Keine Lust mehr auf das National
Am Ende trennte sie nach über sieben Kilometern gerade mal eine Nase: Neptune Collonges gewann als 34:1-Chance das Grand National gegen Sunnyhillboy und sicherte damit Champion-Trainer Paul Nicholls den ersten Erfolg in dieser denkwürdigen Prüfung. Doch das Ergebnis überschattete der Tod zweiter Pferde: Ausgerechnet der Gold Cup Sieger Synchronised sowie According to Pete starben nach Stürzen in der umstrittenen Prüfung.
650 Millionen Zuschauer sahen weltweit das „berühmteste Rennen der Welt“ – doch für viele dürfte es eher abschreckend gewesen sein. Aber selbst ich, ansonsten ein großer Anhänger des Hindernissports auf der Insel, habe derzeit keine Lust mehr auf das Grand National.
Denn trotz aller Modifikationen sind die Hindernisse zu schwer, die Distanz zu lang und mit 40 Teilnehmern das Feld zu groß. Dabei sind das erfahrene Pferde, doch selbst diese sind offenbar überfordert. Dieser Anblick, wenn stürzende Pferde durch die Luft wirbeln – ich konnte ihn schon früher nicht ertragen und kann das auch jetzt nicht.
Ein Bekannter von mir hat früher das Rennen immer als „das große Gemetzel“ bezeichnet. Er hat sich vom Rennsport inzwischen ziemlich entfernt und natürlich brechen sich auch Pferde auf der Flachen die Beine, aber dennoch hat er mit dieser zynisch klingenden Einschätzung Recht.

Geldmaschine
Wie es weiter geht? Natürlich werden sich die Verantwortlichen in Aintree um Modifikationen bemühen, aber das Grand National abschaffen? Das wird natürlich nicht passieren, allein schon aus finanziellen Gründen. Für die Buchmacher ist beispielsweise diese „britische Institution“ maßgeschneidert: großes Feld, keine klaren Favoriten, oft gewinnen Außenseiter – all diese Dinge, die die Bookies lieben. Darum ist das National quasi eine Lizenz zum Geld drucken. Es gibt zwar Stimmen wie die von Cornelius Lysaght von der BBC, die meinen, dass die Zukunft des Rennens in Gefahr sei, aber die sind in der Minderheit.
Und ob meine Lustlosigkeit in Sachen Grand National auch im nächsten Jahr noch anhält? Ich bin da eher skeptisch. Interessant sind zudem die Reaktionen der Verantwortlichen des tödlich verunglückten According to Pete. Während Besitzer Peter Nelson erklärt, dass er keine Pferde im National mehr laufen lässt, ist Trainer Malcolm Jefferson anderer Meinung: Die Verletzung von According to Pete hätte auch in jedem anderen Rennen passieren können.
Und natürlich gab es auch im National 2012 diese herzbrechenden Geschichten, wenn hartgesottene ältere Männer weinen vor Glück. „Aintree schuldete mir einen“, stammelte zum Beispiel nach dem Rennen John Hales, der Besitzer des siegreichen Pferdes. Hales bezog sich auf One Man, ein Pferd der Spitzenklasse, das in Aintree einst tödlich stürzte – allerdings nicht über die National-Hindernisse, sondern über den normalen Kurs. One Man war auch ein Schimmel – wie Neptune Collonges.