Sehnsucht nach Fred Rutten
Nur auf Platz 10 setzte die 11 Freunde-Redaktion das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund in ihrer Rangliste „Derby – die 50 härtesten Duelle der Welt“. Davor landeten unter anderem das Glasgower Stadtduell Celtic gegen Rangers, Fenerbahce gegen Galatasaray aus der Türkei und das Londoner Hauerduell West Ham gegen Millwall. Gespräche und der Blick in die Fanforen beider Mannschaften sagen allerdings anderes aus: Der Revierklassiker ist das Spiel der Spiele. Heute abend findet in der Gelsenkirchener Turnhalle die nächste Auflage statt.
Dabei trennte nicht immer Häme und Hass die Anhänger beider Lager: 1934 gewannen die Schalker Knappen in Berlin mit 2:1 gegen den Nürnberger Club ihre erste Deutsche Meisterschaft, mit dabei waren unter anderem die Mythen Ernst Kuzorra und Fritz Szepan. Auf dem Rückweg stoppte der Zug in Dortmund. „Schon dort ein begeisterter Empfang“, schreibt Georg Röwekamp in seinem(durchaus empfehlenswerten) Werk „FC Schalke 04 – Der Mythos lebt“. „Noch gibt es keine Rivalität zwischen Schalke und Dortmund; die Spieler tragen sich ins Goldene Buch der Stadt ein. Das ganze Revier feiert die Meisterschaft als Erfolg der Region.“


Mai 2005, letzter Dortmunder Sieg in der Turnhalle: Lars Ricken untermauerte mal wieder seinen Ruf als der Mann für die entscheidenden Tore

Zu dieser Zeit begann der kometenhafte Aufstieg der Schalker, die in der Zeit des Nationalsozialismus die führende Mannschaft in Deutschland waren. Der BVB spielte hingegen nur eine untergeordnete Rolle; erst in den fünfziger Jahre überflügelten die Schwarz-Gelben erstmals Königsblau. Und seitdem ist die erbitterte Rivalität zwischen beiden Fanlagern da, kochen die Emotionen hoch und retten Siege gegen den Erzrivalen manchmal sogar eine verkorkste Saison wie zum Beispiel 2007, als Borussia die Schalker Meisterschaftsträume zerstörte.
Vor der heutigen Partei appellierten die Verantwortlichen mal wieder an die Vernunft in beiden Fanlagern. Die Hardcore-Fraktionen der zwei Klubs hatten sich zuletzt bei einem A-Junioren-Spiel in Gelsenkirchen eine wüste Schlägerei geliefert. Sportlich ist es ein Spitzenspiel: der 3. (Schalke) trifft auch den 5. (Dortmund).

„Quälix" schmeißt den Laden
Zum Verdruss der BVB-Anhänger spielt Schalke unter Neutrainer Felix Magath bislang eine ganz starke Saison. Irgendwie sehnt man die Chaos-Tage unter Trainer Fred Rutten und Manager Andreas Müller wieder herbei, als sich eine völlig lethargisch wirkende Schalker Mannschaft, die sich im Stile einer Altherrentruppe bewegte, regelmäßig blamierte. Die Zuschauer in der Turnhalle pfiffen, Herr Schnusenberg und sein Chef Tönnies gaben dubiose Interviews und auch Alt-Manager Rudi Assauer machte, flankiert von der Bild-Zeitung, kräftig Stimmung. Es war eben Schalke, wie es lacht und singt.
Unter Felix Magath ist das alles anders: Die Herzen vieler Fans gewann er schon allein dadurch, dass er in alter „Quälix-Manier" die verhätschelten Profis in der Vorbereitung bis zum Kotzreiz malochen ließ. Finanziell ging es zwar im Herbst drunter und drüber, doch sportlich zahlte sich die harte Vorbereitung aus.
Schalke spielt zwar nicht schön, aber gewinnt eben meist. Nur 17 Gegentore sind der beste Wert der Liga, vorne trifft der im letzten Jahr von den eigenen Fans noch ausgelachte Kevin Kuranyi regelmäßig und wird dabei assistiert von Jefferson Farfan, der vorher als kostspieliger Fehleinkauf galt.
Magath veränderte das Team: Mit Moritz, Schmitz und Matip baute er unter anderem drei vorher völlig unbekannte junge Spieler ein, dafür trennte sich der Verein von Routiniers wie Levan Kobiashvili oder Halil Altintop. In der Winterpause kamen noch einmal acht Neue - zum großen Teil absolute No-Names.
Der Trainer spricht zwar nicht von der Meisterschaft, doch wenn einer den Schalker Meisterfluch beenden kann, dann er. Nur der Zeitpunkt ist noch offen.