Eines muss man den Verantwortlichen von Evonik lassen: Sie sind ein ungemein kreativer Sponsor von Borussia Dortmund. Neuester Paukenschlag: Die Mitglieder der DFB-Autorennationalmannschaft haben Borussia Dortmund eine Saison begleitet. Ihre Texte füllen das Buch „Man muss das Spiel auch lesen können“ und schildern die Spielzeit 2014/2015.
Es war ein turbulentes Jahr: Nach dem 19. Spieltag war der BVB Tabellenletzter, nach der Niederlage in Mönchengladbach verkündete Trainer Jürgen Klopp seinen Abschied. Wenigstens rettete sich die Borussia noch in die Europa League – was manche im Vergleich zur Champions League als Strafe ansehen.
„Man kann wirklich sagen: Wir sind auch durch diese Krise gegangen“, schreibt Herausgeber Moritz Rinke im Vorwort. „Und mehr und mehr wurde unsere Anteilsnahme ein ständiges Mitleiden, bis hin zur Panik.“ Obwohl viele Autoren Fans anderer Vereine sind, einer unterstützt sogar den FC Bayern München.
Aber so richtig haben mich viele Texte nicht gepackt, viele wirken austauschbar. Das mag auch daran liegen, dass die meisten Autoren als Evonik-Gäste im VIP-Bereich saßen. Dort gibt es zwar ein nettes Menü, aber die wahren Geschichten passieren woanders im Stadion.
Im Körper eines Herthaners
Dabei fängt es gut an, wenn Schauspieler Joachim Krol seine Erlebnisse vom Pokalfinale 1989 schildert. Interessant: Philosoph und Autor Wolfram Eilenberger (es gab mal einen Torhüter bei Wattenscheid 09 mit dem Namen Ralf Eilenberger) beobachtete Zeljko Buvac, die ewige „B-Seite“ von Jürgen Klopp oder die „amtierende Mutter aller Assistenztrainer“.
Mein Highlight der Hinserie ist der Text von Jörg Schieke zum Heimspiel gegen Hannover. Der ist atmosphärisch famos, der BVB verliert äußerst unglücklich 0:1 und Schuld ist nur die Schwarzalge, die den Rasen kaputt gemacht hat.
Favoriten der Rückrunde sind „Die Geschichte der Null – ein Kai-Falke-Trivialroman“ von Andreas Merkel zum drögen 0:0 gegen den Kölner FC. Kai Falke ist eine Comic-Figur mit einigen Verbindungen nach Dortmund.
Thomas Brussigs „Ich bin ein BVB-Fan im Körper eines Herthaners“ zum Spiel gegen die Berliner hat mich begeistert. Das Spiel war öde und schnell entschieden, aber Brussig schreibt originell und sehr witzig, peppt damit das Geschehen schön auf.
Selbstverständlich darf Jürgen Klopp nicht fehlen. Moritz Rinke hat ihn zum Saisonabschluss interviewt – das Resultat ist zumindest interessanter als die meisten Interviews des Fachblattes kicker. Den Text kann der Interessierte hier noch mal nachlesen, am besten hat mir die Stelle gefallen, als Klopp erzählt, dass er keine Spielberichte liest. „Wenn ich das Spiel selbst gesehen habe, muss ich mir nicht angucken, wie die anderen das bewertet haben. Eure Texte hätte ich mir allerdings mit Sicherheit mal reingepfiffen, ich werde das auch noch machen, einfach um diesen wahrscheinlich völlig anderen Ansatz kennenzulernen. Ich kann den Bierernst des Fußballs wirklich nur 90 Minuten ertragen. Alles, was um den Fußball herum gemacht wird, die Protagonisten, zu was auch immer sie gemacht werden – das ist natürlich Wahnsinn, und ich bin glücklicherweise intelligent genug, um das richtig einschätzen zu können.“
Der gleiche Gedanke, aber vielleicht habe ich mich am Sonntag auch unbewusst mit einem Schreiber von schwatzgelb.de unterhalten: Der aktuelle Siegeszug von Borussia Dortmund zeigt viele Gemeinsamkeiten mit der Saison 2010/2011 – die Spielzeit, in der Borussia zum ersten Mal in der Ära Jürgen Klopp Deutscher Meister wurde.
Diese Lust am Spielen, diese Freude am Kombinieren – all das erinnert in den ersten fünf Bundesliga-Spielen unter Trainer Thomas Tuchel an die Zeit, in der Klopps „Rasselbande“ die Liga aufmischte. Das souveräne 3:0 gegen Bayer 04 Leverkusen, einem Team normalerweise auf Augenhöhe mit dem BVB, war der fünfte Sieg in der Bundesliga und der inklusive Europa League und DFB-Pokal elfte Erfolg in der Saison. Borussia ist noch ungeschlagen und erlebt den besten Saisonstart, an den ich mich erinnere.
Nie klang der Song nach der Melodie aus Pippi Langstrumpf früher durch das Stadion als in dieser Spielzeit. Gegen Leverkusen ertönte er direkt nach dem 1:0 in der 19. Minute und irgendwie ist das von Fanseite auch eine Attacke auf den übermächtigen „Rivalen“ aus München. Die Bayern marschieren leider auch und sind ebenso noch ohne Verlustpunkt.
Am Sonntag hatte der BVB-Anhänger nie den Eindruck, dass die Werkself wie in den Jahren zuvor die Punkte aus Dortmund mitnahm. Borussia begann ungemein konzentriert, hielt das Tempo hoch und kombinierte hoch kreativ. Das 1:0 war der verdiente Lohn, denn bereits vorher hatte Schwarz-Gelb mehrere gute Einschuss-Möglichkeiten.
Spiel und viel Spaß
Nur in den 15 Minuten vor der Pause kam Leverkusen etwas besser ins Spiel, ohne dass der BVB wackelte. Doch das war nur eine kurze Unterbrechung: Nach der Pause wirbelte Dortmund weiter, schoss zwei Tore und hatte noch weitere Chancen.
Es ist diese unbändige Lust am Fußball spielen, die derzeit besonders viel Spaß macht und nicht nur den Gang ins Stadion zum großen Vergnügen macht. Natürlich agiert der BVB im ersten Tuchel-Jahr anders als unter Jürgen Klopp. Borussia spielt auch mal „hinten rum“, presst zwar noch immer konsequent, befördert den Ball aber dann wird nicht mehr bedingungslos nach vorne.
Dazu können die Mannschaften 2010 und 2015 nicht mehr verglichen werden. Vor fünf Jahren war das Jugend forsch – viele Spieler standen am Anfang ihrer Karriere. Von den damaligen Akteuren zählen aktuell noch Hummels, Schmelzer und Kagawa zum Stamm; Spieler wie Weidenfeller, Piszczek, Subotic, Bender oder Sahin sitzen auf der Bank bzw. sind verletzt. Andere Spieler wie Barrios, Großkreutz oder Kuba haben den Verein verlassen.
2015 ist die Mannschaft nach den ganzen Erfolgen hochkarätiger besetzt. Aber diesen ganzen Individualisten bilden ein sehr homogenes Team, das perfekt aufeinander abgestimmt ist. „Der Himmel scheint die Grenze zu sein“ – diesen Eindruck hinterlässt der BVB jedenfalls.
2010 verlor die Borussia das erste Heimspiel 0:2 gegen Bayer Leverkusen. Dortmund spielte dabei gar nicht schlecht, doch Leverkusen präsentierte sich als ganz starkes Team mit einem überragenden Michael Ballack. Wie ein zukünftiger Meister. Doch Schwarz-Gelb startete dann die Serie, blieb danach 15 Spiele ohne Niederlage und wurde am Ende Champion. Bayer wurde Vize – und Ballack war doch eher ein Missverständnis.
Was war denn da los am Samstag im Dortmunder Signal-Iduna Park, dem ehemaligen Westfalenstadion? Nicht nur ich war positiv überrascht: 4:0 schlug Borussia Dortmund den Namensvetter aus Mönchengladbach und bot eine Gala-Vorstellung wie schon lange nicht. Für Neutrainer Thomas Tuchel war es ein Traumeinstand bei seiner Bundesliga-Premiere im schönsten Stadion der Liga.
Dabei hatte die Saison am Freitag mäßig begonnen: Im Free-TV bei der ARD lief Bayern München gegen den Hamburger SV zur Saisonpremiere. Das Spiel war ein ziemlicher Langweiler und machte definitiv keinen Appetit auf die neue Saison. Der HSV präsentierte sich so grottenschlecht wie prophezeit und spätestens nach dem Münchner 2:0 war das Spiel gelaufen. Die Hanseaten ergaben sich quasi ohne Gegenwehr, Bayern hatte leichtes Spiel. Ich habe mir lieber die Rennprogramme für den Samstag in England angeschaut.
Auch sonst waren die Erwartungen vor der Heimpremiere des BVB eher gedämpft. Klopp-Nachfolger Tuchel verdient Geduld. Der Gegner aus Gladbach war ein guter, die Dortmunder Vorbereitung war in Ordnung, aber eine erfolgreiche Vorbereitungsphase sagt noch nichts über eine starke Saison.
Spaß am Spiel
Alles Theorie: Der BVB präsentierte sich ungemein spielfreudig und sorgte für grandiose Stimmung im Stadion. Nach kurzem Abtasten dominierte Dortmund die Borussia vom Niederrhein in allen Belangen. Der BVB kombinierte traumhaft sicher, schoss drei wunderschöne Tore und hätte noch mehr Treffer erzielen können. „Die Auferstehung der Hochgelobten“, betitelte die örtliche Tageszeitung Ruhr Nachrichten ihren Spielbericht und das beschreibt die Leistungen treffend nach der letzten etwas enttäuschenden Spielzeit.
Es war ein Genuss, wie die starken Individualisten Marco Reus, Shinji Kagawa, Henrikh Mkhitaryan und Pierre-Emerick Aubameyang die Gladbacher Defensive durcheinander wirbelten. Reus merkte man an, dass er endlich mal eine verletzungsfreie Vorbereitung hatte. Kagawa spielte so unbeschwert wie bei seinem Einstieg in Dortmund. Mkhitaryan hat mit dem neuen Trainer offenbar den ihn hemmenden Ballast abgebaut und Aubameyang erwies sich nicht nur als schneller Stürmer, sondern auch als ballsicherer Kombinierer.
Aber es waren nicht nur die Individualisten im Angriff, die herausragten. Marcel Schmelzer wirkte selbstbewusst wie schon lange nicht und kann auf einmal flanken. Auch Ilkay Gündogan erinnerte an alte Glanzzeiten und natürlich muss man Neuzugang Julian Weigl erwähnen. Gerade mal 19 Jahre jung ist der Neuzugang von 1860 München und sieht noch aus wie ein U19-Spieler. Doch seine Leistung war die eines Routiniers: ballsicher, zweikampfstark und sehr spielintelligent. Damit hat Weigl auf der Sechser-Position immerhin etablierte Spieler wie Sven Bender oder Neuzugang Gonzalo Castro erst mal verdrängt.
Es war eine regelrechte Lust, das Dortmunder Spiel zu verfolgen. Denn auch nach dem 3:0 zur Pause und dem frühen 4:0 machte der BVB weiter und hätte die armen Gladbacher noch höher abschießen können.
Ein Lob an Jürgen Klopp
Natürlich gab es Unterschiede zum BVB unter Jürgen Klopp. Pressing und Gegenpressing sind zwar immer noch elementar, doch inzwischen wird auch mal „hinten rum gespielt“. Also nicht bedingungslos nach vorne (wobei es unter Klopp auch Varianten gab), das Spiel ist mehr auf Ballbesitz und geduldiges Ballhalten ausgelegt. Am Ende hatte Dortmund 60 Prozent Ballbesitz, gefühlt waren es noch zehn Prozent mehr. Doch die Mischung machte es: Denn im richtigen Moment spielte Schwarz-Gelb explosiv nach vorne.
Tuchel sammelte zudem weitere Pluspunkte, in dem er auf die Arbeit seines Vorgängers hinwies. „Wir hätten hier nicht so gewinnen können, wenn Jürgen nicht super Arbeit geleistet hätte“, sagte er nach dem Spiel im ZDF-Interview. „Wir müssen damit aufräumen, dass unsere jetzigen Leistungen immer gleich Kritik an Jürgen Klopp sind. Das gehört sich nicht.“ Gut gesprochen.
Ende, Aus, Frust – Borussia Dortmund verlor das DFB-Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg. Kein erfolgreicher Abschied für Trainer Jürgen Klopp und Alt-Kapitän Sebastian Kehl. Doch das verdiente 1:3 der Wolfsburger war auch für den Kolumnisten ein wenig frustrierend. Ergebnis und Leistung der Schwarz-Gelben passten aber zu einer höchstens durchwachsenen Saison für den BVB.
Eigentlich wollte ich am Sonntagnachmittag ganz woanders sein. Definitiv nicht zu Hause vor dem PC und die Galopprennen des Tages verfolgend. Obwohl es mit den Deutschen 1000 Guineas und dem französischen Prix de Jockey Club zwei Klassiker des Turfjahres geboten wurden.
Aber ursprünglich wollte ich in der Dortmunder Innenstadt sein. Noch mal für ungefähr fünf Minuten (so lange dauert es, bis der Triumph-Bus mit Spielern und Offiziellen an den Besuchern am Straßenrand vorbeifährt) Klopp, Kehl und die anderen hochleben lassen. Und dabei einige Kaltgetränke zu sich nehmen. Die Wartezeit muss ja irgendwie überbrückt werden.
Doch mit dem letzten Triumphzug von Jürgen Klopp durch die Dortmunder Innenstadt wurde es bekanntlich nichts. Natürlich war das 3:1 des VfL Wolfsburg letztlich verdient. Ist ja auch ein starkes Team, Manager Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking haben die Gelder des Autobauers VW nach langer Zeit des sportlichen Frusts endlich mal gut investiert.
Dennoch hätte ich von der Borussia besonders in der zweiten Halbzeit mehr erwartet. Mehr Leben, mehr Initiative – ich hatte den Eindruck, dass sich Schwarz-Gelb spätestens ab der 70. Minute aufgegeben hatte.
A bittersweet Symphony von The Verve: Ein passendes Abschiedslied für Jürgen Klopp und Sebastian Kehl.
Gnadenlos effektiv
Dabei hatte es gut angefangen: Ein frühes 1:0 für den BVB nach großartiger technischer Leistung von Pierre-Emerick Aubameyang und brillanter Vorarbeit durch Shinji Kagawa. Und der Japaner knüpfte genauso wie Hendrik Mkhirtaryan an seine starken Vorstellungen aus den letzten Bundesligaspielen an.
Leider folgten ihnen nicht alle Mitspieler – Marco Reus vergab das 2:0 und war auch sonst nicht im Spiel. Eigentlich nachvollziehbar nach den ganzen Verletzungen des Spielers. Auch Ilkay Gündogan kam als Antreiber in seinem letzten Spiel für Dortmund nicht zur Geltung.
Und dann zeigte der VfL Wolfsburg seinem Gegner mal, was gnadenlose Effizienz ist. Die erste gute Chance der Grün-Weißen hatte Mitch Langerak im BVB-Tor noch stark vereitelt, doch die nächsten Minuten wurden für den Australier zu einem Erlebnis, dass er so schnell nicht vergessen wird.
Bei allen drei Gegentoren sah Langerak nicht gut aus – auch wenn die beiden ersten beiden Bälle durchaus schwer zu halten waren. Aber in überragender Form hätte er den Freistoß von Naldo (der knallhart war) nicht nach vorne geklatscht und den Schuss von De Bruyne (den er spät gesehen hatte) gehalten. Die Wolfsburger hatten aus vier Torchancen drei Tore gemacht – auch so etwas zeichnet eine Spitzenmannschaft aus.
Vielleicht wäre das Spiel anders gelaufen, hätte Shinji Kagawa nach der Pause zum 2:3 getroffen. Doch danach war das Finale irgendwie gelaufen. Dortmund haderte zwar noch zwei Mal wegen nicht gegebener Elfmeter mit Schiedsrichter Dr. Felix Brych, aber „richtige“ Strafstösse waren das auch nicht. Je länger das Spiel dauerte, desto lebloser wirkte der BVB. Auch die Dortmunder Anhänger im Stadion blieben erstaunlich ruhig.
Ein Tipp für Klopp
Die Niederlage im Finale passte zur höchst durchwachsenen Dortmunder Saison. Die Hinrunde katastrophal, in der Rückserie arbeitete sich der BVB immerhin langsam nach vorne – trotz einiger Rückschläge wie den Niederlagen gegen Augsburg, Juventus oder Gladbach., Es lag auch an der Schwäche der Konkurrenten, dass Borussia noch das internationale Geschäft in Form der Europa League erreichte
Die Europa League ist nach den Champions League-Zeiten der jüngsten Vergangenheit ein eher schaler Trost. Jedenfalls droht erstmal Ende Juli/Anfang August in der Qualifikation ein Reise in fußballerisches Neuland – Mazedonien, Litauen oder Island beispielsweise.
Jürgen Klopp macht jetzt erst mal Pause. Es waren großartige Zeiten, Klopp wird in Dortmund immer Heldenstatus genießen. Ich werde besonders seine Sprints entlang der Außenlinie vergessen, wenn die Borussia ein wichtiges Tor geschossen hatte.
Wenn er wieder an Arbeiten denkt, sollte er mal in den englischen Nordosten blicken. Da gibt es einen Verein namens Newcastle United, der ähnlich wie der BVB vor sieben Jahren im Niemandsland der Tabelle darbt. Die Fans im englischen Nordosten sind ähnlich treu wie die Dortmunder, die Stadt ist genauso auf United fixiert wie die Dortmunder auf die Borussia. Nur ihr Besitzer Mike Ashley scheint ein ziemlicher Idiot zu sein. Aber Klopp hat bislang noch jeden überzeugt.
Nicht nur die Engländer haben Probleme mit den Elfmetern. Auch dem großen FC Bayern München widerfuhr ähnliches Leid am Dienstag im Halbfinale des DFB-Pokals. Lahm und Xabi Alonso schossen über das Tor und rutschten dabei mysteriös weg, Götze scheiterte an BVB-Keeper Mitch Langerak und Neuer ballerte gegen die Latte. Bei Borussia Dortmund trafen hingegen Gündogan und Kehl, Neuer hielt nur den Strafstoß von Hummels. Damit hatte der BVB die Sensation geschafft und zog nach einem 1:1 nach Verlängerung und einem 2:0 im Elfmeterschießen ins DFB-Pokalfinale ein.
Fußball ist schon ein komischer Sport. Bis zur 75. Minute wirkte Borussia Dortmund an diesem Abend in der Münchner Arena ziemlich chancenlos. Nun war es nicht so, dass die Bayern viele Torchancen hatten und ein offensives Spektakel wie gegen Porto boten. Aber der frisch gekürte Deutsche Meister schaffte es immer wieder, Nadelstiche über ihre starken Außen zu setzen.
Und sie führten 1:0 – ausgerechnet durch Lewandowski und durch ein selten dämliches Tor. Denn da hatte der BVB mal eine gute Offensivaktion, doch Kagawas Pass war viel zu kurz und wurde abgefangen. Die Bayern konterten: Ex-Borusse Lewandowski traf erst die Querlatte; der Nachschuss trudelte zwischen Langerak und Sokratis ins Tor.
Dortmund presste zwar stark, aber ohne Erfolg. Bayern hatte gefühlte 80 Prozent Ballbesitz und wenn die Borussia mal nach vorne spielte, dann war der Pass schlampig und kam nicht an. Oder die Stürmer verloren den Ball. In den ersten 75 Minuten hatte ich den Eindruck, dass Dortmunds Offensivkräfte Aubayemang, Reus und Kagawa keinen einzigen Zweikampf gewonnen hatten.
Der BVB, dachte ich, mag zwar Mannschaften wie Paderborn und Frankfurt schlagen, aber gegen die Top-Teams wie Bayern München reicht die Klasse einfach nicht. Dazu nervte der ARD-Kommentator Gerd Gottlob, der an diesem Abend – trotz norddeutscher Herkunft – scheinbar ein Bayern-Trikot trug und manche Münchner Aktionen peinlich hoch lobte. Obwohl er – zugegeben - manche Schwäche im BVB-Spiel durchaus treffend analysierte.
Langerak bewirbt sich
Doch alles wurde gut: Großartiger Pass von Blaszczykowski auf Mkhirtaryan, ebenso stark dessen Vorarbeit und Aubayemang schloss artistisch zum 1:1 ab. Danach war es ein Spiel auf Augenhöhe: Borussia erarbeitete sich Torchancen, Marco Reus kam besser in die Partie und der eingewechselte Henrikh Mkhirtaryan zeigte eindrucksvoll, welch großartiger Fußballer er doch sein kann, wenn es mal läuft bei ihm.
Es ging in die Verlängerung und Borussia rettete das Unentschieden auch mit 10 Mann nach Kampls gelb-roter Karte ins Elfmeterschießen. Ein Grund war Torhüter Mitch Langerak, der einige Male großartig parierte. Mit seiner Vorstellung bewarb sich der Australier eindrücklich für die Nachfolge von Roman Weidenfeller im BVB-Tor.
Im Elfmeterschießen musste aber Langerak nur einmal gegen den ehemaligen Kollegen Götze retten. Der Rest siehe oben – Erinnerungen an Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß und seinen Elfmeter-Fehlschuss in den Nachthimmel von Belgrad wurden wach.
Was bleibt also nach diesem Zittersieg für den BVB? Die Optionen auf einen Titel und internationalen Fußball in der Europa League bleiben trotz verkorkster Saison. Zudem sind die Chancen auf ein Abschiedscorso von Jürgen Klopp am Dortmunder Borsigplatz gestiegen.
Außerdem zeigte das Spiel, dass die Borussia mit jedem Gegner mithalten kann. Aber zu häufig wirkte das Team in dieser Saison völlig leblos, auch in München war der BVB lange Zeit deutlich unterlegen und wirkte mutlos.
Barca
Und was bleibt für Bayern München? Erst einmal Glückwünsche auch von dieser Kolumne zur souveränen Meisterschaft. Das aktuelle Team ist die stärkste Bayern-Mannschaft, die ich je erlebt habe. Und ich habe schon unter mancher Truppe des Rekordmeisters gelitten.
Mit dem Dreifach-Triumph Meisterschaft, Pokal und Champions League wird es nun aber nichts. In der Champions League kommt der FC Barcelona; ein Wiedersehen für Pep Guardiola mit dem Verein, bei dem er die meiste Zeit seiner Laufbahn als Spieler und Trainer verbracht hat. In meinen Augen ein Duell auf Augenhöhe, in dem die Tagesform entscheiden wird.
Wenn die Bayern aber verlieren, werden die Diskussionen wieder losgehen. Um Pep und seine Taktik, um die Qualität einiger Spieler etc. Da ist es völlig egal, wie überlegen der nationale Titel ausfiel. So ist das in München – die Ansprüche sind dort ähnlich wie in Madrid oder Barcelona. Nur der nationale Titel reicht nicht aus.
Erinnerungen werden wach: Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß schießt im EM Finale 1976 seinen Elfmeter in den Belgrader Nachthimmel
Irgendwie war es zu erwarten. Jürgen Klopp hört nach sieben überwiegend erfolgreichen Trainer-Jahren zum Saisonende bei Borussia Dortmund auf. Nach der Pressekonferenz am Mittwoch, auf der die Entscheidung verkündet wurde, herrscht in Dortmund der emotionale Ausnahmezustand. Die Ruhr Nachrichten, einzige noch ernstzunehmende Tageszeitung vor Ort, kam am Donnerstag mit acht Extraseiten heraus. Ausmaße wie bei einem neuen Papst – Fußball ist eben Religion in Dortmund.
Und vergessen wir mal die aktuelle Saison, in der auch Jürgen Klopp teilweise ratlos wirkte. Ansonsten waren es großartige Zeiten. Der Kolumnist geht seit 1976 regelmäßig zu den Heimspielen von Borussia Dortmund und hat schon einiges erlebt. Bittere Tage, aber auch Meisterschaften und großartige Trainer wie Ottmar Hitzfeld.
Aber die Zeit unter Klopp toppt sie alle, die Jahren von 2010 bis 2013 mit den zwei Meisterschaften und dem Champions League-Finale waren die beste Zeit meines Fan-Lebens. Zeiten, die nur schwer zu übertreffen sind.
Denn Borussia hatte ein Team, von dem der Fan träumt: jung, talentiert, technisch gut, angriffslustig. Der BVB rockte Deutschland und Europa. Darum danke für alles, Jürgen Klopp.
• Danke für das Ende der lethargische Zeiten unter Doll und co. Klopp kam, sah und siegte.
• Danke für diesen „begeisternden, hochintensiven Angriffsfußball“ (11 Freunde)
• Danke für unzählige großartige Spiele
• Danke, dass ich nach Heimspielen unzählige Mal ein großes Glücksgefühl hatte. Gute Laune, die noch Tage anhielt.
• Danke für die vielen guten Sprüche.
• Danke für einige große Siege gegen den FC Bayern. Die Rache des Rekordmeisters war bekanntlich schrecklich. Aber wir haben Hoeneß, Rummenigge und co. geärgert.
• Und zum Schluss danke für alle Emotionen. Keiner jubelt schöner. Das Video unten zeigt es noch einmal eindrucksvoll.
Ein Dank gilt auch Youtube-User Columbiana 1000. Tolles Video, saubere Arbeit.
So schnell geht das im Fußball: War vor rund vier Wochen in Sachen Borussia Dortmund nach dem 0:1 gegen den FC Augsburg noch das große Klagen angesagt, hat sich nach vier Erfolgen in Serie die Stimmung um 360 Grad gedreht. Das triumphale 3:0 im Revierderby gegen den FC Schalke 04 war quasi das letzte Ausrufezeichen. Keiner spricht mehr vom Abstieg.
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78 Minuten lang fühlte sich am Samstag mancher Besucher des Revierderbys an den 4. Februar 2011 erinnert. Auch an diesem Tag dominierte die Borussia die Schalker Gäste in allen Belangen, nur das Runde wollte nicht ins Eckige. Der BVB schoss daneben oder scheiterte am überragenden Manuel Neuer. Und als dann Mario Götze schon an seinem späteren Mannschaftskollegen vorbei war und dennoch nur den Pfosten traf, blieb es bei einem sehr, sehr glücklichen 0:0 für den FC Schalke 04. Im Endeffekt war es dann auch egal, denn Dortmund wurde am Ende dieser Saison ein würdiger Deutscher Meister.
Am Samstag war die Borussia ähnlich überlegen, spielte so wie in alten Meistertagen und ließ Schalke eigentlich keine Luft zum Atmen. Es war eine grandiose Vorstellung, Borussia fand immer einen Weg durch die löcherige Gäste-Abwehr – nur das Tor wollte nicht fallen.
Die Angst ist weg
Bis dann Pierre Emerick Aubameyang in besagter 78 Minute die Lücke fand, danach Henrikh Mkhitaryan seine schwarze Serie mit dem 2:0 beendete und Aubayemang-Kumpel Marco Reus mit dem 3:0 den Schlusspunkt setzte. „In der absurd einseitigen Partie waren seltsam apathische Schalker noch gut bedient“, analysierte das Fachblatt kicker und bilanzierte 13:0-Chancen zugunsten des BVB. Bei mir waren es gefühlte 20 Dortmunder Chancen gegenüber einer halben der Schalker, wenn man diesen einen weit am Tor vorbeigehenden Schuss als Torchance werten würde.
Es ist schon erstaunlich, wie Schwarz-Gelb wieder die Kurve bekommen hat. „BVB in der Angst-Falle“, orakelte diese Kolumne nach dem depressiven 0:1 gegen den FC Augsburg. Nur wenige Tage später folgte ein starker 3:0-Erfolg gegen den SC Freiburg, gegen Mainz 05 machte der BVB erstmalig einen 0:1-Rückstand wett und überzeugte auch spielerisch. Zudem gab es beim Tabellenletzten Stuttgart einen Pflichtsieg. Hinzu kam die Vertragsverlängerung von Marco Reus und jetzt der Derby-Sieg: Es herrscht wieder schwarz-gelbe Euphorie und Jürgen Klopp muss schon wieder ein wenig die Stimmung dämpfen. Vor vier Wochen wäre das noch undenkbar gewesen.
Krise also beendet? So ganz hat der BVB die Abstiegsangst noch nicht besiegt. Dennoch: 90 Prozent aller Klubs hätten nach so einer desolaten Hinrunde den Trainer entlassen, die Borussia aber hat sich nicht von Jürgen Klopp getrennt. Diese Entscheidung war richtig, glücklicherweise.
Nur eines stimmt nicht: So ein Derbysieg entschädigt nicht für eine ganze schlechte Saison. Auch wenn es für alle, die mit Schwarz-Gelb sympathisieren, zweifellos ein schöner Tag war.
Am Ende gab es Pfiffe in einer Stärke, die ich schon lange nicht mehr bei Heimspielen von Borussia Dortmund gehört habe. Die 0:1-Niederlage des BVB gegen den FC Augsburg führte zu heftige Reaktionen: Selbst von der Südtribüne, wo ich stehe, kam ein wütendes Pfeifkonzert.
Die Dortmunder spielten an diesem Abend wie ihr letzter Tabellenplatz suggeriert. Am Anfang gab es ein paar gelungene Spielzüge, doch spätestens nach dem Augsburger Führungstreffer wirkte Borussia nur noch ratlos und verkrampft. Selbst gegen zehn Augsburger fand die immer noch gut besetzte BVB-Mannschaft kein Mittel gegen sehr gut organisierte Gäste.
Allerdings kann ein Dortmunder Team schlecht spielen. So lange es gegen die Niederlage kämpft, verzeiht der BVB-Anhänger einiges. Zumal die Klopp-Schützlinge aufgrund der starken sportlichen starken Leistungen der letzten Jahre immer noch hohen Kredit bei den Anhängern genießen. Doch am gestrigen Abend vermisste nicht nur ich das letzte Aufbäumen.
Normalerweise müsste eine Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz doch brennen und jedem zeigen, dass sie viel besser ist. Theoretisch – doch in der Realität spielen so Dinge wie die Psyche eine große Rolle. Auf einmal trauen sich selbst gestandene Nationalspieler nichts mehr zu, haben sie Angst vor einem Fehler. Und den BVB wirkte gestern nach dem 0:1 zeitweise wie gelähmt.
Psychologe gefragt
Dortmund in der Angst-Falle. So richtig klug werde ich so und so nicht aus der Mannschaft: Die gleichen Spieler überzeugten in der Champions League und in den Heimspielen gegen Gladbach, Hoffenheim oder auch Wolfsburg. Auf der anderen Seite agierte das Team ganz schwach beispielsweise gegen den HSV, in Bremen oder Berlin und jetzt gegen Augsburg.
Auch Trainer Jürgen Klopp wirkt so ratlos wie noch nie in seiner so erfolgreichen Dortmunder Zeit. Da hat auch die Winterpause mit kompletter Vorbereitung nichts verändert. Noch schlimmer – die Mannschaft wirkte gestern noch gehemmter und wenig selbstbewusst. Irgendwie bräuchte das Team jemanden, der diesen Verkrampfungs-Knoten durchschneidet. Wer, das ist eine interessante Frage.
Jedenfalls wird der BVB so schnell da unten nicht rauskommen. Etwas, was auch der Kolumnist nicht erwartet hat. Für wegen nur ein Kratzer wie ich im Herbst noch dachte.
Eine ganz andere Saison spielt der FC Augsburg. Auch in diesem Jahr hat der FCA nichts mit dem Abstieg zu tun – die Richtung geht so gar Richtung Europa. Alles mit Mini-Etat und trotz des Verlustes von Spielern, die zu besser bezahlenden Vereinen wechselten. Respekt! Auch in Dortmund trat das Team von Trainer Weinzierl sehr selbstbewusst und offensiv auf, der Sieg war verdient. Alles auch eine Frage der Psychologie, denn auf dem Papier hat der BVB mit seinen zahlreichen Internationalen klar das bessere Team. Aber eben nur theoretisch.
Wer hätte das gedacht? Nach der 0:2-Niederlage bei Eintracht Frankfurt bleibt Borussia Dortmund in dieser Woche auf dem letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Dabei hatte diese Kolumne doch nach dem 1:0-Erfolg gegen Gladbach die Wende ausgerufen und eine Siegesserie prognostiziert. Alle frommen Wünsche – vergebens.
„Advent, Advent – das Bäumchen brennt“, schrieb das BVB-Fanportal schwatzgelb.de, das Fachblatt kicker titelte „Der Tiefpunkt“ und hatte den Zeitpunkt parat, als es ähnliches schon mal gegeben hatte: Die Saison 1985/1986.
Am Ende dieser Spielzeit zitterte sich Schwarzgelb durch die Relegation gegen Fortuna Köln und hielt die Klasse. Noch heute wissen BVB-Fans, wo sie waren, als Jürgen Wegmann das Tor zum 3:1 markierte, das das dritte Spiel erst ermöglichte: im Stadion, auf der Autobahn irgendwo zwischen Soest und Dortmund (der Autor) usw. Als kleine Mahnung ein Rückblick auf diese Spielzeit des Schreckens.
Vorspiel
Schon 1984/1985 hatte sich die Borussia erst am letzten Spieltag durch ein 2:0 gegen Werder Bremen gerettet. Der Kampf um den Klassenerhalt war für den BVB-Anhang nichts Neues. Auch sonst gaben die Westfalen ein eher chaotisches Bild ab: Trainer kamen und gingen in schnellem Abstand, finanziell durchlief der BVB turbulente Zeiten.
Immerhin gab es damals problemlos Tickets. Selbst Jugendkarten erhielt der Besucher noch eine halbe Stunde vor Spielbeginn ohne lange Wartezeiten. Das Stadion war eigentlich nie ausverkauft, auf der Südtribüne standen die Besucher sehr bequem.
Trikots trugen nur die Hardcore-Fans. Fußball hatte immer noch etwas proletarisches, die Angestellten auf den Sitztribünen zeigten sich deutlich distanzierter und motzten oft ohne Gnade.
Zur neuen Spielzeit kam mit Pal Csernai ein durchaus namhafter Trainer, der bei Bayern München einige Erfolge feiern konnte. Doch ob der Ungar mit dem markanten Seidenschal in die Arbeiterstadt Dortmund passte, da gab es schon früh geteilte Meinungen. Bekanntester Neuzugang war Horst Hrubesch, damals aber schon 34 Jahre und auch verletzungsbedingt im Herbst seiner Karriere. Zuletzt hatte der kantige Mittelstürmer in Belgien bei Standard Lüttich gekickt. Ein weiterer erfahrener Neuer war der stämmige Innenverteidiger Dirk Hupe, der von Arminia Bielefeld kam. Sportliches Ziel: ein Platz im Mittelfeld ohne großes Zittern.
Hinrunde
Schon der Start in die Saison ging deutlich daneben. Nach zwei Unentschieden kassierte Dortmund Niederlage um Niederlage: 0:2 in Köln, 1:4 zuhause gegen einen starken 1.FC Nürnberg, 2:4 in Düsseldorf, zwischendurch ein ödes 0:0 gegen Waldhof und als negative Krönung ein 1:6-Debakel gegen den Revierrivalen VfL Bochum. Erst am 8. Spieltag feierte der BVB den ersten Erfolg mit dem 4:2 gegen Eintracht Frankfurt. Es folgte noch vier weitere Siege und manchmal war sogar ein zartes Pflänzlein an Spielkultur zu bewundern. Zur Halbzeit lagen die Westfalen auf Platz 14 mit fünf Siegen, vier Remis und acht Niederlagen und einen Punkt Vorsprung auf einen Relegationsplatz. Zusätzlicher Tiefpunkt: Das große Revierderby verlor Borussia mit 1:6 auf Schalke.
Zwar lag der Klub nur am 13. Spieltag auf dem letzten Platz, dennoch war es eine enttäuschende Hinrunde. Pal Csernai hatte nicht die Wende gebracht und Horst Hrubesch war wahrlich über seinen Zenit hinaus. Am Ende traf er zweimal bei nur 17 Einsätzen.
Rückrunde
Auch in der Rückrunde verlief weitgehend trostlos. Der BVB bot zwar ein paar Lichtblicke – unter anderem gab es ein 5:1 gegen den 1.FC Köln, im DFB-Pokal war immerhin erst im Halbfinale Schluss. Doch je länger die Saison dauerte, desto schwächer spielten die Schwarz-Gelben und kassierten Niederlagen um Niederlage. Am 19.April verloren die Dortmunder mit 0:4 beim VfB Stuttgart und einen Tag später feuerte der BVB Trainer Pal Csernai. Assistenztrainer Reinhard Saftig sollte es richten und er holte immerhin Sieg und Remis an den letzten beiden Spieltagen. Dennoch reichte es nur zu Platz 16 und damit zu den Relegationsspielen gegen Fortuna Köln, dem Dritten der 2. Liga.
Tränen in den Augen, Hochzeits-Crasher: Wie Norbert Dickel die Relegation erlebte
Relegation
Schlimmer konnte es fast gar nicht mehr kommen: 0:2 verlor die Borussia das erste Relegationspiel bei Fortuna Köln. Der Zweitligist war in allen Belangen bissiger und sah sich schon in der Elite-Klasse. Der 19. Mai 1986 fiel auf den Pfingstmontag und der BVB lag im Rückspiel zur Pause schon mit 0:1 hinten. In der zweiten Halbzeit ging es um alles oder nichts. Dortmund stürmte wie entfesselt, Kölns Keeper Jarecki hielt stark, doch die Tore von Michael Zorc und Marcel Raducanu konnte er auch nicht verhindern. Ein Tor fehlte noch – und dann machte Jürgen Wegmann eines der wichtigsten Tore der Vereinsgeschichte. Und die „Kobra“ weiß Jahre später noch alle Details.
Es kam zum dritten Spiel und das war gegen grippegeschwächte Fortunen nur noch Formsache. Wir kamen pünktlich zur zweiten Halbzeit in Düsseldorf an, nachdem wir wie viele andere Dortmunder im Stau standen. Das 1:0 verpassten wir, doch nach der Pause schoss Borussia noch sieben Tore und rettete die Klasse. Und in der Saison 1986/87 ging es dann mit Trainer Saftig und den Neuzugängen Frank Mill, Norbert Dickel und Thomas Helmer aufwärts auf einen UEFA-Cup-Platz.
Nachspiel
Der BVB 2014 kommt da unten heraus. Natürlich kassiert er derzeit reichlich dilettantische Tore, aber man muss sich beispielsweise nur mal anschauen, welche Zensuren die gegnerischen Torhüter in den letzten Bundesliga-Spielen bekommen haben (Quelle kicker.
• Wiedwald (Frankfurt, Note 1,5, Spieler des Spiels)
• Kruse ( Paderborn, Note 2)
• Sommer (Gladbach, Note 2)
• Neuer (Bayern, Note 3)
• Zieler (Hannover, Note 1,5, sogar Mann des Tages).
Das heißt: Die Torhüter hatten einiges zu halten. Spielt so ein Absteiger?
Es ist immer noch ein Duell David gegen Goliath, auch wenn der Kleine derzeit in aller Munde ist: Am Samstag gastiert der BVB beim SC Paderborn 07, nur im Gegensatz zu früheren Begegnungen ist es diesmal die erste Mannschaft der Schwarz-Gelben. Für sechs Paderborner ist es ein besonderes Spiel: Sie haben eine Dortmunder Vergangenheit. Uwe Hünemeier und Marvin Ducksch sogar eine sehr lange….
Über elf Jahren ist das jetzt her, aber es kommt einem vor wie aus einer anderer Zeit. Es war der 1. August 2003, im altehrwürdigen Stadion Rote Erde empfing die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund den SC Paderborn 07. Die Gäste aus Ostwestfalen gewannen durch ein spätes Tor von Pavel Dobry glücklich mit 1:0.
Drei Reihen vor mir saß Klaus-Dieter „Pele“ Wollitz, zu diesem Zeitpunkt Trainer des KFC Uerdingen, und machte sich eifrig Notizen. 730 Zuschauer wollten an diesem schönen Sommerabend das Spiel sehen, aus Paderborn bevölkerten vielleicht 100 Fans den Fanblock auf der anderen Seite. Andere Vereine kamen da in der Regionalliga mit ganz anderen Massen. Am Ende der Saison verpasste Paderborn als Tabellendritter um drei Punkte den Aufstieg in die zweite Liga. An die Bundesliga dachte damals niemand, auch „Pele“ Wollitz nicht.
Doch während Wollitz wieder in der Regionalliga trainiert, schaffte der SC Paderborn das Wunder Bundesliga. Und am Samstag kommt es für den David zum nächsten Gipfeltreffen: Der SC Paderborn 07 spielt wieder gegen den BVB, nur diesmal ist es die Bundesliga und die erste Mannschaft der Dortmunder. Die 15 000-Plätze in der Benteler-Arena sind schon lange ausverkauft, für das Duell hätten die Paderborner deutlich mehr Tickets verkaufen können.
Alle freuen sich auf die erste Liga in Padeborn. Auch der Erzbischof, dessen Ballbehandlung aber noch ausbaufähig ist.
Es ist schon ein komisches Spiel: Der Aufsteiger mit dem Mini-Etat ist mit 15 Punkten und Rang 9 bislang die Überraschung der Saison, das mächtige Borussia Dortmund kriselt hingegen auf Platz 15 mit gerade einmal 10 Punkten. Das macht Paderborn natürlich nicht zum Favoriten: Nominell haben die Dortmunder immer noch das deutlich bessere Team mit unzähligen Nationalspielern.
Einige Paderborner Anhänger am Samstag werden am Samstag in ihrem Fandasein ein wenig gespalten sein. Schwarz-Gelb hat viele Anhänger im Paderborner Land, denn früher fuhr man dort nach Dortmund, Schalke oder auch Bielefeld, um hochklassigen Fußball zu sehen. Zudem ist die aktuelle Paderborner Mannschaft eine kleine Dortmunder Filiale. Sechs Spieler des Aufsteigers trugen einst das schwarz-gelbe Dress, allerdings überwiegend in der zweiten Mannschaft der Borussia. „Ehemaligentreffen mit Gegenpressing“, titelte der kicker dann auch. Die Kandidaten im Portrait:
Uwe Hünemeier (2000 bis 2010 in Dortmund): Kam mit 14 Jahren vom FC Gütersloh zum BVB, durchlief die Jugendmannschaften und wurde zu einem Leistungsträger der zweiten Mannschaft. Den Sprung in die erste Mannschaft schaffte der kopfballstarke Innenverteidiger aber nicht, machte nur fünf Bundesligaspiele für Borussia. Das lag auch daran, dass er in der ersten Mannschaft mit Mats Hummels, Neven Subotic und Felipe Santana sehr starke Konkurrenten in der Deckungszentrale hatte. Viel schlechter als diese war Hünemeier eigentlich nie, doch ein wenig fehlte den Dortmunder Verantwortlichen auch das Vertrauen in das Leistungsvermögen des Eigengewächses. 2010 wechselte er nach Energie Cottbus in die 2. Liga, 2013 folgte der Wechsel nach Paderborn. Das war eine hervorragende Entscheidung, denn beim SC imponierte er durch starke Leistungen. Auch in dieser Spielzeit ganz stark, allerdings ist sein Einsatz gegen den BVB wegen einer Bauchmuskelzerrung noch fraglich.
Marvin Ducksch (ausgeliehen vom BVB, seit 2002 bei Borussia): Ur-Dortmunder, kam bereits mit acht Jahren vom BSV Fortuna Dortmund (dessen Platz nicht weit vom Signal-Iduna-Park entfernt liegt) zum BVB und durchlief dort alle Jugendmannschaften. Ein wuchtiger Stürmer, der seinen Talent auch bereits in der 3. Lia eindrucksvoll unter Beweis stellte. Sechs Mal spielte er unter Jürgen Klopp in der Bundesliga, doch der Sprung in die erste Mannschaft des BVB ist natürlich groß. In Paderborn soll er Spielpraxis sammeln, bislang kam der 20jährige meist als Einwechselspieler und traf einmal.
Mario Vrancic (vom 30.1. 2011 bis 30.07. 2012 in Dortmund ): Der Mittelfeldspieler kam von Mainz 05, spielte von Januar 2011 bis Juli 2012 bei BVB 2 und wechselte dann nach Paderborn. Dort wurde er schnell Stammspieler, steigerte sich gewaltig, war im letzten Jahr einer der stärksten Mittelfeldspieler der 2. Liga und zählt auch in der Bundesliga zu den Stützen des Teams.
Marvin Bakalorz (2010 bis 2013 in Dortmund): In Dortmund und Frankfurt schaffte der Sohn des Bundesligaspielers Dirk Bakalorz den Sprung in die Bundesliga nicht. Im Winter 2013 folgte der Wechsel nach Paderborn und dort trumpfte der Mittelfeldspieler sehr stark auf. Auch in dieser Saison häufig in der Startelf, nur in Leverkusen sah er die rote Karte.
Lukas Kruse (2008 – 1/09 in Dortmund): Eigentlich ein Ur-Paderborner, der schon zu Regionalliga-Zeiten beim SC das Tor hütete. Ein halbes Jahr war der Schlussmann beim BVB, saß dort in der Bundesliga dreimal auf der Ersatzbank. Nach einer weiteren Station in Augsburg kehrte er 2010 nach Westfalen zurück und ist die uneingeschränkte Nummer 1 im Paderborner Tor.
Mahir Saglik (2004/2005 in Dortmund): Kommt von GW Paderborn, spielte zwischendurch immer wieder beim SC Paderborn und hat bei unzähligen Vereinen gekickt. Unter anderem auch in der Regionalliga-Saison 2004/2005, wo er in 30 Spielen immerhin zwölf Mal für BVB 2 traf. So richtig schaffte der Stürmer den Sprung in die Bundesliga nicht. Seit Januar 2013 wieder in Paderborn, wo er wichtige Tore zum Aufstieg erzielte. In dieser Saison verletzte er sich vor dem ersten Spiel gegen Mainz, daher erst zwei Kureinsätze.