So richtig ist die schwarz-rote-goldene Stimmung noch nicht da, auch wenn Lidl-Real-Kaufland-Adler-Rewe etc. alle verstärkt die üblichen Scheußlichkeiten wie Hawai-Ketten anbieten. Nichtsdestotrotz: Die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine beginnt heute und die Sonderhefte zum Ereignis sind schon längst auf dem Markt.
nurpferdeundfussballbeschränkt sich wie in den Jahren zuvor auf die Exemplare vom
kicker und den
11 Freunden.
„Tolle Tore und Triumphe“ titelt der
kicker in unnachahmlicher Manier. Das bezieht sich aber auf eine DVD, die es zum Heft gibt (und die bei mir leider stumm blieb). Ansonsten ist das EM-Sonderheft der Nürnberger erst einmal verlässlich. Wer wie der Kolumnist die Hefte seit Urzeiten kennt, weiß, was ihn erwartet: Solide Berichterstattung zu den Mannschaften, fachlich ganz ordentlich, wenn auch nicht frei von Klischees. Die Stärken liegen eindeutig im sportlichen Bereich, die Diskussion um politische Probleme beispielsweise in der Ukraine findet nicht statt. Über Länder und Leute erfährt der geneigte Kicker-Leser sehr wenig.
Doch etwas ist neu: Zu jedem Spieler gibt es Kurz-Beschreibungen. „Dynamischer und kopfballstarker Innenverteidiger mit hervorragenden Zweikampfwerten. Auch als Aufbauspieler mit besonderen Qualitäten. Die zeigt er allerdings meist auf nationalem Niveau, in der Champions League und der Nationalelf noch nicht so“, heißt es beispielsweise über Innenverteidiger Mats Hummel vom BVB. Über die Einschätzung lässt sich diskutieren, dennoch ist das eine sinnige Ergänzung – auch wenn das Fachblatt den „Dortmunder“ Polen Lukas Pisczczek auf der falschen Seite postiert hat.
Schön pubertär
Irgendwie war ich etwas enttäuscht über das Heft der
11 Freunde. Das mag auch daran liegen, dass das Familienmagazin für Fußballkultur in den Jahren zuvor die Latte sehr hoch gelegt hatte. Inzwischen lese ich dort auch Geschichten
und Interviews, die auch im kicker hätten stehen können. So wie das fürchterlich lange Interview mit Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff, das der kicker wenigstens auf zwei Seiten eingedampft hätte. Bei der Taktik-Story bin ich fast eingeschlafen.
Natürlich gibt es auch viele Höhepunkte, die sehr lesenswert sind. Zum Beispiel die Geschichte über die Zeit von Joachim Löw beim FC Schaffhausen, das Portrait der 80er Europameister oder der Roadtrip nach Polen und die Ukraine.
Natürlich darf der etwas pubertäre Humor des Magazins nicht fehlen. Den Brief an Franck Ribery fand ich ganz witzig, auch die Zimmerverteilung im deutschen Hotel. Suite Amselfelder, Suite Altendiez, Spielzimmer von Mario Götze – Geschmackssache, ich mag es.
Nur einer hat seine beste Zeiten leider hinter sich: Günter Hetzer, der trinkfreudige Kolumnist der vorletzten Seite, macht nur noch flaue Altherren-Witz. Und auch seine Kumpels Delle und Waldi haben schon bessere Zeiten erlebt. Ist es ihre letzte Europameisterschaft?
Fazit
Eigentlich kann ich das schreiben, was ich schon bei einigen Sonderheften der beiden geschrieben habe: Der
kicker ist die Pflicht und liefert die Daten;
11 Freunde ist zuständig für die die Kür und bietet die außergewöhnlichen Geschichten. Das trifft auch diesmal zu. Dabei gewinnt der kicker durch die Kurzbeschreibungen der Spieler fachlich weiter. Das 11 Freunde-Heft war etwas enttäuschend. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau.
Nachtrag 9. Juni
Da habe ich dem
kicker aber umsonst für eine Neuerung gelobt. Bereits 2008 hatte das Fachblatt die Kurz-Beschreibungen im Heft und ich habe das übersehen, obwohl das 2008 EM-Sonderheft griffbereit im Regal liegt. „Mea culpa“ sagt da der alte Lateiner, an der Einschätzung ändert sich aber nichts: Die Portraits ergänzen das kicker-Angebot sehr gut.