Narzisst, Wohltäter und Steuersünder
Die Biografie „Alles auf Rot“ von Juan Moreno analysiert wortgewaltig die Persönlichkeit des Bayern-Managers Uli Hoeneß – ein Typ mit vielen Facetten. Auch wenn nicht alle Informationen neu sind, lohnt sich die Lektüre durchaus.

Der Typ polarisiert. Uli Hoeneß ist einer der bekanntesten Figuren des deutschen Fußballs. Dass der FC Bayern München der erfolgreichste deutsche Fußball-Verein geworden ist, liegt maßgeblich an den Qualitäten seines langjährigen Managers und Spielers. Dafür hat Hoeneß auch den Respekt seiner Gegner. Andererseits mögen viele diesen „Raubtier-Kapitalismus“ nicht, mit dem er den FC Bayern München großmachte.
Der Bayern-Manager wirkte oft wie ein Getriebener, der Geld und Erfolg mit allen Mitteln anstrebte. Für den Erfolg seines FC Bayern macht er alles, beschimpfte Konkurrenten, Fans und Journalisten oftmals auf schlimmste Weise. Andererseits hat sich Hoeneß auch den Ruf des „guten Menschen von der Säbener Straße“ redlich verdient. Denn Freunde und Bekannte, denen es nicht gut ging, hat er immer geholfen, viele soziale Projekte unterstützte er ohne großes Brimborium.



Dabei veränderte sich sein Image, so Biograph Juan Moreno, in den letzten Jahren stetig. Vom eiskalten Bayern-Manager mit miesem Image in der Liga zum „feinsten Kerl der Liga“ (Süddeutsche Zeitung) letztlich zum „größten Helden aller Zeiten“ (die Münchner Boulevardzeitung tz). Die Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung und der anschließende Prozess zerstörten das Heldenbild. Das Landgericht verurteilte den Bayern-Manager, weil er Steuern von mindestens 28,5 Millionen Euro hinterzogen hatte. Wahrlich keine Peanuts.
Das ist allemal Stoff für eine spannende Biografie. Nun gibt es über den FC Bayern und Uli Hoeneß bereits einiges an Bücher. Nichtssagende und Gute – an „Gute Freunde - die wahre Geschichte des FC Bayern“ von Thomas Huetlin kommt Morenos Buch nicht ganz heran.

Ein Mann mit vielen Gesichtern
Auch bei Huetlin spielt Hoeneß eine wichtige Rolle. Dort kommt er nicht immer gut weg, wirkt oftmals wie ein überehrgeiziger Streber. Moreno ist da durchaus differenzierter, vermittelt ein vielseitigeres Bild. Ohne in große Ehrfurcht zu verfallen.
Was macht diesen Typen Hoeneß so interessant? Moreno versucht sich der Persönlichkeit des Metzger-Sohnes mit Hilfe verschiedener Unterpunkte zu nähern. Ehrgeiz, Glück, Geld, Wille, Aufstieg, Macht, Fall – das Leben und die Persönlichkeit des Ulrich Hoeneß in Happen. Diese Gliederung ist durchaus sinnvoll und gibt dem Werk Struktur. Leser, die jedoch eine ausführliche Beschäftigung mit der Steuerhinterziehung erwarten, werden enttäuscht sein. Dieses Thema wird nur im letzten Abschnitt behandelt.
Spiegel-Mann Juan Moreno, früher auch bei der Süddeutschen Zeitung, ist ein brillanter und wortgewaltiger Schreiber. Manchmal wirkt die Sprache ein wenig zu sehr selbstverliebt, destodestotrotz ist „Alles auf Rot“ eine spannende Lektüre. An manchen Stellen hat die Lektüre den Kolumnisten so gefesselt, dass er regelrecht die Zeit vergaß.
Moreno sieht Hoeneß durchaus zwiespältig. Manchmal schimmert Sympathie durch, manchmal aber auch Unverständnis. Aber platt wirkt die ganze Geschichte nie. In seinem Resümee vergleicht der Autor Hoeneß mit einem Narzissten. „Narzissten treten meist arrogant und angriffslustig auf, können aber durchaus angenehme Menschen sein“, schreibt Moreno. „Im Innern sind sie eitle, größenwahnsinnige Egoisten, die sehr empfindlich auf Kritik reagieren.“ Vieles davon treffe auf Hoeneß zu. „Narzissten sind oft charmant und liebenswert.“ Sie benötigen Anerkennung und neigen, Freundschaften zu manipulieren. …. „Ohne eine gehörige Portion Narzissmus wird man vermutlich nicht der beste Fußball-Manager, den es je in Deutschland gegeben hat“, bilanziert Moreno.

Fazit: Nicht alles ist neu, aber eine durchaus spannende Annäherung an die Persönlichkeit des Uli Hoeneß.