Panama-Hüte vor malerischer Kulisse


Der Auftakt gab schon einen Vorgeschmack, was uns die nächsten fünf Tage erwartet: Drumfire, 90:10-Schuss aus dem großen Stall von Mark Johnston, gewann die „Paul goes the Extra Mile Stakes“ – ein „Heritage Handicap“ über 1986 Meter, dotiert mit 50 000 Pfund. „Glorious Goodwood“ hat begonnen und das war ein typisches Handicap für das Festival: Viele chancenreiche Starter, unglaublich schwer zu entziffern. Und es gab die üblichen „Hard-Luck-Stories“ im Rennverlauf. Ich kenne keine Bahn, auf der es so oft zu Behinderungen kommt, auf der so häufig die „Bude dicht“ ist und das Pferd neu aufgenommen werden muss.
Bis einschließlich Samstag laufen die schnellen Vollblüter noch bei „Glorious Goodwod“, einem der Höhepunkte im britischen Sportkalender. Was auch an der idyllischen Umgebung liegt: Die Rennbahn im Süden England gilt bei vielen als die schönste im Land. Der Film auf der Homepage der Bahn untermauert dies eindrucksvoll. Voraussetzung: Das Wetter im britischen Sommer spielt mit.
Selbst nüchterne Zeitgenossen wie Paul Ostermeyer alias „The Beast“ lässt die malerische Kulisse poetisch werden. „Es ist eine fantastische natürliche Kulisse mit großartigen Blicken auf die Sussex Downs auf der einen Seite und Chichester und das Meer auf der anderen Seite“, schreibt der Experte für englische Rennbahnen. „Wenn Rennkurse menschlich wären, wäre Goodwood die perfekte Frau: Attraktiv, verführerisch, klassisch und mit vielen Kurven.“
Weil Sommer ist, ist in der Richmond Enclosure, „der besten Tribüne auf englischen Rennplätzen“ (Ostermeyer), der Dresscode nicht ganz so streng wie beispielsweise während Royal Ascot: Polo-Hemden unter dem Jacket sind ausdrücklich erlaubt, gerne getragen wird zudem der „Goodwood Panama Hut“.
Das sportliche Programm kommt nicht ganz an Royal Ascot heraus, ist aber immer noch außergewöhnlich gut. Sportliche Höhepunkte sind die BGC Sussex Stakes (Gr. 1) über die Meile am Mittwoch und die Blue Square Nassaus Stakes (Gr.1) für Stuten über die verlängerte Meile am Samstag. Außerdem stehen jeden Tag mehrere Rennen der Kategorien Gruppe 2 und Gruppe 3 auf dem Programm. Wett-Highlights sind die großen Heritage Handicaps wie die Totesport Mile am Freitag oder der Showdown der Sprinter, der Blue Square Stewards Cup, über 1200 Meter am Samstag.
Goodwood war in der Vergangenheit die Bahn, auf der ich mit die schlechteste Trefferquote auf der Insel hatte. Das hat sich glücklicherweise etwas geändert, dennoch war der Kurs früher ein Ort permanenter Demütigung. Jahrelang hatte ich dort ein Dauerabo auf Platz 2, wurde bevorzugt auf der Linie noch abgefangen. Oder der Rennverlauf war so schlecht, dass mein Tipp zu spät angebraust kam und am Ende mit einem kurzen Kopf geschlagen wurde. Dann war da noch der Stewards Cup 2007, als die Stewards im Zielfoto für Zidane und gegen meinen Tipp Borderlescott entschieden. Ich sehe das heute noch anders…
P.S: Die ersten drei Rennen waren mal wieder ernüchternd: Das Gamble auf Tactic aus dem Stall von John Dunlop zahlte sich nicht aus, der Hengst wurde Vierter in den Betfair Gordon Stakes. J J The Jet Plane, Südafrikas Sprinterstar, schlug im Betfair Cup nur ein Pferd, immerhin den Favoriten Main Aim. Es gewann Finjaan vor den Außenseitern Baltazaar’s Gift und Regal Parade. Ich leiste Abbitte, denn was habe ich vor der Saison über die englischen Sprinter gelästert.
Noch ein Nachtrag: Überhaupt nicht vom Ende weg kam Waldvogel, einst trainiert von Andreas Wöhler und jetzt in der Obhut des englischen Trainers Luca Cumani, in den Deltica Summer Stakes über lange 2800 Meter. Morgens bei Betfair wurde das Pferd durchaus gehandelt, mit der Handicap-Marke wird der 5jährige Wallach es aber schwer haben.