Donnerstag, 13. Februar 2014
Die wilden Jahre der Eintracht sind vorbei
Es ist schon komisch, wenn zwei Mannschaften innerhalb so kurzer Zeit aufeinandertreffen. Aber der DFB-Pokal macht es möglich und so ist das Gastspiel der Frankfurter Eintracht am Samstag im Dortmunder Signal-Iduna-Park quasi die Revanche in der Bundesliga für das Pokal-Viertelfinale.
1:0 siegte der BVB am Dienstag in Frankfurt. Das Spiel war hart umkämpft, das Tor durch Pierre-Emerick Aubayemang fiel spät in der 83. Minute. Aber letztendlich fand die Partie einen verdienten Sieger. Denn die Dortmunder hatten schon ein deutliches Chancenplus, besonders in Halbzeit 1 wirbelten Mkhitaryan, Lewandowski und der Torschütze die Frankfurter doch reichlich durcheinander. Die Eintracht hatte hingegen nur zwei Chancen – eine davon war jedoch hochkarätig, als Rode verpasste. Borussias Defensive stand gut an diesem Abend.
Was noch im Gedächtnis blieb, war das hitzige Duell zwischen BVB-Stürmer Robert Lewandowski und Eintracht-Innenverteidiger Carlos Zambrano. Der peruanische Nationalspieler, dem viele eine große Karriere zutrauen, spielt schon sehr provokativ. Lewandowski auf der anderen Seite wehrte sich aber mit allen Mitteln.
Gegen Eintracht Frankfurt kann ich mich eigentlich nur an Siege in den letzten Jahren erinnern. Dabei gab es am 7. Februar 2010 mit 2:3 die letzte Niederlage, aber da muss ich wohl gefehlt haben. Bei mir sind nur schwarz-gelbe Triumphe gegen die Adlerträger gespeichert. Die vielen Eintracht-Fans, die ihre Mannschaft meist sehr zahlreich ins schönste Stadion der Liga begleiteten, fuhren meist mit viel Frust nach Hause.

Aktuelle Lage
Der Start nach der Winterpause glückte: Sechs von neun Punkten holten die Frankfurter, die Niederlage gab es bei den derzeit in einer anderen Liga spielenden Bayern. „Das war schon die Eintracht, die ich kenne“, sagte Trainer Armin Veh nach dem 3:0-Erfolg gegen den Aufsteiger aus Braunschweig.
Veh meint damit die Frankfurter Mannschaft, die in der letzten Spielzeit als Aufsteiger sensationell Platz 6 erreichte und sich für die Europa League qualifizierte. Doch in dieser Saison lief in der Bundesliga in der Hinserie nicht viel. Die Eintracht hielt sich meist am Tabellenende auf. Platz 15 lautete die Platzierung nach der Hinrunde, das damalige Torverhältnis von 20:29 zeigte, dass die Elf defensiv eigentlich ganz ordentlich agierte, es offensiv jedoch nicht passte.



Einer der Heroen der Vergangenheit: Jürgen Grabowski, Weltmeister 1974 und verewigt auf einer Briefmarke. Grabowski spielte während seiner gesamten Karriere bei der Eintracht (Foto: Eintracht 4ever/Wikimedia Commons)

So erfolgreich Veh und Manager Bruno Hübner auch sonst agieren, bei den Verpflichtungen für den Angriff haben sie keine glückliche Hand. Ob Mo Idrissou, Rob Friend, Erwin Hoffer oder Srdjan Lakic - keiner konnte sich letztendlich etablieren. Und auch der zuletzt verpflichtete Vaclav Kadlec hat nach gutem Beginn Probleme. Ein weiterer Grund für die schwache Hinrunde: Verletzungen wichtiger Spieler wie Alex Meier und Pirmin Schwegler konnte die Eintracht nicht kompensieren.
Hingegen sorgte das Team in der Europa League für Furore. Keine Mühe hatten die Hessen mit den Gegnern Maccabi Tel Aviv, APOEL Nikosia und Girondins Bordeaux. Mit fünf Siegen und einer Niederlage schaffte die Eintracht den Sprung in die nächste Runde. Dort wartet mit dem FC Porto ein durchaus prominenter europäischer Name.

Ein wenig Geschichte
Nur einmal war der Traditionsverein aus Hessen Deutscher Meister. 1959 war das, also schon fast eine Ewigkeit her. Aber die Frankfurter hatten schon immer das Gespür für das Besondere. Sie waren die erste deutsche Mannschaft im Finale eines Europapokals. 1960 kam es im Landesmeister-Pokal zum Duell mit Real Madrid. Die Eintracht ging kultiviert unter, kassierte Komplimente, hatte aber keine Chance gegen die damals übermächtigen Königlichen.
Als Kind wunderte ich mich dann später immer, dass bei der Eintracht ein echter Doktor das Tor hütete. Dr. Peter Kunter war Zahnarzt und spielte gleichzeitig in der höchsten deutschen Fußball-Liga. Damals hatten die meisten Spieler noch etwas Ordentliches gelernt und der kicker veröffentlichte in seinem Sonderheft immer die Berufe der Spieler.
Der Doktor war ein solider Torhüter und kickte in den 70er Jahren bei der Eintracht. In dieser Zeit wirbelte dort das Offensiv-Trio Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein und Bernd Nickel. Letzterer hatte einen wahnsinnig harten Schuss (Spitzname Hammer), schaffte aber nie den Sprung in die Nationalmannschaft. Grabowski und Hölzenbein hingegen wurden Nationalspieler und Weltmeister 1974.
Schon in den siebziger Jahren erwarb sich die Eintracht den Titel „Launische Diva“. Sie konnte richtig tollen Fußball spielen, um im nächsten Spiel krass zu versagen. So reichte es „nur“ zu zwei Titeln als DFB-Pokalsieger, dafür folgte dann im Jahr 1980 der UEFA-Cup. Das entscheidende Tor im zweiten Finale gegen Borussia Mönchengladbach (es war sogar ein rein deutsches Halbfinale) schoss ein gewisser Fred Schaub, der später nach Dortmund wechselte, dort aber sportlich keine große Marke setzen konnte.
Auch in den 80er und 90er Jahren spielte die Eintracht oft einen gepflegten Ball. Spieler wie Detari, Bein, Gaudino, Möller oder Okocha standen für Spielkultur, doch oftmals verhinderten Intrigen innerhalb und außerhalb des Platzes den Erfolg. 1988 holten die Frankfurter ihren letzten Titel, wurden DFB-Pokalsieger.
1992 gab es diesen berühmten Dreikampf um die Meisterschaft zwischen Dortmund, Stuttgart und Frankfurt. Die Hessen hatten damals ein überragendes Team mit Spielern wie Stein, Bein, Möller, Weber oder Yeboah und sie hatten die beste Ausgangssituation vor dem letzten Spieltag. Doch die Eintracht vermasselte es wie so oft und verlor in Rostock. Meister wurde Stuttgart.

Bruchhagen und Funkel
Danach ging es abwärts, erst langsam, dann schnell und es folgte 1996 nach einer katastrophalen Rückrunde der erste Abstieg der Vereinsgeschichte. Die nächsten Jahre waren turbulent; meist hatten die Hessen ernste finanzielle Probleme und pendelten zwischen Bundesliga und zweiter Liga.
Eintracht Frankfurt wurde zu einer Fahrstuhlmannschaft, stieg von 1996 bis 2005 dreimal ab und dreimal wieder auf. Erst mit Heribert Bruchhagen, dem Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Fußball AG, und Trainer Friedhelm Funkel kam wieder Kontinuität in den Klub. Bruchhagen machte aus der ausgabefreudigen Diva eine solide Hausfrau, die nicht mehr ausgab als sie einnahm. Der Pragmatiker Funkel setzte auf Teamgeist, die Eintracht spielte nicht schön, aber solide und hielt sich in der Liga.



Der Frankfurter Flughafen ist Sponsor, da verwundert es nicht, dass der Eintracht-Adler auch in der Luft präsent ist. (Foto: Lehle/Wikimedia Commons)

Manche ältere Eintracht-Fans maulten zwar über die manchmal etwas unattraktive Spielweise, doch die Hessen machten von Saison zu Saison Fortschritte. Doch wie so oft im Leben kommen manche Rückschläge völlig überraschend. 2011 stieg man zur Verwunderung aller ab, nach einer ordentlichen Hinrunde mit unter anderem 1:0 gegen den späteren Meister Dortmund verlief die Rückrunde katastrophal. Auch Christoph Daum, der Michael Skibbe als Trainer ablöste, konnte das Blatt nicht wenden. So kam es, dass die Eintracht-Fans am letzten Spieltag der Saison tief frustriert die Meisterfeier des BVB miterleben mussten.
Doch das war nur ein Betriebsunfall, Trainer Armin Veh schaffte souverän den Wiederaufstieg. Was dann folgte, siehe oben – Platz 6 als Aufsteiger nach einer hervorragenden Saison.

Die Bilanz zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt
Das Eintracht-Archiv

In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.