Schreck am Sonntag: Reviersport am Montag
Ohne sie ist der Sonntag nur halb so schön: die Sportzeitung Reviersport. Verregnete Sonntage könnte zukünftig noch etwas düsterer sein. Ab Beginn der Rückrunde der Fußball-Bundesliga erscheint das Blatt nicht mehr am Sonntag, sondern erst am Montag. Und konkurriert damit direkt gegen die Revier-Tageszeitungen, deren wesentlicher Inhalt am Montag der Sport des Wochenendes ist, und das Fachblatt kicker, das am gleichen Tag erscheint.
Ausgerechnet am Tag der Woche, an dem der Mensch mal Muße zur Zeitungslektüre hat, herrscht in Zeitungs-Deutschland der Notstand. Lange Zeit durfte sich der Springer-Verlag mit seinen Platzhirschen BILD am Sonntag und Welt am Sonntag über ein Sonntags-Monopol in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens freuen.

1987 brachte dann der Essener Klartext-Verlag die Revier-Sportschau auf den Markt: Von nun brauchte der Fußball-Fan nicht mehr bis Montag warten oder schweren Herzens die BamS kaufen. Es gab jetzt eine Sportzeitung, die sich am Sonntag ausführlich mit den Spielen von Dortmund, Schalke, Bochum, Duisburg, Wattenscheid oder RW Essen beschäftigte. Spielberichte, Stimmen, Einzelkritiken – eben alles, wonach der Fan am Tag danach lechzt und alles viel, viel interessanter als in der BamS, von deren Sportteil manche immer noch meinen, er wäre das Nonplusultra.
Am Anfang merkte man schon, dass das Blatt mit heißer Nadel gestrickt wurde. Die ersten Ausgaben waren voller Rechtschreibfehler. Interessant war die Mischung: Der Fußball dominierte natürlich, dazu gab es ausführliche Berichte vom Eishockey bis in die unteren Ligen und eine Seite Trabrennsport (!). Meinen wütenden Protestbrief, dass man doch auch mal etwas über Galopprennsport bringen könnte (zumal die Seite auch noch Turf und Trab hieß), ignorierte die Traber-Mafia in der Redaktion damals hartnäckig.

Ich mag keine Montage
Im Laufe der Zeit verkürzte die Zeitung ihren Namen in Reviersport, schrieb zwar immer noch nichts über Galopprennen, wurde aber immer professioneller und besser, erschien dann irgendwann auch am Donnerstag und entwickelte sich zu einer durchaus lesbaren Sportzeitschrift. Natürlich dominierte die 1:0-Berichterstattung, aber Reviersport berichtete detailliert über den Fußball im Revier – von der Bundesliga bis in die Niederungen der Westfalenligen.
Manch ein Redakteur wuchs einem im Laufe der Zeit so richtig ans Herz. Zum Beispiel Günther Pohl, schon seit Ewigkeiten der Spezialist für den VfL Bochum. Pohl ist ein glühender Anhänger des Fahrstuhl-Clubs und macht daraus auch gar keinen Hehl. Das heißt: entweder völliger Enthusiasmus oder tiefste Enttäuschung. Was habe ich in Reviersport schon für Lobeshymnen auf VfL-Trainer wie Toppmöller oder Neururer gelesen. Und manchmal agiert Pohl auch als Sprachrohr des VfL-Präsidiums, wenn er Kritiker im Blatt öffentlich bloßstellt. Was wiederum höchst peinlich ist…
Und seit einiger Zeit gibt es die famose Rubrik „3 Ecken – ein Elfer“, wo man sich mit Themen außerhalb des großen Fußballs beschäftigt. Aber das Schönste ist und bleibt: Die Reviersport kommt am Sonntag.
Und diesen Wettbewerbsvorteil gibt man jetzt einfach so aus der Hand. Natürlich ist Montag der Vertrieb einfacher, bekommt der Abonnent zeitgleich sein Blatt, weil man die Zusteller des Partners WAZ nutzen kann. Doch ob der Kunde am Montag die Reviersport kauft, ist doch mehr als fraglich. Warum sollte er auch? Die Tageszeitungen berichten ausführlichst über den Sport am Wochenende, montags erscheint zudem der Platzhirsch kicker. Ich kaufe schon am Donnerstag nur sehr selten den Reviersport und werde dies auch am Montag nicht tun, auch wenn das Heft künftig mehr Seiten umfasst. Einzige Chance: Sie machen ein Heft, das sich inhaltlich deutlich vom kicker unterscheidet. Mehr Fachanalysen, mehr Taktik, mehr Hintergründe – aber dieses Blatt müsste im deutschen Sportjournalismus erst erfunden werden.