Freitag, 28. Juli 2017
Idaho kann überraschen
So lange ist das noch gar her, die Zeit der deutschen Triumphe in den King George VI and Queen Elizabeth Stakes in Ascot: 2013 siegte überlegen Novellist, 2012 behielt die Arc-Heldin Danedream in einem tollen Kampf gegen Nathaniel die Oberhand. Ich bin zwar nicht gerade patriotisch, aber es wäre dennoch schön, wenn es in Deutschland mal wieder ein Pferd geben würde, dass in solchen Rennen mitmischen könnte. 2017 ist eine dreijährige Stute aus dem Quartier von John Gosden die klare Favoritin in diesem Traditionsrennen über 2414 Meter. Starter und Chancen im King George 2017. Der Boden in Ascot ist derzeit gut bis weich, bis Samstag werden weitere Regenfälle erwartet. Es könnte also weich werden.

1. Desert Encounter (Trainer David Simcock / Jockey Sean Levey): Überraschte als 51:1-Chance mit Platz 3 in den Gruppe 1-Eclipse Stakes, aber ohne Chance auf den Sieg. Ein gut gesteigerter Aufsteiger aus der Handicap-Klasse, der gerne von hinten kommt. Der Halling-Sohn kann die Distanz und den Boden, ein Erfolg in den King George wäre aber persönliche Bestleistung.

2. Highland Reel (Trainer Aidan O’Brien / Jockey Ryan Moore): Aktuell eines der besten älteren Pferde über längere Strecken und der Vorjahressieger des King George. Globetrotter, der die schwache Leistung zum Saisonauftakt in Meydan schnell korrigierte und danach zweimal imponierend siegte. 2400 Meter sollten ihn noch besser zur Geltung kommen lassen. Einziges kleines Fragenzeichen ist der Boden. Auf gut bis weichem Boden war er immerhin mal Zweiter in den Hardwicke Stakes 2016, eine halbe Länge hinter Dartmouth.

3. Idaho (Trainer Aidan O’Brien / Jockey Seamie Heffernan): Der Halbbruder von Highland Reel. Sehr überzeugender Sieg in den Hardwicke Stakes (Gruppe 2) über 2400 Meter. Das sah noch nach mehr aus, obwohl er schon dreijährig gute Formen (unter anderem Zweiter im Englischen Derby) aufweisen konnte. Auf schwerem Boden schon platziert hinter dem späteren Derby-Sieger Harzand, der ihn dann auch in Epsom besiegte.



Danedream siegt knapp gegen Nathaniel 2013 – eine der größten Momente des deutschen Turfs. 2017 wird die Nathaniel-Tochter Enable in der Favoritenrolle stehen.

4. Jack Hobbs (Trainer John Gosden / Jockey William Buick): Enttäuschte zuletzt als Favorit in den Prince of Wales’s Stakes in Ascot, davor aber überzeugender Sieger in den Dubai Sheema Classics. 2016 war der Hengst lange verletzt, 2015 immerhin irischer Derbysieger und Zweiter im Epsom-Klassiker hinter dem grandiosen Golden Horn. Ein wenig die Wundertüte im Rennen, nach Bestform kann er so etwas. Der weiche Boden sollte ihm nutzen.

5. Maverick Wave (Trainer John Gosden / Jockey Graham Lee): Gruppe 3-Sieger, der auch weichen Boden kann, aber selbst nach Bestform überfordert und wahrscheinlich Tempomacher für Jack Hobbs.

6. My Dream Boat (Trainer Clive Cox / Jockey Adam Kirby): Sehr solides Pferd, das zuletzt immer ordentlich lief, aber nie gewann. Größter Erfolg war der erste Platz in den Prince of Wales’s Stakes 2016, wo er die spätere Arc-Siegerin Found schlug. Kann weichen Boden, gewann aber noch nie über 2400 Meter. Es gibt aussichtsreichere Kandidaten.

7. Ulysses (Trainer Sir Michael Stoute / Jockey Jim Crowley): Famoser Sieger zuletzt in den Gruppe 1-Eclipse Stakes, der Galileo-Sohn aus einer Oaks-Ersten hat in diesem Jahr noch einmal einen Sprung gemacht. Wenn das Rennen über 2000 Meter wäre, wäre er mein Tipp. Aber 2400 Meter in der Top-Klasse könnten sein Stehvermögen doch arg strapazieren. Auf gut-weichem Boden bereits erfolgreich.

8. Sixties Song (Trainer Alfredo Gaitan / Jockey Gerald Mosse): Zweifacher Gruppe 1-Sieger aus Argentinien, kann die Distanz und den Boden, aber dennoch nur klarer Außenseiter. Aber ein schöner Farbtupfer. „Ich fühle mich wie ein Kind in Disneyland“, sagte der Sohn des Trainers über Ascot und seine Möglichkeiten.

9. Benbatl (Trainer Saeed Bin Suroor / Jockey Oisin Murphy): Wenig geprüfter Dreijähriger aus dem Godolphin-Imperium, zuletzt Sieger in den Gruppe 3-Hampden Court Stakes. Auch die Leistungen im Epsom Derby (5.) und den Dante Stakes (5.) waren nicht verkehrt. Sollte noch Reserven haben, aber das King George könnte (noch) eine Nummer zu groß sein.

10. Enable (Trainer John Gosden / Jockey Frankie Dettori): 2014 triumphierte John Gosden mit der dreijährigen Stute Taghrooda im King George, Enable soll ihr folgen. Zweimal distanzierte die Stute ihre Altersgenossinnen in den englischen und irischen Oaks. Das hatte schon einen Hauch von Frankel. Zweifellos eine grandiose Stute, weicher Boden ist allerdings Neuland. Und gegen die großen Jungs wird das trotz des günstigen Gewichts nicht so einfach.

Urteil
Enable gewann ihre bisherigen Rennen im Stile eines Ausnahmeathleten. Sie wird das zu schlagende Pferd sein und hat Gewichtsvorteile als dreijährige Stute, aber gegen etablierten Gruppe 1-Renner auf wahrscheinlich weichem Boden spiele ich keine 21:10-Favoritin. Highland Reel ist ein Muster an Konstanz und Härte, der erstmal besiegt werden muss. Jack Hobbs ist deutlich besser als sein letzter Flop. Ich versuche es trotzdem mal mit Idaho, der längst noch nicht alle Karten aufgedeckt hat.



Mittwoch, 19. Juli 2017
Erinnerungen an fünf große Sprinter
Es war das Rennen des letzten Wochenendes. Und am Ende hatte nicht der schon als neues Wunderpferd gehandelte Caravaggio im July Cup über schnelle 1200 Meter in Newmarket die Nase vorn, sondern der genauso begabte Harry Angel. „Er wurde an diesem Tag zum Mann“, verkündete sein glücklicher Trainer Clive Cox nach dem Rennen. Der dreijährige Harry Angel ließ nicht nur den Altersgenossen Caravaggio hinter sich, sondern schlug auch die besten älteren Pferde wie Limato, Tasleet und The Tin Man. Faszinierender Stoff sind diese Sprints – und für diese Seite, Anlass an fünf Top-Sprinter der Vergangenheit zu erinnern. Die Auswahl ist keine Rangliste, sondern eben gnadenlos subjektiv.

Borderlescott (Trainer Rob Bastiman, später Rebecca Bastiman, lief von 2004 bis 2015, 85 Starts, 14 Siege, zweimal Gruppe 1, Gewinnsumme 791.949 Pfund)
Einer meiner absoluten Favoriten. In seinen besten Zeiten war Borderlescott ein ungemein beständiges Pferd, das sowohl in den großen Handicaps als auch in Gruppe-Rennen eine scharfe Klinge schlug. Zudem war er ein typisches Beispiel für einen Sprinter, der aus einem kleinen Stall kam, nicht gerade eine adelige Abstammung hatte und dennoch die Rennwelt entzückte. Für Trainer Rob Bastiman war er das mit Abstand beste Pferd, das er je trainiert hatte.
Besonders stolz war Bastiman über den doppelten Erfolg in den Gruppe 1-Nunthorpe Stakes in York, quasi in der Heimat des Trainers aus der Grafschaft Yorkshire. Allerdings triumphierte Borderlescott beim ersten Nunthorpe in Newmarket, weil der Rennkurs York sein damaliges Meeting absagen musste.
Der Kolumnist erinnert sich zudem besonders an den zweiten Platz im 2007 Stewards Cup in Goodwood. Damals verfolgte ich in der Buchmacher-freien Stadt Nürnberg manchmal Rennen in einem Internet-Cafe im dortigen Hauptbahnhof. Mein Jubel schallte durch das ganze Cafe, weil ich dachte, den Sieger in dieser 30-Pferde-Mammutprüfung getroffen zu haben. Nur die Stewards in Goodwood waren anderer Meinung, setzten Borderlescott auf den zweiten Platz hinter Zidane. Noch heute bin ich der Meinung, sie lagen falsch.

Choisir (Trainer Raul Perry, lief von 2001 bis 2003, 23 Starts, 7 Siege, davon zweimal Gruppe 1, Gewinnsumme 889.182 Pfund).
Es war einer dieser Turf-Momente, die einem sofort wieder einfallen, wenn man darauf gestoßen wird. Die Racing Post hatte im Vorfeld von Royal Ascot 2017 an glorreiche Momente der Vergangenheit erinnert und dabei den historischen Doppel-Erfolg von Choisir 2003 nicht vergessen. So recht hatte man den bulligen Sprinter aus Australien nicht auf der Rechnung, zumal er in den King’s Stand Stakes auch noch mehr Gewicht dank eines Gruppe 1-Sieges in der Heimat tragen musste.
Doch Choisir war das völlig egal, fand mit Jockey Johnny Murtagh den Platz an den Rails und marschierte dann von vorne los. Keiner konnte ihm folgen, hinter dem Australier folgten die englischen Top-Sprinter Acclamation und Oasis Dream (heute übrigens zwei sehr erfolgreiche Deckhengste). Das war der erste australische Erfolg auf englischem Turf und vier Tage später wurde es noch besser in den 200 Meter längeren Golden Jubilee Stakes. Das gleiche Spiel: Choisir marschierte erneut von vorne und triumphierte. Der Kolumnist ärgerte sich noch heute, dass er damals nicht den Sieger zu lukrativen Odds gewettet hatte. Danach sah Royal Ascot eine wahre Invasion brillanter Sprinter aus Australien – Miss Andretti, Scenic Blast, Takeover Target und zuletzt Black Caviar feierten alle schöne Erfolge.
Choisir gehörte schon in Australien zur Elite der Sprinter, siegte unter anderem in den Lightning Stakes (Gruppe 1) in Flemington. Seine Abschiedsvorstellung gab er im July Cup in Newmarket, dort unterlag er Oasis Dream. Später war er ein sehr erfolgreicher Deckhengst für Coolmore.



„The Aussie gone do it“ – Choisir deklassiert das hochklassige Feld in den King’s Stand Stakes in Royal Ascot

Lochsong (Trainer Ian Balding, lief von 1991 bis 1994, 27 Starts, 15 Siege, davon drei Gruppe 1-Erfolge, Gewinnsumme 600.888 Pfund)
Es muss 1993 oder 1994 gewesen. Damals war ein Samstag ohne Racing Post kein guter Tag, das Blatt konnte man zu dieser Zeit – wenn es denn in Deutschland ankam – beim Buchmacher Schickle in Dortmund kaufen. Und irgendwann lief mal Lochsong, die beste Sprinterin dieser Zeit. „Speed Queen“ nannte man sie und die Racing Post widmete ihr eine wahre Eloge. Das war kein Wunder, die Tochter des mir völlig unbekannten Deckhengstes Song war pures Dynamit auf vier Beinen.
Sie debütierte erst relativ spät mit drei Jahren, gewann sogar mal über 1400 Meter, doch ihre wahre Idealdistanz waren kürzere Wege. 1992 machte die Stute erstmals richtig Furore, als sie drei große Sprints-Handicaps in Serie gewann – den Stewards Cup in Goodwood, den Portland Cup in Doncaster und den Ayr Gold Cup. Eine großartige Leistung, denn in diesen Prüfungen laufen bis zu 30 Pferde und alle wollen gewinnen. Doch Lochsong wurde noch besser, siegte in neun Stakes-Rennen, darunter zwei Mal im Prix de L’Abbaye in Longchamp. Meistens gewann sie von der Spitze aus, besonders mit Frankie Dettori, damals am Anfang seiner großen Karriere, bildete die Stute ein großartiges Team.



Einzigartiger Handicap-Hattrick: Lochsong triumphiert im Ayr Gold Cup. Von der Spitze aus galoppiert sie ihre Gegner in Grund und Boden.

Overdose (Trainer Sandor Ribarski, später Jozef Roszival, lief von 2007 bis 2011, 19 Starts, 16 Siege, Gewinnsumme 206.214 Pfund)
„The Budapest Bullet“ beindruckte auch den Kolumnisten ungemein. Es war die klassische Geschichte vom Aschenputtel zum Märchenprinzen, die ganze Story kann man hier nachlesen. Ein Pferd aus dem Turf-Entwicklungsland Ungarn rockte die Turfgemeinde: Beim ersten Start in Deutschland hallte dem ungeschlagenen Overdose schon ein großer Ruf bevor, der überlegene Sieg im Badener Lanson Cup, dem Scherping-Rennen, bestätigte das eindrucksvoll. Danach schlug er die besten deutschen Sprinter in Hamburg und Baden-Baden, immer von der Spitze aus. 14 Rennen nacheinander blieb der Starborough-Sohn ungeschlagen. Nur der größte Triumph war keiner: Overdose gewann im Oktober 2008 den Prix De L'Abbaye (Gr. I) in Paris-Longchamp. Wegen eines angeblichen Fehlstarts wurde das Rennen aber am Ende der Karte noch einmal gelaufen. Nur diesmal fehlte der Hengst.
Dennoch wählten die Ungarn ihn 2008 zu ihrem Sportler des Jahres. Doch dann plagten ihn Hufprobleme, ein Trainerwechsel folgte. Overdose zeigte zwar noch gute Leistungen, aber der Zauber war irgendwie verflogen. 2011 hörte der Hengst auf, 2015 starb Overdose, der als Deckhengst im Gestüt Lindenhof wirkte, an einer Kolik.



Der Sieg, der keiner war: Overdose im Prix De L’Abbaye 2008

Sole Power (Trainer Edward Lynam, lief von 2009 bis 2016, 65 Starts, 12 Siege, davon 5 mal Gruppe 1, Gewinnsumme 2.103.813 Pfund)
Sein Stern ging 2010 in den Nunthorpe Stakes in York auf. 1000 Meter auf gut bis festem Boden, das waren optimale Bedingungen für Sole Power. Doch das wussten damals höchstens Trainer Edward Lynam und sein Team. Dem Wallach war das egal, er schockte als 100:1-Chance die Konkurrenz in dieser Gruppe 1-Prüfung und gewann sicher gegen den Favoriten Starspangledbanner.
Der Erfolg war kein Zufall, Sole Power entwickelte sich zu einem der besten Sprinter seiner Zeit, er brachte Trainer Lynam quasi „auf die Landkarte“. In fünf Gruppe 1-Prüfungen hatte er die Nase vorn, kam gerne vom Ende des Feldes. Manchmal war das eine komplizierte Sache, die Lücke zu finden. Man schaue nur auf das Video unten, der Lauf von Sole Power in den King’s Stand Stakes in Ascot. Aber dieser Speed ist einfach nur gigantisch.




Donnerstag, 6. Juli 2017
Narzisst, Wohltäter und Steuersünder
Die Biografie „Alles auf Rot“ von Juan Moreno analysiert wortgewaltig die Persönlichkeit des Bayern-Managers Uli Hoeneß – ein Typ mit vielen Facetten. Auch wenn nicht alle Informationen neu sind, lohnt sich die Lektüre durchaus.

Der Typ polarisiert. Uli Hoeneß ist einer der bekanntesten Figuren des deutschen Fußballs. Dass der FC Bayern München der erfolgreichste deutsche Fußball-Verein geworden ist, liegt maßgeblich an den Qualitäten seines langjährigen Managers und Spielers. Dafür hat Hoeneß auch den Respekt seiner Gegner. Andererseits mögen viele diesen „Raubtier-Kapitalismus“ nicht, mit dem er den FC Bayern München großmachte.
Der Bayern-Manager wirkte oft wie ein Getriebener, der Geld und Erfolg mit allen Mitteln anstrebte. Für den Erfolg seines FC Bayern macht er alles, beschimpfte Konkurrenten, Fans und Journalisten oftmals auf schlimmste Weise. Andererseits hat sich Hoeneß auch den Ruf des „guten Menschen von der Säbener Straße“ redlich verdient. Denn Freunde und Bekannte, denen es nicht gut ging, hat er immer geholfen, viele soziale Projekte unterstützte er ohne großes Brimborium.



Dabei veränderte sich sein Image, so Biograph Juan Moreno, in den letzten Jahren stetig. Vom eiskalten Bayern-Manager mit miesem Image in der Liga zum „feinsten Kerl der Liga“ (Süddeutsche Zeitung) letztlich zum „größten Helden aller Zeiten“ (die Münchner Boulevardzeitung tz). Die Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung und der anschließende Prozess zerstörten das Heldenbild. Das Landgericht verurteilte den Bayern-Manager, weil er Steuern von mindestens 28,5 Millionen Euro hinterzogen hatte. Wahrlich keine Peanuts.
Das ist allemal Stoff für eine spannende Biografie. Nun gibt es über den FC Bayern und Uli Hoeneß bereits einiges an Bücher. Nichtssagende und Gute – an „Gute Freunde - die wahre Geschichte des FC Bayern“ von Thomas Huetlin kommt Morenos Buch nicht ganz heran.

Ein Mann mit vielen Gesichtern
Auch bei Huetlin spielt Hoeneß eine wichtige Rolle. Dort kommt er nicht immer gut weg, wirkt oftmals wie ein überehrgeiziger Streber. Moreno ist da durchaus differenzierter, vermittelt ein vielseitigeres Bild. Ohne in große Ehrfurcht zu verfallen.
Was macht diesen Typen Hoeneß so interessant? Moreno versucht sich der Persönlichkeit des Metzger-Sohnes mit Hilfe verschiedener Unterpunkte zu nähern. Ehrgeiz, Glück, Geld, Wille, Aufstieg, Macht, Fall – das Leben und die Persönlichkeit des Ulrich Hoeneß in Happen. Diese Gliederung ist durchaus sinnvoll und gibt dem Werk Struktur. Leser, die jedoch eine ausführliche Beschäftigung mit der Steuerhinterziehung erwarten, werden enttäuscht sein. Dieses Thema wird nur im letzten Abschnitt behandelt.
Spiegel-Mann Juan Moreno, früher auch bei der Süddeutschen Zeitung, ist ein brillanter und wortgewaltiger Schreiber. Manchmal wirkt die Sprache ein wenig zu sehr selbstverliebt, destodestotrotz ist „Alles auf Rot“ eine spannende Lektüre. An manchen Stellen hat die Lektüre den Kolumnisten so gefesselt, dass er regelrecht die Zeit vergaß.
Moreno sieht Hoeneß durchaus zwiespältig. Manchmal schimmert Sympathie durch, manchmal aber auch Unverständnis. Aber platt wirkt die ganze Geschichte nie. In seinem Resümee vergleicht der Autor Hoeneß mit einem Narzissten. „Narzissten treten meist arrogant und angriffslustig auf, können aber durchaus angenehme Menschen sein“, schreibt Moreno. „Im Innern sind sie eitle, größenwahnsinnige Egoisten, die sehr empfindlich auf Kritik reagieren.“ Vieles davon treffe auf Hoeneß zu. „Narzissten sind oft charmant und liebenswert.“ Sie benötigen Anerkennung und neigen, Freundschaften zu manipulieren. …. „Ohne eine gehörige Portion Narzissmus wird man vermutlich nicht der beste Fußball-Manager, den es je in Deutschland gegeben hat“, bilanziert Moreno.

Fazit: Nicht alles ist neu, aber eine durchaus spannende Annäherung an die Persönlichkeit des Uli Hoeneß.