Donnerstag, 27. Februar 2014
Club-Fan bedeutet Leiden
Die Heimbilanz spricht eindeutig für den BVB. Der 1.FC Nürnberg gastiert am Samstag bei Borussia Dortmund – ein Traditionsverein mit ruhmreicher Vergangenheit und der Club genannt. Aber dieser Ruhm liegt schon lange Jahre entfernt. Heute freuen sich die Club-Anhänger, wenn ihr Verein im sicheren Bundesliga-Mittelfeld landet.



Hinterher konnte ich die Weisheiten des Hans Meyer nicht mehr ertragen. Von April 2006 bis Ende 2007 habe ich in Nürnberg gearbeitet und dort bei einer sehr netten älteren Dame zur Untermiete gewohnt. Die Küche teilten wir uns, das Radioprogramm bestimmte sie jedoch. So lief Radio F, der Sender für die reifere Jugend (aber immer noch besser als Antenne Bayern oder Bayern 3). Jedenfalls gab es dort eine Kolumne „der Meyer des Tages“; dort lief jeden Tag ein Bonmot des damaligen Club-Trainers.
Nun sind manche Sprüche von Hans Meyer durchaus witzig, aber irgendwann kann man es nicht mehr hören, weil es nicht mehr lustig ist. Jedenfalls war Meyer der ungekrönte König der Stadt – kein Wunder, hatte er den darbenden 1.FC Nürnberg doch zum Klassenerhalt geführt und später auf Platz 6 und zum DFB-Pokalsieg geleitet. Das erfreute den Club-Fan natürlich und einer der größten Bewunderer des Hans Meyer war der Sportchef der Nürnberger Nachrichten, der dem Fußballlehrer mehrfach wahre Elogen widmete.
Doch die Club-Fans unter meinen Kollegen zeigten sich auch immer etwas skeptisch. Hatte der Fußballverein doch schon mehrfach bewiesen, dass er nach Triumphen gerne tief stürzt. So war es dann auch in der Saison 2007/2008: Der 1.FC Nürnberg begann mit einer auf dem Papier durchaus guten Mannschaft, überzeugte auch in manchen Spielen, gewann diese nur nicht und dann kam es, wie es kommen musste. Irgendwann war es zu spät, der Zauber von Hans Meyer zog nicht mehr – der Club stieg ab in Liga 2.
„Der Glubb is a Depp“, schimpfen die Franken dann immer. Hans Meyer aber erlebte den Abstieg gar nicht mehr verantwortlich mit, denn er wurde schon vorher entlassen. Aber immerhin hat es ihm in Nürnberg so gut gefallen, dass er dort jetzt wohnt.

Aktuelle Lage
2013 war kein beschauliches Weihnachtsfest für die Club-Verantwortlichen. Denn die Mannschaft des 1.FC Nürnberg hatte die Hinrunde sieglos beendet, aber immerhin elf Mal Remis gespielt. Platz 17 und nur 11 Punkte schürten aber schon die Abstiegsangst.
Dabei hatte Sportvorstand Martin Bader schon früh die Notbremse gezogen und Trainer Michael Wiesinger entlassen. Doch auch sein Nachfolger Gertjan Verbeek tat sich schwer. Der Niederländer mit der unkonventionellen Frisur konnte einfach nicht gewinnen, die Abgänge der Leistungsträger Klose und Simons waren nur schwer zu kompensieren.
Doch in der Rückrunde wandte sich das Blatt zum Guten: Der Club gewann vier seiner fünf Spiele, die einzige Niederlage gab es nach starker Gegenwehr gegen die übermächtigen Bayern.
Dabei hatte der Club zum Schluss auch das Glück, das ihm in der Hinrunde fehlte. Das 2:1 gegen Schlusslicht Braunschweig fiel in die Kategorie Zittersieg. „Ich habe Mühe, erfreut zu sein“, meinte Verbeek nach dem Match.
Besonders Stürmer Josip Drmic, vor der Saison vom FC Zürich gekommen, drehte in der Rückrunde auf, traf fünf Mal. Leider gibt es kein Wiedersehen mit dem Ex-Dortmunder David Ginczek, der sich gegen den FC Bayern einen Kreuzbandriss zuzog und für den Rest der Spielzeit ausfällt. Dagegen dürfte Markus Feulner wahrscheinlich spielen.

Historie
Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese ganz glorreiche Vergangenheit den FCN-Verantwortlichen den Kopf vernebelt hat. Zumindest früher war das so, inzwischen bringt Martin Bader Realismus in die Vereinsspitze.
Lange durfte sich der Club mit neun Meistertiteln Rekordmeister nennen. Dass ihn ausgerecht der FC Bayern München ablöste, tat bei der Rivalität zwischen Franken und Bayern natürlich weh. Zumal die Franken sich so und so von den Bayern unterdrückt fühlen.
Die große Zeit der Nürnberger lag in den zwanziger Jahren, als man mit Recken wie Torwart Heiner Stuhlfauth fünf Male Deutscher Meister wurde. Damals waren die Nachbarstädte Nürnberg und Fürth das Zentrum des Deutschen Fußballs. Zwischen dem 1.FC und der Spielvereinigung herrschte erbitterte Rivalität. Es gibt diese wunderschöne Geschichte, wo Nürnberger und Fürther den Kern der Nationalmannschaft bildeten und getrennt in unterschiedlichen Waggons anreisten, weil sie sich nicht leiden konnten. Auch heute ähnelt das Verhältnis Club und Greuther Fürth dem zwischen Dortmund und Schalke.
Den letzten Meistertitel feierten die Nürnberger mit Trainer Max Merkel im Jahr 1968. Doch der selbsternannte Zampano Merkel entpuppte sich eine Spielzeit später als Luftpumpe, der Club stieg als Meister aus der Bundesliga ab. Das schaffte vor ihm und nach ihm kein anderer Verein.



Fotos (2): Club4ever/Wikimedia Commons

Fahrstuhl
Es folgten harte neun Jahre in der Zweitklassigkeit, erst 1979 gelang den Franken wieder der Sprung in die erste Liga. Doch auch die nächsten Jahre waren ein stetiges Auf- und Ab, der Club entwickelte sich zu einer Fahrstuhlmannschaft.
Provinzgrößen wie Michael A. Roth oder Gerd Schmelzer führten den Klub. Es herrschte permanente Unruhe im Verein, Trainer hatten in Nürnberg nur eine kurze Lebenszeit. Und wenn der Verein mal gute Leute hatte wie nach der Spielerrevolte 1984, als junge Spieler wie Stefan Reuter, Dieter Eckstein, Hans Dorfner oder Roland Grahammer in die Mannschaft rückten, wurde diese aus verschiedenen Gründen verkauft.
Es war ein ständiges Auf und Ab. Mal spielte der Club in der Bundesliga, mal in Liga 2, mal sogar drittklassig. Dort traf man immerhin den alten Rivalen aus Fürth wieder und stieg mit diesem gemeinsam wieder aus der Regionalliga auf. Der Club blieb eine Fahrstuhlmannschaft und war finanziell meist recht klamm.
Erst in der zweiten Ära Michael Roth setzten die Nürnberger auf mehr Kontinuität im Trainerbereich, weil mit Martin Bader nüchterne Kompetenz in den kaufmännischen Bereich kam. Einen sportlichen Aufschwung brachte die Zeit mit Hans Meyer (siehe oben): Klassenerhalt, die Plätze 8 und 6 und als Krönung der DFB-Pokalsieg 2007.
Danach regten sich die Fans gewaltig über den Bayerischen Rundfunk aus München auf, weil dieser die Übertragung der Pokal-Feierlichkeiten abbrach und eine Tier-Doku sendete. Das hätte der BR beim FC Bayern nie gewagt.
Und der Club wäre nicht der Club, wenn er dem Pokalsieg kein Negativergebnis folgen ließ: Im Jahr danach stieg er in die 2. Liga ab.
In den letzten Jahren aber etablierte Trainer Dieter Hecking den Verein im Mittelfeld der Liga. Sein Abgang nach Wolfsburg traf Nürnberg hart, sein Nachfolger Michael Wiesinger besaß nicht das Vertrauen und wurde entlassen. Jetzt soll also der Niederländer Gerdjan Verbeek den Club vor dem Abstieg retten. Der Anfang war bekanntlich steinig…

Die Bilanz zwischen BVB und FCN

Der 1.FC Nürnberg bei Wikipedia

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.

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