Mittwoch, 24. Februar 2010
Bloß nicht wieder die Schweden
Derzeit klingelt der Wecker um 5 Uhr 45, eine Stunde früher als sonst: Morgens um sechs deutscher Zeit läuft immer das Abendspiel des olympischen Eishockey-Turniers in Vancouver. Und heute ist die erste Nacht der Nächte: Das Viertelfinale steht auf dem Programm und das Highlight - und für viele das vorgezogene Endspiel - zwischen Gastgeber Kanada und Russland beginnt um 1 Uhr 30 deutscher Zeit. Da ist Zuschauen Pflicht.
Alle vier Jahre herrscht bei mir der Ausnahmezustand in Sachen Eishockey – weil bei Olympia alle Cracks aus dem nordamerikanischen National Hockey League (NHL) mit dabei sind. Olympia sind die wahren Championships, die jährlichen Weltmeisterschaften kann man vergessen. Denn so etwas gibt es nur im Eishockey: Eine Veranstaltung, die sich Weltmeisterschaft nennt, bei der die besten Spieler allerdings fehlen, weil gleichzeitig in der NHL die Playoffs stattfinden. Veranstalter 2010 ist Deutschland – sportlich abgestiegen in die B-Gruppe. Nur weil man Gastgeber ist, darf das DEB-Team mitspielen.



Freiheit gegen Kommunismus, Gut gegen Böse, Crosby gegen Ovetchkin – an die Zeitzen des kalten Krieges erinnert dieses Promotion-Video von Radio Freequebec. Und Kanada trifft auf Russland bereits im Viertelfinale.

Wer gewinnt also Gold im Eishockey-Mutterland? Mein Herz schlägt für die Ü30 der Slowakei mit Satan, Stümpel und den Hossa-Brüdern, weil es quasi der letzte Showdown einer großen Generation aus einem kleinen Land ist. Das wäre so noch einmal Emotion pur.
Favoriten sind jedoch andere: Etwas Gastgeber Kanada, für den nur die Goldmedaille zählt. In der Vorrunde gab es aber einige Dämpfer: Gegen die Schweiz siegten die Ahornblätter erst im Penaltyschiessen, gegen den nordamerikanischen Rivalen USA setzte es sogar eine Niederlage. So mussten die Gastgeber in die Playoffs, hatten aber gegen Deutschland erwartungsgemäß überhaupt keine Probleme. Überhaupt dürfte die Frage interessant sein, wie auch andere Mitfavoriten wie Tschechien und die Slowakei (beide gewannen nur mit Mühe gegen Lettland bzw. Norwegen) das zusätzliche Spiel verkraftet haben.
Ein Spiel weniger hatten die USA, die mir bislang sehr gut gefallen haben. Und ich bin schon seit Zeiten eines Fetisov oder Makaraov Anhänger des russischen Stils. Die aktuelle Truppe vereinbart in ihren besten Momenten überragende Technik und Hochgeschwindigkeitseishockey. Wenn eines der beiden Teams die Nase vorn hätte - einverstanden!
Und dann sind da noch Schweden und Finnland, die großen Zwei aus Skandinavien. Schweden muss es aber nicht unbedingt sein. Ihr unterkühlter Stil mag zwar strategisch meisterhaft sein, Entertainment sieht aber anders aus.

Und Deutschland? Fakt ist: Es war das schlechteste Abschneiden einer deutschen Eishockey-Nationalmannschaft bei Olympia. Vier Niederlagen, 5:20-Tore klingen niederschmetternd. Aber nur Fantasten erwarteten mehr vom Team von Uwe Krupp, das sportlich eigentlich nur noch in der B-WM zuhause ist. Gegen Schweden soll die Mannschaft beim 0:2 ganz ordentlich gespielt haben (das Spiel habe ich nicht gesehen), das 0:5 gegen Finnland war auch daher so deprimierend, weil die Finnen einfach nur einen Gang höher schalten mussten, um das deutsche Team ganz alt aussehen zu lassen, ansonsten aber im Schongang agierten.
Weißrussland war eigentlich der einzige Gegner auf Augenhöhe: Immerhin zeigte die DEB-Auswahl Moral, egalisierte einen 1:3-Rückstand, um dann doch noch 3:5 zu verlieren, weil das Team eine dumme Strafzeit kassierte. Viele Spieler sind auf internationaler Ebene einfach zu langsam. Gastgeber Kanada war dann erwartungsgemäß beim 2:8 eine Nummer zu groß.
Über die Krise des Deutschen Eishockeys ist eigentlich alles gesagt. Die Kritik von Ex-Bundestrainer Hans Zach aus dem Dezember 2008 gilt immer noch. Anzeichen auf Besserung sind nicht zu erkennen.