Es ist das große Spektakel am zweiten Tag des Cheltenham-Festivals: Die Queen Mother Champion Chase richtet sich quasi an die „Sprinter“ unter den Hindernispferden, denn es geht über die Minimum-Distanz von zwei Meilen. Die Prüfung ist eine der aufregendsten des ganzen Festivals, in der sowohl Tempo als auch Sprungsvermögen entscheidend sind. Das sind die wichtigsten Protagonisten in diesem Jahr.
Der Thriller aus dem Jahr 1994: Viking Flagship schlägt Travado und Deep Sensation in einem Herzschlag-Finale
Big Zeb: Der Sieger von 2010, der im letzten Jahr seinen „England-Fluch“ beendete und unter anderem den hohen Favoriten Master Minded hinter sich ließ. Der Wallach aus dem Stall von Colm Murphy hatte in Irland schon immer gute Formen gezeigt, nur in England lief er schwach oder fiel. Die gute Form aus Cheltenham setzte er danach fort: Drei Siege und ein zweiter Platz lautet die Bilanz. Zuletzt war er auf weichem Boden knapp hinter dem Erzrivalen Golden Silver, den er zuvor aber drei Mal besiegt hatte.
Captain Cee Bee: Der Sohn des auch in Deutschland bestens bekannten Germany steht bei manchen Buchmachern erstaunlich tief. Immerhin ist Captain Cee Bee bereits Cheltenham Festival Sieger (Supreme Novices 2008 gegen Binocular). 2010 war er weit geschlagen im Arkle (wo er Favorit war), gewann danach noch in Punchestown und im Oktober eine Grade 3-Chase in Naas. Gegen die irischen „Big Boys“ Big Zeb und Golden Silver war er allerdings in Leopardstown chancenlos, sprang dort auch nicht gut. Seine Umgebung zeigte sich danach aber wenig enttäuscht.
Golden Silver: Der Erzrivale von Big Zeb, den er in Punchestown endlich einmal schlagen konnte. Ansonsten liegt Golden Silver im direkten Duell aber 1:4 hinten gegen den Murphy-Schützling. Sehr konstante Form in Irland, zuletzt drei Siege in Serie, doch trifft er in Cheltenham nicht nur auf Big Zeb, sondern auf weitere schwere Gegner. Was mich etwas stört, ist die Tatsache, das er bereits sechs Saisonstarts hinter sich hat. Der Wallach mag schweren oder weichen Boden (denn er wahrscheinlich nicht antreffen wird), zudem waren seine bisherigen Leistungen in Cheltenham schwach.
Master Minded: Erst acht Jahre und damit für ein Jagdpferd wahrlich nicht alt, aber schon zweifacher Sieger dieser Prüfung. Im letzten Jahr war der Wallach aus französischer Zucht hoher Favorit in der Champion Chase, doch enttäuschte er erstmals und wurde nur Vierter. Die Kernfrage ist: Hat Master Minded noch die alte Klasse? Er ist einer der besten Springer, die ich kenne, aber vielleicht ist sein Leistungsvermögen nicht mehr ganz so herausragend. Dennoch ist seine Form in dieser Saison tadellos – drei Starts, drei Siege und jedes Mal konnte er gefallen. Zuletzt musste er aber gegen Somersby reichlich kämpfen.
Sizing Europe: Der nächste irische Herausforderer, schon Bahn- und Distanzsieger, weil er im letzten Jahr den Arkle knapp gegen Somersby gewann. In dieser Saison versuchte es Trainer Henry De Bromhead zuerst über längere Distanzen, heraussprang unter anderem ein ehrenvoller zweiter Platz hinter dem großen Kauto Star über drei Meilen. Doch zuletzt ging es wieder über zwei Meilen und da war Sizing Europe deutlich hinter Golden Silver und Big Zeb. Schwer vorstellbar, dass er diese Form dreht.
Somersby: Die Form aus Ascot hinter Master Minded, als er diesen beinahe noch abgefangen hätte, sah sehr gut aus. Das war über eine zweihundert Meter längere Distanz als in der Champion Chase, aber in Cheltenham ist es nie verkehrt, wenn Pferde eine etwas längere Distanz können. Im letzten Jahr lief Somersby ein großes Rennen im Arkle, als der Zielpfosten genau richtig für Sizing Europa stand. Der Wallach braucht zudem ein schnelles Rennen und das wird er in Cheltenham bekommen.
Einst feierte Trainerin Henrietta Knight große Erfolge mit dem Gold Cup-Sieger Best Mate, doch in letzter Zeit war es etwas ruhig um die Trainerin. Somersby ist ihre beste Chance seit langer Zeit auf einen Festival-Sieger.
Woolcombe Folly „Eines der am meisten verbesserten Pferde im Training“, sagt sein Trainer Paul Nicholls über Woolcombe Folly. Der Wallach verlor erst einmal (bei fünf Starts) über die schweren Sprünge, das war aber ausgerechnet im letzten Arkle als Letzter. Danach aber eine makellose Bilanz und besonders die letzte Form aus Cheltenham unter Höchstgewicht gegen gestandene Handicapper war einiges wert. Den letzten Start verpasste Woolcombe Folly wegen Hustens, doch jetzt ist laut Nicholls wieder alles in Ordnung. Dennoch ist die Champion Chase für den Sohn von Presenting ein ziemlicher Leistungssprung, so guter Gegner traf er noch nie. Und dafür ist mir ein Kurs von 7:1 zu wenig.
Urteil
Normalerweise ist Somersby eines dieser Pferde, auf die ich traditionell Geld verliere. Zu viele zweite Plätze in seiner Formbilanz, die Trainerin hat derzeit eine mäßige Erfolgsquote und vielleicht überschätze ich auch seine Ascot-Form: Aber das Pferd von Henrietta Knight ist die Alternative zu den „Big Guns“ Master Minded und Big Zeb zu lukrativeren Odds.
Das Nonplusultra der Liga - Das war wohl das letzte Ausrufezeichen in Richtung Titel. 3:1 gewann Borussia Dortmund am Samstag im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga gegen Bayern München – und selten trat eine Gastmannschaft dominanter als der BVB in der Allianz-Arena auf. „Es war ein Sieg der Klopp’schen Taktik des aggressiven, laufintensiven Überfallfußballs über das ballsichernde Pass- und Positionsspiel van Gaal’scher Prägung“, analysierte der kicker. „Dortmund war einfach das bessere Team – viel organisierter ohne Ball, viel direkter mit Ball – und verdiente den Sieg“, schlussfolgerte die (sehr empfehlenswerte) Taktik-Seite Zonal Marking.
Es war einfach eine grandiose Leistung in einem fantastischen Spiel. Dieses junge BVB-Team mit ihrem klugen Trainer ist nicht nur technisch und taktisch in diesem Jahr das Nonplusultra der Liga. Es ist dieses ungemeine Selbstvertrauen, was das Team auszeichnet. Da fährt man zum Rekordmeister, der Übermannschaft des deutschen Fußballs seit ewigen Zeiten, der am Mittwoch noch in der Champions League gegen Inter Mailand überzeugte – und Dortmund dominiert von Beginn an in der Allianz-Arena, schickt die Bayern von einer Verlegenheit in die nächste. Und gibt die entsprechenden Antworten auf die forschen Sprüche des FC Bayern vor dem Spiel.
Schufterei: Eider Handicap Chase in Newcastle, das wichtigste Rennen der Hindernissaison auf dem Bahn im englischen Norden. Der Sieger Companero rettet sich müde ins Ziel; der Zweite Giles Cross hüpft 30 Längen hinter dem Sieger mit großer Mühe über das letzte Hindernis und „geht“ dann quasi über die Ziellinie; der Dritte Morgan Be war schon angehalten, doch weil es für den dritten Platz noch 2760 Pfund Preisgeld gibt, bugsiert ihn Jockey Richie Mc Grath in ganz gemächlichem Tempo über die Linie – 99 Längen hinter dem Zweiten. Nur drei der zwölf Starter beendeten das Rennen – der Rest wurde bereits vorher angehalten, zum Glück gab es keine Stürze und Verletzungen.
Dass die Pferde müde sind, ist verständlich: Hinter ihnen liegen fast 7 km, genau 6 639 Meter, auf schwerem Boden – und das Geläuf war an diesem Renntag richtig tief. Von einem „real slog through the mud“ spricht dann immer die englischen Fachpresse. Slog heißt auf deutsch „Schufterei“ – und dieser Ausdruck trifft es exakt. Nur schön ist das nicht.
Xi Teil 2: Manchmal gibt es Zufälle im Leben, die gibt es gar nicht. Samstagmorgen fahre ich mit der Dortmunder U-Bahn vom Einkaufen nach Hause. Neben mir sitzen zwei Frauen im so genannten „besten“ Alter, sehr gepflegt und sehr sorgfältig frisiert. Sie fahren Richtung Innenstadt und bekommen an der nächsten Haltestelle Gesellschaft von einer Bekannten. Die Frauen unterhalten sich und nachdem sie sich einig sind, dass es die besten Primeln auf dem Dortmunder Markt gibt, sagt die zugestiegene Frau, dass sie morgen nach Neuss fährt, weil dort ihr Pferd läuft. Schlagartig wache ich aus meiner Samstagmorgen- U-Bahn-Lethargie auf.
„Darf ich mal fragen, wie Ihr Pferd heißt?“ Ich bin jetzt richtig neugierig. „Xi“, antwortet sie – das Pferd gehört allerdings nicht ihr, sondern ihrem Sohn. Ich falle fast vom Sitz, weil ich über diesen Vollblüter ja zuletzt ausführlich auf diesen Seiten geschrieben habe. Es ist eben eine Seltenheit, dass ein deutscher Trainer ein Pferd auf der Insel sattelt. Nur dummerweise gab es zu viele Bewerber für die Cleves Stakes in Lingfield, Xi fiel aus dem Rennen. „Der sollte doch eigentlich in Lingfield laufen“, sage ich. „In England, in der Nähe von London“ antwortet sie. „Lingfield - sage ich doch“. Ihre Freundinnen gucken mich an, als wenn ich ein Wesen von einem anderen Stern wäre.
Ich muss leider an der nächsten Station aussteigen. „Dann mal viel Glück für Neuss. Ich habe zwar keine Ahnung, in was für einem Rennen Xi läuft, aber in Deutschland auf Sand gibt es für ihn doch keine Gegner“, sage ich zum Schluss. Sie bedankt sich für meine guten Wünsche, ihre Freundinnen lachen und staunen weiter.
Meine guten Wünsche waren leider vergeblich: Xi floppt als heißer Favorit im Ausgleich 3 in Neuss, wird nur Vierter. Von wegen unschlagbar.
Normalerweise interessieren mich die Flachrennen auf der Allwetterbahn im englischen Lingfield nicht besonders, doch am Samstag um 15.40 Uhr mache ich da mal eine Ausnahme: Der Grund ist ein Rennpferd mit dem Namen Xi . Es wird trainiert auf der Rennbahn in Dortmund von Norbert Sauer und läuft am Samstag um 15:40 Uhr in den Clever Stakes, einem Listenrennen über 1200 Meter. Dotiert ist das Rennen mit 35 000 Pfund und dafür lohnt es sich, dass sich Sauer und Mitbesitzer Christian Bruer am Freitag ins Auto setzen und über Calais und Dover den Ort nördlich von London ansteuern. Mit dabei im Anhänger ist eben dieser Xi, am Jockey sollte es nicht scheitern: Im Sattel sitzt die grandiose Hayley Turner.
„Das ist natürlich eine große Herausforderung für das Pferd. Aber warum sollen wir es nicht einfach mal probieren“, sagte Sauer der Dortmunder Tageszeitung Ruhr-Nachrichten. Es ist der erste Starter des Trainers im Mutterland des Turfs, obwohl der 71jährige schon lange im Geschäft ist.
Warum sollte er auch nicht? Dreimal gewann der Hengst, der vorher in Ungarn gelaufen war, mit dem berühmten Finger in der Nase über 1200 Meter auf der Dortmunder Sandbahn. Das waren zwar nur Handicaps der Kategorien 3 und 4, aber Xi siegte wie ein Pferd, das noch einiges an Reserven hat. Jetzt geht es allerdings gegen gestandene englische Sprinter in einem Listenrennen. Am Mittwoch gab es noch 19 Nennungen für das Rennen. Ein Blick auf seine wahrscheinlich stärksten Gegner.
Hitchens (Racing Post Rating 117): Bahn- und Distanzsieger, bewährt in zahlreichen großen Sprinthandicaps auf der Insel. Der letzte Start war ein Erfolg im November in den Listed Golden Rose Stakes in Lingfield über 1200 Meter. Dort war der Schützling von Trainer David Barron bereits vor einigen Gegnern, die er am Samstag wieder trifft.
Angels Pursuit (RPR 127): Trainiert vom Championtrainer Richard Hannon, das Pferd mit dem höchsten Rating im Rennen. Siebter in dem von Hitchens gewonnenen Listenrennen, zuletzt Vierter in einem gut besetzten Handicap in Kempton, davor dort Sieger – jedoch beides Mal über 1400 Meter. Angels Pursuit war auch schon über 1200 Meter siegreich.
Arganil (RPR 119): Die Bilanz von acht Siegen bei 15 Starts auf Sand liest sich sehr gut, mehrfacher Listensieger auf diesem Belag. Aktuelle Form ist auch nicht schlecht.
Beauchamp Victory (RPR 124): Ein weiterer Allwetterspezialist, der aber auf längeren Strecken stärker einzuschätzen ist.
Brave Prospector (RPR 121): Gute Form bereits in diesem Jahr, war Dritter hinter Hitchens in den Golden Rose Stakes, auf Turf bereits platziert in Grupperennen.
Duff: (RPR 120): Neunjähriger Sprintveteran, bewährt in vielen Turf-Schlachten, zuletzt Rang 3 in den Sunbury Stakes (Listenrennen) in Kempton über 1400 Meter. Hat aber auch schon starke Formen über 1200 Meter gezeigt.
Five Star Junior (RRP 116): mehrfacher Bahn- und Distanzsieger, zuletzt erfolgreich auf dieser Bahn in einem gut besetzten Handicap. Davor Zweiter hinter Anne of Kiev, die er am Samstag aber deutlich im Gewicht ungünstiger trifft.
Anne of Kiev (RPR 117): Lingfield-Spezialistin, Form dort in fünf Starts 1-1-1-5-2, zuletzt erfolgreich gegen Five Star Junior, obwohl sie mehr Gewicht trug. Traf noch nie auf solche Gegner, der Sprung in die Listenklasse sollte aber möglich sein.
Nachtrag 25.2.: Jetzt startet Xi doch nicht in England. Der Grund dafür steht hier.