Es ist das übliche Theater vor dem immergrünen Revier-Derby zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04. Die Schalker Ultras zündeln, ex-Borusse Kevin Großkreutz keilt zurück und auch sonst ist einiges los. Aber selten war die Schalker Stimmung so schlecht wie jetzt.
Denn die Ausgangslage vor dem Ruhr-Derby ist so eindeutig wie schon ewig nicht mehr: 42 Punkte trennen die Rivalen. Borussia Dortmund (69 Punkte, Platz 2) spielt trotz einiger Ausrutscher immer noch um die Meisterschaft, Schalke (27 Punkte, Platz 15) aber ist böse abgestürzt. Der Vorjahreszweite feierte in der Rückrunde gerade mal zwei Siege und kassierte schon acht Niederlagen.
Derzeit kann der Klub froh sein, dass die anderen Teams wie Stuttgart, Nürnberg und Hannover noch desolater sind. In besseren Saisons wäre das die Bilanz eines Absteigers.
Es gab bittere Schlappen: 0:4 gegen Fortuna Düsseldorf zuhause, 0:3 in Mainz, 2:5 gegen Hoffenheim, 0:7 in der Champions-League bei Manchester City. Trainer Domenico Tedesco – im letzten Jahr noch gefeiert als neuer Kult-Trainer – musste im März gehen, der so ambitionierte Manager Christian Heidel verabschiedete sich schon früher.
Seit kurzem soll es Huub Stevens, Schalkes Jahrhunderttrainer, richten. Aber der einstige Macher der Eurofighter von 1997 wirkt inzwischen reichlich angeschlagen, die Wende hat er nicht geschafft.
Experten nennen das aktuelle Team das schlechteste der letzten Jahre, selbst der sonst so reservierte kicker haut in diese Kerbe. Dabei hatten viele vor der Saison noch Heidel und Tedesco für ihre Transferpolitik gelobt: Hinter Innenverteidiger Salif Sane war die halbe Bundeliga her. Sebastian Rudy war Nationalspieler, überzeugte bei den Bayern und überragte davor in Hoffenheim. Mark Uth erzielte in der Vorsaison in Hoffenheim 14 Tore und gab neun Vorlagen. Omar Mascarell gefiel in Frankfurt und Suat Serdar galt als Zukunftshoffnung in Mainz. Bis auf Sane konnte keiner überzeugen, die anderen konnten nie an ihren guten Vorleistungen anknüpfen.
Leblos, ratlos, hilflos
Dabei haben sie immer noch gute Individualisten, aber sie passen als Team nicht zusammen. Ich habe die Knappen in der Rückrunde zweimal über 90 Minuten im TV gesehen. Im März spielten sie in Bremen und hielten sich trotz der 2:4-Niederlage ganz passabel, zumal sie in der Woche vorher das deprimierende 0:4 gegen Düsseldorf kassiert hatten. Danach habe ich sie noch mal gegen Werder im DFB-Pokal beobachtet. Das war schon unter Stevens, defensiv standen die Schalker ganz gut, kreativ passierte aber nichts. So richtig musste Bremen auch diesmal beim 2:0 nicht zittern.
Aber am Samstag ist Derby. Es gibt genug Anhänger der Blauen, die glauben, ein Sieg in Dortmund rettet die Saison. Und versaut schwarzgelb die Meisterschaft. So, wie der BVB es 2007 mit Schalke machte.
Wie wird das Spiel laufen? Schalke wird mit zwei Ketten das Spiel eng machen, tief stehen und quasi den Mannschaftsbus im eigenen Strafraum parken. Das haben zuletzt auch Hannover, Stuttgart und Wolfsburg in Dortmund gemacht, der BVB tat sich mehr oder weniger schwer. Also nichts für Feinschmecker, ein 4:4 im Vorjahr ist nur schwer vorstellbar. Wobei so ein Ergebnis aus Dortmunder Sicht ein heftiger Schlag ins Gesicht wäre. Der BVB siegt 3:1.
Perle aus dem Netz: Reportage des englische Sender itv über das Revierderby. Es war das berühmte Spiel 2007, in dem der BVB den Schalkern die Meisterschaft versaute
Schalke hofft auf Wende, Dortmund will weiter siegen
Wer hätte das gedacht? Vor dem 14. Spieltag ist Borussia Dortmund noch ungeschlagen in der Fußball-Bundesliga. Und jetzt geht es zum Revierderby gegen den Erzrivalen FC Schalke 04, da sollte die Serie doch noch halten.
Vor etwas mehr als einem Jahr, da lag die schwarz-gelbe Welt in Trümmern. 4:4 hatten sich die Borussia und Schalke getrennt, 4:0 führten die Dortmunder schon. Hinterher hatten sie noch Glück, dass die Gäste nicht noch das 5:4 machten. Jedenfalls gab dieses Spiel den endgültigen Knacks, der BVB taumelte wie ein angezählter Boxer durch die Liga.
Nach einer desolaten Leistung im Heimspiel gegen Werder Bremen musste Trainer Peter Bosz gehen, danach wurde es unter Peter Stöger nicht besser. Zwar gewann die Mannschaft wieder, aber der Fußball war uninspiriert und langweilig. Heimspiele in der Rückrunde 2017/2018 waren definitiv keine Spaßveranstaltungen. Das zeigte sich auch daran, dass viele Dauerkarten-Inhaber einfach nicht mehr erschienen.
Inzwischen aber lohnt sich der Weg wieder. Borussia spielt wieder ganz groß auf, nach verhaltenem Beginn startete die Mannschaft in ungeahnte Sphären. Es gab großartige Aufholjagden gegen Bayer München und den FC Augsburg und auch das 7:0 gegen den – zugegeben sehr naiven Aufsteiger Nürnberg – bereitete viel Spaß. Weil das Team bis zum Schluss nicht nachließ und den Rausch quasi zelebrierte.
Immer noch ein Lesetipp: Geschichten zum Revierklassiker von Gregor Schnittker
Ekstase
Das Bayern-Spiel aber stellte alles in den Schatten. Es war das beste Spiel, dass ich in 40 Jahren Westfalenstadion/Signal Iduna Park live erlebt habe. Zweimal egalisierte die Borussia einen Rückstand, was früher gegen Bayern eigentlich unmöglich erschien. Spieler und Zuschauer spielten und jubelten sich in einen kollektiven Rausch und spätestens da waren alle sicher, dass der BVB in dieser Saison etwas holen wird.
Die Gründe für den Umschwung sind vielfältig. Lucien Favre, seit Sommer Trainer, hat der Mannschaft wieder Selbstbewusstsein und Spielfreude verliehen. Der Fußballtrainer hat auch Dortmund besser gemacht. Marco Reus spielt so gut wie noch nie, die Neuen Witsel und Delaney bringen mit ihrer Ballsicherheit und Kampfkraft eine neue Mentalität ins Mittelfeld, Stürmer-Neuling Paco Alcacer trifft nicht nur als Joker im Dauertakt, Routiniers wie Lukasz Piczczek erleben nach mäßigem Beginn den zweiten Frühling. Dazu macht die junge Garde auf sich aufmerksam: Zagadou, Hakimi, Sancho oder Bruun Larsen überzeugen. Der BVB ist in dieser Spielzeit ein Gegner, den die anderen erst einmal knacken müssen.
Natürlich ist der BVB nicht unschlagbar. Zuletzt schwächelte der Motor gegen Brügge in der Champions League und Freiburg in der Bundesliga ein wenig. Aber das ist zu erwarten, niemand rechnet damit, dass Borussia jeden Gegner 5:0 nach Hause schickt.
Jedenfalls geht es jetzt ins Revierderby. Schalke spielt so langweilig wie in den Jahren zuvor – nur im letzten Jahr holte man so die Punkte. Aber so ein Derbysieg, der könnte einer bisher schlechten Saison neuen Schwung verleihen.
Im letzten Jahr verlor Dortmund übrigens nach einer desolaten Leistung in der Arena. Es passte zu einer Katastrophen-Saison; für den so eloquenten Peter Stöger stand da endgültig fest, dass er keine Zukunft beim BVB hat.
Es war ein Bild voller Tristesse und erinnerte an längst vergessene Zeiten: Leere Plätze auf der Dortmunder Südtribüne, der berühmten gelben Wand. Und auch mancher Sitzplatz auf den anderen Tribünen blieb unbesetzt. Nur 54 300 Zuschauer wollten zu ungewohnter Zeit am Montagabend das 1:1 zwischen Borussia Dortmund den FC Augsburg sehen, viele Dauerkarten-Inhaber blieben zuhause.
Die meisten – dazu zählte auch der Kolumnist – fehlten aus Protest: Sie drückten auf diese Weise ihr Unbehagen gegen den Spieltermin Montag, gegen immer mehr Spieltermine in der Bundesliga und damit gegen den modernen Profifußball mit seinen Kommerz-Exzessen aus. „Die Einführung von Montagsspielen auch in Liga 1 ist ein weiterer großer Schritt hin zum Ausverkauf des Fußballs und der negative Höhepunkt der sukzessiven Spieltags-Zerstückelung in den vergangenen Jahren“, erklärte das Bündnis Südtribüne und rief zum Boykott des Spieles auf. Über 350 BVB-Fanclubs schlossen sich an.
Allerdings: Es war nicht viel ruhiger als in den letzten Heimspielen. Denn schon gegen Wolfsburg, Freiburg und dem HSV brodelte die Stimmung nicht gerade über, auch die Südtribüne mit den „besten Fans der Welt“ wirkte sehr zurückhaltend.
Ein Grund ist der aktuell grauenhafte Fußball der Borussia. Dabei holen die Dortmunder Punkte, sind unter Peter Stöger in der Bundesliga noch ungeschlagen. Aber es ist „Gruselfußball mit Glücksfaktor“, wie es ein User im Schwatzgelb-Forum nannte.
Das Spiel gegen Augsburg war das beste Beispiel: Der BVB hatte gefühlt 70 Prozent Ballbesitz, spielte Querpass, Rückpass, aber wenn das Anspiel in die Spitze erfolgte, landete der Ball beim Gegner. Zwei gute Spielzüge gab es in Halbzeit 1, einer führte zum Tor durch Marco Reus.
Nach dem 1:0 brachten die Schwarz-Gelben lange Zeit keine gescheite Offensiv-Aktion mehr zustande, das 1:1 verdiente sich der FC Augsburg. Es zeigt das aktuell schlechte Niveau der Bundesliga, dass Dortmund mit diesem Rumpelfußball noch oben mitmischt. So viele Punkte mit so wenig Fußball.
Genug ist genug
Aber es ist nicht nur der aktuelle Dortmunder Folterfußball, der mein Interesse am Profifußball stark reduziert. Eigentlich gehört die Bundesliga seit frühester Kindheit zum Samstagnachmittag, aber inzwischen hat das Interesse deutlich abgenommen. Auch die ARD-Sportschau gucke ich nur noch halbherzig, das ZDF-Sportstudio schalte ich eigentlich nur noch ein, wenn Dortmund um 18:30 gekickt hat. Zudem musste ich mich in letzter Zeit regelrecht zwingen, trotz Dauerkarte überhaupt ins Stadion zu gehen.
Dieser Dauer-Kommerz nervt gewaltig, es geht nur noch um Geld. Auch früher klagten viele Fans darüber, dass Fußball nur noch ein Geschäft sei. Aber inzwischen ist der Profifußball an einem Punkt angelangt, an dem er viele seine Anhänger anekelt. Der Bundesliga-Spieltag mit seinem inzwischen bis zu sechs Terminen, um möglichst viel aus den Fernsehverträgen zu erwirtschaften, ist da nur ein Beispiel.
Jetzt kommt natürlich das Argument, dass ohne lukrative Fernsehverträge Deutschlands Club in Europa chancenlos sind. Das sind sie leider bis auf Bayern München jetzt schon, zumal in Deutschland ja keine russischen Oligarchen oder orientalische Scheichs dank 50+1-Regelung Klubs besitzen. Aber diese Regelung ist ja schon in der Diskussion.
Irgendwann wird die Bundesliga nur noch im Pay-TV laufen (die Champions League findet ab der nächsten Saison bereits dort statt), der Fan muss drei oder vier Abos haben, um alles verfolgen zu können. Dem Rest bleiben Zusammenfassungen am Montagabend auf irgendeinem Spartensender.
Dabei wird die Bundesliga jetzt schon immer schlechter und langweiliger. Bayern München wird auch in den nächsten Jahren Ende März frühzeitig als Meister feststehen, aber vielleicht kommt mal irgendwann eine TV-Anstalt auf die Idee, dass die Liga so viel Geld nicht wert ist. Schwer vorstellbar? In Italien gab es diese Situation jetzt. Und die Klubs der Serie A machten dicke Backen. Mal sehen, wann in Deutschland die Ernüchterung kommt.
You’ll never walk alone im Dortmunder Signal Iduna Park. Auf der Südtribüne stehen die Besucher reichlich luftig, der Augsburger Gästeblock ist fast leer.
Alle sprachen über den fehlenden Pierre-Emerick Aubameyang, das Spiel Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg wurde zur Nebensache. Willkommen im Profifußball, der inzwischen einer Daily Soap in Endlos-Schleife gleicht.
Was bleibt nach dem doch etwas enttäuschenden 0:0 von Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde? Am Ende gab es laute Pfiffe für die Vorstellung, aber so schlimm fand ich die Leistung des BVB nicht. Ich habe auch in dieser Saison schon viel schlimmere Spiele gesehen. Hätte die Borussia einige ihrer klaren Torchancen genutzt, hätte sich keiner beschwert. Allerdings hatte der VfL Wolfsburg auch seine Chancen, so ging das 0:0 durchaus in Ordnung.
Weil Christian Pulisic verletzt war und Pierre-Emerick Aubameyang (siehe unten) mal wieder suspendiert war, schickten die Dortmunder mit Alexander Isak (18) und Jadon Sancho (gerade mal 17 Jahre, wird im März 2018 18) quasi den Baby-Sturm auf den Rasen. Beide bewiesen am Sonntag, dass sie hochtalentiert sind, aber sie sind eben Nachwuchskräfte. Gerade dem schon vorschnell als neuen „Zlatan“ gefeierten Schweden Isak war anzumerken, dass ihm regelmäßige Spielpraxis gut tun würde. An den Nachwuchskräften lag es allerdings nicht, die besten Chancen vergab Andrey Yarmolenko. Der Ukrainer arbeitete zwar unermüdlich, aber im Abschluss versagte er dann doch. Die Leiden eines Stürmers.
Söldner
Und damit sind wir mal wieder bei Pierre-Emerick Aubayemang. Der BVB-Torjäger war zum wiederholten Mal suspendiert, weil er bei einer wichtigen Teamsitzung, in der es ausgerechnet um Teamgeist ging, fehlte. Den Termin habe er vergessen, sagte „Auba“ süffisant. Das glaubte niemand und damit war Aubayemang für das Wolfsburg-Spiel nicht im Kader.
Sein Verhalten hat andere Gründe: Der exzentrische Stürmer will weg – Arsenal oder China oder Mailand oder Madrid. Er ist sauer, weil der BVB ihn nicht zu anderen Ufern ziehen lässt. Darum zickt der Aston Martin- und Lamborghini-Fahrer – ungeachtet der Tatsache, dass auch Borussia Dortmund ihm ein sattes Honorar überweist und er doch eigentlich Angestellter des Vereins mit entsprechenden Pflichten ist.
Kein Grund ist zu abwegig: Jetzt fühlt sich Aubameyang auch noch rassistisch verfolgt. Leute, die andere wegen ihrer Hautfarbe diskriminieren, sind hirnlose Idioten, aber in diesem Fall ist der Vorwurf des Rassismus doch reichlich obskur.
Aubameyangs neues Glück? Beijing Guoan aus China ist angeblich ein Interessent, der dem Dortmunder Stürmer viel, viel, viel Geld überweisen möchte, wenn er denn zu ihnen wechselt. Ihr Trainer ist der ehemalige Leverkusener Roger Schmidt, ein Freund des brachialen Pressings (Foto: China Life)
Mich stört das Söldner-Verhalten vieler Fußball-Profis inzwischen kolossal. Gut, das war früher nicht anders. Ein begabter Fußballer ging auch in den angeblich guten alten Tagen dorthin, wo es das meiste Geld gab. Aber heute ist alles noch schlimmer – zumal die Gehälter-Spirale immer weiter nach oben geht.
Der BVB sollte Aubameyang schleunigst verkaufen. Schon wegen des Friedens in der Mannschaft, auch wenn das sportlich eine deutliche Schwächung wäre. Aubameyang ist nach Robert Lewandowski der beste Stürmer der Liga und mit 18 Punkten (13 Toren, 5 Vorlagen) der Top-Scorer der Bundesliga. Aber irgendwann ist die Schmerzgrenze erreicht.
Da die Bundesliga schon seit Jahren an der Spitze stinklangweilig ist, dürfte das für den BVB verkraftbar sein. Denn der FC Bayern München thront auch aufgrund seines vielen Geldes hochüberlegen an der Spitze, die Verfolger sehen ihn höchstens mit dem Fernglas. Wenn sie mal eine Krise haben wie unter Carlo Ancelotti, holen sie den guten Jupp Heynckes und schon gewinnen sie wieder alles. Geld schießt eben doch Tore und Heynckes versteht leider viel zu gut sein Handwerk. Dem BVB bleiben da nur die Krümel – mit oder ohne „Auba“.
Jetzt also Peter Stöger statt Peter Bosz. Der Österreicher ersetzt den Niederländer und wird neuer Trainer von Borussia Dortmund. Eigentlich kann es nur besser werden.
Manchmal im aktuellen BVB-Elend hätte sich der Kolumnist gewünscht, dass Thomas Tuchel ein etwas jovialerer Charakter gewesen wäre. Einer, der mehr auf die Leute zugegangen wäre. Einer, der etwas freundlicher zu den Leuten im Verein gewesen wäre. Einer, der den Chefscout nicht ausgesperrt hätte.
Leider war der exzellente Fußball-Fachmann Tuchel nicht so – wenn ich meinen Leitmedien Ruhr Nachrichten, kicker und Süddeutscher Zeitung glauben darf. Die wiederum auf der Linie von BVB-Boss Hans-Joachim Watzke lagen, der auch nicht mit dem Nerd Tuchel klar kam.
So startete im Sommer Peter Bosz als neuer Dortmunder Chefcoach. Ajax Amsterdam, sein letzter Klub, hatte den BVB-Erzrivalen FC Schalke 04 im Hinspiel des Viertelfinales der Europa League richtig vorgeführt. Doch nicht nur dieser Erfolg hatte Watzke und Sportdirektor Michael Zorc auf die Spur des Sportlehrers gebracht.
Bosz galt als Trainer, der eine Mannschaft formen kann. „Der neue Coach liebt Ballbesitz, totale Dominanz und kurze Wege zum Tor“, schrieb der kicker im Bundesliga-Sonderhaft 2017/2018 und titelte „BOSZ + BARCA = BVB“. Der ruhmreiche FC Barcelona der Pep Guardiola-Ära war das Vorbild.
Herbst-Desaster
So begann Bosz mit vielen Vorschusslorbeeren und seine Mannschaft legte dann ja auch einen famosen Start hin. Doch im Oktober begann der Niedergang, der letzte Sieg datiert vom 7. Spieltag: Der BVB gewann in Augsburg. Danach war Dortmund mit 21:2 Toren und 19 Punkten souveräner Tabellenführer. Nach dem 15. Spieltag hat Borussia gerade mal 22 Punkte und ist von der Tabellenspitze weit entfernt. Dazu kommt das blamable Abschneiden in der Champions League.
Das letzte Auftritt gegen Werder Bremen war noch mal ein Tiefpunkt der Saison. Selten konnten die Hanseaten so leicht in Dortmund gewinnen. Borussia präsentierte sich hilflos, ein Auftritt ohne Ideen, ohne Espirit. Selbst einfache Automatismen funktionierten nicht, gestandene Internationale wie Sokratis, Aubameyang oder Yarmolenko wirkten verunsichert. Eine Fußball-Mannschaft trägt die Handschrift seines Trainers – und Peter Bosz wirkte schon seit einiger Zeit völlig ratlos. Egal, wer in Schwarz-Gelb auflief - alle spielten, als wenn sie Westen aus Blei mitführten.
Jetzt soll es Peter Stöger richten. Die Kölner Fans verehren ihn immer noch. Beim turbulenten FC war der ehemalige österreichische Internationale lange sehr erfolgreich, zusammen mit Manager Jörg Schmadtke galt Stöger als Macher des neuen seriösen 1.FC Köln. In dieser Saison kam bekanntlich der große Kölner Absturz, eine Woche nach seiner Entlassung bei den Rheinländern fängt Stöger in Dortmund an. Ein Kaltstart, denn bereits morgen geht es für Borussia in Mainz weiter. Aber wie gesagt: Es kann nur besser werden. Und dann wird man sehen, ob Stöger doch mehr als nur eine Zwischenlösung ist.
Es ist eine Zeit des Leidens. Wer Anhänger von Borussia Dortmund ist, weiß in diesem Herbst, was Demütigung heißt. Das 1:2 gegen Tottenham bedeutete nicht nur das sang- und klanglose Ausscheiden aus der Champions League, sondern setzte auch die Negativ-Serie der letzten Woche fort. Im Blickpunkt der Kritik steht Trainer Peter Bosz. Ich glaube nicht, dass er noch die Wende schafft.
Eigentlich glich das Spiel gegen Tottenham der Partie gegen Stuttgart – nur, dass die Engländer die deutlich bessere Mannschaft als die Schwaben sind. Wie schon gegen den VfB mit dem Alt-Dortmunder Hannes Wolf spielte der BVB eine ordentliche erste Halbzeit. Zumindest die erste halbe Stunde hatte Schwarz-Gelb alles im Griff.
Doch spätestens nach dem Ausgleich der Londoner durch Harry Kane kurz nach der Pause brach das Dortmunder Gefüge auseinander, zeigte die Borussia nichts mehr, wirkte auch konditionell nicht auf der Höhe – wie schon in Stuttgart. Individuelle Fehler machten es den Spurs leicht. Am Ende triumphierte mal wieder der Kollege Son, der schon zu HSV-Zeiten gegen den BVB manchmal zu großer Form auflief.
Die Dortmunder Mannschaft wirkt inzwischen von Spiel zu Spiel unsicherer, es wird jedes Mal schlimmer. Ein Team, das von den Namen sehr gut besetzt ist. Aber es passt derzeit nicht. Die Mannschaft agiert leblos und verkrampft. Von der Bank kommen keine Impulse.
Und damit sind wir bei Trainer Peter Bosz. Der Niederländer kam mit einigen Vorschusslorbeeren, seine Arbeit in den letzten Jahren bei Ajax Amsterdam sorgte für viel Anerkennung. Zu Beginn lief es ja auch sehr gut, der BVB legte einen großartigen Start in der Bundesliga hin, alle sprachen besonders nach den Siegen gegen Köln und Gladbach vom Dortmunder Spektakel.
Dass der FC in dieser Spielzeit eine Trümmersaison hinlegt und der Lauf der anderen Borussia einem Wellental gleicht – vergessen. Zudem bekam der BVB schon in der Champions League gegen Tottenham und Real Madrid die Grenzen aufgezeigt. Das waren Kontrahenten der Extra-Klasse, sie nutzten die offensive Ausrichtung der Borussia und die Lücken in der Defensive effektiv aus.
RB-Spiel der Knackpunkt
Das Elend begann richtig nach der Oktober-Länderspielpause. Das Spiel Dortmund gegen Leipzig war für objektive Zuschauer ein Wahnsinnsspektakel, aber RB – das in der ersten Halbzeit ganz stark spielte – nutzte die BVB-Schwächen konsequent. Hätte die Borussia aber die Chancen in Durchgang 2 genutzt, hätte sie gewonnen oder zumindest Remis gespielt.
Das Spiel gegen Leipzig war in meinen Augen der Wendepunkt. Von da an ging es abwärts, gegen Bayern war man trotz Chancenplus letztlich chancenlos. Nur ein Punkt in der Liga, dazu zwei enttäuschende Unentschieden in der Champions League gegen Apoel Nikosia sind eine niederschmetternde Bilanz. Der Pokalsieg gegen den Top-Drittligisten Magdeburg sorgt auch nicht für einen Stimmungswandel.
Die beiden Schlappen nach der erneuten Länderspielpause waren die nächsten Tiefpunkte. Peter Bosz und sein Team scheinen dem Team keine Impulse mehr zu geben. Der BVB ist einfach viel zu leicht zu schlagen.
In meinen Augen schafft der Trainer die Wende nicht mehr. Es gab auch zu Zeiten seiner Vorgänger Thomas Tuchel und Jürgen Klopp Krisenzeiten. Bei Klopp war es sogar mal ganz heftig in der Saison 14/15. Aber jedes Mal hatte ich das Gefühl, dass Trainer und Team die Sache in den Griff bekommen.
Jetzt kommt das Derby gegen den derzeit mal wieder starken Revierrivalen Schalke 04. Selten ging die Borussia in dieses Duell mit so wenig Selbstvertrauen. Eigentlich kann es nur besser werden. Aber das habe ich schon vor dem Stuttgart-Spiel gedacht. Das Ergebnis ist bekannt.
Bei der schwarz-gelben Misere spendet Musik Trost: das gigantische November Rain von Gun's n' Roses
Offenbar kann sich Borussia Dortmund zur nächsten Saison einen neuen Trainer suchen. Das Verhältnis zwischen BVB-Chef Hans-Joachim Watzke und seinem Trainer Thomas Tuchel scheint nicht mehr zu kitten.
Eigentlich hätte die Welt sportlich beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund doch in Ordnung sein müssen. Platz 3 und damit die direkte Qualifikation für die Champions League nach dem 2:1 gegen den größten Konkurrenten TSG Hoffenheim in Reichweite, das DFB-Pokalfinale nach dem triumphalen Erfolg bei Bayern München erreicht. Und auch in der Champions League schlug sich der BVB als Viertelfinalist mit dem unglücklichen Ausscheiden gegen den starken AS Monaco durchaus achtbar.
Was also trieb BVB-Boss Hans-Joachim Watzke dazu, seinen Trainer Thomas Tuchel in einem Interview mit der WAZ anzuzählen? Zwar dezent, aber schon bestimmend – und das vor dem wichtigen Spiel gegen die TSG Hoffenheim. War es persönliche Eitelkeit, weil Watzke nach dem Anschlag auf dem BVB-Mannschaftsbus als herzloser Fußball-Kapitalist in der Öffentlichkeit galt? Denn er führte gemeinsam mit der UEFA das Viertelfinal-Hinspiel gegen Monaco planmäßig durch – am Tag nach dem Anschlag. Übungsleiter Tuchel hatte das heftig kritisiert, jedoch nur die UEFA genannt und nicht Watzke. Dafür bekam der oft reichlich verschroben wirkende Tuchel von den Medien große Anerkennung, Watzke war hingegen der Buhmann.
„Teilweise“ habe ihn das schon irritiert, sagte der BVB-Chef im WAZ-Interview. Intern sei alles besprochen worden und Tuchel informiert gewesen.
Der Konflikt liegt tiefer. Spannungen zwischen dem Borussen-Trainer und seinem Boss gibt es – wenn man den meisten Medien glauben darf – schon länger. Besser also zu diesem Zeitpunkt, die Trennung von Tuchel vorzubereiten. Denn wenn die Borussia das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt und Trainer und Mannschaft im Triumphzug durch Dortmund fahren, wird dieser Schritt in der Öffentlichkeit nur schwer zu verkaufen sein.
Betroffen: Thomas Tuchel auf der PK nach dem Anschlag auf den Bus und dem Heimspiel gegen Monaco
Licht und Schatten
Ich bin etwas zwiespältig in der Beurteilung von Thomas Tuchel. Sportlich war das erste Jahr ganz hervorragend, die fachliche Handschrift des Trainers und seines Teams waren deutlich erkennbar. Die Dortmunder steigerten sich spielerisch, nach den glorreichen Klopp-Jahren gab Tuchel neue Impulse. Wenn der FC Bayern im letzten Jahr nicht so gut gewesen wäre, wäre der BVB ein würdiger Deutscher Meister gewonnen.
Natürlich war der Schatten von Übertrainer Jürgen Klopp groß. Vom Typen sind die beiden eben grundverschieden – der „Menschenfänger“ Klopp, der offensiv auf die Leute zuging und damit schnell die Sympathien in Dortmund gewann, und der introvertierte Tuchel, der sich nie vor der Südtribüne feiern lassen würde.
In dieser Saison sieht die Situation anders aus. Das lag jedoch zum größten Teil nicht am Trainer, denn vor der Saison verlor der BVB mit Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Hendrikh Mkhitaryan drei wesentliche Stützen der Mannschaft an noch finanzkräftigere Klubs wie den FC Bayern, Manchester City und Manchester United. Dass diese drei Pfeiler wegbrachen, traf nicht nur Thomas Tuchel hart.
Zumal die teuersten Neuzugänge wie Heimkehrer Mario Götze und Andre Schürrle schon wegen andauernder Verletzungen blass blieben. Auch der von Bayern München geholte Sebastian Rode enttäuschte und war zudem lange verletzt. Emre Mor und Mikel Merino waren eh‘ Investitionen für die Zukunft. So prägten nur der hochtalentierte Ousmane Dembele, der portugiesische Europameister Raphael Guerreiro und der von Barca geholte Marc Bartra (nach verständlichen Anfangsproblemen) das BVB-Spiel.
Die aktuelle Dortmunder Mannschaft hat einfach nicht die Klasse des Vorjahres. Sie ist talentiert, aber eben auch jung und unbeständig. In der Rückrunde liegt sie immerhin im Soll – siehe oben. Das spricht für den Trainer, der wie jeder andere auch Fehler gemacht hat.
Aber offenbar eskalierte das Ganze jetzt. Erstaunlicherweise sind die Zeitungen, die ich regelmäßig lese (Ruhr Nachrichten, kicker und Süddeutsche Zeitung), alle gegen Tuchel und für Watzke. Besonders die sonst so hochgeschätzte Süddeutsche Zeitung fällt mir da besonders auf. Man lese nur einmal diesen Text von Freddie Röckenhaus. Da wird noch mal kräftig nachgetreten. Aber SZ und kicker machten zuletzt auch Stimmung gegen Klopp. Also nichts Neues.
Harte Arbeit für Dortmund, leichtes Spiel für Bayern
Sie ist wieder da, die Fußball-Bundesliga. Eindrücke zum Saisonauftakt von den Großen Zwei der Liga. Der FC Bayern siegt im Schongang, Borussia Dortmund müht sich gegen gute Mainzer.
Stimmt schon, hier war lang nichts los. Manche haben sogar Beiträge vermisst. Aber der Autor hat einfach mal innegehalten, immerhin war er seit März 2009 jeden Monat mit diesem Blog auf „Sendung“. Es mag auch ein wenig Verdruss sein – manche Entwicklungen in Turf und Fußball nerven doch gewaltig.
Zum Beispiel die Fußball-Bundesliga. Natürlich ging es schon immer nur um das Geld, nur so „Deppen“ wie der Kolumnist und andere Fans denken beim Fußball an Vereinstreue und ähnliche Werte. Aber die Großen haben immer die Kleinen gefressen – und im deutschen Fußball ist der FC Bayern München schon seit Urzeiten der Allergrößte.
Der Unterschied: Früher wurde die Bayern auch oft Meister, nur waren sie nicht so überlegen. Es gab immer mal Spiele, die sie gegen Klubs wie Freiburg, Köln oder eben Werder Bremen verloren haben. Danach lachte sich halb Fußball-Deutschland – zumindest der Teil Deutschlands, der nicht Bayern-Fan war – kaputt. Dicke Luft darauf an der Säberner Straße, nicht nur die Boulevard-Presse hatte viel zu schreiben.
Das ist leider Vergangenheit. Der FC Bayern hat seit Jahren eine Super-Mannschaft, die die Bundesliga so dominiert wie noch nie. Ob die Trainer nun Heynckes, Guardiola oder jetzt Ancelotti heißen – die Münchner gewinnen ihre Partien wie sie wollen.
Eigentlich wollte ich mir das Eröffnungsspiel der kommenden Bundesligasaison in der ARD gar nicht anschauen. Keine Ahnung, warum die DFL-Verantwortlichen ausgerechnet Bayern München gegen Werder Bremen als Spiel ausgesucht hatten. Schon vorher eine eindeutige Sache.
Werder hilflos
In echt war es noch schlimmer: Eine lethargisch wirkende Bremer Mannschaft, die gegen – zugegeben sehr spielfreudige – Bayern nicht eine einzige Torchance erarbeitete. Auch wenn bei Werder wichtige Leute wie Junuzovic, Pizarro oder Neuzugang Kruse fehlten, war es doch eine schlimme Demütigung für die Hanseaten. Wie so oft in den letzten Jahren, wenn es gegen München ging. Der Kolumnist konnte es spätestens nach dem 0:3 nicht mehr ertragen. Was wohl ein Kämpfer glorreicher Werder-Tage wie Dieter Eilts bei einem solchen Debakel gemacht hätte?
Einen Tag später ging es in den Signal Iduna Park, immer noch der schönste Ort in Dortmund. Heimspielauftakt des BVB gegen Mainz 05 bei gefühlten 40 Grad.
Die Borussia hatte im ersten Jahr mit Trainer Thomas Tuchel nach der großen Zeit von Jürgen Klopp eine großartige Saison gespielt. Nur zu einem Titel reichte es nicht, weil die Bayern einfach zu gut waren. Dennoch war die Stimmung in der Pause nicht besonders gut: Das verlorene Pokalfinale gegen die Bayern und natürlich die Abgänge der drei Stützen Hummels, Gündogan und Mkhitaryan. Besonders der Abgang des Ersten zu den Bayern tut weh. Dazu verließen verdiente Fan-Lieblinge wie Jakub Blaszykowski den Verein bzw. werden wie Neven Subotic den Klub wechseln.
Rückkehrer: Mario Götze kam von Bayern München zurück zum BVB. (Bild: Wikimedia Commons/Marcello Casal jr./Agencia Brasil)
Young Dortmund
Immerhin hat Borussia das Geld in das Team investiert. Viele neue gute Leute, die Scouts hatten ganze Arbeit geleistet. Hochtalentierte Leute wie Dembele oder Emre Mor, die ganz Europa gejagt wurde. Ein Europameister wie Guerreiro, den vorher niemand kannte. Dazu Bartra, Rode und Merino. Und nicht vergessen Andre Schürrle und Mario Götze, dessen Abgang zum FC Bayern damals nicht nur den Kolumnisten erzürnte.
Alles vergessen, alle Wunden sind geheilt. Meine Befürchtung ist jedoch, dass Götze nie wieder an seine Dortmunder Bestform anknüpfen wird. Dafür saß er in München zu viel auf der Bank bzw. war verletzt. Diese Zeit wird Narben hinterlassen haben.
Gegen Mainz fehlte Götze dann auch leicht verletzt, sein Name war aber kein Thema im Stadion. Von den Neuen standen Bartra, Rode, Dembele und Schürrle in der Startelf, es wurde ein holpriger Auftakt in der Gluthitze. Mainz war aber auch ein guter Gegner, hat schon seit Jahren Qualität und hätte bei besserem Abschluss einen Punkt verdient gehabt.
Beim BVB passte noch nicht viel zusammen, vieles blieb im Ansatz stecken. Immerhin blieb Aubameyang abschlussstark und konnte der in Wolfsburg noch so wacklige Schürrle überzeugen
Schade, schade: Das war gestern leider nichts für Jürgen Klopp und seinen FC Liverpool im Finale der Europa-League gegen den FC Sevilla. 1:3 unterlag der BVB-Bezwinger dem spanischen Team in Basel. Nichts war es mit der Revanche für die Europa League 2010/2011, als sich der FC Sevilla recht dubios gegen Klopps Borussia Dortmund durchsetzte.
Dabei hatte es gestern so gut begonnen: 1:0 führte Liverpool zur Pause, dominierte das Spiel und haderte so gar ein paar Mal mit den Entscheidungen der Schiedsrichter. Doch direkt nach dem Wiederanpfiff gelang dem FC Sevilla der Ausgleich, das Team aus Andalusien dominierte das Spiel, traf noch zweimal und gewann nach 2014 und 2015 den dritten Europa League-Titel in Folge. Respekt vor dieser Leistung. Damit kommt Sevilla nach den Triumphen 2006 und 2007 auf insgesamt 5 Titel und ist Rekordhalter im zweitwichtigsten Klubwettbewerb der Welt. Und was darf der Klub nach diesem Erfolg? An der Champions League teilnehmen.
Diesmal war dieser Erfolg durchaus verdient. 2010/2011 war es anders in der Europa League-Gruppenphase gegen Borussia Dortmund und Trainer Jürgen Klopp. „Sevilla hatte einen Schutzheiligen“, titelte diese Kolumne nach der 0:1-Niederlage im Signal Iduna Park. Der BVB hatte ein klares Chancenplus, doch das Runde wollte absolut nicht ins Eckige. Entweder zielte die Borussia schlecht oder Sevilla-Schlussmann Andres Palop reagierte prächtig. Anders machte es Sevilla, das in der Nachspielzeit der ersten Hälfte durch Cigarini zum entscheidenden 1:0 kam.
Seinen Anteil an der Dortmunder Niederlage hatte zudem Schiedsrichter Michael Dean aus England. „….pfiff in strittigen Situationen meist gegen Dortmund, Schmelzers Platzverweis (49.) war völlig überzogen“, urteilte der kicker. Die rote Karte gegen Dortmunds Marcel Schmelzer für eine angebliche Schwabe war ein Witz, seitdem stehen englische Schiedsrichter bei mir ungefähr so hoch im Ansehen wie englische Torhüter. Aber das nutzte den Borussen auch nicht mehr. Es war einer dieser Tag, an dem für Schwarzgelb alles daneben ging. Erstaunlich, dass der Kolumnist heil nach Hause kam.
Meister der Verzögerung
Jedenfalls stand Borussia in Sevilla unter Erfolgszwang. Im Stadion Ramon Sanchez Pizjuan mussten die Klopp-Schützlinge unbedingt gewinnen, um im europäischen Wettbewerb zu überwintern. Es begann vielversprechend an diesem Dezember-Abend, als Shinji Kagawa bereits nach 4 Minuten das 1:0 gelang. Doch Sevilla entpuppte sich als schwerer Brocken, eine gute Mischung aus Routiniers wie Kanoute, Zokora oder Torhüter Palop und aufstrebenden jüngeren Akteuren wie Capel. Romaric und Kanoute drehten das Spiel bis zur 35. Minute, Neven Subotic konnte nur noch in der 49. Minute zum 2:2 ausgleichen.
Was danach folgte, war die große Verzögerungsshow der Andalusier. Permanent lag ein Akteur angeblich verletzt auf dem Boden, Abschläge dauerten gefühlte fünf Minuten. Der FC Sevilla entpuppte sich nicht nur als spielstarke Einheit, sondern auch als sehr abgebrühte Truppe. Der BVB war zu grün an diesem Abend – und schied nach dem 2:2 aus. Das Klopp-Team zahlte internationales Lehrgeld in Sachen Cleverness.
Sehr, sehr unangenehme Erfahrungen mit der spanischen Polizei machten an diesem Abend auch viele mitgereiste Dortmunder Fans. Es war ein Abend zum Vergessen.
Es waren magische zehn Minuten, die Zeit zwischen Spielminute 80 und 90 beim Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und der TSG Hoffenheim. In dieser Zeit drehte die Borussia noch die Partie gegen die tapferen Gäste und machte aus einem 0:1-Rückstand noch einen 3:1-Sieg. Es sind diese Momente, die eindrucksvoll beweisen, warum Fußball live vor Ort ganz was anderes ist als zuhause vor dem Fernseher.
Natürlich ist nicht alles toll an so einem Sonntagabend im Signal Iduna Park, dem einstigen Westfalenstadion. Aber wenn mich jemand fragen würde, was er unbedingt mal im Fußball erleben soll, dann würde ich antworten: Diese letzten zehn Minuten auf der Südtribüne, dieser gigantischen Kultstätte des Fan-Daseins. Es ist ein einzigartiges emotionales Auf- und ab, die ganze Tribüne möchte quasi den Ball ins Tor befördern.
Die Zuschauer feuern an, schreien, pfeifen, schimpfen und jubeln. Wildfremde Leute fallen sich in die Arme, die das im Leben außerhalb des Fußballs nicht machen würden. Die Heimspiele des BVB sind eine der wenigen Orte, an denen sich alle Schichten der Gesellschaft treffen. Und das ist schön so.
Für viele Bosse des Fußballs, die meinten, Steh- durch teuere Sitzplätze ersetzen zu müssen, muss das wie ein heftiger Schlag ins Gesicht wirken. Ohne die Südtribüne wäre das Dortmunder Stadion so öde wie viele englische Arenen. Fußball ist für alle da.
Dabei sah es am Sonntag gegen Hoffenheim lange nicht gut aus. Der Dorfklub, auf der Beliebtheitsskala vieler Dortmunder Fans ganz unten, präsentierte sich taktisch sehr ausgereift und wahrlich nicht wie ein Abstiegskandidat. Zur Pause führten die Gäste nicht unverdient, der BVB hatte aus dem Spiel in Halbzeit 1 keine einzige Torchance und wirkte müde.
Nach der Pause machte der eingewechselte Gündogan das Spiel der Borussia schwungvoller. Das Spiel kippte nach dem Platzverweis des Gäste-Kapitäns Rudy, Dortmund erarbeitete sich beim Sturmlauf auf das Tor vor der Südtribüne Chancen im Minutentakt. Und schaffte in den letzten Minuten die Wende.