Donnerstag, 3. April 2014
Der Rebell soll es richten
Tag 1 des Grand National-Festivals war für den Kolumnisten ein wenig ernüchternd. Der große Treffer fehlte, immerhin gab es mit Uxixandre einen Wetterfolg. Den habe ich hier aber nicht angesagt. Schauen wir mal, was Tag 2 in Aintree bringt.

Grau war mal wieder alle Theorie. Die These, dass Pferde, die in Cheltenham nicht am Start waren, in Aintree Vorteile haben, wurde bereits in den ersten zwei Rennen des Aintree-Festivals widerlegt. Guitar Pete, Dritter in Cheltenham, hatte im ersten Rennen die Nase vorn. Und in der Betfred Bowl Chase triumphierte Silviniaco de Conti, der in Cheltenham im Gold Cup Vierter wurde. First Lieutenant, Tipp dieser Kolumne, rannte lange Zeit gut, doch am Ende fehlte die Kraft. Obwohl er in Cheltenham nicht gelaufen war.
Unser 20:1-Schuss Cool Friend kam in der Fox Hunters Chase über die National-Hindernisse leider nie vom Ende weg, dafür marschierte Warne mit Sam Waley-Cohen vorne und triumphierte. Waley-Cohen, der Reiter des Gold Cup-Siegers Long Run (der am Samstag im Grand National läuft), ist ein hervorragender Jockey. Aber den Grand National-Kurs reitet er besonders gut.
Zumindest meine These, dass Form über die Grand National-Hindernisse wichtig ist, bestätigte sich. Sowohl der Sieger als auch der Zweite, Vorjahressieger Tartan Snow, haben schon gute Leistungen über diesen Kurs gezeigt. Nur Cool Friend zündete diesmal nicht. Dritter wurde übrigens der Favorit Mossey Joe.
On the Bridge, mein Tipp im letzten Rennen, machte seine beste Arbeit wieder zum Schluss, hatte aber nie eine Siegchance. Vielleicht sollte man das Pferd nicht so aus der Reserve reiten oder vielleicht mal auf eine längere Strecke gehen. Aber es war schon ein schweres Rennen. Immerhin hatte diese Kolumne mit Uxixandre wenigstens einen Sieger.



Ein Höhepunkt des Freitags: Die Topham-Chase. 2003 siegte Clan Royal mit Liam Cooper

Tipps für den Freitag 4.3.

Art of Payroll (Top Novices Hurdle): Was ist die Form aus der Supreme Novice Hurdle in Cheltenham wert? Es gab mit Vautour einen überzeugenden Sieger, dahinter lief Josses Hill als 14:1-Chance ein gutes Rennen und wurde Zweiter. Sgt Reckless machte zuletzt noch viel Boden, als das Rennen fast schon vorbei war. Aber die Form macht die beiden Teilnehmer nicht zu guten Dingern. Darum suche ich nach Alternativen: Baltimore Rock aus dem Pipe-Stall wäre die eine, aber ich bin mir nicht sicher, ob der Imperial-Cup-Sieger den guten Boden mag. So gehe ich mit dem Scirocco-Sohn Art of Payroll aus dem irischen Quartier von Dessie Hughes. Unser Tipp kommt mit guter Handicap-Form, aber das ist natürlich die härteste Aufgabe seiner Laufbahn. Hughes hat seine Pferde gut in Schuss, gewann mit Guitar Pete das Auftaktrennen am Donnerstag.

Rebel Rebellion (Topham Chase): Unser Tipp gewann im November die Sefton Chase über Kurs und Distanz und hüpfte über die Grand National-Hindernisse, als wenn sie kleine Hürden wären. Ryan Mahon sitzt wieder im Sattel, die Form ist auch nicht übel und damit steht einer weiteren guten Leistung nichts im Wege. Natürlich gleicht das Rennen einer Lotterie: 29 Gegner warten auf den Schützling von Paul Nicholls. Der wahrscheinliche Favorit Double Ross kommt aus dem Stall von Nigel Twiston-Davies, dessen Starter über diesen Kurs immer einen Hinweis verdienen.

Tistory (Sefton Novices Hurdle): Meine letzte Wahl ist die spekulativste. Tistory galt schon immer einiges im großen Stall von Nicky Henderson, war aber ein Spätentwickler. Doch zuletzt hat sich der Sohn von Epalo gut gesteigert, warum sollte er hier nicht überraschen? Barry Geraghty sitzt zwar auf Beat That, aber manchmal irren sich ja die Stalljockeys. Und Andrew Tinkler ist auch ein fähiger Mann.
Das Feld ist natürlich ein Minenfeld mit vielen Kandidaten, dessen Potenzial noch nicht erkannt ist. Dafür werden wir ja mit einem guten Kurs belohnt.



Mittwoch, 2. April 2014
Ein 20:1-Schuss für den Aintree-Donnerstag
Das Aintree-Festival, das am Donnerstag beginnt, besteht bekanntlich nicht nur aus dem Grand National. Es gibt sportlich deutlich höher einzuschätzende Rennen, oftmals kommt es zu Revanchen des Cheltenham-Festivals. Und nicht immer steht die Form aus Cheltenham.

Zum einen liegen nur rund drei Wochen zwischen den Festivals, zum anderen ist der „normale“ Kurs in Aintree flach, während Cheltenham sehr hügelig ist. Bewährt hat sich die Strategie, beim Grand National-Meeting auf Bahn-/Distanzsieger zu achten, die im Optimal- Fall in Cheltenham fehlten. Bahn- und Distanzform ist natürlich essenziell für die drei Rennen über den Grand National-Kurs.
Diese Kolumne wird zu jedem Tag die besten Tipps für das Grand National-Meeting publizieren. Das werden definitiv keine Kandidaten sein, die unter 20 am Toto stehen. Also zum Beispiel nicht The New One für die Doom Bar Aintree Hurdle. Und wie immer alles ohne Gewähr.

Die Tipps für Aintree 2014, Donnerstag, 3.4. 2014

First Lieutenant (Betfred Bowl Chase): Der Sieger des Vorjahres, der Cheltenham ausgelassen hat. Aber das könnte den entscheidenden Kick geben, denn seine größten Gegner Dynaste, Silvinaco Conti und Menorah hatten schwere Prüfungen während des Festivals.

Cool Friend (Crabbies Fox Hunters’ Chase): Natürlich sind die Rennen über die National-Hindernisse oft eine Lotterie, zuviel kann passieren. Aber Cool Friend bewies im letzten Jahr nach einem wohldosierten Ritt seines Besitzers, dass die großen Hindernisse die Stute nicht beeindrucken können. Erst kurz vor dem Ziel fing Tartan Snow Oliver Greenalls Pferd noch ab, das Zielfoto entschied. Tartan Snow ist wieder dabei, Warne (4., 2013) und Sizing America (zweimal 6.) haben auch schon bewiesen, dass sie diese Sprünge können. Doch klarer Favorit wird Mossey Joe werden, der mit tadelloser Form und einer großen Reputation kommt. Aber wer wettet denn kurzstehende Favoriten für ein Rennen über die Grand National-Hindernisse? Ich jedenfalls nicht, ich bleibe bei Cool Friend.

On The Bridge (Dominican Republic Handicap Hurdle): Der Schützling von Jeremy Scott lief in der Pertemps Hurdle in Cheltenham ein hervorragendes Rennen, machte seine beste Arbeit zum Schluss. Natürlich sind die Gegner in diesem Handicap stark, aber nach der letzten Form steht On The Bridge auf meiner Liste. Und eigentlich kennt der Wallach nur gute Formen. Sein interessantester Gegner ist Riverside Theatre, der in den Jagdrennen zur erweiterten Elite zählt. Vielleicht zeigt er sich über die kleinen Hindernisse wieder von seiner besseren Seite, seine Hürdenformen sind solide, aber nicht herausragend.



Donnerstag, 23. Januar 2014
Champion Big Buck’s ist wieder da
Es ist eines der meist ersehnten Comebacks im englischen Hindernissport: Big Buck’s, vierfacher Sieger in der World Hurdle und seit 17 Rennen auf der Insel ungeschlagen, absolviert seinen ersten Start nach 13 Monaten Pause in der Galliardhomes.com Cleeve Hurdle am Samstag in Cheltenham. Eine Sehnenverletzung hatte den Cadoudal-Sohn außer Gefecht gesetzt.
„Alles ging glatt, es gab keine Probleme“, sagte sein Trainer Paul Nicholls nach einem letzten Test. „Es war nur eine Routine-Schulung, wie wir sie vor jedem Start machen. Er sprang gut und machte alles, was wir wollten.“ Im Sattel saß Sam Twiston-Davies, der ihn auch in der World Hurdle reiten soll.
Die Reiterfrage sorgte für Schlagzeilen. Denn Ruby Walsh, kongenialer Partner des 11jährigen, reitet bekanntlich in dieser Saison nicht mehr als Stalljockey für Trainer Paul Nicholls und wird wahrscheinlich einen der Schützlinge von Willie Mullins steuern.
Doch die Wahl fiel nicht auf Daryl Jacob, den Nachfolger von Walsh als Stalljockey im Nicholls-Quartier. Sam Twiston-Davies, Sohn des Trainerkollegen Nigel Twiston-Davies, wird den Ritt erhalten. „Er ist eine Rennlegende und ein Vergnügen zu reiten“, erklärte Twiston-Davies.
Warum ist Jacob nicht der Mann im Sattel? Nach Aussage von Paul Nicholls sei das die Schuld von Jacob selbst. Als „poisoned chalice“ (vergifteten Kelch) soll er diesen Ritt bezeichnet haben, auf so einem Pferd könne er nur verlieren. Interessant, wie manche Jockeys sich doch blumig ausdrücken können, aber das schreibt der auch in Sachen Racing gut informierte Guardian.

Arbeiter mit Stil
Jedenfalls ist Big Buck’s eines der Pferde, das den immensen Erfolgs des Quartiers von Paul Nicholls in den letzten Jahren geprägt hat. Er ist einer der Top-Stars der englisch/irischen Hindernisszene.
Dabei gewinnt der Wallach seine Rennen nie hochüberlegen und distanziert seine Gegner. Der 11jährige siegt immer knapp, ohne dass er sich scheinbar groß anstrengen muss.
Ein paar mal dachte ich schon, jetzt haben die Gegner ihn. Die Serie hat ein Ende. Zum Beispiel in der World Hurdle 2012: Da war die irische Stute Voler La Vedette doch schon quasi an Big Buck’s vorbei, doch am Ende gewann der Wallach mit viel Kampfgeist. Ob der Gigant Punchestown, Time for Rupert oder der Schimmel Grand Crus – alle scheiterten sie an diesem äußerlich eher unscheinbaren Wallach.
Der Schimmel Grand Crus aus dem Stall von David Pipe war der letzte, den ich gegen Big Buck’s gespielt habe. Weil ich dachte, das ist der ideale Kandidat, um den Champ zu schlagen. Stehvermögen, Speed und Sprungtalent hatte Grand Crus in hohem Maß, doch es reichte nicht. Big Buck’s hatte immer das bessere Ende.
Jetzt also die nächste Runde: Gibt es ein gefeiertes Comeback? Ist Big Buck’s mit elf Jahren noch der uneingeschränkte Souverän der Langstreckler-Hürdle? Oder gibt es einen Thronfolger? Fishers Cross zum Beispiel, das Talent aus dem Rebecca Curtis-Stall, in dieser Saison allerdings zweimal enttäuschend? Oder Boston Bob, trainiert vom irischen Champion Willie Mullins? Oder kommt der Nachfolger aus dem Nicholls-Stall selbst? Spätestens im März in Cheltenham wissen wir die Antwort.



Schöne Bilder: Impressionen aus der Vorbereitung des Champions



Mittwoch, 18. Dezember 2013
Novellist, Nymphea und Our Conor
Schon wieder ist ein Jahr fast vorbei. Im Galopprennsport war es das Jahr nach Frankel. So ein Ausnahmepferd gab es 2013 zumindest in Europa nicht, aber wie immer war die Saison voller magischer Augenblicke. Das waren meine drei Top-Momente 2013.

Moment 1: Novellist in den King George Stakes
Diese Kolumne war ein wenig skeptisch im Vorfeld der King George VI Stakes in Ascot. Natürlich hatte Novellist beste Chancen, doch es gab durchaus Bedenken wegen des etwas festen Bodens. nurpferdeundfussball favorisierte den irischen Derbysieger Trading Leather. Doch an diesem 27. Juli machte nur ein Pferd Schlagzeilen.
Spätestens als Johnny Murtagh den Monsun-Sohn kurz antippte, war die Frage nach dem Sieger beantwortet. Novellist ließ Trading Leather und co. mühelos stehen, am Ende gewann der Hengst mit fünf Längen und brach den Kursrekord in Ascot. „It’s Novellist for Germany again“, kommentierte Rennsprecher Simon Holt. Damit folgte der Starter aus dem Stall von Andreas Wöhler Danedream, die 2012 gewann. Zwei deutsche Sieger hintereinander in dieser englischen Prestige-Prüfung – wer hätte das vor Jahren noch gedacht.
„Ich habe zuvor ein Listenrennen und einen Bumper (Hindernis-Flachrennen) in England gewonnen. Früher habe ich als Kind Urlaub in England gemacht und bin beim King George gewesen. Und nun bin ich hier als Trainer und gewinne dieses Rennen – unglaublich“, erzählte Andreas Wöhler später der englischen Presse.
Im Nachhinein mag es zwar nicht der bestbesetzte King George aller Zeiten gewesen sein, das aber schmälert den Triumph des Ersten überhaupt nicht. Es war die beste Leistung in der großartigen Rennkarriere von Novellist. Nur leider klappte es nicht mit dem Prix D’ Arc De Triomphe: Ein erhöhte Temperatur verhinderte den Start dort.
Das Rennen bei youtube

Moment 2: Nymphea im Großen Preis von Berlin
Kinder bekannter Eltern haben es manchmal nicht leicht. Zugegeben, manchmal öffnen ihnen sich Türen, die anderen verschlossen bleiben. Aber der Erwartungsdruck ist doch immens. Zu sehen etwa bei Joseph O’Brien, Sohn des führenden irischen Trainers Aidan O’Brien und jetzt Nummer 1-Jockey im Stall. Oder bei Dennis Schiergen, Sohn des ehemaligen deutschen Spitzenjockeys und jetzigem Top-Trainers Peter Schiergen. Aber offenbar hat Schiergen senior seinem Junior nicht nur das Talent, sondern auch diesen Schuss Unaufgeregtheit vererbt, der das Leben leichter macht.
Dieser 21. Juli auf der Rennbahn in Berlin-Hoppegarten war der Tag des „Amateurs“ Dennis Schiergen. Natürlich hatte sein Ritt Nymphea gute Chancen auf den Sieg im Großen Preis von Berlin, natürlich bestritt sie ihre Rennen gerne von der Spitze. Aber was dann an diesem sonnigen Nachmittag folgte, fällt auch heute noch in die Kategorie ganz großes Kino.
Denn Dennis Schiergen ließ die massige Fuchsstute richtig treten, teilweise betrug der Vorsprung 15 Längen. „Die Stute hatte so einen Spaß am Galoppieren. Das ist sie das Tempo einfach weitergegangen“, sagte Schiergen nach dem Rennen. So einfach war das – und es reichte. Der Vorsprung auf der Geraden verringerte sich zwar, am Ende siegte Nymphea aber sicher gegen Temida und Meandre. Die mutige Vorwärtstaktik des Schiergen-Teams ging auf.
„Diesen Rennen wird er sein Leben lang nicht vergessen“, sagte Rennkommentator Günther Barth. Recht hat er – ein Amateur siegt in einem Gruppe 1-Rennen. Eben ganz großes Kino.



Noch mal zum Genießen: Der Große Preis von Berlin 2013

Moment 3: Our Conor in der Triumph Hurdle
Magische Momente gibt es viele beim Cheltenham Festival im März, aber bei diesem Rennen läuft mir immer noch ein Schauer über den Rücken. Der irische Wallach Our Conor triumphierte in der Triumph Hurdle für den Hürden-Nachwuchs – und wie.
Das Pferd aus dem Stall von Dessie Hughes war im Vorfeld des Meetings schon hoch gehandelt. „Er hat alle Eigenschaften eines Klassepferdes“, sagte der erfahrene irische Trainer – und er hat schon einige gesehen. Er war auch einer meiner Banker für das Festival, aber diese gehen bei diesen intensiven Rennen sehr häufig in die Brüche.
Doch Jockey Bryan Cooper hatte das Pferd mit der markanten weißen Blesse immer gut im Vorderfeld platziert, hielt ihn klug aus allen Scharmützeln heraus. Als es dann ernst wurde, war das Rennen schnell entschieden. „Our Conor looms menacingly“, sprach Rennkommentator Mark Johnson mit lauter Stimme – und dann stiefelte der Jeremy-Sohn los. Zum Schluss waren es 15 Längen Vorsprung gegenüber Far West. Ein Sieg zum Entspannen – und so etwas gelingt nur herausragenden Pferden beim wichtigsten Festival der englisch-irischen Hindernissaison.
„Er ist sicherlich ein Pferd für die Champion Hurdle. Er hat Stehvermögen, hat das nötige Tempo und er springt gut“, so Trainer Dessie Hughes, übrigens Vater von Flach-Jockey Richard Hughes, nach dem Rennen. Mit Hardy Eustace trainierte er bereits einen zweifachen Champion-Hürdler. Und das soll auch Our Conor gelingen. Derzeit ist er jedoch verletzt.

Das Rennen bei youtube



Mittwoch, 9. Oktober 2013
Treve und Altano auf dem Gipfel
Einen großartigen Rückblick auf den Prix De l'Arc de Triomphe kann man hier genießen. Es war eine eindrucksvolle Vorstellung der dreijährigen Stute Treve, die das Feld wie einst Danedream distanzierte. Die Bilder untermauern das eindrucksvoll und sind der Angelegenheit angemessen. Schade, dass Novellist nicht lief, aber gegen diese Stute hätte er auch keine Chance gehabt - wahrscheinlich. Grau ist alle Theorie. Und sowohl bei der Siegerin 2013 als auch der Siegerin 2011 handelt es sich um dreijährige Stuten mit entsprechenden Gewichtsvorteilen.



Altano stiefelt nach Hause, schlägt unter anderem meinen Tipp Tac de Boistron und den Stallgefährten Seismos

Wenigstens gab es für den Stall von Andreas Wöhler eine kleine Kompensation für das Novellist-Pech: Altano triumphierte mit Eddy Pedroza im Grand Prix Du Cadran, einer Gruppe 1-Prüfung über die Steher-Distanz von 4000 Meter. Nicht schön war, dass der Wallach mir die Wette mit Tac De Boistron versaute, aber das ist in diesem Fall egal.
Altano hat es verdient, lief vorher zwei Mal in England hervorragend gegen die dortige Steher-Elite. Nur die Form im Dortmunder St.Leger fiel etwas ab. Aber 2800 Meter sind fast schon zu kurz für diesen Steher. Zumal im Herbst nach einer langen Saison manche Form etwas komisch wirkt.
Eddy Pedroza ritt Altano etwas weniger aus der Reserve und das war erfolgreich. Auch für den Jockey war es ein großartiger Erfolg. Dieser Sieg war zwar nicht der Mount Everest, aber doch schon reichlich Himalaya. Zumindest mehr als die Alpen. Johnny Murtagh hätte es nicht besser machen können.



Donnerstag, 3. Oktober 2013
Novellist gegen den Rest der Welt
Dreimal werden wir noch wach, dann ist Arc-Tag. Wer gewinnt den Prix de l'Arc de Triomphe 2013 am Sonntag in Longchamp? Japan ist groß angesagt, die Franzosen hoffen auf Treve und eine ganze Armada von Trainer Andre Fabre – und in Deutschland drücken die Enthusiasten Novellist die Daumen. nurpferdeundfussball analysiert auch 2013 wieder Starter und Chancen.

1. Very Nice Name (Trainer Alain de Meuille) – Vierjähriger Seriensieger aus Katar, zuletzt chancenlos als 2. gegen Orfevre im Prix Foy, beste Form Rang 3 im Dubai Sheema Classic, dennoch nicht mehr als ein Außenseiter.

2. Novellist (Andreas Wöhler) – War schon dreijährig herausragend, aber weiter verbessert. Seine beste Form zeigte der Wöhler-Schützling, als er das Feld im Gruppe 1-King George deklassierte. Die Generalprobe in BB war siegreich und in Ordnung. Johnny Murtagh ist derzeit in England der Mann für die großen Rennen – außer wenn ich ihn spiele. Aber jede Serie geht einmal zu Ende. Natürlich erste Chancen.

3. Al Kazeem (Roger Charlton) – Weltklassepferd über 2000 Meter, aber 2400 Meter sind etwas zu lang. Hat zwar schon über diese Distanz gewonnen, aber gegen die Elite hier wird es schwer.

4. Joshua Tree (Ed Dunlop) – Globetrotter, einst bei Aidan O’Brien, aber nach allen Formen fehlt ein wenig zur absoluten Spitze.

5. Meandre (Arslangirey Shavuev) – Zum Glück revidierte das deutsche Renngericht die umstrittene Entscheidung vom Kölner Preis von Europa und hob die Disqualifikation auf. Zuletzt drei Starts in Deutschland, es ist auch sein dritter Start im Arc. Aber auch diesmal reicht es höchstens zu einem Platz im Mittelfeld.

6. Orfevre (Xasutoshi Ikee) – Die große japanische Hoffnung, Pferd der absoluten Extra-Klasse. Der Arc ist ganz eindeutig das große Saisonziel. 2012 schien der Sieg schon sicher, doch dann verlor der Hengst noch gegen die Außenseiterin Solemia nach einem Weltklasse-Ritt von Olivier Peslier. In diesem Jahr offenbar keinen Deut schlechter. Der Sieg im Prix Foy war auch diesmal wieder ein gutbezahlter Spaziergang. Ein würdiger Favorit.

7. Going Somewhere (David Smaga) – Gast aus Argentinien, aber nach allen Formen nur mit begrenzten Möglichkeiten.

8. Haya Landa (Loic Audon) – 2012 als 150:1-Schuss Platz 4, beste Form in dieser Saison Platz 3 hinter Novellist im Grand Prix Saint Cloud, als Lando-Tochter komischerweise hat sie die beste Formen auf schwerem Boden. Aber auch 2013 klare Außenseiterin.

9. The Fugue (John Gosden) – Großartige Stute, zuletzt imponierende Siegerin gegen die Hengste in den Irish Champion Stakes über 2000 Meter. 2400 Meter sind aber kein Problem, der Boden könnte aber schon etwas zu weich sein. Dennoch ein interessantes Pferd, wenn sie läuft.

10. Pirika (Andre Fabre) – Der Trainer heißt zwar Andre Fabre, aber diese Aufgabe dürfte eine Nummer zu groß sein.

11. Flintshire (Andre Fabre) – Vielleicht der beste französische dreijährige Hengst über 2400 Meter. Etwas enttäuschende Generalprobe als 4. im Prix Niel. Dazu gibt es ein paar Zweifel wegen des weich-guten Bodens. Ein Teilnehmer, bei dem bei jedem Erfolg als Anmerkung „impressive“ im Rennkommentar steht, ist aber nie zu unterschätzen.

12. Leading Light (Aidan O’Brien) – Großer Steher, von dem man noch nicht alles gesehen haben sollte. Aber für 2400 Meter fehlt ihm ein wenig der Speed, ich sehe ihn eher im Ballydoyle-Quartier als Yeats-Nachfolger für die Steher-Rennen im nächsten Jahr.

13. Ocovango (Andre Fabre) – Monsun-Sohn, war nach sehr unglücklichem Rennverlauf 5. im Epsom Derby. Zuletzt nicht weit entfernt von Kizuna und Ruler of the World. Die Chancen steigen, wenn der Regen fällt.

14. Penglai Pavillon (Andre Fabre) – Godolphin-Hengst, aber trainiert von Andre Fabre. Aufsteiger-Typ, aber zum Gruppe 1-Erfolg fehlt noch etwas.

15. Kizuna (Shozo Sasaki) – Japanischer Derbysieger und auch vorher schon sehr stark. Was die japanischen Formen wert sind, ist schwer einzuschätzen. Aber siegte immerhin im Prix Niel gegen Ruler of the World und Ocovango. Das war zwar ein Arbeitssieg, aber entscheidend ist am 6. Oktober. Selbstverständlich mit Chancen.

16. Ruler of the World – Englischer Derbysieger nach einem grandiosen Ritt von Ryan Moore. Danach kam der Flop als großer Favorit im irischen Derby. Vielleicht lag es ja am festen Boden. Die letzte Form war wiederum nicht schlecht, als der Ballydoyle-Schützling nach etwas ungünstigem Rennverlauf beinahe noch Kizuna erreicht hätte. Danach ist der Kurs von 15:1 sehr interessant.

17. Sahawar (Christophe Farland) – In deutschem Besitz, aber nach jeder Form einer der größten Außenseiter im Feld.

18. Intello (Andre Fabre) – Französischer Jockey-Club-Sieger, aber das Rennen ist bekanntlich über 2200 Meter. Gewinnt ein Pferd den Arc, das im Sommer noch über die Meile gelaufen ist? Ich sage mal nein.

19. Treve (Criquette Head-Maarek) – Vier Starts, vier Siege und spätestens nach ihrer Demonstration im französischen Prix de Diana weiß die Turfwelt, zu welch großartigen Leistungen diese etwas unscheinbar wirkende Stute in der Lage ist. Jetzt geht es erstmals gegen die Boys – und da bin ich mal gespannt. Gute Chancen, steht aber auch nicht umsonst als Zweite im Wettmarkt.

Urteil
Der Arc ist Jahr für Jahr ein großes Rätsel. Aber Orfevre ist ein würdiger Favorit, scheint seine alte Stärke zu besitzen. Treve ist eine hochtalentierte Stute, aber ich gehe mit Novellist. Die Form in Ascot war herausragend und auch in Frankreich hat er in diesem Jahr bereits gewonnen. Von den Außenseitern gefallen mir The Fugue (bei gutem Boden) bzw. Ocovango (wenn es regnet) am besten.


Wer noch mal die wichtigsten Rennen im Vorfeld des Arc sehen möchte, dem sei diese Seite bei youtube empfohlen. Da kann man zum Beispiel auch noch einmal den Erfolg von Novellist im King George bewundern.

Nachtrag 5.10.2013
Was ein Fuck! Novellist ist Nichtstarter wegen erhöhter Temperatur. Die Alternative für den Erfolg: Kizuna
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Mittwoch, 18. September 2013
Der Arc kann kommen
Liebe Leserinnen und Leser,
hier gab es einmal das offizielle Promotion-Video zum Arc-Meeting. Dummerweise wurde es hier von den Verantwortlichen aus urherrechtlichen Gründen entfernt. Schon reichlich dumm von ihnen....


Schon mal was zum Einstimmen: Nicht mehr drei Wochen bis zum großen Arc-Meeting in Paris-Longchamp und der offizielle Spot wärmt schon mal die Herzen für das große Rennsport-Wochenende am 5. und 6. Oktober. Und irgendwie hat dieser französiche Akzent irgendetwas.
Zwei grandiose Tage folgen mit dem absoluten Höhepunkt, dem Prix de l' Arc de Triomphe 2013. Die Besetzung ist großartig: Novellist, Orfevre, Treve, The Fugue, Ruler of the World oder Al Kazeem - ein deutscher King George-Triumphator, ein Superstar aus Japan, zwei Stuten der absoluten Extraklasse, der englische Derbysieger und der Dauersieger der Frühsaison. Und das sind nur einige.
Doch meistens kommt es anders als man denkt. Oder wer hätte im letzten Jahr Solemia auf dem Schirm gehabt? Im Jahr davon siegte die große Danedream aus Deutschland. Und diese Sternstunde des deutschen Turfs kann man nicht häufig genug zeigen.



Mittwoch, 4. September 2013
Auf Wiedersehen „Budapest Bullet“
Am Sonntag gab es noch einmal ein paar Emotionen: Overdose, der einstige Wundersprinter aus Ungarn, feierte auf der Rennbahn Kincsem Park in Budapest seinen Abschied. 19 Starts, davon 16 Siege, lautet die Bilanz. Der größte Triumph war ein Gruppe 2-Rennen. Das sind die nüchternen Fakten – doch dieses Pferd war mehr als nur diese Zahlen.
Kaum ein Vollblut bewegte im ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre die Menschen mehr als dieser kleine dunkelbraune Hengst. Vom „Budapest Bullet“ schrieb die englische Fachpresse. Welcher Vollblüter aus Europa schafft es in die New York Times? Oder in die deutsche Zeit. Die Bild am Sonntag präsentierte ihn als doppelseitiges Innenposter und erklärte so den Körperbau von Vollblütern. Selbst die große Danedream bekam diese Ehre nicht.
Overdose galt als Hoffnungsträger einer ganzen Nation. Es ist die alte „Underdog-Geschichte“, die immer wieder die Herzen erwärmt. Zu diesem Hengst passt sie hundertprozentig.
Der Kauf von Rennpferden gleicht oft einer Lotterie: Man picke sich nur zum Beispiel einmal ein beliebiges Maidenrennen im englischen Newmarket heraus. Da wimmelt es nur von Pferden, die sechsstellige Summen gekostet haben und die später in ihrer Laufbahn kein einziges Rennen gewonnen haben.
„Ich habe meine Hand nur zum Spaß gehoben, weil ich die Aufregung von Pferde-Auktionen mag“, erzählt Zoltan Mikoczy. Ganze 2500 Euro umgerechnet kostete Overdose auf der Auktion 2006 in Newmarket. „Ich dachte, kein Pferd wird so billig verkauft, irgendein anderer wird schon noch mehr bieten.“
Nun blaublütig war der Hengst wahrlich nicht gezogen: Sein Vater Starborough war ein ordentlicher Meiler, aber in der Zucht hinterließ er wenig Spuren. Die Mutter Our Poppet lief einmal und endete abgeschlagen auf der Allwetterbahn in Lingfield. Auch optisch machte Overdose nicht viel her.

Rakete
Es war vielleicht der berühmteste Irrtum der Tufgeschichte: Mikoczy nahm das Pferd mit nach Ungarn und schickte es zu Trainer Sándor Ribárszki. „Der hässliche Vogel, den keiner wollte“ entpuppte sich als sehr schnelles Rennpferd. Bereits zweijährig gewann er fünf Prüfungen in Serie in Ungarn und Österreich.
Der 18. Mai 2008 machte ihn in Deutschland berühmt. Erster Auftritt im Lanson-Cup (dem ehemalige Scherping-Rennen) in Baden-Baden, einem Listenrennen über 1200 Meter für dreijährige Pferde: Overdose deklassierte die Gegner regelrecht, neun Längen waren es zum Schluss. Und Rennkommentator Manfred Chapman sprach die berühmten Worte: „Der geht ja ab. Das ist ein Rennpferd der Extraklasse.“
Spätestens jetzt war der Hengst in aller Munde, das Wort vom Wunderpferd machte die Runde. Es folgten weitere Erfolge unter anderen in Hamburg und Baden-Baden und immer fielen diese Siege beeindruckend aus. Nur der größte Triumph war keiner: Overdose gewann im Oktober 2008 den Prix De L'Abbaye (Gr. I) in Paris-Longchamp. Wegen eines angeblichen Fehlstarts wurde das Rennen aber am Ende der Karte noch einmal gelaufen. Nur diesmal fehlte der Hengst. Dennoch wählten die Ungarn ihn 2008 zu ihrem Sportler des Jahres.



Der berühmte Erfolg am Arc-Tag, der keiner war: Fehlstart. Die meisten Reiter bekamen das nicht mit

Der verdammte Huf
2009 sollte der große Angriff auf die renommierten englischen Sprintrennen erfolgen. Haydock und Ascot standen auf dem Programm, doch kamen erstmals die berühmten
Hufprobleme
zum Vorschein: Nur einen Start absolvierte Overdose, natürlich siegreich.
2010 kam mit Jozef Rozival ein neuer Trainer; zwei weitere Siege folgten und schraubten die Erfolgsbilanz auf 14. Doch irgendwann endet einmal jede Serie: Die des Ausnahmegaloppers endete in der Goldenen Peitsche in Baden-Baden: Nur Platz 7, es gewann Amico Fritz.
2011 begann es standesgemäß mit einem souveränen Triumph in Hoppegarten. Das sollte der Aufgalopp für weitere Heldentaten sein, doch in beiden Gruppe 1-Sprints in Haydock und Ascot war Overdose letztendlich chancenlos, auch wenn die Form in Ascot als Vierter hinter Prohibit gar nicht so schlecht war. Immerhin gestaltete der Hengst seinen Abschluss im italienischen Capannelle erfolgreich, auch wenn die alte Klasse nicht mehr da war.
Danach verhinderten die Hufprobleme weitere Starts. Es tauchten immer wieder Comeback-Geschichten auf, doch diese realisierten sich nicht. Zum Glück: Denn wer will einen Overdose sehen, der nicht mehr richtig fit ist und abgehängt im Feld endet. Diese Kolumne wünscht ihm ein glückliches Dasein als Deckhengst oder Rentner.


Die Bilanz von Overdose



Dienstag, 27. August 2013
Ein wenig müde in Sachen Turf
So richtig Lust auf Pferderennen habe ich derzeit nicht – zumindest darüber zu schreiben. Der letzte Beitrag zu diesem Thema in unserem kleinen Familienblog lief Ende Juli. Da ging es um das King George in Ascot, der Gruppe 1-Kracher aus Ascot, der bekanntlich mit dem grandiosen Triumph von Novellist endete.
Derzeit schreibe ich einfach lieber über Fußball und schaue mir Live-Spiele statt Galopprennen an. Die Kicks beim Rennen fehlen, das positive Adrenalin ist nicht da. Dafür ärgere ich mich zuviel über Pferde (die dafür nichts können) sowie fehlerhafte Jockeys und Trainer.
Dabei gab es genügend Themen aus der großen Welt des Pferdesports (die sich leider auf England, Deutschland und ein wenig Frankreich/Irland beschränkt), die ein paar Zeilen verdient hätten. Die sie hier aber nicht bekamen.

Natürlich der Triumph von Novellist. 2012 Danedream, jetzt der Schützling aus dem Quartier von Andreas Wöhler – das King George scheint inzwischen in deutscher Hand zu sein. Und wie Novellist seine Gegner distanzierte, war ein fast schon historischer Moment.

„Glorious Goodwood“, das Festival im Süden Englands. Sechs Tage – von Dienstag bis Samstag – gibt es Flachrennen hoher Qualität. (siehe dieser ältere Text).
Und nirgendwo geht es auf der Zielgeraden dramatischer zu. „Hard-Luck-Stories“ ohne Ende im Rennverlauf, weil auf einmal die Lücke dicht ist und es zu Behinderungen kommt. Am Festival-Mittwoch habe ich reingeschaut – und mich geärgert, weil meine Tipps so schlecht liefen. Was dazu passt, dass ich in dieser Zeit eh’ nichts traf beim Wetten. Am Samstag endete jedoch meine schwarze Serie, als ich den Sieger im Stewards Cup hatte.

Eine Würdigung von Uwe Stoltefuß: Der Tod des Dortmunder Galopptrainers hat mich schon geschockt, das Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. Und auch wenn ich ihn nicht persönlich kannte, war er doch jemand, der mich mein ganzes Turfleben begleitet hat. Das fing in den achtziger Jahren an, als ich erstmals regelmäßig Rennbahnen besuchte, als Dortmunder natürlich die Winterbahnen. Dort war Uwe Stoltefuß mit seinen Pferden der führende Trainer.
Auch später habe ich mich über das Laufen seiner Pferde gefreut oder geärgert. Stoltefuß gehörte einfach dazu, auch wenn er später nicht mehr so viele Vollblüter betreute. Meistens entdeckte man ihn mit seinen Besitzern in den Rennpausen am Bierstand.
Ich hätte ihm manchmal nur ein paar bessere Pferde gegönnt. Wenn schon keine klassischen Sieger, dann wenigstens diese Kategorie wie Sommerabend oder Birthday Lion. Gute Ausgleich 1/Listenrennen-Galopper, aber für Starter dieser Leistungsklasse gibt es ja bald eh’ keine Rennen mehr in Deutschland.

Das Ebor-Festival in York. Eigentlich ein Pflichttermin und immerhin habe ich die Rennen am Donnerstag und Freitag am PC verfolgt. Aber der richtige Spaß fehlte. Das Ebor-Handicap am Samstag ist in der Regel ein Muss. Ich habe mir lieber die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund gegen Jahn Regensburg angeschaut. Dritte Liga wohlgemerkt.

Muss sich der Leser also Sorgen machen? Ich sage mal nein. Derzeit läuft die Große Woche in Baden-Baden und der Termin am Mittwoch ist vorgemerkt. Allein im Gedanken an Uwe Stoltefuß, der bei diesem Festival immer zu beachten war. Besonders wenn er Pferde in den gelb-grünen (?) Farben von Frau G. Wusk trainierte, denn die siegten in Iffezheim sehr häufig.



Dienstag, 23. Juli 2013
Spaßbremse Trading Leather
Wandert Novellist auf den Spuren von Danedream und gewinnt die King George XI und Queen Elisabeth Stakes am Samstag in Ascot (27.7, 16:50 Uhr)? Spätestens um 16:55 Uhr wissen wir mehr; diese Kolumne glaubt jedoch, dass ein Dreijähriger aus Irland die Party sprengen kann. nurpferdeundfussball stellt die Starter der traditionsreichen Gruppe 1-Prüfung über 2400 Meter vor. Das endgültige Starterfeld gibt es am Donnerstag.

Cirrus des Aigles: Zuletzt nur Fünfter im Grand Prix de Saint Cloud hinter Novellist. Aber das war das Comeback nach einer längeren Verletzungspause und so schlecht war die Leistung nicht, denn lange hielt der Stolz von Trainerin Corinne Barande Barbe an der Spitze stand. Vorher mehrfacher Gruppe 1-Sieger (unter anderem im hochdotierten Dubai Sheema Classic), ein Pferd der Spitzenklasse, das Distanzen von 1800 bis 2500 Meter kann. Inzwischen schon sieben Jahre alt und ein Beispiel dafür, dass auch Flachpferde sich in zunehmendem Alter steigern können. Leider ist das eher in kleineren Quartieren möglich, weil man dort nicht unbedingt Klassiker gewinnen muss.

Chamonix: Listensieger aus dem Ballydoyle-Quartier, hätte wahrscheinlich das Tempo für St. Nicholas Abbey gemacht.

Ektihaam: Frontrenner, zuletzt in den Gruppe 2 Hardwicke Stakes im Pech, als er seinen Reiter abwarf. Davor gut gesteigert, Listensieger und Dritter hinter dem guten Al Kazeem und dem so unglücklichen Thomas Chippendale. Dennoch muss das Pferd von Trainer Roger Varian noch einen deutlichen Sprung bewältigen, um hier zu gewinnen.

Ernest Hemingway: Nach der schweren Verletzung von St. Nicholas Abbey die Nr. 1 aus dem O’Brien-Stall. In diesem Jahr Gruppe 3-Sieger, aber wahrlich keiner der Topstars aus dem irischen Meister-Quartier.

Hillstar: Ein weiterer Dreijähriger, der seine Leistungen deutlich steigerte, als er die King Edward VII Stakes während Royal Ascot gegen Battle of Marengo entschied. Sollte noch einige Reserven haben, könnte alle überraschen. 2400 Meter sind die Idealdistanz. Zudem wurde der Hengst für 75 000 Pfund nach genannt. Das zeugt von einigem Optimismus, auch wenn für die Besitzerin aus der Rothschild-Familie dies eher ein Betrag aus der Portokasse ist.

Novellist: Vor Jahresfrist einer der größten Favoriten im Deutschen Derby seit langer Zeit. Obwohl im wichtigsten deutschen Rennen nur Zweiter, zeigte der Wöhler-Schützling danach, dass er ein herausragendes Pferd über die Derby-Distanz ist. Zuletzt überzeugender Sieger im Gruppe 1-Grand Prix de Saint Cloud, natürlich allererste Chancen. Aber vielleicht könnte der Boden schon eine Spur zu fest sein.



Die ersten King George Stakes, an die ich mich erinnere: Opera House siegte 1993 in den berühmten weinroten Sheikh Mohammed-Farben. Die Pferde dahinter lesen sich wie ein Who is Who des internationalen Turfs: White Muzzle, Commander in Chief, User Friendly, Tenby. Aus Deutschland war ein gewisser Platini am Start, über die Platzierung schweigen wir hier.

Red Cadeaux: Ich würde mich vor Respekt erheben und frenetisch klatschen, wenn dieser famose Weltenbummler im Herbst seiner Jahre noch so ein Prestigerennen gewinnen würde. Aber so recht glaube ich nicht daran, eher traue ich ihm eine weitere Attacke auf den Melbourne Cup zu.

Trading Leather: Der aktuelle irische Derbysieger, der eher über den „zweiten Bildungsweg“ kam. Denn bis zu seinem Flop in Epsom galt Dawn Approach als Derby-Kandidat des irischen Trainers Jim Bolger. Doch Trading Leather, von Bolger auch selbst gezogen, sprang in die Bresche und gewann überzeugend das irische Derby. Bolger sagte nach dem Rennen, das sei „der schönste Tag in seinem Leben“. Auch sonst ordentliche Formen und als Dreijähriger günstig im Gewicht.

Universal: In letzter Zeit sind die Pferde von Mark Johnston so richtig ins Rollen gekommen. Universal hat sich aus der Handicap-Klasse nach oben gelaufen, siegte zuletzt in einem Gruppe 2-Rennen in Newmarket. Die Gegner sind hier aber noch stärker.

Very Nice Name: Im letzten Jahr noch bei Freddy Head in Frankreich, jetzt in Katar im Training. Dort unter Obhut von Alban De Mieulle Seriensieger, international immerhin Dritter im diesjährigen Dubai Sheema Classic hinter St. Nicholas Abbey. Zwar deutlich geschlagen, aber dennoch macht ihn diese Form nicht ganz chancenlos. Zumal der Jockey Olivier Peslier heißt.


Urteil
Ich bin ein großer Freund von Trading Leather. Spätestens nach dem Erfolg im irischen Derby bin ich der festen Ansicht, dass der Bolger-Schützling noch einige Reserven hat und auf Dauer der beste Dreijährige über die Derby-Distanz in England/Irland ist. Einiges Potenzial traue ich zudem Hillstar zu, dessen Leistungsgrenzen noch lange nicht erkannt sind. Aber die größten Gegner auf dem Papier sind natürlich Novellist und Cirrus des Aigles.