Am zweiten Weihnachtsfeiertag brennt in Großbritannien traditionell sportlich der Baum. Am Boxing Day absolvieren nicht nur die englischen Profi-Fußball-Ligen einen kompletten Spieltag, auch in Sachen Pferdesport geht es mächtig zur Sache. Neun Meetings stehen auf dem Programm – so das Wetter mitspielt. Höhepunkt des Tages ist die Karte in Kempton Park und dort natürlich die King George VI.Chase, ein Jagdrennen der höchsten Kategorie über 4828 Meter. nurpferdeundfussball stellt die Starter vor…
Long Run (Trainer Nicky Henderson/Jockey Sam Waley-Cohen): Der Vorjahressieger: Im Januar 2011, in dem das im Dezember wegen des Schnees ausgefallene Rennen nachgeholt wurde, sprachen alle von Kauto Star. Doch dann kam Nachwuchssteepler Long Run, gewann leicht und ein neuer Stern am Steepler-Himmel erschien. Denn zwei Monate später triumphierte der Wallach aus dem Stall von Trainer Nicky Henderson auch im Celtenham Gold Cup und besiegte die Alt-Heroen Denman und Kauto Star. Das Jahresdebüt als Zweiter in der Betfair Chase hinter Kauto Star war in Ordnung, im King George sollte Long Run nach Meinung seines Besitzers den vollen Schwung haben. Ein würdiger Favorit, außerdem erst sechs Jahre und damit für einen Steepler noch richtig jung.
Kauto Star (Paul Nicholls/Ruby Walsh): Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich mir noch mal das Video der Betfair Chase in Haydock anschaue. „Der alte Mann“ feierte ein triumphales Comeback und zeigte noch mal eine Leistung, die eines Champions würdig war. Kann Kauto Star das wiederholen, könnte er das Rennen zum fünften Mal gewinnen. Der Jubel wird grenzenlos sein, weil die Engländer ihre Champions zu feiern wissen. Vor Haydock hatte ihn Long Run aber bereits zwei Mal geschlagen.
Master Minded (Paul Nicholls/Daryl Jacob): Ein etwas überraschender Teilnehmer aus dem Nicholls-Quartier: Master Minded war das überragende Pferd in den Top-Prüfungen über zwei Meilen. Ganz so gut wie früher ist er vielleicht nicht mehr, aber er ist immer noch ein Pferd, das Top-Rennen gewinnt wie zuletzt in Ascot gegen Somersby. Natürlich ist die Frage nach dem Stehvermögen über drei Meilen die entscheidende Frage. Kempton ist ein flacher Kurs und wenn er die Distanz irgendwie bewältigen kann, dann dort. Gewonnen hat Master Minded aber maximal über 4.200 Meter.
Captain Chris (Philipp Hobbs/Richard Johnson): In der letzten Saison einer der Top-Nachwuchs-Steepler, gewann unter anderem die Arkle Chase über zwei Meilen. Der Saisonauftakt war nicht so erfolgreich in Exeter, als er seinen Reiter ins Gras beförderte, nachdem er noch gut im Rennen lag. Jockey Richard Johnson ist durchaus optimistisch, dennoch stellt sich auch hier die Frage nach dem Stehvermögen. Über 2 ½ Meilen (ca. 4400 Meter) hat Captain Chris bereits gewonnen, zudem mag er die Bahn in Kempton: Bei vier Starts triumphierte er dort drei Mal.
Somersby (Henrietta Knight/Dominic Elsworth): Gutes Pferd, souveräner Springer, aber vielleicht fehlt das letzte Stück Klasse, um so ein Rennen zu gewinnen. Und auch Somersby läuft über eine Distanz, über die er bislang noch nie gelaufen ist.
Diamond Harry (Nick Williams/Jockey noch ?):Vielversprechendes Comeback in der Betfair Chase. Zeitweise sah er wirklich gut aus, doch dann fehlten die letzten Körner. Natürlich muss er sich steigern, aber warum sollte das nicht möglich sein. Immerhin gewann Diamond Harry 2010 das Hennessy. Das logische Pferd für die Überraschung zu einem hohen Kurs.
Nacarat (Tom George/ Jockey noch ?): Grandioser Frontrenner, der in Kempton immer gut läuft, im letzten Jahr lag er lange gut im Rennen. Dennoch ist das eine zu schwere Aufgabe.
Golan Way (Sheena West//Mark Goldstein): Der nächste Außenseiter im Feld, zuletzt erfolgreich in einem Listenrennen in Sandown. Diese Prüfung ist aber eine Nummer zu groß, seine Trainerin sieht es sportlich. Nur die Charakterisierung durch seine Betreuerin ist etwas hart…
Urteil
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Pferde wie Master Minded oder Captain Chris über die längere Distanz kommen. Es sieht alles nach einem Duell zwischen dem Favoriten Long Run und Altmeister Kauto Star aus, aber vielleicht ist Diamond Harry zu einem lohnenden Kurs der lachende Dritte. Man muss ja nicht gerade das Haus draufsetzen….
Timeform hat mal analysiert, wie es anderen prominenten Startern erging, die sich über eine ungewohnte Distanz versuchen. Sehr aufschlussreich…
Noch einmal bebt Turf-Deutschland in diesem Jahr. Danedream, die triumphale Siegerin im Prix de l’Arc de Triomphe, läuft Sonntag Morgen im Japan Cup. Die ganze Woche drückt Galopponline schon auf die Emotionstaste. „Statistiker aufgepasst: Wir können nicht unplatziert“ titelt die
Online Sport-Welt und schreibt, dass die Favoriten in den letzten zehn Jahren immer unter den ersten Dreien waren. Da kann der deutsche Turf-Freund ja wieder beruhigt sein, zumal auch noch Danedreams siebenjähriger Bruder in einer Mega-Aufgabe im englischen Kempton erfolgreich war – Sandbahn wohlgemerkt. Optimisten sollten sich aber den letzten Absatz des Textes schenken, denn dort heißt es, dass in den letzten Jahren die ausländischen Favoriten im Japan Cup immer geschlagen endeten.
Die Kunst der Dialektik – die Galopponline-Macher beherrschen sie zweifellos. Bereits am Donnerstag kamen beunruhigende Nachrichten aus Japan. „Horror-Box 13“ hieß es da und dem Leser lief ein Schauer über den Rücken. Vampire oder Zombies in der Nähe? Nein, es ging nur darum, dass Danedream aus einer äußeren Startbox das Rennen aufnimmt.
Dennoch ist die Stute von Trainer Peter Schiergen klar favorisiert, zumal das stärkste japanische Pferd, Triple-Crown-Sieger Orfevre, nicht an den Start kommt. Im Wettmarkt folgen dann Buena Vista (das ist natürlich nicht der englische Hürdler aus dem Stall von David Pipe) und Tosen Jordan als chancenreichste Vertreter der Heimmacht. Nur zwei weitere Pferde kommen aus Europa: Sarah Lyx und Shareta, die Überraschungs-Zweite aus dem Arc. Eine ausführliche Vorstellung der Starter gibt es hier. Immerhin ist die ARD-Spotschau nach gefühlten 30 Jahren Abstinenz mal wieder vor Ort, wenn Danedream auf den Spuren von Lando, der dieses Rennen 1995 gewann, wandelt.
Da Racing UK mal wieder rumzickt und meint, dass es ein Verstoß gegen das Urheberrecht sei, wenn ich das Video der Betfair Chase hier reinstelle, setze ich einfach mal nur den Link auf die youtube-Seite hier hin. Als wenn das ein großer Unterschied wäre....
Ach, die Engländer und ihre Pferde. Das Schöne am Hindernissport sind doch Bilder wie diese: Kauto Star, eines der herausragenden Pferde im englischen National Hunt-Sport, feierte am Samstag in der Betfair Chase in Haydock ein bemerkenswertes Comeback und zeigte im zarten Alter von 11 Jahren noch einmal der jungen Brigade, was er sprungtechnisch so alles drauf hat.
Es war eine Meisterleistung – und entsprechend feierte ihn die begeisterte Masse. Schon vort dem Rennen gab es im Führring Applaus. Trainer Paul Nicholls sprach hinterher vom „schönsten Tag in seinem Leben“, zumal auch noch Master Minded das wichtigste Rennen des Tages in Ascot gewann.
Das ist schon ganz großes Kino. Am Wochenende waren die Rennen des Breeders Cup auf der Rennbahn Churchill Downs in Kentucky/USA – von den Amerikanern immer großspurig als World Championchips im Galopprennen angekündigt. Nun fehlt zu einer Weltmeisterschaft noch einiges, reicht es eben nicht aus, wenn ein paar europäische Pferde am Ende einer anstrengenden Saison nach Amerika kommen – auch wenn das Vollblüter der Eliteklasse sind.
Dennoch: Es ist ein fantastisches Spektakel, es sind zwei Abende voller Magie, die mich blendend unterhalten haben. Besonders Teil 1 am Freitag, zumal man dort – über einige Umwege – die Übertragungen des US-Sportsenders ESPN bewundern konnte. Natürlich triefte das alles ziemlich vor Pathos, aber gerade aus deutscher TV-Turf-Diaspora-Sicht faszinierte es, wie die Amerikaner so eine Übertragung aufziehen. Zahlreiche Bills und Bobs im Studio analysierten das Geschehen, es gab Interviews mit dem siegreichen Jockey vom Pferd direkt nach dem Rennen. Und dann immer wieder rührenden Geschichten wie die des Senior-Trainers „Scooter“ Dickey, der im hohen Alter mit Flat Out einen chancenreichen Starter im 5 Millionen-Dollar-Spektakel namens Breeders’ Cup Classic stellte. Dazu packende Bilder voller Siegerglück – es ist eine Top-Veranstaltung und so muss man diese kommunizieren.
Stopshoppingmaria
Tag zwei war eigentlich der sportlich wertvollere, aber leider gab es keinen ESPN-Stream, sondern „nur“ den offiziellen Breeders’ Cup-Stream. Der war auch nicht schlecht, aber es fehlte doch etwas die Magie. Keine Ahnung also, was ESPN aus dem knapp gescheiterten vierten Versuch der großen Goldikova, die Breeders’ Cup Mile Turf zu gewinnen, gemacht hat. Wobei Olivier Peslier auf Goldikova da schon einen reichlich „ruppigen“ Ritt hingelegt hat.
Egal, die Amerikaner lieben die Sieger. Riesenaußenseiter etwa wie den Mile-Sieger Court Vision oder den Classic-GewinnerDrosselmeyer. Was für ein Name: Drosselmeyer klingt nach deutscher Musiklehrerin. Oder Haushaltswaren Drosselmeyer. Oder nach einer Romanfigur: Drosselmeyer stand vor mir und riss die Arme hoch. Sein Leben hatte bislang nur wenige Höhepunkte gehabt. Doch dieser Moment gehörte nur ihm…Und natürlich Jockey Mike Smith, im letzten Jahr mit Zenyatta knapp unterlegen.
In der Namens-Hitliste war der Classic-Sieger aber nicht die Nummer 1. Diese Ehre gebührt Stopshoppingmaria, knapp geschlagene Zweite am ersten Tag im Breeders’Cup Juvenile Fillies' Turf.
Trainer Aidan O’Brien rettete die europäische Ehre mit zwei Erfolgen und wird diesen Tag nicht nur deshalb so schnell nicht vergessen. Denn Trainersohn Joseph legte einen fantastischen Ritt auf St. Nicholas Abbey hin und besiegte meinen Tipp Sea Moon. Ansonsten habe ich immerhin zwei Mal getroffen: My Miss Aurelia und Regally Ready, zwei sehr überzeugende Gewinner und beide im Training bei Steven Asmussen. Seinen Bruder Cash mochte ich nie als Jockey, aber der Bruder ist in Ordnung. Und irgendwann werde ich auch einmal lernen, dass europäische Pferde auf Dirt chancenlos sind gegen die amerikanischen Spezialisten. Auch wenn sie So You Think heißen…
Der Melbourne Cup 2011: Noch ist der ehemalige Schlenderhaner Illo an der Spitze, im Ziel wurde es aber reichlich knapp.
Ich weiß nicht mehr, was ich am 18. Januar 2009 gemacht habe. Oder am 8. März des gleichen Jahres – die Chancen, dass ich an diesen Tagen auf der Galopprennbahn in Dortmund-Wanbel war, sind aber gering. An diesen Tagen lief auf dem Allwettergeläuf ein dreijähriger Hengst, trainiert von Doris Smith und im Besitz von Jetty van der Hulst. Das Pferd hieß Dunaden und wurde bei seinem Debüt im Januar Dritter, deutlich geschlagen von Pferden wie Marito oder Bello Incredible. Im März steigerte der Nicobar-Sohn (ein Deckhengst, der mir eigentlich überhaupt nichts sagt) seine Form und belegte Platz 2 hinter Jenissej, diesmal nur um 1,25 Längen geschlagen.
Während seine damaligen Bezwinger heute längst vergessen sind, machte der Geschlagene hingegen Karriere. Zweieinhalb Jahre später gewinnt eben dieser Dunaden den Melbourne Cup in Australien über lange 3200 Meter. Er triumphierte damit im wichtigsten Pferderennen des fünften Kontinents – eine Prüfung, die ganz Australien Anfang November in Atem hält. Wenn ich in meinem Leben ein Pferderennen mal live sehen möchte, dann ist es dieses. Oder zumindest nur einmal in dieser Zeit dort sein.
Die Version 2011 war ein wahrer Thriller. Im Ziel konnte das bloße Auge Dunaden und Red Cadeaux kaum unterscheiden, am Ende sahen die Zielrichter Dunaden mit einer Nase vorn. Dritter wurde Lucas Cranach, einst trainiert von Sascha Smrczek in Düsseldorf, Gruppe 2-Sieger in Deutschland und nach Australien verkauft, um in den wichtigsten Rennen dort mitzumischen. Mission also fast erfüllt.
Für Dunaden war es ein langer Weg von Dortmund-Wambel nach Melbourne. Nach Doris Smith trainierten den Hengst die Herren Fouin, De Muille und Gibson, ehe er bei seinem jetzigen Trainer Mikel Delzangles landete. Beste Form in Europa war der Erfolg im Prix de Barbeville, einem Gruppe 3-Rennen in Longchamp. Durch den Sieg im Geelong-Cup in Australien avancierte Dunaden aber schon zum Mitfavoriten.
Etwas leid tut mir allerdings Ed Dunlop, Trainer des Zweitplacierten Red Cadeaux. Denn auch seine Top-Stute Snow Fairy findet immer irgendwie einen Bezwinger.
Das Schöne am Galopprennsport ist, dass immer wieder Pferde auftauchen, die selbst hartgesottenen Beobachtern des Sports das Herz wärmen. Am Samstag war es mal wieder so: Camelot gewann die Racing Post Trophy in Doncaster, eines der Top-Rennen für Zweijährige in England. Und wie er siegte: im gewöhnlichsten Galopp. Ohne dass ihn sein junger Reiter Joseph O’Brien auffordern musste, zog der Schützling von Trainer Aidan O’Brien mit einer Leichtigkeit an seinen Gegnern vorbei, die schlichtweg atemberaubend war. Zweieinviertel Längen trennten den Montjeu-Sohn am Ende von Zip Top sowie Fencing, die allesamt auf voller Betriebstemperatur liefen, während ihr Bezwinger immer noch im Schongang agierte. Schon taucht er auf, der Vergleich mit dem großen Frankel.
Nun ist das etwas verfrüht, nicht jeder herausragende Zweijährige ist auch ein grandioser Dreijähriger und noch weiß niemand, wo gut die Gegner an diesem Tag waren. Camelot, bei dessen Namen ich immer an diesen Sketch von Monty Python denken muss, zählt jedoch nicht gerade zu den hart geprüften Zweijährigen. Der Start in der Racing Post Trophy war erst sein zweiter Einsatz auf der Rennbahn, das Debüt in Leopardstown war selbstverständlich auch erfolgreich.
Das Real Madrid des Turf
Da sollte noch einiges kommen, auch wenn ich die Leute nicht verstehe, die den Hengst jetzt schon zum lausigen Kurs von 40 für das englische Derby 2012 wetten. Das Pedigree stimmt zumindest: Vater ist der große Montjeu, die Mutter Tarfah war auch ein erfolgreiches Pferd, gewann unter anderem ein Gruppe 3-Rennen. Das bedeutet nicht automatisch, dass der Spross so gut wird, aber hier passt das wohl.
Camelot ist ein richtiges Vollblut-Blaublut und kein Schnäppchen wie die grandiose Danedream. Satte 525 000 Guineas (umgerechnet 632.668 Euro) zahlten die Herren Smith, Tabor und Magnier an Züchter Sheikh Abdulla Bin Isa Al-Khalifa und schickten ihn zu Trainer Aidan O’Brien. Die Herren können sich das aber durchaus leisten: Ihre Pferde laufen für Ballydoyle, Rennstall der Coolmore-Organisation und quasi das Real Madrid des Galopprennsports. Montjeu zählt auch zu den Coolmore-Deckhengsten, hat die schlappe Decktaxe von 75 000 Pfund und brachte schon große Pferde wie Motivator, Authorized, Hurricane Run oder Pour Moi, englischer Derby-Sieger in diesem Jahr.
Geschichte wird gemacht: Montjeu triumphiert im Prix D’Arc de Triomphe 1999, mit dabei war auch ein gewisser Tiger Hill.
Noch einmal ein kleiner Nachtrag zur Peitschen-Debatte in England, auch weil mir inzwischen die „Wendy-Fraktion“ in dieser Sache so ziemlich auf den Geist geht. Allen, die Top-Jockeys wie Dettori, Moore, Mc Coy oder Fallon als „Metzger“ bezeichnen, nur weil diese im Endkampf manchmal etwas energischer reiten, widme ich diesen Selbsttest von Guardian-Journalist Greg Wood.
Wood hat sich nämlich von Jockey Jim Crowley peitschen lassen. Dreimal schlug der Jockey den Pressevertreter auf die besonders sensible Innenfläche der Hand, das dritte Mal so hart „wie ich jemals ein Pferd geschlagen habe“, so Crowley. Das Ergebnis: Wood fühlte kaum etwas. Weil die moderne Reitpeitsche heute leichtgewichtig und schaumstoffgepolstert sei und nichts mehr mit der Ledervariante vergangener Jahr zu tun habe. „Diese Peitsche verletzt keinen Menschen, so kann sie auch kein Pferd verletzen", meint der Reiter. Im übrigen ist der Job des Metzgers ein ehrenwerter Beruf.
Der komplette Text Vielen Dank an user robertob aus dem Galopperforum, der diesen Link dort gepostet hat.
Am Ende dieser Woche soll entschieden werden, ob die umstrittene neue Peitschenregel in England modifiziert wird. Das ergab ein Treffen verschiedener Jockeys sowie Kevin Darley von der Professionell Jockeys Association am Montag mit Vertretern der British Horce Racing Authority (BHA).
Wahrscheinlich wird es Änderungen geben, der Image-Schaden bleibt jedoch. Was für eine Posse, was für ein Kommunikations-Gau: Denn erstmals gab es im englischen Galopprennsport einen Champions Day. In Ascot trafen sich die vierbeinigen Superstars: Frankel, So You Think, Fame and Glory oder Top-Sprinter Deacon Blues zum Beispiel. Ein würdiger Höhepunkt und eigentlich eine wunderbare Gelegenheit, um den Galopprennsport auf der Insel mal wieder richtig in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen.
Dummerweise haben das die Funktionäre der British Horse Racing Authority (BHA) ziemlich vermasselt. Denn in der letzten Woche sprach eigentlich keiner auf der Insel vom Champions Day. Die neuen Regeln zum Einsatz der Peitsche im Rennen, die am letzten Montag in Kraft taten, bestimmten die Schlagzeilen. Mit Richard Hughes gab ein Top-Jockey seine Lizenz zurück, weil er zum zweiten Mal gegen die neuen Richtlinien verstoßen hatte, eine Sperre von weiterin zehn Tagen kassierte und so unter anderem Ritte beim prestigereichen Breeders Cup verpasst. Er werde erst wieder in den Sattel steigen, wenn die Regeln überarbeitet werden, so Hughes. Es drohte sogar ein Streik der Flach- und Hindernisjockeys.
Journeymen
Spätestens nach den Bildern des Grand Nationals stand fest, dass die Funktionäre in Sachen Peitschengebrauch handeln würden. Denn Millionen Zuschauer sahen dort live, wie Jockey Jason Maguire dem völlig entkräfteten Sieger Ballabriggs nach dem letzten Hindernis noch kräftig mit dem Stock bearbeitete. Solche Bilder beschädigen das Image des Sports, zumal Millionen das sehen, die sonst eher nicht zu den Turf-Interessenten gehören.
Nun ist Maguire ansonsten kein wüster Prügler, aber einen Sieger im Grand National reitet man nun mal nicht jeden Tag. Es geht in den englischen Top-Rennen schon hart zur Sache, auch wenn die Peitschen „entschärft“ wurden. Die Jockeys waren jedenfalls auch der Meinung, dass die bestehenden Regeln verändert werden müssen.
Nun hätten die Funktionäre ja einfach den Gebrauch der Peitsche – wie etwa in Skandinavien – verbieten können. Das machten sie aber nicht, weil die Peitsche aus Sicherheitsgründen notwendig sei, so die BHA. Deshalb begrenzten sie die Zahl der Schläge auf sieben (Flachrennen) bzw. acht Schläge (Hindernisrenn), davon fünf auf den letzten 200 Metern. Das schlimmste allerdings sind die Strafen, die in keiner Relation zum Vergehen stehen. Verlust des Preisgeldes, dazu lange Sperren mit Wegfall des Einkommens: Die Stars der Branche, die einen lukrativen Stalljockey-Kontrakt haben, können dies finanziell verkraften, die vielen „journeymen“, die selbständig ihr Geld verdienen und keinen großen Stall im Rücken haben, hingegen nicht.
Wahrscheinlich wird es Änderungen geben, aber die Kritik an der BHA bleibt. Zwei interessante Artikel zu dieser Thematik: Zum einen Nic Doggett in der Sporting Life, zum anderen Greg Wood im Guardian. Und selbst am Champions Day standen Frankel und co. nicht allein im Blickpunkt: Die Stewards in Ascot bestraften Christophe Soumillon für seinen siegreichen Ritt auf Cirrus Des Aigle, weil er sein Pferd sechs statt fünf Mal traf. Futsch war das üppige Preisgeld, für den Sieg gab es immerhin 737 237 Pfund. Der Belgier war nicht darüber amüsiert…
So war es 2010: England vor Japan, Workforce besioegt knapp Nakayama Festa, das Pferd aus Asien (Foto: France Galop).
Der gute alte Prix de l'Arc de Triomphe! Satte vier Millionen Euro Preisgeld gibt es in diesem Prestigerennen über 2400 Meter in Paris-Longchamp - nur ich bin wahrscheinlich nicht dabei: Lang geplanter Kurzurlaub, wahrscheinlich kein Internet und damit keine Möglichkeit, das Rennen zu sehen. Schade ist, dass meine ursprüngliche Idee eines Siegers – nämlich Nathaniel – nicht an den Start kommt, weil der Boden zu trocken ist.
Der fantastische Spot des Veranstalters macht aber richtig Appetit auf die Prüfung. Deutsche Interessen sind zudem dabei: Danedream wurde für viel, viel Geld ebenso wie Masked Marvel und Meandre nach genannt. Ob jedoch ganz Turf-Deutschland mit der Stute zittert, sei mal dahingestellt...
Die Franzosen
Ganz vorne im Wettmarkt steht Sarafina. Eine hochklassige Stute im Besitz des Aga Khan, die im letzten Jahr klassische Siegerin im Prix De Diane und Dritte im Arc war. In diesem Jahr gab es drei Siege bei vier Starts, zuletzt im Prix Foy schlug die Stute von Trainer Alain De Royer-Dupre knapp den japanischen Gast Hiruno D’Amour. Den wird sie im Arc wieder treffen, ebenso St. Nicholas Abbey und Nakayama Festa. So richtig kann ich diese französischen Formen wie zuletzt im Prix Foy nicht einschätzen: kleine Felder, wenig Tempo und hinterher wird das Rennen zum Sprint. Speed hat sie zweifellos, aber der Kurs ist mir einfach zu niedrig.
Die dreijährige Galikova gewann zuletzt eindrucksvoll auf sehr weichem Boden den Prix De Vermeille. Allerdings sollte man Formen auf diesem Untergrund mit etwas Skepsis betrachten, dennoch war ich von ihrem Speed sehr beeindruckt. Am Sonntag wird der Boden eher das Gegenteil sein, dennoch glaubt Trainer Freddy Head, dass die Halbschwester der großen Goldikova genau der richtige Typ für den Arc ist. Zumal sie deutliche Gewichtsvorteile hat. Reliable Man gewann im Juni etwas überraschend das französische Derby, enttäuschte dann im Grand Prix de Paris als Dritter hinter Meandre, drehte dann aber gegen diesen den Spieß im Prix Niel um. Trainer Alain De Royer-Dupre ist skeptisch wegen des festen Bodens, erst am Sonntag entscheidet sich, ob der Hengst überhaupt in die Boxen einrückt.
Kein Bedenken wegen des Bodens hat man hingegen im Lager von Meandre, der nach genannt wurde. Offensichtlich ein deutlich verbessertes Pferd: Im Mai gewann er noch ein Listenrennen unter anderem gegen den Schlenderhaner Ibicenco, dann kam der Triumph im Gruppe 1-Grand Prix De Paris. Normalerweise sollte zwischen ihm und Reliable Man nicht viel liegen.
Die Starter von der Insel
Drei Starter schickt wahrscheinlich Ballydoyle ins Rennen: Nummer 1 unter den Pferden von Aidan O’Brien ist So You Think, hinzu kommen St. Nicholas Abbey und Treasure Beach. O’Brien denkt ja Wunderdinge von Australien-Import So You Think, in den Irish Champion Stakes musste er gegen die tapfere Snow Fairy ziemlich kämpfen. Das war über 2000 Meter, zweifelhaft ob die 400 Meter längere Distanz im Arc ideal ist. Der interessanteste Starter ist quotenmäßig Treasure Beach, immerhin klassischer Sieger im Irischen Derby und Zweiter auf gut bis festem Boden im englischen Pendant in Epsom. Ich befürchte, dass er den Tempomacher für den Stallkollegen So You Think spielen muss. Er lief aber in Epsom von der Spitze aus ein großes Rennen, nur Pour Moi fing ihn noch ab.
Eigentlich wäre der Vorjahressieger Workforce der ideale Kandidat gewesen. 2400 Meter ist seine beste Distanz, sein ständiger Reiter Ryan Moore ist wieder fit und Trainer Sir Michael Stoute weiß genau, wie man in großen Rennen die Nase vorn hat. Nur: Der feste Boden ist nicht passend, Sir Michael äußert große Bedenken.
Richtig angesagt bei den englischen Buchmachern war in den letzten Wochen b>Snow Fairy. Der Kurs fiel auf 10:1. Dreijährig war die Stute aus dem Quartier von Ed Dunlop die überragende Stute ihres Jahrgangs; vierjährig dauerte es aber etwas, bis sie ins Rollen kam. Die letzte Form, als sie über 2000 Meter So You Think fast noch überraschte, war sehr gut. Die 2400 Meter sollten optimal sein. Masked Marvel tat dieser Kolumne kürzlich einen großen Gefallen, als er im englischen St. Leger die Nase vorn hatte. Offensichtlich ist er noch in blendender Form, sonst hätte man ihn nicht nach genannt. Ein sehr interessanter Starter mit einigem Potenzial nach oben, aber hat er die Qualität gegen diese Gegner?
Deutschland und Japan
Nicht unterschätzen sollte man die beiden japanischen Teilnehmer Nakayama Festa und Hiruno D’Amour. Erstgenannter war im letzten Jahr immerhin Zweiter zu Workforce, ist in diesem Jahr aber weit von dieser Form entfernt. Der stärkere Teilnehmer sollte Hiruno D’Amour sein, Trainer Mitsugui Kun ist jedenfalls mehr als nur zuversichtlich. Beide Starter wird offensichtlich zielgerichtet auf den Start in Europa vorbereitet.
Und dann ist da natürlich noch Danedream, aktuell wohl das beste deutsche Pferd und als dreijährige Stute günstig im Gewicht. Die letzten Erfolge in Baden-Baden und Hoppegarten waren hoch überlegen, nur sind die Gegner im Arc deutlich stärker als die in den deutschen Grupperennen. Das Schiergen-Pferd ist eine gefährliche Außenseiterin, mehr aber nicht. Immerhin kennt sie die Bahn in Longchamp, weil sie 2010 (unplaciert) im Prix Marcel Boussac startete.
Urteil: Ein offene Angelegenheit, aber es könnte ein großer Stutentag werden. Snow Fairy war immer ein Pferd mit viel Potenzial und zeigte zuletzt großen Aufwärtstrend. Größte Gegner sind Galikova und Sarafina. Freunde einer sehr hohen Quote sollten sich mit Treasure Beach beschäftigen.
Er war der große Spezialist für das Grand National in Aintree: Der englische Trainer Ginger Mc Cain verstarb am 19. September im Alter von 80 Jahren. Vier Mal hat er das schwerste und meist umstrittene Hindernisrennen der Welt gewonnen.
Allein drei Mal triumphierte Red Rum: 1973, 1974 und 1977. In den Jahren 1975 und 1976 war er Zweiter in dem Marathon - kein Wunder, dass heute seine Statur die Rennbahn in Aintree schmückt.
2004 gewann Mc Cain zum vierten Mal mit Amberleigh House nach einem Wahnsinnsritt von Graham Lee - und machte mir so ganz nebenbei die Siegwette mit Clan Royal kaputt. Und es war natürlich eine wunderschöne Geschichte, dass im letzten Jahr sein Sohn Donald Mc Cain mit Ballabriggs im National erfolgreich war.
Der Mann war wohl so etwas, was man in England einen „real character“ nennt. „Er war der beste Showman, den der Rennsport je hatte“, sagte die englische TV-Journalistin Clare Balding der Racing Post.