Samstag, 16:10, Startzeit englisches St. Leger: Eigentlich bin ich zu diesem Zeitpunkt ganz wo anders. Borussia Dortmund spielt im Signal-Iduna-Park gegen die Berliner Hertha und da bin ich als Dauerkarteninhaber natürlich live dabei. Der letzte englische Klassiker auf der Rennbahn in Doncaster stand gar nicht so auf meiner Agenda. Es ist aber eine Prüfung mit toller Besetzung und einigen Alternativen zum großen Favoriten Sea Moon.
Da wäre zum Beispiel Brown Panther: Wer diese Kolumne regelmäßig liest, weiß, welche hohe Wertschätzung der Hengst hier genießt. Im Juni war ich nämlich reichlich beeindruckt, wie überlegen er ein auf dem Papier gut besetztes Handicap in Royal Ascot gewann. Das Pferd von Fußballer Micael Owen und Trainer Tom Dascombe war mein Typ für das Deutsche Derby in Hamburg. Dort wurde der Scirocco-Sohn 5., scheiterte am schweren Boden und einem sehr offensiven Ritt. Die Form danach in einem Gruppe 3-Rennen in Newbury über weite 2600 Meter war in Ordnung. Stehvermögen hat er, erstmals ersetzt Kieren Fallon Richard Kingscote als Jockey.
In die Boxen rückt in Doncaster zudem Census, der letzte Bezwinger von Brown Panther. Der Schützling von Altmeister Richard Hannon präsentierte sich in den besagten Geoffrey Freer Stakes stark gesteigert, nachdem der Hengst in Royal Ascot noch deutlich hinter Brown Panther war. Dazwischen lag Rang 2 – geschlagen mit einem Kopf und noch etwas unreif gelaufen – hinter Masked Marvel in der Bahrian Trophy in Newmarket. Sein Trainer sieht in dem Cacique-Sohn ein zukünftiges „Cup-Pferd“ für die großen Steherrennen wie etwa den Ascot Gold Cup.
Nächste Alternative ist der bereits erwähnte Masked Marvel. Sein Trainer John Gosden gewann bereits dreimal dieses Rennen (unter anderem im letzten Jahr) und auch die Abstammung offenbart Erfreuliches: Die Großmutter heißt Wurftaube, einst unter anderem überlegene Siegerin im deutschen St. Leger. Die letzte Form in Newmarket gegen Census war richtig gut, nachdem zuvor das englische Derby in Epsom noch eine Nummer zu groß war. Seville vertritt den mächtigen Aidan O’Brien-Stall aus Irland. Seine beste Form war der zweite Platz im irischen Derby hinter dem Stallgefährten Treasure Beach. Der Sohn des großen Galileo traf fast immer auf die Creme des Jahrgangs, aber so recht mag ich an ihn nicht glauben. Zumal er in York schon deutlich hinter Sea Moon war.
Drei Mal Gruppe 1
Eher sollte man da schon mit Blue Bunting rechnen. Das Godolphin-Pferd ist die einzige Stute im Rennen und war bereits in drei Gruppe 1-Rennen (1000 Guineas, Irish Oaks, Yorkshire Oaks) erfolgreich. Den einzigen Flop leistete sich ausgerechnet in den englischen Oaks als Vierte, ansonsten ist die Form tadellos. Stallgefährtin Rumh soll das Tempo für sie machen und im Hause Godolphin ist man reichlich optimistisch, dass die Stute den Hengsten Paroli bieten kann. „Sie ist ein wahrer Star“, sagt Goldolphin-Racing Simon Crisford.
Am höchsten schätzen die Wetter allerdings Sea Moon ein. Ein Grund dafür ist sein Trainer Sir Michael Stoute. Denn der Hengst passt genau in das Raster, mit dem Stoute im Laufe seiner langen Karriere große Erfolge feierte. Sea Moon ist mit vier Starts noch wenig geprüft und steigerte sich von Rennen zu Rennen. Die letzte Form in den Great Voltiguer Stakes in York sah natürlich beeindruckend aus, aber wen hat er dort über 2400 Meter geschlagen? Namibian, der stärkste Gegner auf dem Papier, wirkte indisponiert und Seville ist erfasst. Die 2800 Meter sollten ihm entgegenkommen, aber der Kurs ist mir einfach zu niedrig. Urteil: Ein tolles Rennen mit vielen interessanten Teilnehmern und Optionen. Den besten Kurs verspricht Masked Marvel und der ist auch mein Tipp.
Quelle: Sporting Life
Das waren noch Zeiten, als das St. Leger noch Anziehungspunkt für die ganz Großen des Jahrgangs waren: 1970 siegte Nijinsky im Handgalopp und der gewann immerhin englisches Derby, King George und Arc.
Trotz Großer Woche in Iffezheim, trotz Großem Preis von Baden, trotz Irish Champion Stakes in Leopardstown: Mein Rennen der Woche war der Betfred Sprint Cup im englischen Haydock, eine Gruppe I-Prüfung für die schnelle Brigade über etwas mehr als 1200 Meter. Am Start waren die besten englischen Spezialisten für die Kurzstrecke: Dream Ahead und Bated Breath zum Beispiel, die beiden Erstplacierten des July Cups in Newmarket; Hoof It, das Pferd von Seniortrainer Mick Easterby, das durch die Handicaps marschierte. Hinzu kamen Cracks wie Delegator, Kingsgate Native, Sole Power, Society Rock oder der ewig unterschätzte Genki, Stallgefährte von Bated Breath. Letzterer war dann auch mein Tipp: Das Pferd besitzt ähnlich großes Potenzial wie Dream Ahead und Hoof It, zudem hat Trainer Roger Charlton ein gutes Händchen für Sprinter (im Rennen zuvor noch untermauert durch den überlegenen Sieger Zero Money). Die letztere schwächere Form aus York war zu streichen, weil Boden und Startbox nicht passend waren.
Am Ende war es eines dieser Rennen, das der Beobachter so schnell nicht vergessen wird. Im Ziel war es reichlich eng auf den ersten drei Plätzen. Letztendlich gewann Dream Ahead mit Nase gegen Bated Breath, dahinter folgte Hoof It auf Platz 3 mit einem Kopf Abstand. „Er hat einen großen Kopf, das hilft in solchen Fällen“, sagte Jockey William Buick nach dem Rennen über den Sieger. Ich hatte mich allerdings schon gefreut: Weil auf den Racing UK-Bildern Bated Breath vorne zu sein schien. Diese Perspektive zeigte aber leider nicht genau den Zieleinlauf, die Zielrichter entschieden anders. Jedenfalls war das Charlton-Pferd Zweiter und den Trainer wird es wenig trösten, dass sein 260:10-Schuss Genki nach einem ziemlich verkorksten Rennverlauf noch auf Platz 4 kam.
Dream Ahead ist das beste Pferd, das David Simcock bislang in seiner Karriere trainierte. 2004 sattelte er seinen ersten Sieger, für Aufsehen sorgte er erstmals mit dem Cesarewitch-Sieger Darley Sun. Doch der Diktat-Sohn Dream Ahead brachte Simcock erst richtig auf die Landkarte: Der knappe Sieg in Haydock war bereits der vierte Gruppe 1-Erfolg des Dreijährigen. Zweijährig zählte er früh neben einem gewissen Frankel zur Elite des Jahrgang, doch zweimal hatte der Simcock-Schützling gegen Frankel über 1600 Meter keine Chance. Die Umstellung auf Sprintdistanzen erwies sich als erfolgreich: Der Hengst gewann den July Cup in Newmarket, enttäuschte danach aber als Favorit im französischen Deauville.
Fünf Tage Glorious Goodwood sind schon eine anstrengende Angelegenheit – auch wenn man nicht persönlich auf der Rennbahn in Südengland war, sondern das Geschehen am PC bzw. beim Buchmacher verfolgt hat. Es sind Rennen in einer grandiosen Kulisse, wie dieses Video von der Homepage der Rennbahn eindrucksvoll dokumentiert.
Das sportliche Niveau ist hoch: Neben diversen Gruppe 1-Rennen stehen einige der besten und schwersten (zumindest für den Wetter) Handicaps des Jahres auf dem Programm. Englands Turfwelt ist hier noch in Ordnung, die Rennen sind gut dotiert. Beschämend niedrige Preisgelder zahlen andere Kurse.
Der Kurs hat jedoch seine Tücken. „Ich kenne keine Bahn, auf der es so oft zu Behinderungen kommt, auf der so häufig die „Bude dicht“ ist und das Pferd neu aufgenommen werden muss“, habe ich auf diesen Seiten vor zwei Jahren schon geschrieben. Das gilt auch für 2011. „Hard luck stories“ ohne Ende, bei den Kommentaren nach dem Rennen ist „hampered“ (gehindert) eines der meist benutzten Worte.
Sportlich war natürlich die Leistung von Frankel, in dieser Kolumne bereits ausführlich gewürdigt, ein Höhepunkt. Das Team Cecil und Queally präsentierte sich in Galaform; die Stute Midday bescherte Trainer und Jockey unter anderem einen weiteren Prestige-Treffer. Es gab weitere imponierende Leistungen: die Sieger Strong Suit und Harbour Watch aus dem Quartier von Richard Hannon etwa.
Sprinter der Extraklasse
Mein Pferd der Woche heißt allerdings Hoof It: Der Wallach triumphierte mit Höchstgewicht im Stewards' Cup, einem der fürchterlich schwierigen Handicaps des Festivals. Normalerweise enden diese Sprints ziemlich eng, sind Richtersprüche wie Kopf oder Hals die Regel. Das war diesmal anders: Hoof It siegte total überlegen und belehrte nicht nur mich eines besseren.
Sein Trainer war schon immer anderer Meinung. „Er ist ein potenzielles Gruppe 1-Pferd“, hatte Mick Easterby schon vorher verkündet, nachdem sein Schützling in diesem Jahr bereits zwei gutdotierte Sprints in York gewonnen hatte. Easterby genießt auf der Insel Kult-Charakter. Der Mann ist Geburtsjahr 1931 und trainiert seit 1955 Rennpferde in einem Ort mit dem schönen Namen Sheriff Hutton in Yorkshire. Sein Yorkshire-Dialekt ist für jeden Schulenglisch-Absolventen die ultimative Herausforderung: Manchmal versteht man nur „osses“, damit meint er natürlich die horses. Er habe den Ruf, Eskimos Eis und Arabern Sand zu verkaufen, schrieb einst die Racing Post zu seinem 75. Geburtstag.
Legendär sei sein Blick für preiswerte Pferde, die unter seiner Regie aufblühen. Denn Mick Easterby trainiert nicht gerade die Blaublüter des Sports. Das ist anderen Trainern vergönnt, bei Easterby sind es eher diese vom „Tellerwäscher zum Milllionär“-Geschichten, für die er verehrt wird. Hoof It ist so ein klassisches Produkt: Er startete klein, steigerte sich Stück für Stück in Handicaps und soll jetzt in den Top-Sprints laufen.
„Da fehlen mir die Worte. Da müsste ich ein Dichter sein“, stammelte einst der österreichische Kommentator Edi Finger in seiner berühmten Reportage aus Cordoba, als Österreichs Fußballer den übermächtigen deutschen Nachbarn besiegten. Übertragen auf Frankel heißt das: So langsam gehen die Superlative aus. Die Vorstellung gestern in den Sussex Stakes in Goodwood, wie er ein Klassepferd wie Canford Cliffs einfach stehenließ und „quasi aus den Hufen“ galoppierte, war atemberaubend. Die Zweifel nach seinem Erfolg in den St. James Stakes während Royal Ascot sind verstummt. Er sei das beste Pferd, das seine Augen je gesehen haben, sagte nach dem Rennen Frankels Trainer Sir Henry Cecil. Der Mann muss es wissen, er hat in seiner beispiellosen Trainingskarriere genügend Top-Pferde in seiner Obhut gehabt.
Die Racing Post greift im Vorfeld solcher großer Rennen gerne auf Brough Scott zurück. Der Mann ist auf der Insel wohlbekannt, war früher mal Jockey und ist so eine Art Elder Statesman unter Englands Turfjournalisten. Er ist ein Freund großer Worte, die manchmal ins pathetische abgleiten. Aber diese fand ich schön: „Wenn diese vier Startboxen sich öffnen um 3.10, sind wir nicht weniger als eine Minute und 40 Sekunden von einem Stück Geschichte entfernt, das für immer auf der Rennseiten geschrieben sind“, schrieb er in seiner RP-Vorschau. Und er fragte, ob Frankel der „ultimative Athlet auf vier Beinen ist, den alle suchen“. Die Antwort ist eindeutig, auch wenn das mit den Wunderpferden so eine Sache is. Das Letzte trug den Namen Sea The Stars.
Wer übrigens mal sehen möchte, wie Frankel bei seinem Debüt den späteren King George-Sieger Nathaniel besiegt, kann das hier noch mal.
Zwei Gruppe 1-Rennen über die Derbydistanz von 2400 Meter sind die Höhepunkte des Rennsport-Wochenendes in England und Deutschland. Denn sowohl in den King George VI and Queen Elisabeth Stakes im englischen Ascot als auch im Großen Preis von Berlin (der ehemalige Deutschland-Preis) in Berlin-Hoppegarten treffen Top-Pferde aufeinander. Vorschauen und Gedanken zum Berliner Rennen gibt es hier und hier. Diese Kolumne konzentriert sich jedoch auf das, was am Samstag um 17:30 deutscher Zeit auf der Rennbahn in der englischen Grafschaft Berkshire passieren wird.
Das King George ist einer der Höhepunkte des englischen Turfsommers, eine Prüfung mit sehr hohem Renommee. Doch wie so häufig in all den Jahren ist das Rennen mit nur fünf Startern quantitativ recht schwach besetzt, die Qualität stimmt jedoch. „Vier Asse und ein Joker“ schreibt der englische Guardian und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Denn sieht man einmal von Debussy ab, der wahrscheinlich als Pacemaker für seinen Stallgefährten Rewilding agieren wird, treffen mit Workforce, St. Nicholas Abbey, Nathaniel und eben jenem Rewilding vier hochklassige Protagonisten aufeinander.
King George 2001: Galileo besiegt Fantastic Light, vielleicht folgt ihm ja sein Sohn Nathaniel in der Ausgabe 2011.
Einziger Dreijähriger im Feld ist Nathaniel. Der Gosden-Schützling gewann zuletzt hoch überlegen die King Edward VII Stakes (Gruppe 2, 2400 Meter) und lief dort wie ein Pferd, dessen Leistungsvermögen noch gar nicht richtig erfasst ist. Auch die anderen Formen lesen sich nicht schlecht: nur mit Kopf geschlagen in der Chester Vase von Treasure Beach, dem späteren irischen Derbysieger und englischen Derbyzweiten. Beim Debüt unterlag er nur Frankel mit einer halben Länge. Im englischen Derby lief Nathaniel wegen des zu festen Bodens nicht, der weiche bis gute Untergrund in Ascot wird ideal sein. Er muss schon was in der Arbeit gezeigt haben, denn Trainer und Besitzer meldeten den Nachkommen des großen Galileo für 75 000 Pfund nach. Na gut, wenn jemand Lady Rothschild heißt und Besitzerin von Nathaniel ist, dann zahlt man diese Summe eher aus der Kaffeekasse.
Die Gegner sind aber erste Sahne: Zum Beispiel Workforce aus dem großen Quartier von Sir Michael Stoute. Er gewann grandios das englische Derby im Vorjahr und triumphierte außerdem im Oktober im Arc. 2400 Meter sind eindeutig die beste Distanz für den Kings Best-Sohn, die 2000 Meter gegen So You Think waren etwas kurz. Den einzigen Flop seiner Karriere leistete sich Workforce ausgerechnet im letztjährigen King George, als er abgeschlagen hinter seinem Stallgefährten Harbinger ins Ziel trudelte.
So You Think, der importierte Australier aus dem Quartier von Aidan O’Brien, dient auch als Referenz für Rewilding. Nur schlug er diesen im Gegensatz zu Workforce – Jockey Frankie Dettori wird das Rennen hingegen in nicht so guter Erinnerung haben, weil er danach eine lange Sperre wegen übermäßigem Gebrauch der Peitsche kassierte. Der Sohn von Tiger Hill galt schon immer als sehr veranlagtes Pferd und scheint in diesem Jahr den richtigen Schwung zu haben. Zudem überzeugt mich Mahmood Al Zarooni als Trainer der blauen Godolphin-Armada weitaus mehr als sein Kollege Saeed Bin Suroor.
Ballydoyle schickt natürlich auch einen aussichtsreichen Kandidaten. Allerdings keinen Dreijährigen und auch keinen So You Think, sondern St. Nicholas Abbey. Der galt im letzten Jahr bis zum Frühjahr als bester Dreijähriger im großen O’Brien-Stall, floppte dann in den englischen 2000 Guineas und wurde darauf nicht mehr gesichtet. In diesem Jahr ist er wieder da und gewann zuletzt nach einem unglücklichen Rennverlauf noch den Coronation Cup (2400 Meter, Gr. 1) in Epsom gegen die starke Stute Midday. Auch St. Nicholas Abbey muss noch nicht alle Karten aufgedeckt haben.
Urteil
Hochklassiges Feld, schön was zu rätseln. Für jeden der großen Drei Workforce, Rewilding und St. Nicholas Abbey spricht etwas. Aber auch wenn ich im King George wahrlich keine gute Bilanz habe und meine Tipps bei Pferden von Trainer John Gosden in der Regel daneben liegen: Nathaniel muss man zu diesem Kurs einfach mitnehmen.
Giganten des Turf und ein heißer Kandidat für das deutsche Derby 2011
Das ist schon ganz großes Kino, was da derzeit im englischen Ascot abgeht. Drei Tage sind vorbei beim königlichen Rennfestival und an solchen Tagen möchte ich sogar Engländer sein (ansonsten spricht einiges dagegen): Denn wie diese so ein Festival feiern, das ist schon grandios. Natürlich spiegelt der „Karneval der englischen Oberschicht" (ZDF) nicht die Realität im englischen Turf wider, denn dort sind die Basisrennen ähnlich schlecht dotiert wie in Deutschland.
Es ist dennoch eine große Show, die da abläuft. Die Stars der Branche sind fast komplett anwesend. Vierbeinige Topathleten wie Goldikova, Frankel, So You Think oder Fame and Glory sind zwar kontraproduktiv beim Wetten, weil sie so niedrig stehen und scheinbar unverlierbar sind. Aber jeder freut sich auf ihren Auftritt. Die Geschichten der ersten drei Tage von Royal Ascot 2011.
Dämpfer für das Wunderpferd
Die Engländer haben ihn schon in den Turf-Olymp aufgenommen: Spätestens nach seinem Sieg in den englischen 2000 Guineas zählt Frankel zu den Großen des Turfs. Dabei ist er erst drei Jahre alt, hatte vor dem Start in den St. James’s Palace Stakes gerade mal vier Rennen bestritten. Diese alle jedoch mit dem berühmten „Finger in der Nase“ gewonnen. Alles andere als eine Deklassierung des gut klassigen Feldes galt da schon als Enttäuschung.
Nach dem Rennen war dann die Reaktion eher gemischt: Der Schützling von Henry Cecil hatte zwar gewonnen, das Feld aber nicht „zerstört“. Kurz sah es sogar so aus, als wenn ihn Zoffany aus dem Stall von Aiden O’Brien gefährden könnte. Denn Tom Queally hatte den Favoriten früh nach vorne beordert, weil sein Hengst stark nach vorne pullte und der Pacemaker eigentlich überflüssig war. Doch mit fortlaufender Distanz wurde Frankel kürzer; Queally hätte sich einiges anhören müssen, wenn die beiden das Rennen verloren hätten. Es blieb aber beim sicheren Sieg – und die Meile ist offensichtlich die beste Distanz für den Galileo-Sohn. Den deutschen Dreijährigenjahrgang wertete Excelebration, bekanntlich Sieger im Mehl-Mülhens-Rennen, mit seinem guten dritten Platz auf. Das Rennen
Die Königin ist tot, es lebe der König
Sie ist schon eine lebende Legende: Goldikova, die sechsjährige Stute aus dem Stall von Freddie Head. Nur einmal in 23 Starts war sie nicht placiert, insgesamt 13 mal triumphierte sie in Gruppe 1-Rennen in Frankreich, England und den USA. Mehrfach schlug sie dabei Paco Boy. Goldikovas Serie ist nun zu Ende: Frankreichs erste Pferdedame verlor allerdings in allen Ehren gegen Canford Cliffs. Ein Pferd, das zu den besten Meilern Europas zählt, über einen bemerkenswerten Speed verfügt und vorher schon vier Gruppe 1- Rennen gewann. Dienstag folgte der Erfolg Nr. 5 in den Queen Anne Stakes. Jockey Richard Hughes machte das, was er am besten kann, aber manchmal übertreibt: Warten, Canford Cliffs im Hintergrund halten. Doch diesmal fand Hughes den richtigen Moment, gegen den Speed von Canford Cliffs war Goldikova chancenlos.
Für den Jockey und Trainer Richard Hannon war dieser Erfolg eine kleine Revanche. Denn Hannon trainierte auch Paco Boy, Hughes saß meist im Sattel. Altmeister Hannons Worte bewahrheiteten sich zudem: Er hatte Canford Cliffs immer etwas stärker eingeschätzt als Paco Boy. Das Rennen
Ein moralischer Sieg
Frieden und Freude nach den King’s Stand Stakes am Dienstag: Weil ich den Sieger Prohibit gewettet hatte, der nach allen Formen diesen Erfolg längst verdient hatte. Ebenso dürften die Verantwortlichen von Overdose nach dem Rennen aufgeatmet haben. Die „Budapester Wasserpistole“ (Attheraces-Mann Matt Chapman vor dem Start) beeindruckte mit Platz 4, „blitzte“ das Feld von vorne und war am Ende in dieser Gruppe 1-Prüfung nicht weit geschlagen. Eine couragierte Leistung, die viele (ich auch) dem Hengst nach seiner schwachen Form aus Haydock nicht zugetraut hätten. Ungarns Liebling profitierte vom etwas weicheren Boden, aber die Form war schon fast so stark wie vor der Verletzungspause. Vielleicht rockt Overdose wirklich noch die Insel mit einem Gruppe 1-Erfolg. Das Rennen
Banker geputzt
Das war schon eine Ansage. „Das beste Pferd, das ich je trainiert habe“, soll Aidan O’Brien über See You Then gesagt haben. Dabei hat O’Brien in seiner illustren Karriere eine Vielzahl herausragender Vollblüter trainiert: Galileo, Rock of Gibraltar oder Henrythenavigator – um nur einige zu nennen. Und dieser Hengst aus Australien, der dort die Mitteldistanz-Szene ziemlich dominierte, soll noch besser sein? Sein Status lässt sich auch daran bemessen, dass ein sehr gutes Pferd wie Jan Vermeer für ihn in den Prince of Wales’s Stakes als Tempomacher agieren sollte.
Diese Taktik ging jedoch anfangs völlig in der Hose und es kam wie es kommen muss: Der hohe Favorit See You Then wurde kurz vor dem Ziel gestellt – nicht von meinem Tipp Planteur, sondern vom Godolphin-Schützling Rewilding. Der Tiger Hill-Sohn galt schon immer als hochtalentiertes, aber spätes Pferd, floppte allerdings als hoher Favorit im englischen St. Leger. Doch frisch ist er offenbar am besten: Nach einem perfekt abgestimmten Ritt von Frankie Dettori zog der Hengst noch an dem angeblich unverlierbaren Ballydoyle-Giganten vorbei. Frankies berühmter Sprung aus dem Sattel fiel noch euphorischer aus als sonst, doch die Ernüchterung folgte schnell: Wegen übertriebenem Peitscheneinsatz kassierte Dettori neun Tage Sperre. Godolphin machte dennoch mal wieder einen richtigen Prestigepunkt gegen den alten Rivalen Ballydoyle. Und so langsam stellt Mahmoud Al Zarooni seinen Trainerkollegen Saeed Bin Suroor ziemlich in den Schatten…. Das Rennen
Thronfolger Fame and Glory hatte gerade im Ascot Gold Cup triumphiert und die Kameras schauten mal kurz auf Aidan O’Brien. Die Zuschauer sahen etwas seltenes: Fast schon euphorischer Jubel. Dem ansonsten so kontrolliert und unterkühlt wirkendem irischen Trainer war die Erleichterung trotz aller Verkleidung regelrecht anzusehen. Es ist ja auch ein besonderes Rennen für das irische Championquartier: Der einstige Stallgefährte Yeats hatte früher fast ein Dauer-Abo auf diese Steherprüfung, eine Statur des Cup-Helden weihte die ältere Dame in den Pastelltönen just an diesem Tag ein. Er könnte jetzt einen Nachfolger haben: Nach Klasse stand Fame and Glory so und so heraus, nur bei der langen Distanz gab es noch ein paar Fragezeichen. Am Ende nicht mehr… Das Rennen
Derbysieger 2011?
„Das ist der deutsche Derbysieger 2011“ war mein erste Reaktion. Brown Panther gewann die King George V Stakes hoch überlegen, das Pferd von Trainer Tom Dascombe hat noch eine Nennung für das Deutsche Derby in Hamburg-Horn. Zu Deutschland passt, dass Brown Panther –wie einige andere Derbykandidaten – vom einstigen Horn-Triumphator Scirocco stammt. Für mich war der Hengst eine der besten Chancen des ganzen Festivals. Sein vorheriger Sieg in Haydock fiel schon eindrucksvoll aus: Wie er dort nach schlechtem Rennverlauf beschleunigte, das sah nach Rennpferd aus. Normalerweise sind Favoriten nichts für mich in solchen heißen Rennen, aber diesmal war eine Ausnahme fällig. 50:10 zahlte Brown Panther letztendlich, aber was ist die Form wert? Erst einmal war es „nur“ ein Handicap, aber eines der gehobenen Kategorie, das meist von einem potenziellen Gruppe-Pferd gewonnen wird? Die Klasse der Gegner? Schwer einzuschätzen, weil dreijährige Pferde am Start waren, von denen einige noch viel Potential haben dürften. Derzeit sind es aber noch Handicapper. Jedenfalls wäre es eine schöne Geschichte: Zumal sein Besitzer Michael Owen für zusätzliche Schlagzeilen sorgen dürfte.
Treffender Beitrag von deutsche welle tv über die Rennen in Royal Ascot. Ich habe nur keine Ahnung, wo man den Sender sehen kann. Das königliche Festival auf der Rennbahn im englischen Ascot steht jedenfalls vor der Tür: Am 14. Juni geht es los, am 18. Juni ist Schluss, macht in der Summe fünf Tage hochklassigen Galopprennsport.
Nur dass die Pferde nicht unbedingt die Hauptrolle spielen. Das königliche Rennfestival ist für viele Besucher das, was der Karneval in Deutschland ist. Das heißt Verkleiden und Alkohol bis zum Stillstand der Augen – zumindest bei manchen Besuchern. In der königlichen Loge mag es etwas distinguierter zugehen – offiziell.
Sportlich beginnt es am Dienstag schon mächtig, wenn Frankel, Triumphator in den englischen 2000 Guineas, in den St. James's Palace Stakes (Gruppe 1, 1600 Meter) unter anderem auf Dubawi Gold, Zweiter in den englischen und irischen 2000 Guineas, und Excelebration, Sieger im deutschen Mehl Mülhens-Rennen, trifft. „Ich habe alte Männer getroffen, die Pferderennen seit langen Jahren schauen und die sagen, dass sie noch nie so ein Rennpferd gesehen haben“, zitiert die Sporting Life Tom Queally, den Jockey von Frankel.
Ein weiteres Highlight sind die King’s Stand Stakes für die schnelle Brigade. Mit dabei unter anderem Overdose und einige starke Gäste aus Übersee.
Epsom Derby: Der nächste Freudentag für die Royals?
Es wäre so eine schöne Geschichte: Carlton House, das Pferd der englischen Queen, gewinnt das englische Derby auf der Galoppprennbahn in Epsom. Doch Schrecksekunde am Dienstag: Der Hengst verletzte sich leicht, nach einem Galopp am Donnerstag gab es aber grünes Licht für den Start. Und der wird kein Spaziergang, denn die Gegner am Samstag sind durchaus nicht schlecht. Nur der große Frankel läuft nicht, den lässt Trainer Henry Cecil leider auf der Meile. Die chancenreichsten Kandidaten im Überblick.
Carlton House (Trainer Michael Stoute): Überzeugender Gewinner der Dante Stakes in York. In der wichtigsten englischen Derbyvorprüfung schlug er unter anderem Seville. Das sah schon nach Rennpferd aus, wie Carlton House trotz aller Unreife in York siegte, zumal er am Anfang noch ziemlich stark pullte. Zudem hatten die Stoute-Pferde zu diesem Zeitpunkt noch wenig Form. Im Stall von Sir Michael Stoute galt er schon früh als Derbykandidat. Sein Trainer weiß einen Derbykandidaten punktgenau vorzubereiten. So hat bereits fünf Derbies gewonnen, unter anderem mit Workforce im letzten Jahr. Leichte Bedenken gibt es noch, ob Carlton House nach Abstammung das nötige Stehvermögen über 2400 Meter besitzt.
Pour Moi (Andre Fabre): So etwas wie das „talking horse“ der letzten Tage, zumal er offensichtlich eine beeindruckende Arbeit auf der Derbybahn in Epsom absolviert haben soll. Andre Fabre, 19facher französischer Championtrainer, schickt den Sohn von Montjeu an den Start und „hält ihn für seine beste Chance, das englische Derby jeweils zu gewinnen“. Zuletzt triumphierte Pour Moi in einem Gruppe 2-Rennen in Saint-Cloud und zeigte dabei grandiosen Speed (siehe unten). Mit Mickael Barzalona sitzt einer der zukünftigen Top-Jockeys im Sattel.
Kommt ein Pur Moi angeflogen: Der Sieg des Fabre-Schützlings im Prix Greffulhe, Platz 3 ging an Vadamar
Recital (Trainer Aidan O’Brien): Der kürzeste im Wettmarkt aus dem O’Brien-Quartier. Recital gewann das Derrinstown Stud Trial in Leopardstown gegen den Stallkameraden Memphis Tennessee. Zweijährig war er bereits auf schwerem Boden im Grand Criterium de Saint Cloud erfolgreich. Sein Pilot heißt wieder Kieren Fallon; kaum jemand ritt früher den schwierigen Derby-Kurs in Epsom so gut wie Fallon, der zudem einst als Stalljockey große Erfolge mit O’Brien feierte. Alerdings steht noch gar nicht fest, ob Fallon ihn überhaupt reiten darf. Etwas Bedenken, ob Recital mit dem Epsom-Kurs zurechtkommt, habe ich schon, so wie er in Leopardstown lief.
Seville (Trainer Aidan O’Brien): 2. hinter Carlton House im Dante, 2. hinter Casamento in der Racing Post Trophy in Doncaster – bei drei seiner vier Starts belegte Seville den Ehrenplatz. An mangelndem Stehvermögen sollte er nicht scheitern.
Native Khan: (Trainer Ed Dunlop): Zeigte seine bislang beste Form als Dritter hinter Frankel in den 2000 Guineas, davor Sieger in den jedoch relativ schwach besetzten Craven Stakes. Beides Mal ging es über 1600 Meter – ob der Schimmel das Stamina für 2400 Meter hat, daran bestehen einige Zweifel. Sein Jockey Olivier Peslier glaubt aber an das Stehvermögen des Hengstes. Wenn Peslier recht hat, ist Native Khan ein sehr interessanter Starter.
Ocean War (Trainer Mahmoud Al Zarooni): Gut gesteigerter Godolphin-Hengst, gewann zuletzt trotz einiger Unreife ein Listenrennen über 2000 Meter in Newmarket. Muss sich aber steigern, vielleicht kommt das Derby für den Schimmel auch noch etwas früh.
Vadamar (Trainer Alan Royer-Dupre): Als Favorit 3. hinter Pour Moi, den er in Epsom wiedertrifft. Eine Formunkehr dürfte schwierig sein, aber wenn Vadamar mit der Bahn in Epsom zurechtkommt, könnte er alle überraschen. Lief jedes Mal wie ein großer Steher, sein Trainer verbreitet jedenfalls reichlich Optimismus.
Memphis Tennessee (Trainer Aidan O’Brien): Dritter Starter aus dem O’Brien-Quartier. Der zweite Platz hinter dem Stallgefährten Recital im Derrinstown Stud Trial in Leopardstown sah nicht schlecht aus, eine richtige Chance hatte Memphis Tennessee aber nicht. Sicherlich ein Pferd mit Potenzial, aber andere Ballydoyle-Pferde sollten bessere Möglichkeiten haben.
Treasure Beach (Trainer Aidan O’Brien): Knapper Sieger in der Chester Vase gegen Nathaniel, der eigentlich für das Derby vorgesehen war. Dennoch muss er sich steigern, andere Kandidaten haben stärkere Formen.
Masked Marvel (Trainer John Gosden): Gut gesteigerter Hengst aus dem Quartier von John Gosden. Zuletzt Sieger in einem Listenrennen gegen Namibian, der die Form aber nicht aufgewertet hat. Deutlicher Außenseiter.
Urteil
Durch seinen Trainingsstopp könnte Carlton House endlich zu einer vernünftigen Quote unterwegs sein, zumal zuletzt viel Geld auf Pour Moi und Recital floss. Das Pferd für die Überraschung ist Vadamar, gespannt bin ich auf Native Khan: Wenn er mit der Distanz zurechtkommt, könnte der Schützling von Ed Dunlop brandgefährlich sein,
Das Geschoss aus Budapest will endlich England rocken
Der schwarzgelbe Meisterrausch ist vorbei und damit ist es an der Zeit, sich mal wieder um den internationalen Galopprennsport zu kümmern, der zuletzt – ich gebe es zu – etwas zu kurz auf diesen Seiten kam. Da trifft es sich gut, dass Overdose am Wochenende in den Betfred.com Temple Stakes (Gr.2, 1000 Meter) im englischen Haydock startet. „The Budapest Bullet“, das Geschoss aus Budapest, ist nach seiner Verletzungspause wieder da, lockte bei seinem Comeback 9000 Besucher auf die Galopprennbahn in Berlin-Hoppegarten. Der Hengst gewann überlegen – und rüstete sich damit für bessere Aufgaben. Vergessen ist die letztjährige Enttäuschung aus der Goldenen Peitsche in Iffezheim, als Overdose völlig kraftlos lief, nur als Siebter ins Ziel kam und damit die erste Niederlage seines Lebens kassierte.
Mit dem "berühmten Finger in der Nase": Overdose distanziert das Feld bei seinem Comeback in Hoppegarten.
Zu diesem Zeitpunkt war Sandor Ribarski, der Overdose bei seinen bisherigen Erfolgen betreute, schon nicht mehr dessen Trainer. Es gab einige Differenzen mit Besitzer Zoltan Mikoczy, der neue Trainer heißt Jozef Rozival und ist ein Bekannter des Schrotthändlers aus der Slowakei. Seit 2009 hat Mikoczy zudem Besitzerkollegen, nachdem er 50 Prozent für 2,5 Millionen Euro an ein ungarisches Firmenkonsortium verkauft hatte. Die Geschichte des Schnäppchens von der Auktion in Newmarket, das vom hässlichen Entlein zum strahlenden Prinzen wurde, ist immer noch faszinierend – so widmete die renommierte deutsche Wochenzeitung die Zeit dem Rennpferd erst in der letzten Woche ein langes und sehr lesenswertes Portrait.
Stolz einer Nation
Politisch sorgt Ungarn derzeit eher für negative Schlagzeilen, da trifft es sich gut, dass der Stolz einer ganzen Nation wieder aktiv ist. Weil Overdose dort offenbar mehr als nur ein erfolgreicher Galopper ist: „Auf dieses Pferd können wir uns einigen“, zitiert die Zeit den ungarischen Moderator Andras Kepes. „Overdose hat es den übermächtigen Deutschen, Engländern und Franzosen gezeigt, entgegen aller Wahrscheinlichkeit. Damit können wir uns identifizieren. Endlich hatten wir wieder etwas, worauf wir stolz sein können.“
Am Samstag wird daher wahrscheinlich ganz Ungarn vor dem Fernseher sitzen und schauen, wie sich ihr Sportler des Jahres 2009 im englischen Haydock aus der Äffäre zieht. Bei den englischen Buchmachern ist Overdose 30:10-Favorit, danach folgt schon mit einigem Abstand Kingsgate Native. Die restlichen Starter stehen schon bei 100 und mehr.
Ich würde Overdose trotzdem nicht zu diesem Kurs wetten. Zwar fehlt in England derzeit der überragende Sprinter, dennoch sind die Gegner nicht zu unterschätzen. Markab, Borderlescott oder Hamish Mc Gonagall sind in vielen Sprintschlachten gestählte Veteranen, Tangerine Trees ein Formpferd aus den unteren Klassen, Sole Power ein gefährlicher irischer Gast und New Planet oder Stone of Folca zwei Dreijährige, deren Leistungsvermögen noch gar nicht erkannt ist.
Zudem sind die Sprints auf der Insel oftmals eine richtige Lotterie. Nirgendwo spielt das Rennglück so eine große Rolle wie auf der Minimaldistanz, wird jeder Jockey-Fehler gnadenlos bestraft oder ist die Position der Startbox von so großer Bedeutung. Es wird also spannend am Samstag um 16 Uhr deutscher Zeit. Schauen wir mal, ob ein Rennpferd eine ganze Nation wieder strahlen lässt. Und danach Royal Ascot nimmt.
„Sadismus und Brutalismus“ – das Grand National 1954
Kontroversen um das Grand National, das vielleicht schwerste Galopprennen der Welt, sind keine Erfindung der heutigen Zeit. Ein Blick in den Spiegel aus dem Jahr 1954 beweist das nachdrücklich. „Zu viele Kadaver“ titelte das Nachrichtenmagazin auf einer Seite. Vier Pferde verloren in diesem Jahr ihr Leben auf der Bahn in Aintree und der Spiegel lässt ausführlich die Gegner des Rennens zu Wort kommen. Dazu zählen Politiker wie der sozialistische Oberhaus-Abgeordneten Lord Ammon. „Rennen wie das Grand National sind Sadismus und Brutalismus gegenüber diesen herrlichen Tieren“, meint der Lord.
Und auch die Konservativen standen damals nicht alle hinter dem Sport. „Eine nationale Schande“ nannte der Tory-Politiker Howard Johnson das Rennen. Ob dieser Johnson was mit dem späteren fast gleichnamigen Trainer zu tun hat? Der Name Johnson ist allerdings in England so verbreitet wie bei uns etwa Müller.