer hatte etwas dagegen: Nigerias Torhüter Vincent Enyeama reagierte mehrmals phänomenal und verhinderte ein Debakel. Es blieb beim 1:0 für das Team von Diego Maradona, das defensiv zudem einige Schwächen offenbarte und den ansonsten harmlosen Westafrikanern einige gute Möglichkeiten schenkte.

Zum Beispiel Südafrika – Was war nicht vorher alles über Südafrikas Bafana Bafana geschrieben worden. Schwächster Gastgeber aller Zeiten, Kanonenfutter, Punktelieferant – alles dummes Geschwätz. Gegen die nicht schlechten Mexikaner war Südafrika dem Sieg nahe, kam nach nervösen Beginn gut ins Spiel, schoss ein herrliches Tor, traf den Pfosten und wurde ein klarer Elfmeter verweigert. Nur einmal passten sie in Halbzeit 2 nicht auf und das nutzten die abgezockten Mexikaner zum Ausgleich.

Zum Beispiel Frankreich – Ganz so emotional sind die Franzosen nicht mit ihrer Equipe Tricolore verwachsen. Allerdings gibt diese schon seit Jahren ein eher trauriges Bild ab und das war auch nach dem trostlosen 0:0 gegen die Defensivkünstler aus Uruguay so. Und normalerweise versenkt Uruguays Torjäger Forlan so einen Ball, den er an diesem Abend weit neben das Tor setzte.