Mittwoch, 22. Juli 2009
Internationale Klasse hauchdünn verpasst
Otto Rehhagel amüsiert sich köstlich, Hans Meyer überreicht es dem Nachwuchs, HSV-Stürmer Mladen Petric guckt allerdings etwas verdutzt – sie alle haben das Sonderheft Bundesliga 2009/10 des kicker-Sportmagazins in der Hand und posieren damit für den Fotografen.
Seit letzter Woche ist das Heft in einer Druckauflage von 1,2 Millionen Exemplaren auf dem Markt. Das Sonderheft zur Bundesliga ist ein Klassiker des Fachmagazins und vielleicht sein bekanntestes Produkt. „Das Original seit 1963“ prangt groß auf der Titelseite. Mein erstes Exemplar habe ich 1975 oder 1976 erworben, das älteste, das ich noch besitze, stammt aus der Saison 1983/84.
Seit dieser Zeit ist das Heft ein treuer Wegbegleiter, der während der Spielzeit regelmäßig im Einsatz ist. „Fremdgehen“ mit Sport-Bild, dem großem Mitbewerber, kam mir nie in den Sinn – aus mehreren Gründen. Der wichtigste klingt banal: Das Sonderheft aus dem Springer-Verlag verzichtet auf Mannschaftsfotos der Erstligisten und enthält nur popelige Portraitfotos der Spieler. Was sich die Verantwortlichen aus dem Hause Sport-Bild dabei gedacht haben, weiß ich nicht. Aber worüber soll man sich denn dann noch in 10 Jahren amüsieren, wenn man das Heft in die Hand nennt?
Der Mitbewerber aus Nürnberg weiß, was seine Leser wünschen: Mannschaftsfotos sind natürlich Pflicht, die Super-Stecktabelle ebenso – in manchen Männer-Haushalten war das früher oftmals der einzige Wandschmuck.

Fakten und noch mal Fakten
Groß verändert hat sich das Konzept des Heftes in diesen Jahren eigentlich nie. Natürlich ist man etwas moderner geworden, haben sich die Ligen verändert, aber das Grundgerüst bleibt: Zu jedem Bundesligisten gibt es eine längeren Vorschau des jeweiligen kicker-Redakteurs, ein einseitiges Mannschaftsfoto und neuerdings drei Seiten Statistiken zu Spielern und Kadern. Die Vereine der 2. Liga werden auf zwei Seiten inclusive Mannschaftsfoto vorgestellt, dazu kommt ein kurzer Text. Den Klubs der dritten Liga widmet das Fachmagazin eine Seite mit einem halbseitigen Mannschaftsfoto. Und damit bekommt der Leser alle wichtige Fakten, die er zur „persönlichen Saisonvorbereitung“, um einmal Chefredakteur Rainer Holzschuh zu zitieren, benötigt.
Alles in der bewährten kicker-Qualität – manchmal etwas dröge, nicht immer fern von Klischees, aber immer solide recherchiert. Der Fokus liegt eindeutig auf fachlichen Aspekten und nicht irgendwelchen Boulevard-Nebensächlichkeiten.
Auch das 2009/2010-Heft macht keine Ausnahme: Es beginnt mit dem gewohnt sprachlich etwas holprigem Editorial des Chefredakteurs, es folgen eine Übersicht über das neue Fußball-Fernsehwochenende und ein solides Interview mit dem Neu-Schalker Felix Magath, der in dem Gespräch etwas genervt wirkt. Auf den nächsten Seiten werden die Teams ausführlich analysiert. Schade nur, dass die Redakteure in den letzten Jahren keinen Tipp wagen, wo die einzelnen Klubs am Ende der Saison landen. Leider gibt es auch keine DVD mehr, auf der kicker-Chefredakteur Rainer Holzschuh gemeinsam mit ARD-Sportschau-Moderatorin Monika Lierhaus die Saison analysiert. Das hatte manchmal unfreiwillig komische Elemente – und humoristisch könnte das Fachblatt durchaus zulegen.

Fazit
Das kicker-Heft ist wie immer solides Handwerk ohne große Überraschungen, aber dennoch Pflicht für die Saison. In der kicker-Rangliste würde ich es „Im weiteren Kreis“ einordnen, der Sprung zur „Internationalen Klasse“ ist aber nicht weit. Die Kür kommt übrigens am morgigen Donnerstag – dann erscheint das Heft der 11 Freunde zur Saison 2009/2010.