Es ist das Wochenende der großen Zweijährigen-Rennen im Galopprennsport. In England und Deutschland finden am Samstag und Sonntag die wichtigsten Prüfungen für den Nachwuchs statt: Samstag rücken die Pferde in Newmarket in den Dewhurst Stakes (1400 Meter, Gruppe 1) in die Boxen, am Sonntag geht es um den Preis des Winterfavoriten (1600 Meter, Gruppe 3) auf der Galopprennbahn in Köln-Weidenpesch. Und nach beiden Rennen lichtet sich etwas der Nebel; die Favoriten für die klassischen Rennen stehen fest. New Approach, Sir Percy, Shamardal, Rock of Gibraltar, Xaar, Pennekamp, Zafonic, Dr. Devious oder Generous – klangvolle Namen des internationalen Turfs schmücken die Siegerliste im Dewhurst.
Dewhurst Stakes 2007: Der Sieger heißt Shamardal, damals noch im Training bei Mark Johnston
Und die Ausgabe 2010 der Traditionsprüfung ist ein Rennen, dem Turf-England entgegenfiebert. Es ist immer wieder faszinierend, wie beispielsweise die Racing Post die Stimmung im Vorfeld anheizt. Ohne Polemik, ohne irgendwelche übertriebenen Schlagzeilen, ohne plumpe Stimmungsmache – schön wäre es, wenn das auch in Deutschland so wäre. Nur leider sind die Voraussetzungen hier im Turf-Randsportland Germany etwas anders.
Diesmal kommt es zum großen Showdown dreier noch ungeschlagener Hengste: Frankel, Dream Ahead und Saamidd. Besonders um Frankel hat sich ein regelrechter Hype entwickelt. Bei den Buchmachern ist er jetzt schon Favorit für 2000 Guineas und Derby, in den Dewhurst Stakes liegt der Kurs bei unter 20. Frankel, der die berühmten Rennfarben von Khalid Abdullah trägt, beeindruckte zum einen bislang, wie er seine Rennen gewann. Zum anderen wird er trainiert von Henry Cecil, einer englischen Trainerlegende, die schon alle Höhen und Tiefen im Leben und im Turf mitgemacht hat. Der Galileo-Sohn soll im übrigen eine Arbeit auf der Trainingsbahn vorlegt haben, die die Beobachter „atemlos vor Erstaunen" zurückließ, so gut soll diese gewesen sein.
Zweimal hat Cecil bislang in seiner langen Karriere in den Dewhurst Stakes triumphiert, das letzte Mal vor 28 Jahren mit Diesis, später ein sehr erfolgreicher Deckhengst. Frankel traf zwar bislang nicht unbedingt auf die Top-Pferde des Jahrgangs, doch seine Formen wurden durchaus bestätigt; Rainbow Springs, in Doncaster völlig chancenlos, war danach Dritte in einem Gruppe 1-Rennen in Longchamp.
Ein höheres Rating als Frankel erhielt allerdings Dream Ahead aus dem Stall von David Simcock. Zuletzt deklassierte er auf weichem Boden in den Middle Park Stakes mit Strong Suit, Approve und Temple Meads drei Gruppe 2-Sieger. Das sah richtig nach Rennpferd aus, auch wenn man Formen auf weichen Boden nicht überbewerten sollte.
Nach Abstammung könnten die 1400 Meter in Newmarket auf wahrscheinlich gutem Boden ein kleines Problem sein. Doch wie Dream Ahead bislang lief, sollte er die sieben Furlongs meistern. Bei den Quoten ist er für mich ganz eindeutig die Alternative zu Frankel.
Das Pferd aus dem Stall von David Simcock sieht auch Jockey Frankie Dettori als die „große Gefahr“. Dettori sitzt auf Saamidd aus dem Godolphin-Imperium. Der sei noch „etwas schwach“, falsch gemacht hat der Godolphin-Schützling bislang aber noch nichts. Zwei Starts, zwei Siege lautet die makellose Bilanz und mit Approve gibt es zu Dream Ahead eine Vergleichsmöglichkeit.
Dennoch muss er sich noch etwas steigern. Nur Außenseiterchancen haben hingegen Roderic O’Connor aus dem Quartier von Aidan O’Brien, Glor Na Mara und Waiters Dream. Nach der Statistik sollte aber Glor Na Mara Möglichkeiten haben: Denn der Hengst wird trainiert von Jim Bolger, der die Dewhurst Stakes von 2006 bis 2008 dreimal hintereinander mit Teofilo, New Approach und Intense Focus gewann.
Ostmann vor dem Hattrick
Eine auf dem Papier völlig offene Angelegenheit scheint der diesjährige Preis des Winterfavoriten in Deutschland zu sein. Wenn es jedoch einen Trainer gibt, der das Rennen in den letzten Jahren entscheidend mitprägte, dann ist das Uwe Ostmann. In den letzten zwei Jahren war er mit Glad Tiger und Globus erfolgreich, andere Sieger aus dem Mülheimer Quartier in dieser Traditionsprüfung hießen Glad Lion, Peppershot oder Bluegrass Native.
2010 schickt Ostmann Zantano ins Rennen. Der Big Shuffle-Sohn hatte zuletzt einiges Pech, als er in Dortmund als 15:10-Favorit in der Startbox hängen blieb. Davor war er Dritter in Düsseldorf, eine halbe Länge hinter dem Sieger Nice Danon, den er Sonntag wieder trifft.
„Hat dieses Pferd ein Herz“, staunte Rennbahn-Kommentator Manfred Chapman nach dem Erfolg von ebem jenen Nice Danon im Zukunftsrennen in Baden-Baden. Genauso wie in Düsseldorf kam der Schimmel aus dem Wöhler-Quartier noch einmal mit viel Kampfgeist zurück, nur verlor der Sakhee-Sohn das Rennen nachträglich am grünen Tisch. Dennoch kommt Nice Danon mit den besten Formen des Feldes an den Start.
Den gleichen Besitzer, aber einen anderen Trainer hat Theo Danon. Bislang liefen die Zweijährigen von Peter Schiergen in dieser Saison meist ausgezeichnet und auch Theo Danon macht da keine Ausnahme. Zuletzt siegte er in Hoppegarten gegen Mawingo. Zweiter Schiergen-Starter im Feld ist Silvaner, der das Dortmunder Rennen mit Zantano leicht gewann, noch etwas grün lief, aber zum Schluss noch gut anzog. Das war das Debüt des Lomitas-Sohnes. Er könnte noch einiges im Tank haben, auch wenn der Zweite die Form danach nicht bestätigen konnte.
Zwei zweite Plätze hat bislang Fly to the Stars auf seinem Konto. Jedes Mal hatte er das Pech, mit Lindenthaler auf einen herausragenden Youngster aus dem Schiergen-Stall zu treffen. Ansonsten sollte Diego nicht unterschätzt werden, auch wenn das Pferd des Gestüt Brümmerhof im Zukunftsrennen chancenlos bleib. Aber da pullte er stark und verbrauchte so seine Energie. Potenzial besitzt auch Ordensritter, während Manchester eindeutig der Außenseiter im Feld ist.
Fazit
In England gehe ich mit Dream Ahead gegen den Favoriten Frankel und auch in Deutschland schaue ich auf die Quote und nehme Zacanto, der schon in Dortmund als gutes Ding gehandelt wurde. Ansonsten ist das Rennen ziemlich knifflig: Aber Nice Danon dürfte die größte Gefahr von vielen sein.
Wieder „Veteran“ Josef Vana, wieder der neunjäjrige Wallach Tiumen: Das Erfolgsteam aus dem letzten Jahr gewann auch 2010 die 210. Velka Pardubicka über weite 6 900 Meter auf der Rennbahn in Pardubice (Tschechien). Für den 57jährigen Vana war es der siebte Erfolg als Jockey und der achte als Trainer in dem Jagdrennen, das als zweitschwerstes Hindernisrennen der Welt nach dem Grand National in Aintree gilt.
Diesmal musste das siegreiche Team allerdings zittern: Denn Besitzer und Trainer des Zweitplatzierten Amant Gris legten Protest wegen Behinderung ein, die Stewards sahen eine solche allerdings nicht. Ursprünglich wollte das Gestüt Albertovec, Besitzer von Amant Gris, vor das Renngericht des JCKK in Prag ziehen, diesen Plan aber wieder verworfen.
Amant Gris scheint zu einer tragischen Figur der Prüfung zu werden: 2008 war der Schimmel als Erster im Ziel, wurde aber disqualifiziert, weil er den falschen Kurs genommen hat. In diesem Jahr unterlag der 12 jährige Wallach nur mit einer Nase.
12 der 19 Starter kamen ins Ziel.
Der Herbst ist im Galopprennsport oft eine Zeit der Träume – besonders bei den Besitzern von hoffnungsvollen zweijährigen Pferden. Die 1000 und 2000 Guineas, die Klassiker im nächsten Frühjahr, sind das große Ziel. Zwei talentierte Youngster gab es am letzten Freitag im englischen Newmarket zu sehen, dazu einen wenig geprüften vierjährigen Hengst, der noch einiges an Reserven haben dürfte. Meine Drei für das Notizbuch.
Dream Ahead, Shadwell Middle Park Stakes (Group 1) – Es war eine Demonstration. Natürlich sind Formen auf weichen Boden gerade bei Zweijährigen mit Vorsicht zu genießen, aber wie Dream Ahead beschleunigte und das achtköpfige Feld mit neun Längen distanzierte, das sah schon nach Rennpferd aus. Mit Strong Suit und Temple Meads (der allerdings völlig aus dem Rennen fiel), dürfte er zwei sehr gute Pferde des Jahrgangs geschlagen haben.
Es war bereits der zweite Gruppe 1-Erfolg für den noch ungeschlagenen Hengst, nachdem er bereits im Darley Prix Morny in Deauville erfolgreich war. „Ich bin sicher, dass er auch über die Meile kommt“, verriet sein Trainer David Simcock hinterher im Racing UK-Interview.
Wahrscheinlich wird Dream Ahead noch mal in den Dewhurst Stakes in Newmarket, dem wohl wichtigsten Zweijährigenrennen auf der Insel, laufen. Dort könnte es dann zu einem Duell mit Frankel kommen, einem anderen Youngster, der derzeit für Schlagzeilen sorgt.
Auch für Simcock war es der zweite Erfolg auf höchster Ebene. 2004 begann er mit zehn Pferden und es ging Jahr für Jahr aufwärts. So richtig etablierte sich Simcock mit dem Erfolg von Darley Sun im 2009er Cesarewitsch, einem dieser englischen Megahandicaps.
Hooray, Adnams Cheveley Park Stakes (Fillies, Group 1) – Bereits im August hatte Hooray mit ähnlicher Taktik in York gewonnen. Start-Ziel von der Spitze aus, immer wieder zulegend, alle Attacken abwehrend – das sah schon damals gut aus. Diesmal wählte Jockey Seb Sanders die gleiche Taktik – und es wirkte noch besser. Denn während Hooray immer wieder neue Reserven offenbarte, sendeten ihre Gegnerinnen frühzeitig Notsignale auf dem weichen Boden. Ein Pferd des Cheveley Park Studs triumphierte in den Cheveley Park Stakes – die Besitzer dürften mehr als erfreut gewesen sein. „Ich war vorher sehr besorgt wegen des Regens“, meinte ihr Trainer Sir Mark Prescott nach dem Rennen. Doch auch ein erfahrener Trainerfuchs wie Sir Mark kann sich mal irren. Skeptisch ist er hingegen, ob die Stute das Stehvermögen für die Meile in den 1000 Guineas besitzt. „Ich glaube nicht, dass sie über die Distanz kommt“, sagt er und hofft, dass er vielleicht doch falsch liegt.
Seit 1970 trainiert Prescott Rennpferde in Newmarket und ist wahrscheinlich der einzige „toff“, mit dem sich der eher linksliberale Guardian anfreunden kann. Der Trainer gilt als jemand, der seine Pferde meisterhaft in den Handicaps placieren kann. Wenn man sich seinen Schnitt Starts/Siege anschaut, dann zeigt das Qualität: In den letzten zehn Jahren lag dieser Schnitt fast immer über 20 Prozent, in diesem Jahr liegt er bei sensationellen 27 Prozent (56 Siege, 210 Starts, Stand 6.10). In Deutschland dürfte besonders Albanova bekannt sein. Mit der Stute gewann Prescott 2004 drei Gruppe 1-Prüfungen, unter anderem den Preis von Europa in Köln.
Cityscape, Nayef Joel Stakes (Group 3)
Es war zwar „nur“ ein Gruppe 3-Rennen, aber auch hier machte der Ton die Musik. Der vierjährige Hengst Cityscape siegte wie ein Pferd, das noch einiges im Tank haben dürfte. Zumal die Gegner so schlecht nicht waren. Sieben Längen Vorsprung hatte der Schützling von Trainer Roger Charlton vor Penitent und Fair Trade. Steve Drowne im Sattel des Siegers hätte den Richterspruch noch durchaus deutlicher gestalten können, so viel hatte er noch in der Hand.
Der Selkirk-Sohn hatte im Quartier von Trainer Charlton schon immer einen hohen Stellenwert. 2008 war er zweijähriger Zweiter in den Juddmonte Royal Lodge Stakes (Gr.2) hinter dem auch in Deutschland gut bekannten Jukebox Jury. Doch nachdem er in den englischen 2000 Guineas 2010 im geschlagenen Feld endete, musste er den Rest der Saison verletzt pausieren.
In diesem Jahr folgte dann das Comeback: Nach zwei Placierungen siegte er zuletzt in Haydock. Im nächsten Jahr könnte Cityscape besonders auf weichem Boden in den Gruppe 1-Prüfungen über die Meile eine gute Rolle spielen.
“Nein“, war am Sonntag Abend meine erste Reaktion, als ich mir das Ergebnis des Prix de la Arc des Triomphe anschaute. Denn der Sieger hieß Workforce , der französische Toto zahlte erstaunliche 86:10.
Dummerweise fiel in diesem Jahr mal wieder ein BVB-Heimspiel auf den gleichen Termin und als das Rennen um 16:05 gestartet wurde, war ich auf dem Weg Richtung Westfalenstadion, wo der BVB dem FC Bayern aus München die Lederhosen ausziehen wollte.
Zudem war in diesem Jahr das Interesse am Arc nicht besonders groß. So richtig überzeugt hatte mich nämlich kein Teilnehmer und so blieb das europäische Monsterennen über 2400 Meter eine wettfreie Zone. Zumal ich – siehe oben – das Rennen nicht live verfolgen konnte.
Doch interessant war schon die Frage, welcher Workforce denn nun in Longchamp auftaucht. Der herausragende Triumphator, der das englischen Derby quasi im Handgalopp gewann? Oder das geschlagene Pferd aus dem King George, als er als Unter-Pari-Favorit abgeschlagen ins Ziel trudelte. Das Vertrauen in den Stoute-Schützling fehlte, zumal am letzten Mittwoch ernste Zweifel auftauchten, ob der Hengst überhaupt startet. Und dann war da noch der Gedanke an Delegator. Der triumphierte ebenfalls überlegen im englischen Derby und ging dann im Arc völlig unter.
Alternativen? Man musste schon sehr patriotisch veranlagt sein, die zwei deutschen Teilnehmer Liang Kay und Wiener Walzer selbst auf Platz zu wetten. Cape Blanco aus dem Stall von Aidan O’Brien hatte einige sehr harte Rennen hinter sich, die er auf dem schweren Boden spüren wird. Auch die zwei französischen Favoriten Behkabad und Planteur standen am Ende einer langen Saison; zudem wette ich in einem solchen Rennen keinen Favoriten – außer dieser fällt in die Kategorie Ausnahmepferd.
Ein Ritt für die Ewigkeit
Um 16:10 (ich etwas später) war die Turfwelt dann klüger. Workforce zeigte sein Epsom-Gesicht und hatte nach einem energischen Ritt von Ryan Moore die Nase knapp vorne gegen den japanischen Gast Nakayama Festa. Es war das übliche raue Rennen und es war imponierend zu sehen, wie Moore Workforce nervenstark durch die Lücken steuerte und danach noch einen fantastischen Endkampf ritt. Zudem hatten die Experten Recht, die bereits im Frühjahr prognostiziert hatten, dass der Schützling von Erfolgstrainer Sir Michael Stoute (der im übrigen seinen ersten Arc gewann) aufgrund seiner Galoppade den weichen Boden kann.
Der Favorit Behkabad wurde Vierter, vor ihm endete noch die Stallgefährtin aus dem Stall des Aga Khans, Sarafina. Die deutschen Teilnehmer blieben chancenlos: Liang Kay wurde 9., Wiener Walzer 12. Ganz verstehe ich die Verantwortlichen von Wiener Walzer nicht: Im Preis von Europa melden sie wegen des weichen Bodens ab, in Paris lassen sie ihn hingegen auf schwerem Boden laufen. Noch einen Platz hinter Wiener Walzer endete Cape Blanco, der irische Derbysieger und der Bezwinger von Workforce in den Dante Stakes in York.
Zum Schluss ein weiterer Leckerbissen vom Arc-Meeting: Goldikova triumphiert mit viel Kampfgeist im Prix de la Foret gegen Paco Boy und Dirk Turpin, nachdem sie Mitte der Geraden fast schon geschlagen schien.
Am Samstag war „Frank’s Day“ auf der Galopprennbahn im englischen Ascot. Denn der zweijährige Hengst Frankel und Jockey Frankie Dettori sorgten für die Schlagzeilen an diesem packenden Nachmittag.
Erst einmal Frankel, ein athletischer zweijähriger Hengst, der allerdings bereits wie ein ausgewachsener Dreijähriger wirkt. Manche Beobachter sehen in ihm schon ein zukünftiges „Wunderpferd“, so was geht in England immer recht zügig. Besonders wenn der Trainer der populäre Henry Cecil ist. „Frankel könnte etwas Besonderes sein“, verriet der Meister der Racing Post und das klingt für jemanden wie Cecil, der sich ansonsten sehr zurückhaltend über seine Schützlinge äußert, schon fast euphorisch. Zumal der Trainer nicht unbedingt als Spezialist für Zweijährige gilt. Auch die Form sagte bislang nicht viel aus: Der Hengst siegte überlegen in einem conditions race in Doncaster gegen gerade mal zwei andere Pferde. Die Zeit war jedoch hervorragend. Kein Wunder, dass die Buchmacher reagierten und Frankel zum Favoriten für die 2000 Guineas und das Derby im nächsten Jahr machten.
Gestern gab es den ersten richtigen Test in den Royal Lodge Stakes (Gr. 2) und den bestand der Galileo-Sohn mit Auszeichnung. Der Hengst, der den Namen des im letzten Jahr verstorbenen amerikanischen Spitzentrainer Bobby Frankel trägt, siegte hochüberlegen. Es waren zwar auch nur vier Gegner (deren Qualität nur schwer einzuschätzen ist), aber mehr als gewinnen kann er nicht.
Der Bruder Bullet Train, auch im Training bei Cecil, hat hingegen so ganz die Erwartungen noch nicht erfüllt. Er siegte zwar in der Derby-Vorprüfung in Lingfield, war aber im englischen Derby meilenweit geschlagen. Das Comeback jetzt in einem Listenrennen missglückte zudem.
Frankies magische Vier
Für Jockey Frankie Dettori ist dieser Renntag Ende September in Ascot immer ein besonderer Tag. Denn 1996 schaffte er an diesem Termin seine berühmten magnificent seven, gewann alle sieben Rennen des Tages. Diesmal reichte es „nur“ zu vier Siegen, aber die zeigten den Italiener mal wieder in absoluter Hochform. Besonders die Erfolge in den beiden Gruppe 1-Rennen des Tages waren ganz großes Kino: In der Meon Valley Stud Fillies Mile triumphierte Dettori mit White Moonstone, in den Queen Elizabeth II Stakes gewann er mit Poet’s Voice. Und jedes Mal hatte er seinen Ritt genau richtig geplant und im Endkampf die Nase vorn vor Johnny Murtagh mit Together bzw. Rip van Winkle aus dem Ballydoyle-Quartier. Und damit dürfte man auch im Godolphin-Quartier ziemlich erleichtert sein, weil man in den letzten Jahr immer etwas im Schatten der anderen Turf-Großmacht Ballydoyle stand.
Vor ein paar Jahren hatte ich mal gedacht, dass bei Dettori so langsam der Schwung raus ist. Zwar gewann er noch seine Rennen, aber diesen große Erfolgswillen, der ihn immer auszeichnete, ließ er vermissen. Das mag auch daran gelegen haben, dass es im Godolphin-Stall nicht besonders lief, weil es schlichtweg an der Qualität der Pferde fehlte.
Doch dieser Eindruck hat sich spätestens im letzten Jahr wieder geändert: Die Godolphin-Schützlinge sind wieder besser dabei und Dettori reitet auch für andere Trainer schöne Erfolge heraus. So gewann er 2009 den Ayr Gold Cup, eines dieser grandiosen Sprint-Handicaps, mit Jimmy Styles und wiederholte diesen Erfolg in diesem Jahr mit Redford aus dem Stall von Dandy Nicholls. Und eine Woche nach dem schottischen Erfolg triumphierte dieser Redford am Samstag mit Dettori im Sattel gegen im totesport.com Challenge Cup, einem mit 150 000 Pfund dotierten Handicap.
Die Älteren können sich noch erinnern: Frankie Dettori wird 1996 zum Schrecken aller Buchmacher, als er alle Rennen des Tages in Ascot gewinnt.
Manchmal gönne ich mir das Vergnügen: Dann schaue ich abends bei Racebets Trabrennen aus Schweden, obwohl mich ansonsten der Trabrennsport weniger interessiert. Trabrennen in Schweden sind aber irgendwie Kult – besonders, nachdem ich mal zwei nette und unvergessene Renntage auf der Trabrennbahn in Arvika verbracht habe. Besonders der zweite Tag war auch finanziell äußerst lukrativ.
So etwas verbindet natürlich und seitdem die Rennen abends live im Stream zu sehen sind, riskiere ich schon einmal ein oder zwei Euro Einsatz, in der Regel auf Sieg. Die meisten Schweden wollen hingegen das große Geld mit möglichst wenig Einsatz. Das können sie auch haben: Sie müssen nur sechs oder sieben Sieger in nacheinander folgenden Rennen treffen. V65 oder V75 sind quasi sechsfache oder siebenfache Schiebewetten – und höchst populär. Bei der V75 liegt der Umsatz bei bis zu 10 Millionen Euro, die Wette ist quasi „Schwedens Lotto“. Da kann man nur sagen: Glückliche Schweden, denn auf Pferde zu wetten ist doch interessanter als Zocken auf blöde leblose Zahlen.
Wer keine Ahnung gibt, für den gibt es „Harry Boy“, ein Computersystem, das beim Ausfüllen des Wettscheines hilft. Weil die Umsätze so gut sind, gibt es höchstattraktive Quoten. Spielen kann man die Wetten in Läden im ganzen Land – überall dort, wo das ATG-Zeichen leuchtet.
Randsport
Spätestens da stellt sich die Frage, warum funktioniert das in Schweden und warum scheitern solche Wetten in Deutschland? Die deutsche Traberfraktion hatte es erstmals Anfang der neunziger Jahre mit der V 65-Wette probiert, das Ergebnis war ernüchternd. Einer der letzten Innovationen im deutschen Galopprennsport war die Top 6-Wette, die Ostern 1999 startete. Auch diese scheiterte, weil die Verantwortlichen keine neue Zielgruppen erreichten, die Umsätze zum Schluss beschämend schlecht waren und die Quoten entsprechend mäßig. Obwohl der Markt damals einfacher war, weil die Konkurrenz durch die Fußballwetten noch nicht so stark war. Immerhin gab es eine kontinuierliche Fernsehpräsenz auf ntv, konnten die Wetten auch per Telefon placiert werden. So etwas wie die ATG-Läden, wo auch der Kunde fernab von Buchmachern und Wettannahmestellen seine Wette platzieren konnte, fehlte jedoch. Der weite Bereich der Online-Wetten befand sich noch in der Startphase.
Es hätte viel Zeit, Geld und Geduld gebraucht, um so eine Wette erfolgreich am Markt zu platzieren. Weil eben der Galopprennsport in Deutschland nur eine Randsportart ist.
Und heute? So eine deutschlandweite Wette würde dem deutschen Turf gut tun, aber das scheint in diesen schwierigen Zeiten derzeit utopisch zu sein. Immerhin kann man die schwedische V75 auch im Internet spielen. Zum Glück für den deutschen Turf wetten ja Galoppfreaks nicht auf Trabrennen. Oder etwa doch?
Es drohen vier Tage hochklassiger Rennsport auf der Insel: Im nordenglischen York begann heute das Ebor Festival, das höchstdotierte Meeting in Nordengland. Besonders für die von ihren Kollegen aus dem Süden manchmal etwas belächelten dortigen Trainer und Besitzer sind die vier Tage auf dem Knavesmire eine Prestigeveranstaltung ohnegleichen. „Das ist unser Ascot“, erklärte ein zufriedener Trainer Tim Easterby, nachdem sein Schützling Hamish Mac Gonagall das erste Rennen des Tages am Dienstag gewann. Und der Kolumnist ärgert sich, dass er sich für Captain Dunne, das andere Easterby-Pferd, entschieden hatte. Der lief zwar auch ein gutes Rennen, hatte aber keine Siegchance.
Der erste Tag bot einiges an Höchstleistungen: So setzten die königsblauen Godolphin-Farben ihren Höhenflug vom Wochenende fort. Rewilding imponierte bei seinem Erfolg im Great Voltigeur (Gr.2) gegen die Ballydoyle-Vertreter Midas Touch sowie Joshua Tree und steht jetzt in deutlicher Favoritenrolle für das englische St. Leger in Doncaster.
Johnny kam spät
Im Juddmonte International (Gr.1) hatte hingegen mit Rip Van Winkle der Ballydoyle-Insasse die Nase vorn. Johnny Murtagh hatte lange gewartet und fing mit starkem Schlussakkord noch Twice Over und den französischen Gast Byword ab – Rennsport vom allerfeinsten. Und auch der Kolumnist feierte ein Erfolgserlebnis, als sein Tipp Puddle Duck im Nursery-Rennen für die Zweijährigen auf und davon ging.
Bis einschließlich Freitag rennen die schnellen Pferde noch in York. Im Mittelpunkt am Mittwoch steht das Ebor-Handicap, eines der Wettrennen des Jahres auf der Insel. Donnerstag ist Ladies Day mit den Yorkshire Oaks und am Freitag rücken die Sprinter in den Nunthorpe Stakes, wahrscheinlich mit dem grandiosen Borderlescott, in den Focus. Dazu kommen an den drei Tagen weitere Gruppe- und Listenrennen und als Reifeprüfung für den Wetter schwer entzifferbare Handicaps.
Der einzige Nachteil des Festivals ist, dass die Veranstaltung in der Woche am Nachmittag stattfindet. Nichtsdestotrotz ist die Bahn gut besucht, 25 Pfund Eintritt für eine normale Grandstand-Karte sind für deutsche Verhältnisse teuer, im Vergleich zu Ascot oder auch Goodwood im Süden aber fast schon ein Schnäppchen….
Beim Galopprennen ist es wie im richtigen Leben: Es zählen nur die Gewinner, von den Verlierern spricht man nicht. So war es auch nach dem King George VI and Queen Elizabeth Stakes am Samstag auf der Galopprennbahn in Ascot:
Mit 11 Längen Vorsprung distanzierte Harbinger, trainiert von Sir Michael Stoute, in einem der wichtigsten englischen Rennen ein – zumindest auf dem Papier – hochklassiges Feld. Zur kleinen, aber feinen Gegnerschaft gehörten der englische Derbysieger Workforce, der irische Triumphator Cape Blanco sowie Youmzain und Daryakaya, zwei bewährte Gruppe 1-Pferde.
Und schon gehen die Diskussionen auf der Insel los: Zählt dieser Harbinger jetzt zu den besten Rennpferden aller Zeiten? Besser als das letztjähriger „Ausnahmepferd“ Sea The Stars oder Pferde wie Secretariat oder Sea Bird – Vollblüter, die weit vor meiner Zeit gelaufen sind. Jedenfalls hat der englische Handicapper dem Dansili-Sohn mit 135 das bislang beste Rating der Saison verpasst. Mehrere Buchmacher reagierten ebenfalls und senkten seine Quote für den Arc auf (lächerliche) 2:1.
Aufsteiger auf dem Gipfel
Eines steht fest: Das Pferd von Highclere Thoroughbred Racing, in deren Farben schon der Derbysieger Motivator lief, ist vierjährig noch mal ein Stück besser geworden. Der Sieg im King George war sein erster Gruppe I-Erfolg und der vierte Sieg bei vier Starts in diesem Jahr. Davor triumphierte er in den Gruppe 2-Hardwicke-Stakes in Royal Ascot, besiegte dort Duncan und Barshiba – beide haben solide Klasse, aber kein Gruppe I-Potenzial.
Für die These, dass Harbinger einer der besten aller Zeiten ist, spricht die Leichtigkeit, mit der das Feld distanzierte. Das Gegenargument: Der Derbyjahrgang 2010 auf der Insel hat wenig Klasse, Youmzain hat seine besten Zeiten hinter sich und Darikaya ist auf weichem Boden stärker einzuschätzen.
Und damit kommen wir zur Enttäuschung des Rennens: Das kann nicht der gleiche Workforce gewesen sein, der im englischen Derby seine Gegner wie Anfänger stehen ließ. Von seinem berühmten „turn of foot“ war im King George nichts zu sehen: Spätestens als sein Stallgefährte Harbinger an ihm vorbei zog, war das Rennen für den englischen Derbysieger gelaufen, der hinterher nur den Pacemaker Confront hinter sich ließ. Jockey Ryan Moore nannte den
Boden als Grund, warum sein Pferd so schlecht lief. In Ascot war der Boden gut, in Epsom gut bis fest, aber irgendetwas muss Moore ja wohl sagen so kurz nach dem Rennen.
Zum zweiten Mal blieb Workforce damit hinter Cap Blanco, die überragende Form aus Epsom wirkt wie ein Zufallstreffer. Der englische Derbyjahrgang scheint nicht besonders gut zu sein. Nur: Es war erst sein vierter Lebensstart und Ryan Moore als Stalljockey, der die Wahl zwischen Workforce und Harbinger hatte, entschied sich für Ersteren. Und ein Pferd, das zu den Besiegten im Epsom Derby gehörte, sorgte später für Furore: Buzzword distanzierte die deutsche Spitze im deutschen Derby.
Morgen ist es wieder soweit: Royal Ascot beginnt am Dienstag. Das königliche Festival auf der berühmten Galopprennbahn in der englischen Graftschaft Berkshire ist beste britische Tradition. Feedback gibt es dann auch von deutschen Zeitungen und Zeitschriften, für die Galopprennen ansonsten ein Buch mit sieben Siegeln sind. Wobei die Pferde weniger interessant sind: Irgendein ein Royal auf Freiersfüßen, Promis im Frack und überdimensionale Hüte machen sich gut auf den bunten Seiten der Blätter.
Manche meinen ja, dass die Galopprennen bei diesem englischen Oberschichten-Besäufnis nur stören. Aber es ist eben Tradition und die ist auf der Insel heilig. So gibt es wieder Flachrennen der absoluten Extraklasse zu sehen. Allein die ersten drei Rennen der Karte am Dienstag sind – und hier passt der Ausdruck absolut – der völlige Hammer.
Der australische Gast Nicconi bei seinem letzten Erfolg
Es geht los mit den Queen Anne Stakes, Gruppe 1-Rennen über die 1600 Meter. Und es kommt zum Showdown von Paco Boy, Rip Van Winkle und Goldikova, den drei besten europäischen Pferden über die Meile. „The Big Three lock horns“ würde die Racing Post titeln. Allein bei diesem Rennen bekommen manche feuchte Hände.
Es folgen die schnellen Pferde in den King’s Stands Stakes über 1000 Meter, natürlich auch Gruppe 1. In der Prüfung waren in den letzten Jahren australische Sprinter sehr erfolgreich. Seit 2003 gab es vier Gewinner aus Down Under, keinWunder, dass der Favorit Nicconi aus Australien kommt. Mit dabei vom fünften Kontinent ist auch Gold Trail. Auf sie wartet die englische Sprint-Elite, unter anderem Kingsgate Native, Borderlescott, Equiano oder Total Gallery. Eine weitere Prüfung zum Genießen…
Aber es kommt noch besser: In den St. James Stakes für dreijährige Pferde über die Meile trifft der englische 2000 Guineas-Sieger Makfi auf den irischen Triumphator Canford Cliffs und den Zweiten aus England und Frankreich, Dick Turpin. Was will man mehr?
Workforce, Lope De Vega oder „entscheidend is auffem Platz“
Es war ein aufregendes Rennsportwochenende: Mit dem englischen und französischen Derby standen die vielleicht wichtigsten europäischen Klassiker auf dem Programm. Und es gab reichlich Diskussionsstoff danach.
Das Schönste an Rennen wie dem englischen Derby ist, dass man mit jedem eindrucksvollem Sieger meint, man habe ein neues „Wunderpferd“ gesehen. Weil auch im Galopprennsport alle nach Helden lechzen.
Wie gut ist also Workforce, Triumphator 2010 in Epsom? Die Fakten: Es war erst der dritte Start im Leben und der Hengst – übrigens auch Derby-Tipp dieser Kolumne – zeigte sich gegenüber dem zweiten Platz in den Dante Stakes in York sehr, sehr, sehr verbessert. Das sah schon richtig nach Extraklasse aus, wie er beschleunigte und leicht und locker mit sieben Längen Vorsprung gewann. „Ich habe noch nie ein Mitteldistanz-Pferd geritten, das so beschleunigt und ich war noch nie so schnell um den Bogen in Epsom“, sagte Jockey Ryan Moore hinterher. Was bemerkenswert ist: Denn sonst sagt Moore eigentlich nie etwas gegenüber der Presse.
Weiterer Beweise der Extraklasse: Mit 2 min. 31,33 war Workforce um eine Sekunde schneller als Lammtara, seit 1995 Rekordhalter über die 2400 Meter auf dem Kurs in Epsom. Der Handicapper wird ihn höher einschätzen als den letztjährigen Gewinner Sea The Stars oder Authorized, 2007 hochüberlegener Sieger.
Doch was ist die Form wert? Die Rekordzeit war auch der Verdienst des 100:1-Außenseiters At First Sight aus dem Stall von Aidan O’Brien, eigentlich als Pacemaker für seine höher eingeschätzten Stallgefährten Jan Vermeer und Midas Touch vorgesehen. Jockey Seamie Heffernan drückte vorne richtig auf die Tube, löste sich vom Feld und nur der spätere Sieger zog an ihm vorbei. Zuletzt rückte der Godolphin-Schützling Rewilding dem Zweiten noch nahe, vorbei kam er aber nicht.
Dennoch wirft das gute Laufen von At First Sight, zuletzt sechs Längen hinter seinem Stallgefährten Midas Touch, einige Fragen auf. Entweder ist er
• viel besser als seine Vorformen,
• sind seine beiden Stallgefährten schlechter als gedacht,
• oder hat Ballydoyle ein großes Gamble mit dem Pferd geplant, dass am höchsten am Toto steht.
Variante 3 schließe ich mal aus. Zum einen, weil die Ballydoyle-Verantwortlichen so viel Geld haben, dass sie irgendwelche Wetten nicht nötig haben. Andererseits wäre der Starting-Preis deutlich niedriger als 100:1 gewesen, wenn signifikante Beträge unterwegs gewesen wären. Also muss es eine Mischung der Punkte eins und zwei sein.
Die perfekte Revanche
Und wenn man Formen wirklich ernst nimmt, dann hätte Cape Blanco, der Bezwinger von Workforce in York, im französischen Prix Du Jockey Club in Chantilly spazieren gehen müssen. Hat er aber nicht gemacht, im Gegenteil – er spielte überhaupt keine Rolle. Der Sieger im französischen Derby trägt den Namen Lope De Vega, wird trainiert von Altmeister Andre Fabre, gewann bereits die französischen 2000 Guineas und wurde höchst cool geritten von jungen Maxime Guyon, der den Shamardal-Sohn aus der äußeren Startbox 20 schnell nach innen ins Vorderfeld brachte und am Ende leicht nach Hause kam.
„Das ist eine unglaubliche Überraschung“, sagte hinterher sein deutscher Besitzer Dietrich von Boetticher, für dessen Gestüt Ammerland der Hengst startet. Denn auch sein Patron war nicht überzeugt davon, dass der Guineas-Sieger das Stehvermögen für 2 100 Meter (die Franzosen sind irgendwann mal in der klassischen Derbydistanz von 2 400 auf 2100 Meter gegangen) hat. Aber, um einmal die Worte von BVB-Legende Addi Preißler zu zitieren: „Entscheidend is auffem Platz“. Und so triumphierte der Shamardal-Sohn – und die Turf-Welt war um eine Anekdote reicher. Denn Shamardal hatte einst das französische Derby mit einer Nase gegen von Boettichers Hurricane Run entschieden.