BVB 2014/2015: Die Schwarzalge war schuld
Eines muss man den Verantwortlichen von Evonik lassen: Sie sind ein ungemein kreativer Sponsor von Borussia Dortmund. Neuester Paukenschlag: Die Mitglieder der DFB-Autorennationalmannschaft haben Borussia Dortmund eine Saison begleitet. Ihre Texte füllen das Buch „Man muss das Spiel auch lesen können“ und schildern die Spielzeit 2014/2015.

Es war ein turbulentes Jahr: Nach dem 19. Spieltag war der BVB Tabellenletzter, nach der Niederlage in Mönchengladbach verkündete Trainer Jürgen Klopp seinen Abschied. Wenigstens rettete sich die Borussia noch in die Europa League – was manche im Vergleich zur Champions League als Strafe ansehen.



„Man kann wirklich sagen: Wir sind auch durch diese Krise gegangen“, schreibt Herausgeber Moritz Rinke im Vorwort. „Und mehr und mehr wurde unsere Anteilsnahme ein ständiges Mitleiden, bis hin zur Panik.“ Obwohl viele Autoren Fans anderer Vereine sind, einer unterstützt sogar den FC Bayern München.
Aber so richtig haben mich viele Texte nicht gepackt, viele wirken austauschbar. Das mag auch daran liegen, dass die meisten Autoren als Evonik-Gäste im VIP-Bereich saßen. Dort gibt es zwar ein nettes Menü, aber die wahren Geschichten passieren woanders im Stadion.

Im Körper eines Herthaners
Dabei fängt es gut an, wenn Schauspieler Joachim Krol seine Erlebnisse vom Pokalfinale 1989 schildert. Interessant: Philosoph und Autor Wolfram Eilenberger (es gab mal einen Torhüter bei Wattenscheid 09 mit dem Namen Ralf Eilenberger) beobachtete Zeljko Buvac, die ewige „B-Seite“ von Jürgen Klopp oder die „amtierende Mutter aller Assistenztrainer“.
Mein Highlight der Hinserie ist der Text von Jörg Schieke zum Heimspiel gegen Hannover. Der ist atmosphärisch famos, der BVB verliert äußerst unglücklich 0:1 und Schuld ist nur die Schwarzalge, die den Rasen kaputt gemacht hat.
Favoriten der Rückrunde sind „Die Geschichte der Null – ein Kai-Falke-Trivialroman“ von Andreas Merkel zum drögen 0:0 gegen den Kölner FC. Kai Falke ist eine Comic-Figur mit einigen Verbindungen nach Dortmund.
Thomas Brussigs „Ich bin ein BVB-Fan im Körper eines Herthaners“ zum Spiel gegen die Berliner hat mich begeistert. Das Spiel war öde und schnell entschieden, aber Brussig schreibt originell und sehr witzig, peppt damit das Geschehen schön auf.
Selbstverständlich darf Jürgen Klopp nicht fehlen. Moritz Rinke hat ihn zum Saisonabschluss interviewt – das Resultat ist zumindest interessanter als die meisten Interviews des Fachblattes kicker. Den Text kann der Interessierte hier noch mal nachlesen, am besten hat mir die Stelle gefallen, als Klopp erzählt, dass er keine Spielberichte liest.
„Wenn ich das Spiel selbst gesehen habe, muss ich mir nicht angucken, wie die anderen das bewertet haben. Eure Texte hätte ich mir allerdings mit Sicherheit mal reingepfiffen, ich werde das auch noch machen, einfach um diesen wahrscheinlich völlig anderen Ansatz kennenzulernen. Ich kann den Bierernst des Fußballs wirklich nur 90 Minuten ertragen. Alles, was um den Fußball herum gemacht wird, die Protagonisten, zu was auch immer sie gemacht werden – das ist natürlich Wahnsinn, und ich bin glücklicherweise intelligent genug, um das richtig einschätzen zu können.“

Urteil
Bedingt empfehlenswert

Das Buch, die Autonama




ccjay am 05.Nov 15  |  Permalink
"BVB-Fan im Körper eines Herthaners" Das ist schon harter Tobak für den Hertha-Fan. Zeigt aber natürlich auch, wie offen wir für anderes sind. Man stelle sich das mal anders rum vor. Die meisten Dortmunder, die ich so kennen gelernt habe, würden sich bei dem Verdacht, in ihrer Brust schlage etwas anderes als ein schwarz-gelbes Herz, vermutlich vom Westfalenstadion stürzen. Oder?