Dienstag, 4. März 2014
Vier Spiele für die Ewigkeit
Ich kann mich nicht erinnern, mal so viele großartige Fußballspiele innerhalb kurzer Zeit gesehen zu haben. Und wenn, dann ist das schon lange her. Aber letzte Woche und am Wochenende war es soweit – vier Partien, die alles zeigten, was den Sport so schön macht. Na gut, Schalker und Nürnberger Fans werden das anders sehen. Das ist meine Liste.

Schalke 04 – Real Madrid 1:6 (0:3), Mittwoch, Champions League-Achtelfinale, ZDF
In Deutschland sprachen die meisten hinterher nur von „Schalkes historischer Pleite“ (kicker), von der schwachen Leistung des deutschen Champions League-Teilnehmers. Nun wirkte der S04 wirklich hilflos an diesem Abend gegen die Madrider Millionentruppe, doch war Real Madrid an diesem Abend endlich mal ein wenig galaktisch. Das war atemberaubend, wie schnell die Mannschaft umschaltete, wie brillant Modric, Xabi Alonso und di Maria das Spiel lenkten und Bale und Ronaldo wirbelten. Dazu der häufig unterschätzte Benzema im Zentrum, ein Vollstrecker der Extra-Klasse.
Auch ohne die eigenen Fehler wäre Schalke an diesem Abend unter die Räder gekommen. Geld schießt eben doch Tore, sieht man ja auch bei den Bayern.
Natürlich werden manche jetzt argumentieren, dass Borussia Dortmund doch im letzten Mal zweimal Real Madrid besiegt hatte. Aber das waren zwei mannschaftliche Glanzleistungen einer sehr homogenen Dortmunder Mannschaft; zudem kam beim 4:1 ein Robert Lewandowski in Weltklasse-Format hinzu.
Dieses Format hat Schalke aktuell nicht. Und wenn ich sehe, wie unsicher der Ex-Dortmunder Felipe Santana bei Königsblau agiert, dann habe ich schon Zweifel an den Fähigkeiten von Trainer Jens Keller. Wobei beim 2:0 Passgeber Julian Draxler eine ähnlich hohe Mitschuld wie Santana hat.

Eintracht Frankfurt – FC Porto 3:3 (1:0), Donnerstag, Europa League, Zwischenrunde, Kabel Eins
Aufmerksame Leser dieser Kolumne kennen meine Aversion gegen die Europa League. Sportlich maximal zweitklassig, meist langweilige Spiele vor schmaler Kulisse und dann auch noch ein Auffangbecken für gescheiterte Champions League-Teilnehmer – alles Argumente gegen diesen Wettbewerb. Fans von Eintracht Frankfurt sehen das jedoch anders: Für sie ist die Europa League nach jahrelanger Abstinenz vom internationalen Fußball das gelobte Land.
Schon das Hinspiel beim FC Porto war sehr interessant: 2:0 lag die Eintracht beim wohl besten portugiesischer Verein der letzten 30 Jahre zurück. Doch die Eintracht drehte das Spiel und kam mit einer Energieleistung noch zum verdienten Ausgleich. Das war bereits ein Erfolg, denn der FC Porto (in der Champions League allerdings als Gruppendritter ausgeschieden) hat international einen sehr guten Namen.
Das Rückspiel war dann einer dieser Europapokal-Abende, die man so schnell nicht vergisst. Ein ausverkauftes Stadium, eine großartige Stimmung und ein Spiel, das begeisterte. Frankfurt nutzte seine Torchancen zunächst besser, führte nach 52 Minuten 2:0. Doch der FC Porto kam zurück, 2:2 nach 71 Minuten. Riesenjubel dann, als der herausragende Alex Meier das 3:2 erzielte. Frankfurt war nun eine Runde weiter, doch vier Minuten vor Schluss zerstörte der eingewechselte Ghilas den Traum der Eintracht.
Porto trifft jetzt in der nächsten Runde auf Neapel. Den Frankfurtern bleiben nur viele Komplimente für ihren mutigen Auftritt. Ein schwacher Trost, aber die Hessen können sich jetzt auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren.

Borussia Dortmund – 1.FC Nürnberg 3:0 (0:0), Samstag, Bundesliga, 23. Spieltag, live im Stadion
Die Heimspiele von Borussia Dortmund waren zuletzt nicht gerade der Renner. Niederlagen gegen Bayern, Leverkusen und Hertha, danach ein müdes Unentschieden gegen Augsburg – beim BVB hakte es da aus diversen Gründen. Der aufmerksame Leser wird jetzt einwerfen, dass danach ein souveränes 4:0 gegen Eintracht Frankfurt folgte, aber da war ich nicht im Stadium. Das zählt also nicht, darum war der überzeugende Erfolg für mich so wichtig.
Der Nürnberger Club war am Samstag aber auch ein dankbarer Gegner. Weil er sich nicht nur auf die Abwehr konzentrierte, sondern durchaus offensiv mit drei Angreifern auflief. Doch der Mut der Franken wurde nicht belohnt, eigentlich waren sie chancenlos.
Dortmund kombinierte von Beginn an gut, ließ Ball und Gegner laufen. Dank des wieder einsatzfähigen Mats Hummels hatte der BVB eine zusätzliche Variante in der Spieleröffnung. Und wenn Mkhitaryan und Lewandowski mal ins Rollen kommen, dann besitzt Borussia eine offensive Schubkraft wie kaum ein anderer Klub in der Liga. Dazu war die linke Seite mit Schmelzer und Großkreutz offensiv sehr aktiv, hatten auch Sahin und Kehl auf der Sechs gute Momente.
Nur die Tore fehlten zur Pause. Doch das holte die Borussia nach, traf dreimal in Halbzeit 2 und hätte noch erfolgreicher sein können. Nur Raphael Schäfer im Nürnberger Tor stand dem im Weg. Am Ende zählte der kicker 13:3 Torchancen, bei mir waren es gefühlte 20:1.

Atletico Madrid – Real Madrid 2:2 (2:1), Primera Division, 26.Spieltag, www.laola1.tv
Liebe Schalker, habt Ihr das gesehen? So spielt man gegen Real Madrid. Atletico hat es im Madrider Derby vorgemacht: die Räume verdichten, Zweikämpfe gewinnen, selbst die Initiative ergreifen und vorne einen umtriebigen Stürmer hinstellen.
Es war ein Madrider Derby voller Emotionen, voller Leidenschaft, strittigen Momenten, verbissenen Zweikämpfen, aber auch vielen spielerisch starken Szenen. Real führte früh durch Benzema, doch Atletico biss sich zurück in die Partie. Diego Costa beschäftigte die Real-Abwehr permanent, mindestens eine der drei strittigen Szenen war ein Elfmeter für Atletico. Schiedsrichter Delgado Ferreiro gab keinen; Diego Costa sah Gelb für eine angebliche Schwalbe.
Erst in der 28. Minute gelang dem starken Koke das 1:1. Atletico machte weiter Druck, das 2:1 durch Gabi kurz vor der Halbzeit war verdient. Oft gleicht das spanische Publikum einem Operettenpublikum, aber das Estadio Vicente Calderon tobte an diesem Sonntag. Der erste Derbysieg gegen den übermächtigen Stadtrivalen Real war in greifbarer Nähe.
Doch Real kam nach der Pause wieder, spätestens ab der 70. Minute dominierten die Königlichen. Der Ausgleich durch den ansonsten eher unauffälligen Cristiano Ronaldo ging in Ordnung.
„Atletico brachte eine gewaltsame Note in die Partie“, klagte Real-Coach Carlos Ancelotti nach der Partie. So etwas liege seiner Mannschaft nicht. Einspruch, Senor Ancelotti: Pepe und Sergio Ramos hauen für Real auch ganz schön in die Knochen.
Aber unter Trainer Diego Simeone ist Atletico in dieser Spielzeit ein ernster Konkurrent für Real Madrid und den FC Barcelona. Spielerisch sind Real und Barca deutlich besser, aber Simeone hat ein kompaktes und eingespieltes Team geformt, das die Großen ärgert. Aber mehr als ärgern wohl nicht.