Kauto Star, Denman und Big Bucks grüßen aus den Ferien
Derzeit liegt meine Konzentration zwar hauptsächlich auf der Fußball-Europameisterschaft, selbst das Union-Rennen als wichtigste Vorprüfung zum Deutschen Derby spielt nur die zweite Geige. Die englischen Hürdenrennen im Winter sind ganz weit weg. Oder? Die Paperazzi auf der Insel sind ganz weg. Denn sie haben sie entdeckt: auf einer Wiese irgendwo in Mittel-England. Einige der wichtigsten Protagonisten der letzen Jahre relaxen dort und genießen ihre Sommerfrische: Kauto Star, Denman, Sanctuaire und Seriensieger Big Bucks. Die nächste Getränkerunde geht auf ihren Trainer Paul Nicholls...
Bei Turf-Times gibt es immer eine schöne Rubrik, die heißt “Googeln Sie einen Sieger“. Das machen wir jetzt auch einmal und suchen nach Camelot, seit heute Nachmittag überlegener Sieger des englischen Derbys 2012 vor Main Sequence, dem Tipp dieser Kolumne. Nun muss sich jedoch das Team des Zweiten nicht schämen, denn offenbar könnte der noch ungeschlagene Schützling von Trainer Aidan O’Brien der nächste Superstar der Szene sein. Jedenfalls sah der Erfolg in Epsom mit Trainer-Sohn Joseph schon mal richtig nach Rennpferd aus – wie auch die Triumphe in den englischen 2000 Guineas oder in der Racing Post Trophy.
Nun aber zu unserer Suche: „Camelot ist der Hof des mythischen britischen Königs Artus. Die gleichnamige Sage benennt zahlreiche Personen, die an diesem Hof gelebt haben“, heißt es bei wikipedia. Da ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Filme, Bücher und Spiele das Thema vertiefen. Der witzigste und schrägste Film zum Thema kommt zweifellos von Monty Python, der englischen Komikertruppe, die sich in Ritter der Kokosnuss auf die Suche nach dem heiligen Gral begibt und natürlich auch in Camelot vorbei schaut. Und zu Ehren des neuen englischen Derbysiegers hat die wackere Truppe um König Artus, Sir Lancelot und Sir Robin ein Lied angestimmt.
Neun Pferde kommen im englischen Derby am Samstag auf der Berg- und Talbahn zu Epsom an den Start und es gibt einen klaren Favoriten: Camelot könnte der nächste Superstar aus dem Quartier von Aidan O’Brien sein, der Montjeu-Sohn steht bei allen Buchmachern unter 20. Allerdings: O’Briens Bilanz im englischen Derby ist für seine Verhältnisse eher mau. Erst zwei Sieger – Galileo und High Chaparal – stellte O’Brien im immer noch prestigereichstem Rennen der Welt. Der letzte Erfolg liegt auch schon ein paar Jährchen zurück. In den letzten drei Jahren landeten die Ballydoyle-Schützlinge immer auf Platz 2, im letzten Jahr versaute Pour Moi ganz knapp die Party. Immerhin hatten die Herren Magnier, Tabor und Smith (die Macher von Ballydoyle und Coolmore) den Derbysieger vor dem Rennen gekauft, nur der Trainer war Andre Fabre aus Frankreich.
Wer gewinnt 2012? nurpferdeundfussball hat eine lukrative Alternative zum Favoriten gefunden – noch ungeschlagen, aber eben nicht so blaublütig. Die wichtigsten Teilnehmer im Überblick
Camelot (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Joseph O’Brien): Noch ungeschlagen, zuletzt Sieger in den englischen 2000 Guineas, davor erfolgreich in der Racing Post Trophy in Doncaster, beides über 1600 Meter. Das sah alles sehr beeindruckend aus, zumal man immer den Eindruck hatte, dass Camelot noch bequem einen Gang zulegen kann. Als Montjeu-Sohn sollte er zudem über längere Distanzen noch stärker sein. Sein Trainer hat keine Bedenken wegen des Stehvermögens, er fürchtet eher, dass sein sensibler Schützling Probleme mit der Bahn in Epsom und dem Derby-Umfeld hat. Quellen: Sporting Life, Turf-Times.
Bonfire (Trainer Andrew Balding/ Jockey Jimmy Fortune): Ein hoch interessanter Teilnehmer. Zum einen als Sieger der Dante Stakes, der immer noch wichtigsten Derby-Vorprüfung und dann natürlich aus deutscher Sicht als Nachkomme von Manduro. Trainiert wird der Hengst von Andrew Balding. Das ist alter englischer Turfadel, sein Vater Ian Balding betreute einst die große Sprinterin Lochsong und weit vor meiner Zeit ein Pferd namens Mill Reef, 1971 (!!!) Sieger des Derbies. Dem möchte der Sohn nacheifern und Bonfire ist bislang die beste Chance für den Junior. Der Erfolg gegen Ektihaam in York sah viel versprechend aus, zumal der Zweite ein gutes Pferd ist. Auf dem Papier gibt es leichte Bedenken wegen des Stehvermögens: Manduro hat zwar über 2400 Meter gewonnen, war aber ein besseres Pferd über Distanzen um die 2000 Meter. Quelle: Sporting Life
Main Sequence (Trainer David Lanegan/Jockey Ted Durcan): Das Überraschungspaket, das sein erstes Rennen als 50:1-Schuss gewann. Das mag daran liegen, dass David Lanegan gegenüber den großen Trainernamen doch noch eher ein Unbekannter ist. Vier Starts, vier Siege lautet die Bilanz, zuletzt gewann Main Sequence den Lingfield Derby Trial über die Derbydistanz von 2400 Metern. Was mir an dem Hengst gefällt, ist sein Speed – höchst eindrucksvoll im Derby Trial in Lingfield zu bewundern. Natürlich muss sich Main Sequence noch weiter steigern. Der in Lingfield besiegte Shantaram ist zwar noch sieglos, gilt aber im Gosden-Quartier als bester Dreijähriger. Stehvermögen ist zudem eindeutig da.
Da ist es nicht verwunderlich, dass er bei einigen Tipstern wie wie diesem von ATR als gutes Ding gilt.
Astrology (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Ryan Moore): Auch wenn mit Ernest Hemingway ein Kandidat in den Dante Stakes patzte, scheint der O’Brien-Stall auch 2012 wieder gut gerüstet. Neben Camelot schickt Ballydoyle mit Astrology einen weiteren starken Kandidaten. Der Galileo-Sohn gewann hochüberlegen die Dee Stakes in Chester, auch wenn seine stärksten Gegner an diesem Tag ziemlich indisponiert wirkten. Das mag am schweren Boden gelegen haben, den Astrology in Epsom nicht antreffen wird.
Thought Worthy: (Trainer John Gosden/Jockey William Buick): Als potenziellen „St. Leger-Kandidaten” bezeichnete die Sporting Life den Gosden-Schützling nach seinem zweiten Start. Im Klartext: Thought Worthy ist auf längerer Distanz noch besser aufgehoben. Das St. Leger ist dann laut Trainer auch das Hauptziel, das Derby nur die Kür. Veranlagtes Pferd, aber gewinnen? Wäre eine Überraschung…
Mickdaam (Trainer Richard Fahey/Jockey Paul Hanagan): Erster Derbystarter für Trainer Richard Fahey; Mickdaam verdiente sich diesen Start durch seinen Sieg in der Chester Vase auf schwerem Boden. Schwer wird der Boden nicht sein, geschlagen hat er immerhin Model Pupil aus dem Hills-Stall. Aber so ganz traue ich seinem Stehvermögen nicht.
Außerdem am Start: Cavaleiro (Trainer Marcus Tregoning/Jockey Hayley Turner – ihr erster Derby-Ritt) Minimise Risk (Trainer Andrew Balding/Jockey Jamie Spencer) Rugged Cross (Trainer Henry Candy/Jockey Dane O’Neill)
Urteil:
Es gibt keinen Unverlierbaren im Turf. Darum ist Main Sequence die Alternative zum Unter-Pari-Schuss Camelot. Bonfire ist ebenfalls brandgefährlich.
Schon mal ein kleiner Appetizer für das englische Derby: 1971 triumphierte Mill Reef auf der berühmten Bahn in Epsom in den schwarz-goldenen Farben von Paul Mellon. Der Name des Trainers: Ian Balding. 42 Jahre später will Andrew Balding, sein Sohn, in seine Fußstapfen treten. Bonfire soll Mill Reef folgen, ist zweiter Favorit hinter Camelot. Auch deutsche Interessen blicken auf den Balding-Schützling: Denn der Vater des Hengstes heißt Manduro, war 2004 Winterfavorit in Deutschland und später mehrfacher Gruppe 1-Sieger in Frankreich und England.
Für viele war es ein langes Turf-Wochenende mit hochklassigem Protagonisten: Frankel in England, Danedream in Baden-Baden, zudem das Dante-Meeting in York und das Frühjahrsmeeting in Iffezheim in der Nähe von Baden-Baden. Eine Bilanz dieser drei Tage.
Donnerstag, 17.5.2012
Es ist Christi Himmelfahrt und traditionell Renntag auf der Dortmunder Galopprennbahn in Wambel. 1985 war ich zum ersten Mal an diesem Tag auf dem Dortmunder Hippodrom und eines hat sich nicht verändert: Die örtliche Sparkasse sponsert und verteilt Unmengen an Freikarten. Die Bahn ist richtig voll – so voll, dass es schon fast keinen Spaß mehr macht, überall lange Schlangen. Obwohl ich so einige Bereiche kenne, wo es nicht so voll ist, gehen einem irgendwann die Menschenmassen auf den Geist. Ich weiß auch nicht, ob ich mir den Renntag zukünftig noch antue, zumal das interessanteste Rennen – Preis der Sparkasse Dortmund als Derbyvorprüfung für dreijährige Pferde – erst mal weg ist.
Fünf Mal gewinnt an diesem Tag Jockey Eddie Pedroza, doch weil ausgerechnet die 12:10-Chance Laeyos scheitert, gehen so manche Pedroza-Schieben kaputt. Amare mit Norman Richter siegt im Hauptereignis des Tages nach einem mutigen Ritt von der Spitze und ist der lebende Beweis, dass die Form von Trainer-Newcomer Paul Harley stimmt.
Doch sportlich interessanter als Dortmund ist York an diesem Nachmittag, weil dort neben herrlich schweren Handicaps die Betfred Dante Stakes auf dem Programm stehen. Das ist immer noch die wichtigste Vorprüfung für das englische Derby am ersten Juni-Samstag in Epsom.
Auf dem Papier sah es 2012 nach einer offenen Angelegenheit aus, doch im Ziel lieferten sich Bonfire und Ektihaam einen packenden Zweikampf. Am Ende hatte Bonfire eine dreiviertel Länge Vorteil, der Schützling von Trainer Andrew Balding bestätigte damit seine prominente Position im Derby-Wettmarkt. Die
Enttäuschungen des Tages kamen diesmal von den „Großmächten“ Goldolphin und Ballydoyle: Mandean und Ernest Hemingway endeten weit geschlagen als Vorletzter und Letzter, obwohl beide Pferde in ihren großen Quartieren einiges an Reputation besaßen. Viele Godolphin-Vertreter liefen übrigens sehr schlecht beim Dante Meeting, während Ballydoyle immerhin mit Camelot den deutlichen Derby-Favoriten stellt.
In Baden-Baden erweist sich der italienisch-englische Gast Worthadd als eine Nummer zu groß für die deutsche Meiler-Elite. Allerdings fehlte mit Alianthus deren Bester.
Samstag, 19.5.2012
Ich kaufe mir an diesem Samstag keine Racing Post, kann mir aber denken, wen Englands Turfbibel in den Mittelpunkt stellt: Natürlich Frankel, der unbestrittene Superstar des englischen Turfs. Der Hengst behielt seine weiße Weste: Fast mühelos triumphierte er bei seinem Jahresdebüt in den Lockinge Stakes in Newbury.
Auf den Aha-Effekt musste der Zuschauer nicht verzichten: Es war beeindruckend, wie Frankel quasi auf Knopfdruck beschleunigte und sich spielend leicht von seinem Rivalen Excelebration löste. Der Zweite, jetzt trainiert von Aidan O’Brien, hat mein Mitgefühl: Ein tolles Pferd, aber an Frankel kommt er nicht vorbei. Wobei ich die Rolle des Tempomachers Windsor Palace nie so recht verstand, weil der ja nie dazu kam, das Tempo zu machen.
Jedenfalls ist Henry Cecil, der Trainer von Frankel, ein populärer Mann – auch beim englischen Wetter. Nicht anders ist zu verstehen, dass diese den Cecil-Schützling Sir Thomas Chippendale in einem völlig ausgeglichenen Handicap auf 30 herunterwetten. Die englischen Bookies fürchteten mal wieder um ihr Leben, doch wer so einen Kurs nimmt, dem ist nicht mehr zu helfen. Mein Tipp Expense Claim ist zwar schon Wallach, distanzierte diese Blaublüter aber ganz leicht – und das zum Kurs von 80:10.
Enttäuschend verlief hingegen das Jahresdebüt von Ibicenco für Trainer Luca Cumani. Der einstige Schlenderhaner hat zwar erst den Melbourne Cup im November im Visier; zudem brauchen viele Cumani-Pferde oftmals ihre ersten Starts. Aber warum Jockey Kieren Fallon Ibicenco von hinten ritt, um dann eventuell das Rennen mit viel Speed zu gewinnen, ist mir ein Rätsel. Weil der Scirocco-Sohn eben ein Galoppierer ohne großen Speed ist. Ich hatte ihn jedenfalls nicht gewettet.
In Baden-Baden standen Derby und Oaks-Vorprüfungen im Mittelpunkt der Karte, beides Male gewannen Pferde aus dem Stall von Trainer Waldemar Hickst. Secessio, der Triumphator im Iffezheimer Derby-Trial, besitzt jedoch gar keine Nennung für das wichtigste Rennen im deutschen Turf. Von meiner Seite endete dieser Prüfung sehr ernüchternd: Le Pursang lief ziemlich matt und spielte nie eine Rolle. "Never a factor" würden die Engländer schreiben. Der Hengst war mein heimlicher Derby-Mumm. So ganz habe ich ihn aber noch nicht aufgegeben.
Sonntag, 20.5.2012 Danedream, Danedream, Danedream – ein Pferd prägte den Schlusstag des Frühjahrsmeeting. Aber die deutsche Arc-Heldin musste kämpfen, die großartig gesteigerte Ovambo Queen kam der Schiergen-Stute noch richtig nahe. „Die Stute ist erst bei 85 Prozent. Auch dieses Rennen musste erst einmal gewonnen werden. Ihren nächsten Start wird sie im Grand Prix de Saint-Cloud oder in den King George VI Stakes in Ascot bestreiten. Hauptziele sind der Arc und der Japan Cup“, sagte Siegtrainer Peter Schiergen nach dem Rennen. Wenn es nach mir gehen würde, würde ich die Stute am liebsten im King George in Ascot sehen. Aber diese Entscheidung liegt nicht bei mir....
250er Schüsse und heiße Favoriten: Impressionen aus York und Iffezheim
Die Rennsaison ist in vollem Schwung – und endlich auch hier angekommen. Heute beginnen das Frühjahrsmeeting in Baden-Baden und das Dante-Meeting auf der Knavesmire in York, einer meiner Lieblings-Rennkurse auf der Insel. Die Woche hat zudem noch andere Höhepunkte wie die Jahresdebüts der Superstars Danedream und Frankel.
14:40: Erstes Rennen in York, eines dieser schwer entzifferbaren Handicaps, für die der Kurs bekannt ist. Favoritenwetter machen erst einmal lange Gesichter, denn Favorit Flag Officer hängt sofort hinter dem Feld. Frankie Dettori hält den Godolphin-Schützling dann auch an. Am Ende muss Mitfavorit Gatewood gegen den Außenseiter Roman Montague mächtig kämpfen.
15:10: Zweites Rennen, erste Treffer, York war immer gut zu mir. Aber so sicher war ich mir nicht mit Secret Witness, deshalb habe ich auch noch Barnet Fair mit Silvestre da Sousa gespielt und das auch nur für 2,50 Euro. Weil diese Sprint-Handicaps immer ganz schwer zu entziffern sind. Immerhin zahlt der Sieger 150. Secret Witness gewinnt souverän und sein Trainer Ron Harris hat es schon beim Aufgalopp gewusst, dass sein Schützling siegt, so aufgedreht präsentierte sich dieser. Jetzt geht es in Richtung der großen Sprint-Handicaps wie dem Wokingham während der Royal Ascot-Woche.
15:45: Der nächste Wett-Treffer und der stand frühzeitig fest. Denn während Joseph O’Brien auf der Favoritin Twirl schon kräftig arbeitet, sitzt William Buick auf The Fugue noch seelenruhig. Als er dann ernst macht, löst sich die Stute leicht und siegt sehr eindrucksvoll. „Ich wollte ihr ein leichtes Rennen servieren“, sagte Buick hinterher. Dennoch eindrucksvoll, denn die Musidora Stakes sind zwar eine Gruppe 2-Prüfung, aber die Oaks das große Ziel. Hoof It oder Mayson – offenbar gibt es in den Duke of York Totepool Stakes, dem folgenden Sprint über 1200 Meter, nur zwei Pferde. Hoof It-Trainer Mick Easterby, eines der großen Originale des englischen Turfs, gibt vor der Prüfung ein Interview. Schwer verständlich, aber zu verstehen ist, dass sein Schützling gut auf dem Posten ist.
16:15: Diese Sprints – ob Handicap oder Gruppe-Rennen – sind ein Puzzle. Jamie Spencer führt den 25:1-Schuss Tiddliwinks zum Erfolg, dahinter folgt mein Tipp The Cheka, Dritter wird Society Rock. Hoof It lief so, als wenn er diesen ersten Start noch braucht. Mayson enttäuschte schon aus der Startbox, endete abgeschlagen.
16:20: Leider geht das erste Rennen in Baden-Baden zeitgleich mit York ab. In Baden-Baden interessiert mich Mertesacker zum Festkurs von 60, in York versuche ich es mal mit The Fun Crusher aus dem Stall von Tim Easterby.
16:45: In York gewinnt Mulagen dieses auf dem Papier offene Handicap wie ein Pferd anderer Klasse. Sein Besitzer heißt Hamdan Al Maktoum, sein Trainer Markus Tregoning hat einige schwächere Jahre hinter sich. Mulagen scheint ein typisches Produkt seines Trainers zu sein: spätreif und mit vier Jahren bei weitem nicht erfasst. In Baden-Baden werde ich Zweiter mit Mertesacker – natürlich wie das in Deutschland zuletzt immer war. Der Namensvetter des Arsenal-Abwehrspielers hat aber keine Chance gegen Steel Blade
17:20: Schönes Rennen gerade für die Zweijährigen in York. Es ist immer wieder interessant, die Youngster zu beobachten. Die einen wirken so gelassen, als wenn das schon ihr 50. Lebensstart ist, andere sind völlig nervös und aufgelöst, weil alles so neu ist. Um diese Jahreszeit triumphieren oft die kleinen Trainer: Der Wallach mit dem wunderbaren Namen Lastchancelucas (natürlich fällt mir sofort Lucas Barrios ein) gewinnt knapp gegen Mick Easterby-Newcomer Hoofalong. Der Sieger aus dem Stall von Declan Carroll zahlte aber diesmal nicht 100:1. „Das Pferd kennt seinen Job“, sagt sein Trainer. Aber nur im Rennen – außerhalb soll er sich wie ein ungezogener Teenager verhalten.
17:40: „Noch ein Kracher zum Schluss“, meint Racing UK-Präsentator Nick Luck. Ich gehe mit Freund Easterby, Mick diesmal - Namewhatyoulike, noch ein schöner Namen. Bekannte Farben aus dem Hindernisport sind dabei: Trevor Hemmings, Robert Ogden.
18:00: Die rosa-weißen Farben von Robert Ogden haben die Nase vorn: Baccarat aus dem Fahey-Stall ist der Sieger und mich erstaunt immer wieder, was für ein souveräner Jockey Paul Hanagan geworden ist. Diese Karriere hätte ich ihm vor acht oder neun Jahren nicht zugetraut, denn da wirkte er mehr wie ein unsicherer Kantonist. Mein Tipp wird guter Vierter und läuft von vorne ein braves Rennen zugetraut.
In Baden gewinnt diesmal nicht Lotosprinz, der im geschlagenen Feld endet. So genau verfolge ich die deutsche Szene in dieser Saison noch nicht, aber Nachwuchsmann Maxime Pecheur ist offenbar ziemlich talentiert. Das sah sehr souverän auf Integral aus, dem Bruder des Gruppesiegers Intendant. Es war der 50. Sieg für Pecheur, der sich jetzt Jockey nennen darf.
18:25: Ich habe keine Beweise, ob das typisch deutscher Turf ist, aber dass sich Boxentüren früher öffnen, habe ich in England oder Irland selten erlebt. Auf Deutschlands Rennbahnen passiert das aber häufig – und jetzt auch in Iffezheim wieder. Zum Glück war Telliani schnell eingefangen – dennoch: Es kostet Zeit und Geld. Big Red Dragon triumphiert im Ausgleich IV-Sprint, zahlt 150 und ich hätte ihn nie gespielt.
18:45: Einige interessante Pferde in der nächsten Prüfung, dem Preis der Rennbahn Karlsruhe-Knielingen für dreijährige sieglose Stuten. Die eher erfassten und durchaus formstarken Isolo, Saphira und Reine Liberte gegen die kaum geprüften Aliana oder Soprana.
19:20: Terry Hellier (Isolo) fängt den Jockey-Kollegen Andrasch Starke (Abrisham) auf den letzten Metern noch ab. Ich glaube, Hellier wollte schon gefühlte fünfmal aufhören, hat das aber immer revidiert. Gut drauf ist er immer noch. Als ich 1984 erstmals eine Rennbahn ernsthaft betreten habe, da ritt Hellier schon. Starke ist mir erstmals Ende der 80er Jahren aufgefallen: Damals ritt er in Dortmund auf Sand Fletcher zum Sieg und ich hatte diesen gewettet. Schon damals war zu sehen, was für ein Talent da wächst.
19:35: Ich kann doch noch Zielfotos gewinnen in Deutschland: Nokov hat gegen Navaja die Nase vorn. Eigentlich wollte ich nichts machen, aber dann habe ich doch eine kleine Wette auf den Sieger gemacht, weil das ein Pferd ist, das in Baden-Baden immer gute Rennen läuft. Erneut wie bei Isolo der Besitzer Stall Molenhof und Jockey Terry Hellier, nur die Trainerin war diesmal Nadine Verheyen. Es sind immer lukrative Ausflüge von Belgien nach Baden-Baden/Iffezheim.
20:05: Dank PMU ist man sogar relativ pünktlich. Was ein schweres Rennen, dieser Preis der Hotelerie Baden-Baden, das Listenrennen für die Stuten. Beim ersten Blick habe ich mir sechs Pferde angestrichen, nicht dabei die Favoritin Alcina. Die steht mir viel zu tief – aber das ist Schlenderhan und da denkt der deutsche Wetter, dass das eine richtige Granate ist, sonst wäre sie nicht im Rennstall geblieben.
Und da hat der deutsche Wetter richtig gedacht: Alcina gewinnt mit „einem Näschen“ (Rennkommentator Manfred Chapman) gegen Temida - und letztere hatte ich gewettet. Da hat Schlenderhan auch mal wieder was zu lachen.
Die englischen Guineas-Sieger: Eintagsfliege oder Superstar
Pferderennen sind manchmal schon eine komische Angelegenheit, weil so manche Leistung kaum zu glauben ist. In England gab es am Wochenende die ersten Klassiker auf der Flachen – und da triumphierte am Sonntag in den 1000 Guineas auf der Rennbahn in Newmarket Homecoming Queen aus dem irischen Top-Quartier von Aidan O’Brien. Imponierend, wie die Stute gewann – hoch überlegen, von der Spitze aus, am Ende waren es neun Längen Vorsprung vor Starscope.
Als ich das Rennvideo das erste Mal sah, dachte ich: Das hat ja was von Frankel, dem Ausnahmepferd, das im letzten Jahr in den 2000 Guineas triumphierte. Aber eigentlich kann diese Form nicht stimmen. Denn die Siegerin war kein „dunkles“, wenig geprüftes Pferd, es war bereits ihr 14. Start. Als 25:1-Außenseiter ging die Tochter von Holy Roman Emperor an den Start. Joseph O’Brien hatte sich für die 15:8-Favoritin Maybe (die Dritte wurde) entschieden. Ryan Moore war allerdings ein sehr prominenter zweiter Mann.
Viele dachten dann auch, dass Homecoming Queen das Tempo für Maybe machen werde. Zweijährig gehörte die Siegerin definitiv nicht zur ersten Wahl im großen Ballydoyle-Quartier; immerhin war sie erfolgreich in einem Listenrennen. Zuletzt gewann sie jedoch den 1000 Guineas Trial in Leopardstown gegen Fire Lily.
Da hatte Maybe schon andere Referenzen: In fünf Rennen blieb sie ungeschlagen, gewann unter anderem ein Gruppe 1-Rennen. Der Boden war offiziell nicht schwer, sondern gut bis weich. Es dürfte sehr interessant sein, ob Homecoming Queen diese Leistung bestätigen kann.
Flugzeug
Aber generell scheint der irische Ballydoyle-Rennstall der Herren Tabor und Magnier im klassischen Jahrgang 2012 gut aufgestellt zu sein: Denn mit Camelot, dem Sieger in den englischen 2000 Guineas, verfügt das Quartier über einen Hengst mit überragenden Fähigkeiten.
Schon zweijährig imponierte er ungemein, als er quasi im Handgalopp in der Racing Post Trophy, nach den Dewhurst Stakes das wichtigste Zweijährigenrennen in England, triumphierte. Kein Wunder, dass er als klarer Favorit an den Ablauf kam und auch die Wahl von Trainer-Sohn Joseph war. Gegen French Fifteen musste der Montjeu-Sohn allerdings reichlich kämpfen, am Ende hatte er einen Hals Vorsprung. Viele Beobachter hatten erwartet, dass Camelot das Feld quasi distanziert, galt der Hengst ja bereits als das nächste Wunderkind aus dem irischen Quartier. Dennoch war Trainer Aidan O’Brien ganz zufrieden mit dem Saisondebüt des Hengstes. Zudem ist er derzeit klarer Favorit für das Epsom Derby.
Am Ende trennte sie nach über sieben Kilometern gerade mal eine Nase: Neptune Collonges gewann als 34:1-Chance das Grand National gegen Sunnyhillboy und sicherte damit Champion-Trainer Paul Nicholls den ersten Erfolg in dieser denkwürdigen Prüfung. Doch das Ergebnis überschattete der Tod zweiter Pferde: Ausgerechnet der Gold Cup Sieger Synchronised sowie According to Pete starben nach Stürzen in der umstrittenen Prüfung.
650 Millionen Zuschauer sahen weltweit das „berühmteste Rennen der Welt“ – doch für viele dürfte es eher abschreckend gewesen sein. Aber selbst ich, ansonsten ein großer Anhänger des Hindernissports auf der Insel, habe derzeit keine Lust mehr auf das Grand National.
Denn trotz aller Modifikationen sind die Hindernisse zu schwer, die Distanz zu lang und mit 40 Teilnehmern das Feld zu groß. Dabei sind das erfahrene Pferde, doch selbst diese sind offenbar überfordert. Dieser Anblick, wenn stürzende Pferde durch die Luft wirbeln – ich konnte ihn schon früher nicht ertragen und kann das auch jetzt nicht.
Ein Bekannter von mir hat früher das Rennen immer als „das große Gemetzel“ bezeichnet. Er hat sich vom Rennsport inzwischen ziemlich entfernt und natürlich brechen sich auch Pferde auf der Flachen die Beine, aber dennoch hat er mit dieser zynisch klingenden Einschätzung Recht.
Geldmaschine
Wie es weiter geht? Natürlich werden sich die Verantwortlichen in Aintree um Modifikationen bemühen, aber das Grand National abschaffen? Das wird natürlich nicht passieren, allein schon aus finanziellen Gründen. Für die Buchmacher ist beispielsweise diese „britische Institution“ maßgeschneidert: großes Feld, keine klaren Favoriten, oft gewinnen Außenseiter – all diese Dinge, die die Bookies lieben. Darum ist das National quasi eine Lizenz zum Geld drucken. Es gibt zwar Stimmen wie die von Cornelius Lysaght von der BBC, die meinen, dass die Zukunft des Rennens in Gefahr sei, aber die sind in der Minderheit.
Und ob meine Lustlosigkeit in Sachen Grand National auch im nächsten Jahr noch anhält? Ich bin da eher skeptisch. Interessant sind zudem die Reaktionen der Verantwortlichen des tödlich verunglückten According to Pete. Während Besitzer Peter Nelson erklärt, dass er keine Pferde im National mehr laufen lässt, ist Trainer Malcolm Jefferson anderer Meinung: Die Verletzung von According to Pete hätte auch in jedem anderen Rennen passieren können.
Und natürlich gab es auch im National 2012 diese herzbrechenden Geschichten, wenn hartgesottene ältere Männer weinen vor Glück. „Aintree schuldete mir einen“, stammelte zum Beispiel nach dem Rennen John Hales, der Besitzer des siegreichen Pferdes. Hales bezog sich auf One Man, ein Pferd der Spitzenklasse, das in Aintree einst tödlich stürzte – allerdings nicht über die National-Hindernisse, sondern über den normalen Kurs. One Man war auch ein Schimmel – wie Neptune Collonges.
Englands Buchmacher reiben sich am Samstag wieder die Hände: Das Grand National steht auf der Rennbahn in Aintree bei Liverpool auf dem Pogramm. Das ist ein Ereignis, bei dem scheinbar jeder erwachsene Engländer eine Wette tätigt.
Als deutscher Turf-Freund ist das National-Wochenende immer eine Reise auf die Insel wert. Man muss nicht unbedingt die Rennbahn in Aintree besuchen, zumal die BBC sehr umfänglich überträgt. Aber es ist einfach faszinierend zu sehen, wie so ein Rennen eine ganze Nation fesselt.
Dabei ist das Grand National auch in England nicht unumstritten. Die Bilder des letzten entkräfteten Siegers warben nicht gerade für den Sport. Auch diese Kolumne ist da durchaus gespalten. Einerseits ein großes Spektakel, andererseits schrecken die vielen Stürze einfach ab.
Immerhin haben die Verantwortlichen in diesem Jahr einige Aspekte etwas modifiziert. Meine Wettbilanz in diesem Rennen ist nicht unbedingt inspirierend, wenn es um den Sieger geht. Das Rennen ist natürlich eine ziemliche Lotterie – mit 40 Pferden, den ungewohnten Hindernissen und der langen Distanz. Noch immer ist die Prüfung der ultimative Test in Sachen Steh- und Sprungvermögen.
Wer gewinnt nicht
Fangen wir erst einmal an, wer von den meist gewetteten Pferden nicht gewinnt: Favorit könnte der Gold-Cup-Sieger Synchronised werden – allein schon deshalb, weil mit Tony Mc Coy der bekannteste Jockey im Sattel sitzt und die Einmal-im-Jahr-Wetter ihr Geld auif diesen setzen. Aber Synchronised trägt das stolze Höchstgewicht von 74,4 kg und dann wollen wir mal sehen, wie der Wallach die Strapazen des Gold Cups überstanden hat.
Zu hoch im Gewicht steht mir auch der Vorjahressieger Ballabriggs, obwohl er diese Hindernisse mag und aus einem absoluten Spezialisten-Stall für die Prüfung kommt. Bedenken habe ich zudem bei Junior (Springen), Seabass (Stamina), On his Own (zu unerfahren), Cappa Bleu (überbewertet) und Sunnyhillboy (steht sehr günstig im Handicap, springt aber oft nicht gut).
Wer gewinnt
Ich mag Shakalakaboomboom aus dem mächtigen Henderson-Stall – ein Pferd, das noch Reserven haben sollte und zudem über das nötige Stehvermögen verfügt. Außerdem gefällt mir, dass der Wallach seinen Aufgalopp in einem Hürdenrennen absolvierte. Das war in den letzten Jahren immer ein gutes Zeichen.
Wenn der Boden am Samstag schwer sein sollte, dann verdient West End Rocker besondere Beachtung. Denn auf so einem Boden gewann der Wallach die Becher Chase über den Kurs; auch sonst scheint er Stamina ohne Ende zu haben. Im letzten National fiel er übrigens am berüchtigten Beechers Brook.
Ansonsten gefallen mir noch Killyglen, Organizedconfusion (ein Lavirco-Sohn, mit 7 Jahren aber vielleicht noch etwas unerfahren) und Giles Cross sehr gut.
Nachtrag 18:00: Wer ein Pferd zu hoher Quoten haben will: According to Pete steht 34:1; Trainer Macolm Jefferson hat seine Pferde excellent in Schuss.
Nehmen wir einmal an, ich wäre der deutsche Pricewise, die heimische Version von Tom Segal aus der Racing Post. Regelmäßig würde ich hier in dieser Kolumne ein paar Pferdewetten für das Wochenende ansagen – und Sie würden diesen ergeben folgen, weil diese so erfolgreich sind. Dann hätten Sie aktuell ein Problem: Es geht derzeit nämlich gar nichts. Seit Weihnachten läuft erfolgsmäßig kaum noch etwas. Dabei habe ich ansonsten eine ordentliche Bilanz in englischen Hindernisrennen– auch wenn es mal schwächere Perioden gab. Die letzte liegt jedoch schon längere Zeit zurück.
Das letzte Wochenende war typisch. Wobei die letzte Folter erspart blieb. Besonders grauenhaft ist es, wenn die Siegtipps nur knapp geschlagene Zweite werden. Am letzten Samstag liefen meine Pferde aber weit hinterher.
Dabei könnte ich zurzeit jeden Wettgewinn gut gebrauchen, zumal auch noch meine Waschmaschine am Wochenende den Geist aufgegeben hat. Aber wie das so ist: Wenn es gut im Leben läuft, läuft es auch auf der Rennbahn gut – umgekehrt gilt das ebenso.
Die Malaise begann im ersten Rennen in Ascot, als Bunclody stürzte. Im vierten Rennen schwankte ich zwischen Joseph Lister und Smad Place. Die Wahl fiel auf Joseph Lister auch wegen der angeblich besseren Quote, zudem sagte Trainer Alan King in der Racing Post, dass Smad Place das Rennen wahrscheinlich noch benötigt. Er sagte aber auch, dass sein Schützling dennoch gut laufen würde. So war es dann auch: Smad Place gewann, der als Favorit herunter gewettete Joseph Lister wurde
Vierter.
Endlich Somersby
Die nächste Enttäuschung trug den Namen Wishfull Thinking, der diesmal völlig chancenlos in der Victor Chandler Chase gegen Finian’s Rainbow blieb. Es siegte mein alter Freund Somersby, im letzten Jahr immerhin hier für die Champion Chase in Cheltenham angesagt. Die gewann der Wallach natürlich nicht.
Die nächste Demütigung folgte in Gestalt von All for Free. Der Wallach war eigentlich mein bester Tipp des Tages, weil er vor 14 Tagen in Sandown so lief, dass ihm die längere Strecke Strecke in Ascot eigentlich passen müsste. Aber grau ist alle Theorie: „Nie dabei“ stand im Rennkommentar und folgerichtig endete All for Free geschlagen im Feld.
Und auch The Sawyer blieb in der Peter Marsh Chase in Haydock letztlich chancenlos. Das war aber auch ein sehr schweres Rennen und der Tipp eher Ausdruck von Hoffnung als von sauberer Analyse. Und so ging es die Wochen zuvor auch immer.
Es gewann übrigens According to Pete. Das war der Pricewise-Tipp und damit setzte Tom Segal seine Serie der letzten Wochen fort. Ist ja auch ein guter Mann, beschäftigt sich ja den ganzen Tag mit nichts anderem. Aber selbst er hat Zeiten, an denen gar nichts geht.
Das letzte richtige Erfolgserlebnis hatte ich hingegen am 19. Dezember auf der Dortmunder Sandbahn: Da hatte ich mich ungeduscht nach dem Sport an den PC gesetzt, in Dortmund stand gerade das erste Rennen mit dem schönen Namen „Galopp 2011 – das Rennjahr auf DVD“ auf der Karte. Es war für dreijährige Pferde, es gab mit Nautika Danon einen klaren Favoriten und den habe ich mit Knock Out im Einlauf für zwei Euro hin und zurück kombiniert. Der 105:10-Schuss Knock Out gewann, der „Heiße“ wurde Zweiter und der Einlauf zahlte sensationelle 360. Also nicht mehr duschen!