Der Derby-Nachschlag: Eine Bilanz in drei Akten
Derbysieg Nummer 18 für Deutschlands ältestes Privatgestüt: Der Mitfavorit Wiener Walzer aus dem Gestüt Schlenderhan triumphierte im 140. Deutschen Derby auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn. Auf den Plätzen folgten die Außenseiter Sordino, Toughness Danon und Eliot.
Das Derby ist die perfekte Mischung aus Vorfreude, Anspannung, Spannung und am Ende Freude oder Enttäuschung. Es gab allerdings schon Jahre, in denen ich während des Rennens erheblich lauter war als in diesem Jahr. 2001 zum Beispiel, als der Riesenaußenseiter Lierac, der über 500 am Toto stand, kurz auf der Gerade in Front lag und nur noch von Boreal abgefangen wurde. 2005, als Nicaron sich vom Feld löste und Ransom O’Wars Schlussattacke zu spät kam. Oder 2007, als Adlerflug seine Gegner auf schwerem Geläuf deklassierte.
Getroffene Wetten im Derby sind – wie Treffer während des Cheltenhams-Festivals oder über die Grand National-Hindernisse – Erfolge, die einen besonderen Stellenwert in der Bilanz eines Wetters einnehmen. Und da immer die ungeraden Jahren meine Erfolgsjahre „im Rennen der Rennen waren“ (1997 Borgia, 2001 die fette Platzquote auf Lierac, 2003 Dai Jin, 2005 Nicaron, 2007 Adlerflug), hätte 2009 der nächste Erfolg kommen müssen.
Dachte ich zumindest: Hoffnung, als Eliot (gespielt zum Festkurs 166:10) kurz auf der Gerade einen guten Moment hatte, doch schnell war zu sehen, dass Wiener Walzer an diesem Tag das mit Abstand beste Pferd war und gewinnen würde.
Die Stute Bolivia, mein eigentlicher Wett-Mumm, fand wie der Favorit Suestado nie ins Rennen und endete im geschlagenen Feld. Dort endeten weitere hochgehandelte Pferde wie Saphir oder Oriental Lion. Selbst „Kultpferd“ Egon blieb im Mittelfeld stecken.
Andere überraschten neben den vier Erstplacierten positiv: „No-Hoper“ Quo Dubai, der doch eigentlich kein Stehvermögen hat, seine beste Arbeit aber zum Schluss ablieferte oder der tapfer seinen Strich durchgaloppierende Ordenstreuer.

Beeindruckende NDR-Bilder
Schönes Wetter, 20 000 Zuschauer, Umsatz in Ordnung, gut besetzte Rennen auch im Rahmenprogramm – die Bilanz des Hamburger Renn-Clubs dürfte nach dem Derby-Meeting 2009 um einiges freundlicher ausfallen als in den Jahren zuvor.
Die Hamburger verlangen ihren Besuchern am Derbytag einiges an Kondition ab: 12 Rennen, erster Start 13 Uhr, letzter 19 Uhr 40. 12 Rennen sind mir zuviel, zumal das Deutsche Derby erst als 9. Rennen um 17 Uhr 45 auf dem Programm stand. Grund für den späten Beginn war die Übertragung im französischen Rennsportkanal.
In den Jahren vorher war es aber auch nicht anders: Am Derbytag gab es immer diese Mammutkarte mit 12 Rennen, das Derby war meist das achte oder neunte Rennen.
Das macht die Veranstaltung zäh, die Wartezeit zu lang, die Spannung ist dann irgendwie raus. Englische Rennveranstaltungen umfassen nicht umsonst maximal sieben Rennen; ich könnte gut mit acht oder neuen Rennen am Derbytag leben.
Ärgerlich, dass es keine Live-Übertragung auf irgendeinem Fernsehsender gab, gerade für neue Zielgruppen wäre eine dauerhafte Medienpräsenz wichtig. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen mal mit der Familie Popolski aus Zabrze, deren Großvater einst die Popmusik erfand, zusammensetzen. Die wissen, wie man einen Sendemast „chackt“.
Dafür waren die „Rivalen der Rennbahn“ – am Sonntag abend um 23 Uhr auf Nord 3 – ganz hervorragend. Schöne Bilder gab es in den Jahren vorher auch schon, aber dieses Mal fehlten die „Schlampigkeitsfehler“, die zuletzt den Eindruck etwas getrübt hatten.
Wolfgang Biereichel und Peter Carstens besuchten unter anderen in Köln den Stall von Peter Schiergen, begleiteten die Pferde beim Transport nach Hamburg und fingen mit ihrem Kamerateam die ganze Ästhetik der Vollblüter an. Fantastische Bilder und Einstellungen nicht nur vom Rennen, eine Werbung für den Rennsport. Davon müsste es mehr geben.
Die NDR-Bilder zeigten aber auch eindrucksvoll, wie schlecht das deutsche Rennbahn-Fernsehen ist, dass über Buchmacher, Wettannahmen und Live-Streams Bilder des aktuellen Turfgeschehens liefert. In Hamburg waren diese ganz grässlich: Offensichtlich gibt es dort nur eine Kameraeinstellung ohne Nahaufnahmen, die Pferde wirken winzig klein und laufen irgendwo ganz weit weg.
Peinlich ist auch die Tonqualität: Im Hintergrund krächzt der Traberkanal in Kurzwelle-Qualität.