Donnerstag, 29. Juni 2017
Parviz und Rosenpurpur die Empfehlungen im Derby 2017
Die Spannung steigt. Sonntag ist wieder Derby-Zeit in Hamburg-Horn. 19 Kandidaten bewerben sich um den wichtigsten Titel der deutschen Turf-Saison. Regen ist für Sonntag angesagt, hoffentlich wird das Geläuf nicht wieder zum Moor, das dem Zufall die Tore öffnet. 2017 kommt kein Gast aus dem Ausland, sieben Pferde schickt alleine Trainer Markus Klug ins Rennen. Die Prüfung ist so offen wie schon lange nicht mehr, Starter und Chancen im Deutschen Derby 2017.



Interessanter Starter: Parviz aus dem Quartier von Waldemar Hickst
(Foto German Racing / Rühl).


1. Colomano (Trainer Markus Klug / Jockey Andreas Helfenbein, GAG 96 kg): Das höchstbewertete Pferd im Feld und als Sieger des Union-Rennens der logische Favorit im Derby. Der Cacique-Sohn zeigte dabei guten Speed, blieb letztendlich sicher vor Windstoß, Northsea Star sowie Warring States. Er galt schon früh als Steher und Derby-Hoffnung im großen Klug-Stall. Kommt gerne von hinter, für Routinier Andreas Helfenbein, der den verletzten Adrie de Vries vertritt, die große Chance auf den ersten Derby-Sieg.

2. Windstoß (Trainer Markus Klug / Jockey Maxim Pecheur, GAG 95,5 kg): Das war schon eine tolle Leistung von Windstoß: Zweiter in der Union und das nur eine Woche nach seinem Sturz in Hannover. Zeigte dabei viel Kampfgeist. Als Dreijähriger noch mal deutlich verbessert, so viel sollte zwischen ihm und dem Stallgefährten Colomano nicht liegen. Stehvermögen ist da, gute Möglichkeiten aus dem Vordertreffen.

3. Langtang (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Jozef Bojko, GAG 94,5 kg): Der Winterfavorit und der Gewinner des Badener Derby-Trials. Die Gegner mögen in Baden nicht die Besten gewesen sein, der Sieg fiel allerdings leichter aus als es die Abstände aussagten. Kennt eigentlich nur gute Formen, als Campagnologist-Sohn sollte er auch die 2400 Meter können. Langtang ist jedoch nicht die Wahl von Wöhler-Stalljockey Eddie Pedroza, mit Jozef Bojko sitzt sein Reiter aus dem Winterfavoriten im Sattel. Bojko triumphierte zudem 2011 mit dem zweiten Wöhler-Kandidaten Waldpark. Ein weiterer Kandidat mit Chancen.

4. Northsea Star (Trainer Markus Klug / Jockey Alexander Pietsch, GAG 94 kg): Erst drei Starts im Leben, dabei von Rennen zu Rennen verbessert. Platz 3 in der Union war eine deutliche Empfehlung, dabei lief er noch eine Spur zu eifrig („raced keenly“, wie die Engländer so schön sagen). Muss sich aber weiter steigern, so recht glaube ich nicht an eine Formumkehr gegen die Stallgefährten Colomano und Windstoß.

5. Warring States (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Eduardo Pedroza, GAG 94 kg): Der Sieger im Bavarian Classic gegen Enjoy Vijay, zuletzt Vierter in der Union, wo er zu spät ins Rennen fand. Talentiertes Pferd, das noch nicht alle Karten aufgedeckt haben sollte. Die Wahl von Wöhler-Stalljockey Eduardo Pedroza gegenüber Langtang und Promise of Peace.

6. Enjoy Vijay (Trainer Peter Schiergen / Jockey Andrasch Starke, GAG 93,5 kg): Guter Zweiter im Bavarian Classic hinter Warring States, im Badener Derby-Trial lief er jedoch wie ein Pferd, dem die 2000 Meter-Distanz zu lang wurde. In Hamburg geht es noch mal 400 Meter weiter, der Nathaniel-Sohn (danach sollte er eigentlich Stamina haben) ist allerdings die Wahl von Andrasch Starke. Und der ist in seinem „Wohnzimmer“ Hamburg-Horn eigentlich immer eine Empfehlung wert.

7. Monreal (Trainer Jean-Pierre Carvalho / Jockey Fabrice Veron, GAG 92 kg): Die Enttäuschung aus der Union, als er als hochgehandeltes Pferd noch ziemlich unreif lief und deutlich besiegt endete. Es war aber erst der dritte Start des Ullmann-Hengstes, vorher war er Vierter von fünf Pferden im Prix Greffulhe (Gr.2) in Chantilly. Groß waren die Abstände dort nicht, der Sieger Recoletas und der Zweite Waldgeist werteten die Form anschließend durch die Plätze Drei und Zwei im französischen Derby auf. Dass Monreal viel Talent hat, bewies er bei seinem Debüt, als er trotz Unreife souverän gegen Rosenpurpur gewann. Abschreiben würde ich ihn nicht. Im letzten Jahr floppte Savoir Vivre aus dem gleichen Quartier ebenfalls in der Union und überraschte als Zweiter im Derby.

8. Kastano (Trainer Markus Klug / Jockey Martin Seidl, GAG 91 kg): Eher ein Geheimtipp. Im Bavarian Classic und im Badener Derby Trial über jeweils 2000 Meter hatten die Erstplatzierten für ihn zu viel Speed, obwohl er sich als Dritter in beiden Prüfungen nicht schlecht aus der Affäre zog. Vielleicht kommt ja noch mal eine Steigerung über 2400 Meter, der Halbbruder der Spitzenstute Kasalla (die auch 2400 Meter konnte) stammt vom Steher Nathaniel.

9. Ming Jung (Trainer Markus Klug / Jockey Rene Piechulek, GAG 90 kg): Das Derby ist schon der achte Lebensstart des Kallisto-Sohnes. Auch wenn die Form aus dem Badener Derby-Trial ganz passabel war (Platz 4), ist der Halbbruder des guten Meilers Millowitsch ein Außenseiter, der sich gewaltig für den Derbysieg steigern müsste.

10. Shanjo (Trainer Markus Klug / Jockey Alexander Pietsch, GAG 94 kg): In diesem Jahr gut verbesserter Soldier Hollow-Sohn, der immerhin schon zwei Rennen gewinnen konnte. Speziell der zweite Erfolg gegen Native Fighter (der danach zweimal siegte) machte Eindruck. In der Union sah Shanjo aber erstmals in bester Gesellschaft Grenzen.

11. Amun (Trainer Christian von der Recke / Jockey Stephen Hellyn, GAG 84 kg): Zweijährig schlug Amun einst Colomano im Badener Auktionsrennen – allerdings über schnelle 1400 Meter. In diesem Jahr war der Hengst von Trainer Christian von der Recke erst einmal am Start und dabei chancenlos im Bremer Derby-Trial. Krasser Außenseiter.

12. Parviz (Trainer Waldemar Hickst / Jockey Marc Lerner, GAG 83,5 kg): Der Sohn des französischen Derbysiegers Lope De Vega hat sich von Rennen zu Rennen stark verbessert, sein Erfolg im Derby-Trial von Hannover imponierte sehr. Was diese Form letztlich wert ist, wird sich zeigen, aber Parviz, der in den Farben des Vorjahressiegers Isfahan läuft, siegte sicher gegen Sargas und Rosenpurpur. Dabei zeigte der Hickst-Schützling viele Reserven, ein Kandidat, der längst noch nicht alle Karten aufgedeckt hat.

13. Sargas (Trainer Jean-Pierre Carvalho / Jockey Filip Minarik, GAG 81 kg): Erst zwei Starts im Leben, entsprechend unerfahren geht der Nachkomme des einstigen Derbyheroen Shirocco ins wichtigste Rennen seiner Karriere. Talent hat er bereits bewiesen, Platz 2 zuletzt in Hannover war eine gute Leistung. Die Wahl von Filip Minarik gegenüber Monreal aus dem Carvalho-Team, verbessern muss sich Sargas dennoch. Vielleicht kommt das Derby noch etwas früh.

14. Rosenpurpur (Trainer Peter Schiergen / Jockey Daniele Porcu, GAG 80 kg): Ebenfalls wenig geprüft, der Hengst lieferte aber immer trotz einiger Unreife gute Leistungen ab. Und jedes Mal lief er wie ein Kandidat, für denen die 2400 Meter ideal sind. Die bisherigen Leistungen reichen noch nicht aus, aber das Pferd in den bekannten Wittekindshofer Farben könnte noch etwas in petto haben. Mein Pferd für die Überraschung.

15. Oriental Khan (Trainer Roland Dzubasz / Jockey Bauyrzhan Murzabayev, GAG 79 kg): Noch sieglos, zuletzt deutlich geschlagen in der Union. Krasser Außenseiter, allerdings hat sein Trainer mit ähnlichen Pferden in den letzten Jahren im Derby überrascht.



So war es vor zehn Jahren: Adlerflug triumphiert 2007. Es war ein imponierender Erfolg. Zudem war der Schlenderhaner mein Tipp. Schöne Erinnerungen, da sei die schwache Bildqualität entschuldigt.

16. Khan (Trainer Henk Grewe / Jockey Clement Lecoeuvre, GAG 74 kg): Feierte sein Debüt im Düsseldorfer Derby-Trial, siegte dann souverän in Straßburg und endete zuletzt als Achter und Letzter im Union-Rennen. Veranlagt, aber eine vordere Platzierung wäre sensationell.

17. Promise of Peace (Trainer Andreas Wöhler / Jockey Bayarsaikhan Ganbat, GAG 73 kg): Der Pechvogel der Derby-Vorprüfung in Hannover, kam durch den Sturz von Windstoß aus dem Rhythmus. Diese Form ist also zu streichen, davor gewann er in Krefeld und war unter anderem Zweiter zum guten Walsingham in Bremen. Auf dem Papier der schwächste der Wöhler-Kandidaten, muss zulegen.

18. Gepard (Trainer Christian Zschache / Jockey Michael Cadeddu, GAG 72 kg): Bei drei Starts noch sieglos, zuletzt rund zehn Längen Vierter hinter Parviz im Derby-Trial von Hannover. Nach den bisherigen Formen chancenlos.

19. Sternkranz (Trainer Markus Klug / Jockey Sibylle Vogt, GAG 69.5 kg): Der Kamsin-Sohn qualifizierte sich am Union-Tag durch einen Kampferfolg gegen So Tough für das Derby. Davor lief er jeweils ordentlich gegen die heutigen Gegner Sargas und Rosenpurpur, hatte aber keine Chance gegen die beiden. Muss die bisherigen Formen schon deutlich steigern, um hier etwas zu erreichen. Der Ritt ist eine gute Chance für Jockey Sibylle Vogt.

Urteil
Die Liste der Siegkandidaten ist so lang wie schon lange nicht mehr. Colomano ist der logische Favorit, es folgen Windstoß, Langtang, Warring States, Northsea Star und Parviz. Letzterer ist das Pferd mit dem größten Potenzial nach oben und damit der logische Tipp. Dazu hat der Kolumnist noch eine kleine Wette auf Rosenpurpur laufen: Dieser muss sich zwar steigern, aber galoppierte immer wie ein Pferd, das nach der Derby-Distanz quasi „schreit“.



Sonntag, 25. Juni 2017
Caravaggio war der Beste
Fünf Tage Royal Ascot, dieses Spektakel nimmt einen völlig mit. Galopprennen der Extraklasse in einer extravaganten Atmosphäre – meine persönlichen Höhepunkte 2017.

Es war am Samstag, Tag 5 von Royal Ascot, gegen 17:20 Uhr, da hatte ich endgültig den Kaffee auf: The Tin Man hatte gerade in den Diamond Jubilee Stakes (Gruppe 1, 1200 Meter) gesiegt – vor meinem Tipp Tasleet. Zwei Meter weiter hätte dieser gewonnen. Wieder mal Blech, wieder mal ein Tipp, der gut lief, aber eben nicht die Nase vorne hatte. Pferderennen können für Wetter so grausam sein.
So ging das fast das ganze Festival. Wetttechnisch war das königliche Spektakel diesmal eines zum Vergessen. Hätte ich vorher schon Glück mit meinen Tipps gehabt, hieße der Sieger des Gruppe 1-Sprints Tasleet. Aber grau ist eben alle Theorie.
Sportlich gab es in dem beschaulichen Ort in der englischen Grafschaft Berkshire mal wieder Galoppsport der Extraklasse. Unvorstellbar in Deutschland: Alle Rennen liefen im Free-TV, ITV hat den bisherigen Rechteinhaber Channel 4 abgelöst.
Im vernunftorientierten Deutschland guckt man auf das Festival immer mit einer gewissen Verwunderung. Die Hüte, die Fräcke und die königliche Prozession – das wirkt skurril, typisch britisch und hat etwas von Karneval der Oberschicht. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Pferde ein wenig stören beim Feiern. Meine Momente des königlichen Festivals 2017, natürlich ist die Auswahl völlig subjektiv.

Caravaggio im Commonwealth Cup
Der Teufel, so lautet ein (etwas) derber Spruch, scheißt immer auf den größten Haufen. Natürlich ist es völlig despektierlich, die grandiosen Erfolge von Ballydoyle/Coolmore (über 300 Gruppe 1-Erfolge) alleine mit Glück zu erklären. Dazu gehört viel mehr und Aidan O’Brien ist ein Trainer, der es immer wieder schafft, seine Pferde punktgenau in Top-Form zu bringen. Wie viele überragende Vollblüter die Organisation in jeder Saison herausbringt, ist sensationell – auch wenn die Insassen von der Abstammung alle erstklassig sind.
Caravaggio heißt der nächste Überkandidat. Wie er im Commonwealth Cup über kurze 1200 Meter beschleunigte und leicht an Harry Angel und Blue Point vorbeizog, das war atemberaubend. Der Zweite (der besonders) und der Dritte sind ganz tolle Pferde. Doch sie waren keine Gegner. „Er ist das schnellste Pferd, das ich je trainiert habe“, sagt O’Brien über Caravaggio – noch schneller etwa als seine bisherigen Top-Sprinter Mozart und Stravinsky.

Barney Roy in den St. James’s Palace Stakes
Nicht immer siegt ein klarer O’Brien-Favorit. Manchmal gibt es sogar Ausnahmen, manchmal triumphiert sogar Godolphin. Barney Roy gewann in den blauen Farben vor dem O’Brien-Insassen Lancaster Bomber, der gemeinte Kandidat Churchill nahm sich hingegen eine Auszeit nach seinen Triumphen in den englischen und irischen Guineas. Allerdings: Barney Roy ist ebenfalls ein ganz tolles Pferd. Wenigstens da lag der Kolumnist mal richtig.

Big Orange im Gold Cup
Für viele Traditionalisten ist der Gold Cup über lange 4014 Meter das Rennen des Festivals. Weil oftmals Pferde vorne sind, die schon länger dabei sind. Big Orange passt in diese Kategorie. Sechs Jahre alt ist der Wallach inzwischen, im Gold Cup 2017 machte er sein Meisterstück. Wieder auf die harte Art von der Spitze aus: Der Schützling von Trainer Michael Bell wehrte tapfer die Angriffe des Favoriten Order Of St. George (natürlich aus dem O’Brien-Quartier) ab. Die Menge tobte und feierte den Sieger frenetisch.
Ryan Moore, der Jockey des Zweiten, musste nach dem Rennen einige Kritik einstecken, weil er den Vorjahressieger zu spät eingesetzt hätte. Je häufiger ich das Rennen sehe, desto mehr halte ich die Kritik für falsch. Big Orange wollte einfach gewinnen – basta. Order Of St. George wäre an diesem Tag niemals vorbeigekommen.



Dresscode für Royal Ascot. Ob sich das jemals ändern wird?

Lady Aurelia in den King’s Stand Stakes
2016 hatte Lady Aurelia die Queen Mary Stakes für sich entschieden. Damals war die amerikanische Stute zweijährig und deklassierte ihre Gegner von der Spitze aus. Wiederholung unmöglich? Von wegen – in den King’s Stand Stakes marschierte der „Speedball“ von Trainer Wesley Ward wieder von vorne und niemand konnte ihr folgen. Es war eine Vorstellung wie von einem anderen Stern.

Coronet in den Ribblesdale Stakes
Jockey Olivier Peslier begleitet mich gefühlt mein ganzes Turf-Leben lang. 1996 ritt er Borgia zum Erfolg im Deutschen Derby, es war mein erster getroffener Deutscher Derby-Sieger. Der Franzose ist einer der besten Jockeys aller Zeiten. Seine ganze Weltklasse demonstrierte er in den Ribblesdale-Stakes, als er mit Coronet – trainiert von John Gosden – auf den letzten Metern noch die Favoritin Mori niederkämpfte. Ein Finish der Extraklasse oder anders gesagt: Das entscheidende Tor in der 92. Minute.

Permian in den King Edward VII Stakes
Permian war meine Empfehlung für das Englische Derby. Dort lief es bekanntlich für den Schützling von Trainer Mark Johnston nicht so gut, der Kolumnist war danach ein wenig enttäuscht. Nichtsdestotrotz blieb der Hengst erste Wahl in dieser weniger anspruchsvollen Gruppe 2-Prüfung – bis ich mich kurz vor dem Rennen anders entschied und Best Solution aus dem Godolphin-Quartier von Saeed Bin Suroor wettete. Eine selten dumme Entscheidung: Permian wehrte von der Spitze aus alle Gegner ab, Best Solution lief schwach und unplatziert. Selber schuld.



Mittwoch, 14. Juni 2017
Fünf Fragen und Antworten zum Derby 2017
Wer sind die Favoriten für das Deutsche Derby am 2. Juli in Hamburg-Horn? Auch wenn das endgültige Starterfeld noch nicht feststeht und die Vorprüfung in Bremen aussteht, lässt sich schon manches sagen. Die Einschätzung des Handicappers gibt es hier.

Der Spruch des Tages kam von Renn-Kommentator Sven Wissel. „Mit einem Gruß ins Publikum marschiert er Richtung Derby“, sagte er und meinte Jockey Andreas Helfenbein. Dieser hatte gerade mit Colomano das Kölner Oppenheim-Union-Rennen, die wichtigsten deutsche Derby-Vorprüfung, gewonnen und dabei kurz die Faust gehoben. Damit ist der Hengst aus dem Stall von Markus Klug, der in den grün-schwarzen Farben des Stalles Reckendorf läuft, ein logischer Favorit für das Hamburger Mega-Rennen am ersten Juli-Sonntag.

Die Lehren des Union-Rennens
Es war ein großer Triumph für Trainer Markus Klug. Die ersten drei Platzierten kommen aus seinem Quartier und auch der Fünfte Shanjo steht unter seiner Obhut. Colomano war ein sicherer Sieger, zeigte guten Speed und hatte am Ende die größeren Reserven vor dem Röttgener Windstoß. Der Cacique-Sohn war immer etwas der Mumm von Trainer Klug, zumal er zuletzt in Krefeld und auch im Kölner Winterfavoriten schlechte Rennverläufe hatte.
Dahinter zeigte Windstoß nur eine Woche nach seinem unglücklichen Sturz in Hannover eine tadellose Leistung, den Gewinner konnte er jedoch nicht gefährden. Schon deutlicher waren die Abstände zu Northsea Star (deutlich gesteigert) und Warring States, der in München noch vor dem Dritten war. Trainer Andreas Wöhler nannte einige Gründe für den doch etwas enttäuschenden Lauf seines Schützlings. So viel liegt zwischen diesen Pferden nicht, in Hamburg könnte besonders Warring States wieder weiter vorne sein.
Die Enttäuschung war Monreal, der zu allem Überfluss auch noch der Tipp des Kolumnisten war. Schon vor dem Start gefiel mir der Peintre Celebre-Sohn nicht, weil er ziemlich unruhig wirkte. Diese Energie hätte er im Rennen gebraucht. Auch dort wirkte das Pferd aus dem Ullmann-Besitz wenig gereift – kein Wunder, es war erst der dritte Start. Schon früh musste sich Filip Minarik rühren, am Ende war er deutlich geschlagen. Letztendlich war die Form hinter zwei französischen Top-Pferden, die immerhin die Plätze 2 und 3 im französischen Derby belegt hatten, doch nicht so viel wert. Ganz abschreiben sollte man Monreal jedoch nicht. Im letzten Jahr floppte bekanntlich der hoch gehandelte Savoir Vivre aus dem gleichen Quartier in der Union, um dann im Derby als Zweiter zu glänzen.

Wiederholt sich die Geschichte für Andreas Helfenbein?
Auf dem Sieger saß Andreas Helfenbein, der den verletzten Adrie de Vries vertrat. Wenn de Vries wieder fit ist, wird er wahrscheinlich Colomano reiten. Damit droht dem wackeren Helfenbein ein ähnliches Schicksal wie vor drei Jahren, als er den Ritt auf dem späteren Derby-Sieger Sea The Moon an den französischen Weltklasse-Jockey Christophe Soumillon verlor. Das Leben eines Jockeys ist schon manchmal ziemlich hart. Der Kolumnist würde es allerdings Helfenbein gönnen, dass er mal einen guten Ritt im Rennen der Rennen hätte. Immerhin wird Markus Klug wahrscheinlich sechs Pferde satteln.

Andere Favoriten?
Knapp hinter Colomano rangiert Langtang im Derby-Wettmarkt. Sein Trainer heißt Andreas Wöhler, Mitbesitzer ist Klaus Allofs. Der Winterfavorit aus dem Vorjahr siegte zuletzt im Iffezheimer Derby-Trial. Aber so recht haut mich die Form nicht um, der Zweite Rebello hat gerade mal ein französisches Maidenrennen gewonnen. Auch wenn der Erfolg leichter ausfiel als es die Distanzen aussagten: Jockey Eduardo Pedroza tippte ihn nur mal kurz an und damit war das Rennen entschieden. An mangelndem Stehvermögen wird der Campagnologist-Sohn definitiv nicht scheitern.



Das Rennen in Hannover: Parviz gewinnt vor Sargas und Rosenpurpur. Windstoß stürzt unglücklich. Alle vier Pferde werden sich wahrscheinlich in Hamburg wiedertreffen.

Parviz triumphierte im Derby-Trial von Hannover. Der Hengst in den Farben des Vorjahres-Derbysiegers Isfahan hat sich in diesem Jahr stark verbessert, der Erfolg gegen Sargas und Rosenpurpur fiel letztlich sehr sicher aus. Handicapper Harald Siemen schätzte diese Form aber deutlich geringer ein als etwa die Leistungen von Colomano und Langtang. Zudem wertete der Sturz von Windstoß die Form ein wenig ab.

Außenseiter mit Chancen?
Kastano wird von einigen Leuten genannt, deren Meinung ich durchaus schätze. Zuletzt war das Pferd von Markus Klug zweimal Dritter in den Bavarian Classics und im Iffezheimer Derby Trail. Das war über jeweils 2000 Meter, dabei fehlte dem Frontrenner Kastano ein wenig die Spritzigkeit. Das könnte über die Distanz von 2400 Metern anders aussehen, denn über Stamina verfügt der Sohn des großen Stehers Nathaniel zweifellos.
Stehvermögen scheint auch die große Stärke von Rosenpurpur aus dem Schiergen-Quartier zu sein. Zuletzt war er Dritter in Hannover hinter Parviz und Sargas über 2200 Meter, dort machte er – wie in den Rennen zuvor -– seine beste Arbeit zum Schluss. Diese Formen reichen nicht, der Sohn des Epsom-Derbysiegers Pour Moi hat aber noch viel Luft nach oben. 2400 Meter sollten ihm außerdem entgegen kommen. Wenn das mit dem Derby nicht hinhaut, hätte Hans-Hugo Miebach, Patron des Gestütes Wittekindshof und langjähriger Präsident des Dortmunder Rennvereins, immer noch einen interessanten Kandidaten für das St. Leger in Dortmund.

Gäste aus dem Ausland?
Drei Kandidaten tauchen im Wettmarkt von Racebets auf, zwei davon kommen aus dem derzeit erfolgreicheren Zweig des Godolphin-Imperiums. Charlie Appleby trainiert sowohl Wolf Country als auch Alqamar. Wolf Country hatte die Nase in einem Listenrennen (2400 Meter) in Saint Cloud vorn und war danach Fünfter in den Dante Stakes (Gruppe 2) in York City. Mit diesen Vorleistungen sollte er auch in Hamburg mitmischen können.
Alqamar siegte zuletzt im Stile eines stark verbesserten Pferdes in einem Handicap der Klasse 4 in York. Diese Form reicht noch nicht, aber Potenzial nach oben ist da. Dritter Gast ist der noch sieglose Humble Hero aus dem Stall von William Haggas. Der Trainer verdient immer Beachtung, der Hengst ist jedoch noch sieglos nach zwei zweiten Plätzen in Haydock und Lingfield. Immerhin war er zweimal nur knapp geschlagen.