Sie haben es bekanntlich geschafft – Atletico Madrid ist spanischer Meister und ist damit in die Phalanx Real Madrid und FC Barcelona eingedrungen. Das 1:1 beim FC Barcelona, das die Meisterschaft sicherte, dokumentierte noch einmal eindrucksvoll, warum der kleinere Madrider Verein in dieser Saison vor den zwei Großen des spanischen Fußballs triumphierte. Es war eine Demonstration des Willens und des Zusammenhalts – immer wieder störten die Atletico-Akteuere das Spiel von Barca und gewannen die Zweikämpfe.
Der FC Barcelona mag zwar die besseren Einzelspieler haben, aber davon war an diesem Tag nicht viel zu spüren. Nur selten dominierten die Katalanen, das Team des klugen Trainers Diego Simeone wehrte sich mit aller Macht gegen die Niederlage. Obwohl sie mit Diego Costa und Arda Turan schon früh zwei wichtige Akteure verloren.
Ohne Präsident kein Pokal
Nach Barcas Führung durch Alexis biss sich Atletico besonders nach der Pause regelrecht in das Spiel und setzte Zeichen. Erst traf David Villa nur Metall, dann aber markierte Godin per Kopf nach einer Ecke das 1:1. Das reichte, denn Barca kam so recht nicht mehr in die Begegnung.
Atletico ist Meister, nur die Meisterschale gab es noch nicht. Weil Spaniens Verbandspräsident Angel Maria Villar an diesem Tag verhindert war, wurde der Pokal nicht übergeben. Peinlich.
Aber das Beste für Atletico kann ja noch kommen: Am Samstag trifft das Team im Champions League-Finale ausgerechnet auf den Madrider Rivalen Real. Die Königlichen mögen zwar leichter Favorit sein, aber mein Tipp sind sie nicht. Atletico gewinnt – nur ob in der regulären Spielzeit oder in der Verlängerung, da bin ich noch nicht sicher.
Danke, Manchester United. Danke, dass ihr Louis van Gaal zu eurem neuen Manager gemacht habt. Denn jetzt kann ich endlich hier das Video aus dem Jahr 2010 zeigen, als Louis van Gaal auf dem Münchner Marienplatz bei der Meisterfeier der Bayern zu großer Form auflief und sich das Prädikat „Feierbiest“ redlich verdiente.
Ja, damals im Sommer 2010, da hätten die Bayern dem holländischen Übungsleiter am liebsten noch ein Denkmal gebaut. Nach dem Fiasko mit Jürgen Klinsmann wollte Bayern München einen „Fußball-Lehrer“ – und den bekamen sie mit Louis van Gaal. Im ersten Jahr war diese Verbindung sehr erfolgreich: Der Niederländer stellte Bastian Schweinsteiger auf die zentrale Mittelfeldposition, baute mit Holger Badstuber und Thomas Müller zwei junge Spieler in die Mannschaft ein und holte das Double aus Meisterschaft und Pokal. Nur im Finale der Champions League, da manövrierte ihn Taktikfuchs Jose Mourinho (damals Inter Mailand) aus.
Kuss an die Muttis von der Trainerbank: Louis van Gaal heizt die Menge bei der Münchner Meisterfeier an. Allerdings blickt Franck Ribery, der Junge mit der großen Schale, schon etwas genervt. Auch Kalle Rummenigge wirkt ein wenig befremdet.
Knapp elf Monate danach, im April 2011, kam das Aus für van Gaal beim Rekordmeister. Die Verantwortlichen des FC Bayern – allen voran Manager Uli Hoeneß – hatten zunehmend massive Probleme mit dem Charakter ihres Trainers. Denn van Gaal gilt nicht nur als exzellenter Fachmann, sondern auch als sehr autokratischer Typ, der keine anderen Meinungen neben sich duldet.
Nun hat der Fußball-Lehrer, den sogar seine Töchter siezen müssen, diese Eigenschaften schon hinlänglich auf seine anderen Stationen bewiesen – ob Ajax Amsterdam oder FC Barcelona, hinterher klagten Verantwortliche und Spieler gleichsam über die selbstherrliche Art des Trainers.
Das hätte auch den Ober-Bayern Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge bekannt sein müssen – war es aber offenbar nicht.
„Sein Problem ist, dass Louis sich nicht für Gott hält, sondern für Gott-Vater. Bevor die Welt existierte, war Louis schon da. So wie er die Welt sieht, funktioniert sie nicht", sagte Hoeneß der niederländischen Zeitung „Telegraaf“ noch im März 2013 (Quelle Die Welt ), also fast zwei Jahre nach dem van Gaal-Gastspiel. Die Wunden sind immer noch tief.
Jetzt also ab der Saison 2014/2015 Manchester United, vorher muss Louis van Gaal als Bondscoach der Niederlande noch die Mission Fußball-WM in Brasilien erledigen. Vielleicht sollten seine zukünftigen Spieler bei United, darunter Ex-Borusse Shinji Kagawa, mal einen Blick in die Biografie und Vision des Louis van G. werfen. Ein Werk wie geschaffen für Trainingslager und Strandurlaub. Ganz wichtig zudem: Krawatte richtig binden. Da kennt der Louis keine Gnade.
Jedenfalls hat nach einem Bericht des englischen Guardian van Gaal schon einmal eine Wunschliste potenzieller Neuverpflichtungen aufgestellt. Auf der Liste tauchen unter anderem die Bayern Thomas Müller, Arjen Robben und Borussia Dortmunds Mats Hummels auf.
Seit ewigen Zeiten habe ich mal wieder ein „Zweit-Lieblingsteam“ nach dem BVB: Atletico Madrid rockt in dieser Saison nicht nur Champions League und spanische Liga, sondern hat auch einen neuen Anhänger – mich. Nun ist das mit den zweiten Teams so eine Sache. Bei mir ist das meist nur eine temporäre Angelegenheit, im Laufe der Zeit kühlt sich die Sympathie wieder ab. Aber aktuell hat die Beziehung einen Höhepunkt erreicht.
Atletico (rot) und der Stadtrivale Real (weiß) am Madrider Ratshaus. (Foto: Wikipedia Commons/ Laura Hale/)
Sonntag, 17:00, saß ich am Computer. Nicht um Pferderennen zu sehen (oder diese Kolumne zu füllen), sondern um Fußball zu gucken. Die spanische Liga kann man schön bei LaOla TV schauen, für 4,99 Euro im Monat sogar in HD-Bildern.
Atletico Madrid gastierte an diesem Tag bei UD Levante. Die Zeichen standen gut: Barcelona hatte nur Remis gespielt, nach einem Erfolg gegen Levante, dem zweiten Team aus Valencia, hätte sich Atletico drei Spieltage vor Schluss an der Spitze der Primera Diversion absetzen können.
Doch es war einer dieser Tage, an dem alles daneben ging. Bereits nach 7 Minuten sprang Verteidiger Luis Filipe nach einer Levante-Ecke den Ball unglücklich an die Brust und zum Entsetzen der meisten rollte der Ball zum 1:0 für die Heimmannschaft ins Tor.
Das blieb der einzige Angriff von Levante in Halbzeit 1, doch Atletico fehlten die Ideen, um eine gut stehende gegnerische Abwehr zu knacken. Nach der Pause kamen Arda Turan, Adrian und später der Ex-Wolfsburger und Ex-Bremer Diego ins Spiel, die Madrilenen erarbeiteten sich jetzt Chancen um Chancen, doch der Ball wollte – auch dank Levante-Keeper Navas – nicht ins Tor.
Mit dem dritten Angriff machten die Hausherren nach 69 Minuten nach einem schönen Konter das 2:0. Und die Gesichter der vielen mitgereisten Atletico-Fans in ihren rot-weiß- gestreiften Trikots wurden immer länger.
Die beste Saison
Aber trotz dieser Niederlage: Atletico spielt unter Trainer Diego Simeone eine grandiose Saison, vielleicht die Beste der Vereinsgeschichte: Platz 1 in der spanischen Liga vor Barca und dem Lokalrivalen Real. Und als Krönung das Erreichen des Finales in der Champions-League, ausgerechnet ein Madrider Lokalduell gegen Real, sonst die klare Nummer 1 in der Stadt.
Das 3:1 im Halbfinal-Rückspiel bei Chelsea war vielleicht das Meisterstück des Simeone-Teams. Im Hinspiel hatte Coach Jose Mourinho quasi den Mannschaftsbus im Chelsea-Strafraum geparkt und so ein 0:0 ermauert. Es war eines dieser Fußballspiele, nach denen man froh war, sie nicht gesehen zu haben.
Doch im Rückspiel siegte das Gute. Die „Colchoneros“ drehten einen 0:1-Rückstand an der Stamford Bridge und zogen völlig souverän mit 3:1 ins Finale ein. Real mag zwar den tolleren Fußball gegen die Münchener Bayern gespielt haben, aber „mehr Eier“ zeigte Atletico.
Seit Dezember 2011 trainiert der ehemalige argentinische Internationale Diego Simeone Atletico und seitdem geht es mit dem einstigen Skandalclub aufwärts. Dabei spielt das Team nicht unbedingt wahnsinnig attraktiven Fußball, aber es ist eine gut abgestimmte Einheit, bei der ein Rädchen ins andere greift. Diese Einheit muss erst einmal besiegt werden. Und mit Diego Costa, Koke oder Arda Turan hat die Mannschaft auch einige starke Individualisten. Barca oder Real sind deutlich besser besetzt, aber als Underdog liefert Atletico den beiden Top-Teams einen heldenhaften Kampf und hat sie fast in die Knie gezwungen. Das gefällt mir. Zumal das Publikum im Estadio Vicente Calderon deutlich lebendiger wirkt als die Operetten-Kulissen im Camp Nou (Barca) und Santiago Bernabeu (Real).
Der Bürgermeister von Marbella
Natürlich hat Atletico immer noch einen Batzen Schulden, zum Beispiel beim Finanzamt. Es sind Spätfolgen: Einst hatten die Colchoneros mit Jesus Gil y Gil einen der beklopptesten Fußball-Präsidenten aller Zeiten, noch heute bestimmen einstige Weggefährten den Klub. Aber das ist in diesem Fall egal. Auch in der Vergangenheit von Borussia Dortmund gab es schlechten Zeiten und peinliche Gestalten – das negative Format des einstigen Bürgermeisters von Marbellas hatte aber bei weitem niemand.
Allerdings sind meine Zweitsympathien nicht unbedingt eine dauerhafte Sache. In den neunziger Jahren mochte ich besonders Newcastle United, weil diese Stadt ebenso fußballverrückt wie Dortmund ist, und Fulham, weil ich dort mal einen netten Fußball-Nachmittag erlebt habe. Später kam noch Greuther Fürth hinzu, als ich einige Zeit in Nürnberg lebte und dort die Fürther ins Herz schloss.
Heute sind mir die Klubs mehr oder weniger egal. Im Gegenteil: Fulham mit Felix Magath ist wahrlich nicht mein Fall.
Zwei durchaus kritische Artikel über Atletico vom Internetportal goal und aus dem Schweizer Tagesanzeiger.
Ich kann mich nicht erinnern, mal so viele großartige Fußballspiele innerhalb kurzer Zeit gesehen zu haben. Und wenn, dann ist das schon lange her. Aber letzte Woche und am Wochenende war es soweit – vier Partien, die alles zeigten, was den Sport so schön macht. Na gut, Schalker und Nürnberger Fans werden das anders sehen. Das ist meine Liste.
Schalke 04 – Real Madrid 1:6 (0:3), Mittwoch, Champions League-Achtelfinale, ZDF
In Deutschland sprachen die meisten hinterher nur von „Schalkes historischer Pleite“ (kicker), von der schwachen Leistung des deutschen Champions League-Teilnehmers. Nun wirkte der S04 wirklich hilflos an diesem Abend gegen die Madrider Millionentruppe, doch war Real Madrid an diesem Abend endlich mal ein wenig galaktisch. Das war atemberaubend, wie schnell die Mannschaft umschaltete, wie brillant Modric, Xabi Alonso und di Maria das Spiel lenkten und Bale und Ronaldo wirbelten. Dazu der häufig unterschätzte Benzema im Zentrum, ein Vollstrecker der Extra-Klasse.
Auch ohne die eigenen Fehler wäre Schalke an diesem Abend unter die Räder gekommen. Geld schießt eben doch Tore, sieht man ja auch bei den Bayern.
Natürlich werden manche jetzt argumentieren, dass Borussia Dortmund doch im letzten Mal zweimal Real Madrid besiegt hatte. Aber das waren zwei mannschaftliche Glanzleistungen einer sehr homogenen Dortmunder Mannschaft; zudem kam beim 4:1 ein Robert Lewandowski in Weltklasse-Format hinzu.
Dieses Format hat Schalke aktuell nicht. Und wenn ich sehe, wie unsicher der Ex-Dortmunder Felipe Santana bei Königsblau agiert, dann habe ich schon Zweifel an den Fähigkeiten von Trainer Jens Keller. Wobei beim 2:0 Passgeber Julian Draxler eine ähnlich hohe Mitschuld wie Santana hat.
Eintracht Frankfurt – FC Porto 3:3 (1:0), Donnerstag, Europa League, Zwischenrunde, Kabel Eins
Aufmerksame Leser dieser Kolumne kennen meine Aversion gegen die Europa League. Sportlich maximal zweitklassig, meist langweilige Spiele vor schmaler Kulisse und dann auch noch ein Auffangbecken für gescheiterte Champions League-Teilnehmer – alles Argumente gegen diesen Wettbewerb. Fans von Eintracht Frankfurt sehen das jedoch anders: Für sie ist die Europa League nach jahrelanger Abstinenz vom internationalen Fußball das gelobte Land.
Schon das Hinspiel beim FC Porto war sehr interessant: 2:0 lag die Eintracht beim wohl besten portugiesischer Verein der letzten 30 Jahre zurück. Doch die Eintracht drehte das Spiel und kam mit einer Energieleistung noch zum verdienten Ausgleich. Das war bereits ein Erfolg, denn der FC Porto (in der Champions League allerdings als Gruppendritter ausgeschieden) hat international einen sehr guten Namen.
Das Rückspiel war dann einer dieser Europapokal-Abende, die man so schnell nicht vergisst. Ein ausverkauftes Stadium, eine großartige Stimmung und ein Spiel, das begeisterte. Frankfurt nutzte seine Torchancen zunächst besser, führte nach 52 Minuten 2:0. Doch der FC Porto kam zurück, 2:2 nach 71 Minuten. Riesenjubel dann, als der herausragende Alex Meier das 3:2 erzielte. Frankfurt war nun eine Runde weiter, doch vier Minuten vor Schluss zerstörte der eingewechselte Ghilas den Traum der Eintracht.
Porto trifft jetzt in der nächsten Runde auf Neapel. Den Frankfurtern bleiben nur viele Komplimente für ihren mutigen Auftritt. Ein schwacher Trost, aber die Hessen können sich jetzt auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren.
Borussia Dortmund – 1.FC Nürnberg 3:0 (0:0), Samstag, Bundesliga, 23. Spieltag, live im Stadion
Die Heimspiele von Borussia Dortmund waren zuletzt nicht gerade der Renner. Niederlagen gegen Bayern, Leverkusen und Hertha, danach ein müdes Unentschieden gegen Augsburg – beim BVB hakte es da aus diversen Gründen. Der aufmerksame Leser wird jetzt einwerfen, dass danach ein souveränes 4:0 gegen Eintracht Frankfurt folgte, aber da war ich nicht im Stadium. Das zählt also nicht, darum war der überzeugende Erfolg für mich so wichtig.
Der Nürnberger Club war am Samstag aber auch ein dankbarer Gegner. Weil er sich nicht nur auf die Abwehr konzentrierte, sondern durchaus offensiv mit drei Angreifern auflief. Doch der Mut der Franken wurde nicht belohnt, eigentlich waren sie chancenlos.
Dortmund kombinierte von Beginn an gut, ließ Ball und Gegner laufen. Dank des wieder einsatzfähigen Mats Hummels hatte der BVB eine zusätzliche Variante in der Spieleröffnung. Und wenn Mkhitaryan und Lewandowski mal ins Rollen kommen, dann besitzt Borussia eine offensive Schubkraft wie kaum ein anderer Klub in der Liga. Dazu war die linke Seite mit Schmelzer und Großkreutz offensiv sehr aktiv, hatten auch Sahin und Kehl auf der Sechs gute Momente.
Nur die Tore fehlten zur Pause. Doch das holte die Borussia nach, traf dreimal in Halbzeit 2 und hätte noch erfolgreicher sein können. Nur Raphael Schäfer im Nürnberger Tor stand dem im Weg. Am Ende zählte der kicker 13:3 Torchancen, bei mir waren es gefühlte 20:1.
Atletico Madrid – Real Madrid 2:2 (2:1), Primera Division, 26.Spieltag, www.laola1.tv
Liebe Schalker, habt Ihr das gesehen? So spielt man gegen Real Madrid. Atletico hat es im Madrider Derby vorgemacht: die Räume verdichten, Zweikämpfe gewinnen, selbst die Initiative ergreifen und vorne einen umtriebigen Stürmer hinstellen.
Es war ein Madrider Derby voller Emotionen, voller Leidenschaft, strittigen Momenten, verbissenen Zweikämpfen, aber auch vielen spielerisch starken Szenen. Real führte früh durch Benzema, doch Atletico biss sich zurück in die Partie. Diego Costa beschäftigte die Real-Abwehr permanent, mindestens eine der drei strittigen Szenen war ein Elfmeter für Atletico. Schiedsrichter Delgado Ferreiro gab keinen; Diego Costa sah Gelb für eine angebliche Schwalbe.
Erst in der 28. Minute gelang dem starken Koke das 1:1. Atletico machte weiter Druck, das 2:1 durch Gabi kurz vor der Halbzeit war verdient. Oft gleicht das spanische Publikum einem Operettenpublikum, aber das Estadio Vicente Calderon tobte an diesem Sonntag. Der erste Derbysieg gegen den übermächtigen Stadtrivalen Real war in greifbarer Nähe.
Doch Real kam nach der Pause wieder, spätestens ab der 70. Minute dominierten die Königlichen. Der Ausgleich durch den ansonsten eher unauffälligen Cristiano Ronaldo ging in Ordnung.
„Atletico brachte eine gewaltsame Note in die Partie“, klagte Real-Coach Carlos Ancelotti nach der Partie. So etwas liege seiner Mannschaft nicht. Einspruch, Senor Ancelotti: Pepe und Sergio Ramos hauen für Real auch ganz schön in die Knochen.
Aber unter Trainer Diego Simeone ist Atletico in dieser Spielzeit ein ernster Konkurrent für Real Madrid und den FC Barcelona. Spielerisch sind Real und Barca deutlich besser, aber Simeone hat ein kompaktes und eingespieltes Team geformt, das die Großen ärgert. Aber mehr als ärgern wohl nicht.
Auch diese Kolumne hat in grauen Vorzeiten manchen Mist geschrieben. „Mit Capello endet Englands Leidenszeit“, titeltenurpferdeundfussball doch wahrlich vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika und tippte das selbsternannte Mutterland des Fußballs als Champion. Der Grund war ein Italiener. „Ja, die Mannschaft ohne gescheiten Torwart und sichere Elfmeterschützen. Aber sie haben jetzt mit Fabio Capello einen Trainer, der die über 40jährige Leidenszeit beenden kann. Weil der Italiener die Engländer taktisch wettbewerbsfähig gemacht hat“, hieß es damals. Ein Grund für diese kühne These: Ende 2008 hatte eine englische B-Mannschaft gegen Deutschland gewonnen und dabei ungeahntes taktisches Vermögen demonstriert. Dass auf deutscher Seite Spieler wie Marvin Compper, Jermaine Jones oder Piotr Trochowski zum Einsatz kamen, blieb unbeachtet.
Diesen Tipp hätte man direkt in die Tonne schmeißen können. Auch Capello konnte nichts ausrichten, wirkte auf seinem bestens bezahlten Trainerposten regelrecht hilflos. Fehlende spielerische Mittel, schwachen Torhüterleistungen: Die Vorrunde überstanden die Three Lions noch mit viel Glück, im Achtelfinale demontierte eine spielfreudige deutsche Nationalmannschaft den alten Rivalen mit 4:1. Auch wenn der Lampard-Kopfball die Linie überschritten hatte.
Die Engländer und die großen Turniere: Spätestens nach der Europameisterschaft 1996, als die Three Lions unglücklich im Halbfinale gegen Deutschland nach Elfmeterschießen scheiterten, waren die Hoffnungen groß auf der Insel. Die Premiere League entwickelte sich zur stärksten Liga der Welt, die Klubs holten Titel und in der Nationalmannschaft sorgte die Generation um David Beckham und Michael Owen für Hoffnung. Die beste Nationalelf, die wir je hatten, dachten viele Engländer. Wenn nicht jetzt, wann dann.
Die englischen Boulevardblätter wie die Sun, der Mirror oder der Star heizten die Stimmung vor den Turnieren entsprechend an. Vor einer WM oder EM gab es seitenweise Texte, warum es "unsere Jungs" endlich einmal schaffen könnten. So richtig schöner Hurra-Patriotismus. Poster mit dem Georgskreuz sollten den Glauben verstärken.
Die Ernüchterung kam meistens schnell. Wenn man die Jubelberichte in den englischen Tabloids gelesen hatte, dann erstaunte es doch, wie spielerisch schwach sich die englische Nationalmannschaft präsentierte und wie verkrampft das Team agierte – egal ob der Trainer Glenn Hoddle oder Sven Göran Eriksson hieß. Und hinzu kamen diese oft slapstickhaften Torwartfehler. David Seaman, David James oder Joe Green noch 2010 – englische Torhüter setzten ihre Fehlerserie bei jedem Turnier fort.
Hatte David Seaman den Kommentar des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) im Ohr. Jedenfalls sah er 2002 beim Freistoß von Ronaldinho ziemlich alt aus
Vollpfosten
Oder vielleicht hatten sie auch nur die Reportagen von Thomas Wark im ZDF gehört. Das ist der Mann, der beim Mainzer Sender den England-Spezialisten geben darf. Manchmal zieht Wark schon nach fünf Minuten ein Fazit, nach zehn Minuten hat er vergessen, was er vor fünf Minuten erzählt hat. So geht das die ganze Zeit.
Oft wünscht der Zuhörer, dass er nur den Namen des Spielers nennt und dann einfach mal die Klappe hält. Aber diese Hoffnung ist vergebens. Da fällt es gar nicht so ins Auge, dass er überhaupt kein Spiel lesen kann. Dieses Problem haben jedoch andere beim ZDF ebenfalls. Immerhin sammelte Wark Bonuspunkte durch die korrekte Aussprache von „Calamity-James“. Das ist nämlich der Spitzname des zugegeben manchmal etwas unglücklich agiererenden Torhüters David James.
Jedenfalls ist der England-Anhänger im Laufe eines Turniers schnell auf dem Boden der Tatsachen. England verabschiedete sich meist recht frühzeitig, der Boulevard beschimpfte Spieler und Trainer als Volltrottel und Versager oder fuhr widerliche Attacken gegen Schiedsrichter, die sie angeblich betrogen haben. Der Schweizer Urs Meier kann davon ein Lied singen.
Inzwischen sind die Erwartungen eher gedämpft. Manager Roy Hodgson bittet um Geduld, spricht von New England. 2014 soll die Mannschaft Erfahrung sammeln, die talentierten Spieler sich weiterentwickeln. Talente gibt es einige, zumindest im Offensivbereich.
Dennoch fehlt zur Spitze einiges, deutlich zu sehen beim 0:1 gegen den alten Rivalen Deutschland. Ich würde die Engländer zwar nicht so hart beurteilen wie ARD-Experte Mehmet Scholl („Selbst die alten Tugenden wie Kampf und Einsatz funktionieren nicht mehr“), aber eine richtige Siegchance hatten die Three Lions nicht. Es war ein ruhiges Debüt im zarten Alter von 33 Jahren für Dortmunds Schlussmann Roman Weidenfeller, der eigentlich keinen einzigen gefährlichen Ball halten musste.
Lieber Leser, stell’ Dir vor, Du kickst irgendwo in Kreis- oder Bezirksliga und bist glühender Anhänger von – sagen wir mal – Borussia Dortmund. Es ist Vorbereitungszeit und Du schaust Dir den BVB irgendwo auf dem Land an. Es läuft nicht alles rund und besonders Stürmer Robert Lewandowski agiert reichlich unglücklich. Du ärgerst dich über die Vorstellung und schreist „Lewandowski lass es sein, geh’ nach Hause. Das hört Jürgen Klopp. „Mach’ es doch besser“, sagt der BVB-Trainer. „Zieh`dich um“. Und auf einmal spielst Du im schwarz-gelben Dress Deines Lieblingsvereins. Und schießt auch noch ein Tor.
Geht doch gar nicht. Ist in Deutschland eigentlich auch nicht möglich, gibt ja so etwas wie Spielerpässe. In England aber passierte diese Geschichte einst, wie diese Story aus dem Howler-Magazin (hier dokumentiert vom Guardian) beweist.
Es war der 27. Juli 1994, West Ham United spielte in der Vorbereitung bei Oxford City FC und der damalige Assistenzmanager Harry Redknapp, später unter anderem Kolumnist der Racing Post, wechselte einen Fan ein, der vorher lautstark seinen Unmut geäußert hatte.
Steve Davies war ein glühender West Ham-Fan und kickte selbst am Wochenende in einer Freizeitmannschaft der englischen Sunday League. Sein Geld verdiente er als Kurierfahrer, aber der größte Teil seines Lebens gehörte dem Klub aus dem Londoner Osten.
Es war die Vorbereitung auf die Saison 1994/95 und natürlich war Davies zum Testspiel seines Klubs mit Freund und Frau angereist. Das Spiel plätscherte so vor sich hin, der Premiere League-Klub tat sich schwer gegen sich tapfer wehrende Feierabendfußballer. Besonders Stürmer Lee Chapman agierte unglücklich und zog sich den Zorn von Davies zu. „Weiter, Du Esel. Chapman, du bist nutzlos“, schrie dieser. Chapman verlor auch die nächsten Zweikämpfe, Davies motzte weiter.
„Da war so ein Typ an der Außenlinie, West Ham-Tattoos überall“, erinnert sich Redknapp. „Nach zwei Minuten fing er an zu erzählen – und hörte nicht mehr auf.“
Tittyshev aus Bulgarien
Fünf Auswechslungen machte der Coach in der Pause – und auf einmal gingen ihm die Spieler aus. „Kannst du so gut spielen wie du sprechen kannst“, fragte Redknapp den rhetorisch starken Fan. Der folgte dem Trainer in die Kabine – und kam in der zweiten Halbzeit für Lee Chapman ins Spiel. Steve Davies, der Amateurfußballer aus Milton Keynes, trug das Trikot seines Lieblingsvereins und spielte im Angriff für Chapman. „Den großen Bulgaren Tittyshev“, antwortete Redknapp auf die Frage, wen er denn da eingewechselt habe.
Natürlich war der Freizeitkicker bei den Profis überfordert. Das Ganze ging viel zu schnell für ihn, zudem stand ihm auch bei Oxford City immer ein Gegenspieler auf den Füßen. Auch lebte Davies nicht unbedingt wie ein Profi: 30 Zigaretten am Tag waren normal, außerdem hatte er am Spieltag auch schon einige Biere intus.
Doch der große Moment des Kurierfahrers aus Milton Keynes kommt. In der 71. Minute trifft er ins Tor von Oxford. „Es wäre, als wenn die Zeit still stehen würde“, erklärt Davies. „Es war der größte Moment in meinem Leben.“ Nur dummerweise war es abseits – der Schiedsrichter versaute den großen Tag.
Eine Woche später wurde Harry Redknapp vom Assistenz-Manager zum Manager befördert. „Ich werde das nie vergessen, so lange ich lebe“, blickt er zurück auf die Einwechslung des Fans. „Ich habe gehofft, dass er gut spielt. Ich wollte ihn nicht blöd aussehen lassen.“
Hellas Verona ist wieder da. Zumindest da, wo sie nach Einschätzung ihrer Anhänger hingehören – in die Serie A, Italiens oberste Fußballklasse.
Hinter den Hellas-Fans liegen Jahre des Leidens: Bis in die dritte Liga stürzte ihr Klub ab. Zu allem Überfluss etablierte sich der Ortsrivale Chievo Verona in der Serie A. Welch eine Demütigung, der kleine Vorortverein lief dem großen Rivalen einfach den Rang ab.
Positive Schlagzeile macht der Verein aus Norditalien, als er 1985 den Großen des italienischen Fußballs – Inter, Milan, Juve, Roma, Lazio – eine lange Nase zeigte und Champion wurde. Mit dabei unter anderem Hans-Peter Briegel, die berühmte Walz aus der Pfalz. Maßgeblich beteiligt war zudem der wuchtige Däne Preben Elkjaer Larsen, der eindrucksvoll bewies, dass Nikotin und Spitzenfußball keine unüberbrückbaren Gegensätze sind.
Manche kennen Hellas Verona jedoch durch eine andere Tatsache: Teile seiner Fanszene zählten bzw. zählen zur rechten Szene in Italien. So gehörten in den neunziger Jahren die Urwald- und Affenlaute, wenn ein andersfarbiger Spieler den Ball hatte, zum Standard der Hellas-Fankurve. Weitere Hintergründe liefert dieser Artikel aus dem österreichischem Ballesterer. Und auch heute gehören rassistische Sprechchöre offenbar noch zum Repertoire vieler Fangruppen.
Doch Hellas ist nicht nur Rassismus und rechte Fans. Eines der besten Fußballbücher aller Zeiten beschäftigt sich ausgiebig mit dem Verein und seinen Anhängern. „Eine Saison mit Verona“, nannte der englische Autor Tim Parks sein Werk und reiste dafür eine Saison lang mit den Fans der „Gialloblu“ von Spiel zu Spiel. Parks, der in Verona lebt und ansonsten ganz andere Sachen schreibt, wollten einen Einblick in die italienische Seele bekommen – und da bot sich der Fußball an. Denn im Lande dreier täglich erscheinender Sportzeitungen scheint dieser das wichtigste für viele Menschen.
Die italienische Seele
Das Ergebnis ist ein Werk, das über weite Strecken süchtig macht. Erst einmal ist es wunderbar lebendig geschrieben. Wer selbst Fan einer Mannschaft ist, kann vieles nachvollziehen. Eine Saison gleicht fast immer einer Achterbahnfahrt – Freude und Jubel, aber auch Trauer und Depression. Und dann ist das Buch auch noch sehr witzig.
„Eine Saison mit Verona“ ist eine großartige Mischung aus Reisebeschreibung und Fußballreportage. Es ist eine Reise in die italienische Mentalität – die Liebe zum Fußball, die Liebe zum Verein, aber auch die strikte Rivalität zwischen Nord- und Süditalien.
Natürlich gibt es bei über 600 Seiten ein paar Längen, aber über weite Strecken ist es richtig packend. Parks nähert sich den Fans mit viel Verständnis, stellt sie aber nie bloß, bleibt immer distanziert und wachsam.
Natürlich spielt das Thema Rassismus eine Rolle. Doch auch hier wertet Parks nicht, bleibt scharfsinniger Beobachter. „Wenn Pastorello (der damalige Präsident) einen Schwarzen kauft, bringen wir ihn um. Dann zerreiße ich meine Jahreskarte. Wir wollen nichts mit Negern zu schaffen haben“, zitiert der Autor einen Beitrag aus einem Hellas-Forum.
Doch dann schreibt Parks weiter: „Und doch rasen sie vor Wut, wenn die Presse ihnen einen rassistischen Übergriff anhängt, wenn man ihnen vorwirft, tatsächlich etwas getan zu haben. Dann sind sie augenscheinlich davon überzeugt, dass solche Anforderungen Teil einer Kampagne sind, die zum Ziel hat, sie und ihre Stadt in den Dreck zu ziehen. Und das könnte sogar die Ergebnisse der Mannschaft beeinflussen……“
Manchmal nervt der Autor etwas, wenn er seine akademische Bildung in den Vordergrund stellt. Das sind zum Glück nur wenige Seiten, dafür bietet das Buch wieder anderen Nutzwert. Zum Beispiel kennt der Leser nach der Lektüre eine ganze Menge italienischer Schimpfwörter.
„Facci sognare“ beginnt das Buch. „Mach uns träumen. Bitte!“ In der Serie A, 2013/2014.
Bei den Buchmachern wie bwin fussball ist die Sache eindeutig: Bayern München ist klarer Favorit im deutsch-deutschen Champions League-Finale gegen Borussia Dortmund. Für einen Erfolg der Bayern gibt es für 1 Euro Einsatz gerade mal 1,67; bei einem Erfolg der Borussia sind es immerhin 4,33 Euro. Bei den anderen Buchmachern sieht es ähnlich aus.
Selten hat ein Fußballspiel die Deutschen so beschäftigt wie das Finale am Samstag im legendären Londoner Wembley-Stadion. Seit Wochen sprechen alle davon – verständlich, zwei deutsche Teams im wichtigsten Spiel des mit Abstand bedeutendsten Clubwettbewerbes. Nur ein Finale der Fußball-Weltmeisterschaft kann da noch mithalten.
In Dortmund herrscht schon seit Tagen der Ausnahmezustand. Viele Dortmunder werden auch ohne Ticket nach London reisen, Schwarz-Gelb dürfte eindeutig das Straßenbild prägen. Manche Public-Viewing-Veranstaltungen in Dortmund sind bereits ausverkauft; Stadt und Kneipen dürften am Samstag proppenvoll sein. Falls der BVB triumphiert, rechnet die Stadt Dortmund mit bis zu 250 000 Menschen, die am Sonntag die Mannschaft in der Innenstadt feiern wollen.
„Kohle gegen Pott“
Selbst Medien, denen der Fußball sonst nur Randgeschichten wert ist, rücken das Match in den Vordergrund. Der Focus etwa (dessen Herausgeber Helmut Markwort zum Bayern-Aufsichtsrat gehört und der bei den Spielen eine Reihe unter den Bayern-Granden Rummenigge und Hoeneß sitzt), brachte zum langen Wochenende eine Titelgeschichte mit der Überschrift „Das deutsche Duell – Kohle gegen Pott, was ein Fußballspiel über unser Land erzählt. Meine Neugier war geweckt und so habe ich das Blatt am Zeitungsstand im Dortmunder Hauptbahnhof mal eben schnell begutachtet. Die Story? Na ja, das arme Ruhrgebiet, geplagt von Hartz IV und Arbeitslosigkeit, gegen das reiche, wirtschaftlich florierende Bayern. Ein wenig Klassenkampf, ein wenig David (BVB) gegen Goliath (Bayern), ein wenig Malocher gegen Manager – ganz nette Thesen, aber auch ein wenig inzwischen an der Realität vorbei. Denn Dortmund ist schon lange nicht mehr nur das Ruhrgebiet, der Pott ist nicht mehr nur Elend und Verzweiflung. Der Global Player Bayern München verkörpert zudem nicht mehr den Freistaat allein - auch wenn er diese Wurzeln gerne betont. Aber wenn der Focus häufig solche Geschichten im Blatt hätte, würde ich ihn vielleicht auch mal lesen. Obwohl der Text reichlich kurz war und ziemlich abrupt endete.
Jedenfalls ist Dortmund schon der Herausforderer, der den Platzhirsch Bayern München in den letzten Jahren heftig ärgerte. Besonders die 2:5-Schlappe im letzten DFB-Pokalfinale war für Hoeneß und Freunde eine richtige Demütigung. Nach dreimal Vize in der Saison 2011/2012 durfte der brave Christian Nerlinger gehen; Matthias Sammer kam dafür und spielte erfolgreich den Spaßverderber.
Das Ergebnis ist bekannt: Bayern absolvierte eine hochbrilliante Bundesligasaison, war haushoch überlegen und wirkte auch in der Champions League sehr souverän. Die Krönung waren die zwei deutlichen Erfolge gegen den großen FC Barcelona im Halbfinale. Selbst ich war beeindruckt.
Kein Götze-Abschied
Der BVB hingegen spielte eine eher mäßige Bundesliga-Saison, ließ viele Punkte liegen. Nur in der Champions League bot das Klopp-Team herausragende Leistungen, imponierte in der sogenannten „Todesgruppe“ gegen Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam, schaffte gegen Malaga ein Wunder und überzeugte auch gegen Real im Halbfinale. Trotz Münchener Störfeuers, denn mitten in die Vorbereitungen des Spiels platzte die Meldung vom Götze-Transfer nach München.
Eine Meldung, die nicht nur die Dortmunder Fangemeinde schockte. Durch diesen Wechsel ist die Stimmung deutlich angespannt. Mario Götze wird allerdings nicht spielen und sonst? Ich habe ein schlechtes Gefühl, erwarte eine deutliche Dortmunder Niederlage – und das ist gut so. Denn immer wenn ich so ein mieses Gefühl hatte, endete die Sache positiv. Das war schon früher in der Schule so. Und dass der BVB gegen Bayern München gewinnen kann, hat das letzte Jahr eindeutig bewiesen. Muss ja diesmal nicht unbedingt ein 5:2 sein.
So war es 1966: Ausgerechnet Stan Libuda traf in der 116. Minute zum 2:1 gegen den FC Liverpool. Und Borussia Dortmund holte erstmals einen Europapokal nach Deutschland.
März, April und Mai sind magische Monate im europäischen Vereinsfußball: Champions und Euro League nähern sich ihrer entscheidenden Phase. Und nicht nur Borussia Dortmund brachte seine Fans zur Raserei. Auch der FC Basel euphorisierte eine ganze Stadt: Der Schweizer Meister bezwang in der Euro League Tottenham Hotspur nach Elfmeterschießen und zog erstmals in seiner Vereinsgeschichte in das Halbfinale eines europäischen Vereinswettbewerbs ein.
Es war ein packendes Spiel im „Joggeli“, eines Viertelfinales würdig. Die Zuschauer lärmten, als wenn es ihr letzter Tag wäre, hinterher saß keiner mehr auf seinem Platz. Das Elfmeterschießen musste nach einer ausgeglichenen Kampfpartie entscheiden. Wobei Tottenham in der Verlängerung nur noch mit 10 Leuten spielte und Basel ein deutliches Chancenplus hatte.
Alex Frei
Auf Seiten des FCB gab es aus BVB-Sicht ein Wiedersehen mit Philipp Degen und Alex Frei. Degen wird mich nie überzeugen, auch diesmal hatte er neben einigen guten Szenen die typischen Flüchtigkeitsfehler. Alex Frei kam erst in der 111. Minute, hatte in dieser kurzen Phase aber eine gute Möglichkeit. Mit Marco Streller gab es zudem ein Wiedersehen mit einem weiteren Bekannten aus der Bundesliga (unter anderem VfB Stuttgart, 1.FC Köln). Streller ist zwar nicht mehr der Schnellste, verteilte aber sehr geschickt die Bälle.
Der FC Basel ist schon seit Jahren das herausragende Team der Eidgenossen. In den letzten drei Jahren gewannen sie die Schweizer Liga, auch in diesem Jahr sieht es gut aus, allerdings sind die Grasshopper aus Zürich ein starker Rivale. Und auch international schlägt sich der Klub beachtlich: 2012 besiegte der FCB im heimischen Joggeli den FC Bayern München mit 1:0, das Rückspiel im Achtelfinale der Champions League endete jedoch 0:7. Immerhin schaltete der Klub in der Gruppenphase ein europäisches Dickschiff wie Manchester United aus.
„Der FCB muss das Ajax der Schweiz werden“, meinte der Sportchef des Schweizer Boulevard-Blattes Blick nach dem Triumph. Um mit dem niederländischen Traditionsverein gleich zu ziehen, liegt jedoch noch ein langer Weg vor den Schweizern.
Und Tottenham? Ich war ein wenig enttäuscht, auch wenn wichtige Leute wie etwa Bale fehlten. Aber wie der Mannschaft nach dem eigenen 1:0 das Spiel entglitt, sah nicht nach Champions League aus. Der Ex-Schalker Lewis Holtby zeigte zwar einige gute Ansätze, entscheidende Impulse konnte er jedoch nicht liefern.
Die einstige Teenage-Sensation beendet seine Karriere: Michael Owen (33, derzeit noch Stoke City) hört zum Saisonende auf. Der ehemalige englische Fußball-Nationalspieler hatte zuletzt wegen Verletzungen kaum noch gespielt.
Rückblick: Wir schreiben das Jahr 1997 und ich bin seit einiger Zeit so anglophil angehaucht wie noch nie. Zum Samstag gehört in der Regel die Rennzeitung Racing Post (und ich bin stocksauer, wenn diese mal nicht kommt oder beim Bookie bereits ausverkauft ist). Die Rennsportseiten lese ich bis zur letzten Form. Für den Sonntag habe ich die umfangreichen Sonntagszeitungen wie den Observer oder die Sunday Times entdeckt.
Es waren auch aufregende Zeiten im Vereinigten Königreich: Tony Blair kreierte „Cool Britannia“ und Fußball war auf einmal so sexy wie noch nie. Die mittleren und oberen Schichten hatten die einstige Hooligan-Sportart entdeckt, die Premiere League boomte wie noch nie, die Spitzenvereine schwammen dank eines lukrativen Fernsehvertrags mit Murdochs Sky regelrecht im Geld. Die Eintrittspreise schossen ebenfalls in die Höhe, den Leuten war es egal, sie zahlten diese Preise einfach.
Nicht nur Riedle war verzückt
Ausländische Stars wie Ruud Gullit oder der grandiose Gianfranco Zola prägten die Schlagzeilen. Selbst das einstige Sorgenkind Nationalmannschaft ließ auf einmal hoffen. 1996 verlor das Team bei der Heim-EM erst im Halbfinale (natürlich nach Penalties) gegen Deutschland, die Mannschaft um Paul Gascoigne glänzte nicht nur durch außersportliche Trinkgelage, sondern zeigte auch ordentliche Leistungen.
Das Beste schien noch zu kommen: In den Startboxen stand die talentierteste Generation seit Jahren mit etwa David Beckham, Paul Scholes oder Robbie Fowler. Selbst Nationaltrainer Glenn Hoddle symbolisierte den Aufbruch, zumal er schon als technisch versierter Mittelfeldspieler nicht gerade ein typischer Vertreter englischer Fußballkultur war. Die Nation hoffte: Irgendwann musste doch mal diese Seuche ein Ende haben und England wieder Fußball-Weltmeister werden.
1997 verbrachte ich meinen Urlaub auf der Insel, besuchte die Rennbahnen in Ascot, Chester, Newcastle und Newmarket, entdeckte, dass Fußball-Gucken im Pub richtig Spaß machen kann und las ausgiebig die britischen Fußballmagazine wie Four-Four Two. Ein Name tauchte immer auf: Michael Owen, ein Stürmer, der damals noch nicht mal 18 Jahre war. Im Mai 1997 gab er sein Premiere League-Debüt für den FC Liverpool.
„Es ist unglaublich, sich vorzustellen, dass er erst 17 ist, wenn du ihn spielen siehst“, sagte sein damaliger Mitspieler Karl-Heinz Riedle, der Owen vor seinem Wechsel nach Liverpool nicht kannte. „Er ist so ein guter Spieler, so schnell und für sein Alter schon so reif."
Ein Tor für die Ewigkeit: Owens Sturmlauf gegen Argentinien
Doch bereits im ersten Jahr erfüllte Owen alle Vorschusslorbeeren. 18 Tore schoss er in seiner ersten Premiere League-Saison und spätestens seit der Fußball-WM 1998 in Frankreich kannte ihn jeder Fußball-Fan. Dieses Tor gegen Argentinien verkörperte alle Qualitäten des Michael Owen: unheimlich schnell, unheimlich zielstrebig und eine exzellente Schuss-Technik. „Er war ein Killer mit Babyface. Sein Abschluss war erstaunlich“, urteilte Glenn Hoddle. Dennoch schied die junge englische Mannschaft gegen die abgezockten Argentinier aus – natürlich nach Elfmetern.
Trostpreise
Bis 2004 hatte Michael Owen sportlich seine beste Zeit beim FC Liverpool, traf in der Premiere League bei 216 Einsätzen 118 Mal. Doch die wichtigen Titel in England holten andere, besonders der Erzrivale Manchester United. Für die Reds blieben nur die „Trostpreise“ wie der FA-Cup oder der UEFA-Pokal. Und schon in dieser Zeit stoppten Knieverletzungen die Karriere des Stürmers.
Der erste richtige Karrierebruch kommt bei Real Madrid. Dort sitzt er meist nur auf der Bank. Die Heimkehr nach England zu Newcastle United sollte die Karriere wieder ankurbeln, doch verletzungsbedingt macht Owen in vier Jahren nur 71 Spiele, am Ende steigt Newcastle sogar aus der Premiere League ab. Auch die Zeiten bei Manchester United und zuletzt bei Stoke City waren nicht gerade von persönlichem Erfolg geprägt.
Der schnelle Angreifer teilte das Schicksal vieler Frühbegabter: Am Anfang großartig erfolgreich und irgendwann ebbt der Erfolg rapide ab. Was nicht verwundert – nur sind die Erwartungen so hoch, weil viele meinen, dass der Erfolg ewig bleibt. Da Owen aber sein Privatleben im Gegensatz zu anderen Mitspielern weitgehend unter Verschluss hielt, blieben die Negativ-Schlagzeilen weitgehend aus. Und im Gegensatz zu Cool Britannia hat Michael Owen wenigstens ansatzweise die Erwartungen erfüllt. Nur England zu einem Titel schießen – das konnte auch er nicht.
Was macht Owen danach? Gemeinsam mit seiner Frau besitzt er die Manor House Stables und lässt dort von Tom Dascombe Galopper trainieren. „Wird Michael Owen jetzt Galoppertrainer?“ rätselt schon die Turf-Times. In England ist das gar nicht so ungewöhnlich: Mick Channon war ein bekannter Fußballer in den 70er und 80er Jahren und ist jetzt ein erfolgreicher Trainer von Vollblütern. Jedenfalls zeigt Owen Geschmack, wie er seine Gagen anlegt.