Freitag, 28. August 2009
Genie und Wahnsinn: Fallon kommt



Die Große Woche in Baden-Baden ist um eine Attraktion reicher: Der sechsfache englische Championjockey Kieren Fallon wird am nächsten Sonntag im Großen Preis von Baden Youmzain aus dem Quartier von Mick Channon reiten und soll zudem auch im Rahmenprogramm noch einige Ritte absolvieren.
Der inzwischen 44jährige, im Ort Crusheen im irischen County Clare geboren, gehört ohne Zweifel zu den schillerndsten Persönlichkeiten der internationalen Jockey-Szene. Die Liste seiner Skandale ist fast so lang wie die seiner Erfolge. So endet erst am nächsten Freitag (4.9) die 18monatige Sperre, nachdem Fallon im französischen Deauville positiv auf eine unerlaubte Substanz (unbestätigte Quellen sagen Kokain) getestet wurde.
Sportlich ist Fallon eine der überragenden Jockeys dieser Epoche. Er verfügt über ein exzellentes taktisches Verständnis, macht im Rennen wenig falsch und ist sehr stark im Endkampf. Kein anderer Jockey reitet in meinen Augen zum Beispiel auf dem englischen Derbykurs in Epsom – einer Berg- und Talbahn, die hohe Anforderungen an Ross und Reiter stellt – so gut wie Fallon. Dreimal siegte er dort im englischen Derby, vier Mal war er in den Oaks erfolgreich.
In England und Irland dürfte er in allen wichtigen Gruppe I-Rennen triumphiert haben, weitere Highlights sind zudem die zwei Erfolge im Prix de l’Arc de Triomphe mit Hurricane Run (2005, siehe Video) und Dylan Thomas (2007). Und auch im Großen Preis von Baden steht sein Name in der Siegerliste, weil er 1997 Borgia zum Sieg steuerte. Der Ire ritt als Stalljockey für Henry Cecil, Sir Michael Stoute und zuletzt Aidan O’Brien – drei der besten Adressen der englischen und irischen Turfszene. 1997, 1998, 1999, 2001, 2002 und 2003 war er englischer Championjockey.

„Verschwörung zum Betrug“
Entsprechend gut dürfte er verdient haben – und darum habe ich mich gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hat, als die Vorwürfe des Wettbetrugs auftauchten. Im Frühjahr 2004 behauptete das englische Skandalblatt News of the World, dass Fallon Rennen verschoben habe. Im September 2004 verhaftete die englische Polizei ihn und fünf weitere Personen, darunter mit Fergal Lynch und Darren Williams zwei Jockeys. Die sechs wurden angeklagt wegen „Verschwörung zum Betrug“. Im Juli 2006 verlor Fallon dann seinen Einspruch, musste seine Jockey-Lizenz abgeben und durfte nicht mehr in England reiten, konnte allerdings in Irland weiter aktiv bleiben.
Im November 2006 dann der nächste Rückschlag: France Galopp sperrte ihn wegen Einnahme einer verbotenen Substanz von Dezember 2006 bis Juni 2007. Im Bereich der angeblichen englischen Rennmanipulation sprach allerdings das englischen Gericht Old Bailey am 7. Dezember 2007 Fallon und seine Mitangeklagten aus Mangel an Beweisen frei, einen Tag später berichte die Daily Mail, dass er wiederum in Frankreich auf eine verbotene Substanz positiv getestet wurde.
Und jetzt nach 20 Monaten Pause ist er wieder da, nachdem er sich zuletzt bei seinem alten Arbeitgeber Sir Michael Stoute in Form brachte. „Ich habe mich verändert“, sagte Fallon in einem Interview mit der Times. Der 44jährige sieht sich körperlich und mental in besserem Zustand als zu dem Zeitpunkt, als seine Pause begann. Zumal nicht nur Stoute Unterstützung anbot – auch Trainer wie Ed Dunlop und Luca Cumani sagten, dass sie ihm Ritte offerieren werden. Und bei den meisten englischen Buchmachern notiert er bereits 4-1 für das nächste englische Jockey-Championat.