Was für eine grandiose Vorstellung:
Last Instalment gewann am Sonntag auf der Rennbahn im irischen Leopardstown den
Hennessy Gold Cup, ein Jagdrennen der höchsten Kategorie. Der Wallach, der über ein Jahr wegen einer Verletzung pausiert hatte, sprang auf schwerem Geläuf wie ein junger Hirsch über die hohen Hindernisse. (
das Video)
Eine Leistung, die nicht nur die Herzen der Anhänger höher schlagen ließ. Denn Last Instalment demonstrierte alle Qualitäten eines Hindernispferdes: Sprungvermögen, Mut, Ausdauer und dann diesen Schuss Beschleunigung, der gute Rennpferde auszeichnet.
Es war eine Werbung für den Sport, weil auch die anderen tadellos sprangen. Aber so ist es häufig, wenn Pferde von hohem Format aufeinander treffen und die besten Jockeys des Landes im Sattel sitzen. Dann sind Hindernisrennen die hohe Kunst des Galopprennsports.
In England und Irland dominiert der National Hunt-Sport die Wintermonate. Die Festivals in Cheltenham, Aintree und Punchestown sind die Höhepunkte der Saison und schaffen von Jahr zu Jahr neue Stars. Alte Helden wie
Arkle,
Red Rum oder
Desert Orchid kennt in Großbritannien und Irland jedes Kind, aktuell sind etwa
Sprinter Sacre oder
Big Buck´s nicht nur Insidern ein Begriff.
Ihre Popularität verdanken viele National-Hunt-Pferde auch der Tatsache, dass sie über eine lange Zeit aktiv sind. Nicht wie ihre blaublütigen Geschwister von der Flachbahn, die oft – besonders wenn sie gut sind - mit drei oder vier Jahren aufhören und in die Zucht gehen. Gut, letzteres ist im Sport über die Sprünge nicht mehr möglich, weil 99,99 Prozent der männlichen Teilnehmer sich bereits im Wallachstatus befinden.
Nächster Tiefschlag
In Deutschland befindet sich der Hindernissport hingegen schon seit Jahren im kontinuierlichen Flug nach unten. Vor kurzem kam der nächste Tiefschlag: Hamburg
verzichtet künftig während des Derbymeetings auf die Rennen über die Sprünge. Darunter fällt auch das traditionelle Seejagdrennen, eigentlich immer eine Attraktion für die Besucher.
Die Entscheidung ist keine Überraschung nach den
schrecklichen Unfällen des letzten Jahres. Tote Pferde und verletzte Jockeys sind natürlich eine sehr traurige Sache. Aber wenn der Hindernissport eine Lobby in Deutschland hätte, dann hätten die Verantwortlichen in Hamburg einfach mal die Hecken schneiden lassen, um eine besseren Überblick zu gewährleisten.
Es ist ein schleichender Tod. Denn welche Rennbahnen veranstalten eigentlich noch Hindernisrennen? Mir fallen da nur noch Bad Harzburg, Krefeld, Mannheim, Bremen und Quakenbrück ein. Hannover zum Beispiel, noch vor gar nicht langer Zeit eine Hochburg des Sports, erklärte Ende 2012 den Ausstieg. Eine der ersten Entscheidungen, die die neuen Veranstalter in Baden-Baden trafen, war das Aus für Jagd- und Hürdenrennen.
Es ist ein Teufelskreis: Weniger Rennen bedeutet weniger Praxis und natürlich auch weniger Verdienstmöglichkeiten für Besitzer, Trainer und Jockeys. Dabei ist Erfahrung gerade im Hindernissport das A und O. Unsichere Teilnehmer machen Fehler und stürzen – manchmal mit fatalen Konsequenzen.
Machen wir uns doch nichts vor: Viele deutsche Hindernisprüfungen in den letzten Jahren waren eine Katastrophe. Schlecht springende Pferde, fehlerhafte Jockeys ohne viel Praxis, Zwischenfälle ohne Ende – das ist abschreckend und gibt den Gegnern des Sports nur neue Munition.
Wie kann also dem deutschen Hindernissport geholfen werden? Gegenfrage: Will man dies überhaupt in Deutschland? Im deutschen Turf gibt es akutere Baustellen, obige Frage wird da eher zur Randnotiz.
Lieber Golf
So lange ich mich erinnern kann, standen Hindernisrennen hier in der Diskussion. Weil es immer zahlenmäßig weniger gab, weil immer mehr Rennvereine auf sie verzichteten. Diese Rennen brachten keinen Umsatz, waren mehr Negativwerbung für den Sport.
Außerdem lagen viele Jagdbahnen im Innenraum einer Rennbahn; dieser wurde spätestens ab den neunziger Jahren auf vielen Bahnen als Golfplatz anderweitig genutzt.
Wenn es in Deutschland mal Initiativen gab, dann beruhten sie auf dem Engagement Einzelner wie etwa der Stall Jenny-Cup eines engagierten Besitzers. Der Erfolg blieb leider aus.
Es besteht nur sehr wenig Hoffnung auf Heimspiele für die deutschen Enthusiasten dieses großartigen Sports. Ihnen bleibt nur der Blick auf die Insel (oder nach Frankreich). Immerhin tauchen in England und England verstärkt erfolgreiche Pferde deutscher Abstammung auf.
Well Chief oder
Twist King etwa triumphierten in großen Prüfungen. Aktuell sei der im Gestüt Fährhof gezogene
The Giant Bolster # genannt. Oder der Superstar
Sprinter Sacre, ein Sohn des hier fast vergessenen Deckhengstes
Network.
Übrigens sind Hindernisrennen nicht unbedingt gefährlicher als Flachrennen. Es geht eben nicht immer über Marathondistanzen und tückische Hindernisse wie beim Grand National. Allerdings hat man diese bekanntlich auch schon entschärft.