Mittwoch, 27. Mai 2009
Traumfinale, dann zweimal Beißen und Kratzen, Teil 1
Die Stunden der Wahrheit: In dieser Woche und am Pfingstwochenende fallen noch viele wichtige Entscheidungen im Fußball. nurpferdeundfussball blickt auf das Champions League Finale, das erste Relegationsspiel Bundesliga/2. Liga und das erste Relegationsspiel 2.Liga/3. Liga; die Vorschauen auf das DFB-Pokalfinale Männer und Frauen, das Endspiel im englischen FA-Cup sowie die Relegationsrückspiele gibt es am Freitag.
Fast vergessen: Am Freitag kickt ja auch noch Yogis Truppe gegen China.

Mittwoch: Manchester United – FC Barcelona, Finale der Champions League, Rom, live in SAT1/Premiere
Für viele das Traumfinale, das Aufeinandertreffen der beiden derzeit besten Vereinsmannschaften Europas. Manchester könnte als erste Mannschaft den Titel erfolgreich verteidigen, United-Manager Sir Alex Ferguson würde bei einem Sieg mit Bob Paisley, dem legendären Liverpool-Manager, gleichziehen, der dreimal den wichtigsten Europapokal gewinnen konnte. Auf dem Papier sieht es nach einer völlig offenen Angelegenheit aus: Barcas filigranes Kurzpassspiel gegen den Angriffselan von United. Beide wurden überlegen Meister in ihren Ländern, im Halbfinale zeigten sich aber Unterschiede: Während sich Manchester souverän gegen Arsenal durchsetzte, wirkte Barcelona gegen das kompakt stehende Chelsea oftmals mehr als ratlos und durfte sich bei Schiedsrichter Övrebö bedanken. Und natürlich bei Iniesta, der in der Nachspielzeit traf.
Tipp: Unentschieden nach regulärer Spielzeit, Wayne Rooney entscheidet das Spiel in der Verlängerung.

Donnerstag: FC Energie Cottbus – 1.FC Nürnberg, 1. Relegationsspiel Bundesliga (Rückspiel am 31.5), ARD
Die Lausitzer Stehaufmännchen aus Cottbus – sie haben es wieder geschafft, erreichten den 16. Rang und stiegen zumindest nicht direkt ab. Zuletzt überzeugten sie durchaus beim 3:0 gegen Leverkusen und bei der vorherigen Niederlage in Stuttgart. Vorher sah es nicht so gut aus, vermissten viele die typischen Cottbusser Tugenden wie Kampf und mannschaftliche Geschlossenheit im Abstiegskampf, „aber immer, wenn sie am Abgrund steht, rauft sich die 14-Nationen-Truppe ungeachtet ihrer Beziehungsprobleme zusammen und behält die Nerven“, urteilte der Kicker.
Schritt für Schritt hatte sich der 1.FC Nürnberg auf einen Aufstiegsplatz vorgekämpft. Was Leiden heißt, da können die schicksalsgeprüften Club-Anhänger ein Lied von singen. 2007 wurde der FCN unter Trainer Hans Meyer Pokalsieger, um am Ende der Saison 2007/2008 mit einer eigentlich viel zu guten Mannschaft aus der 1. Liga abzusteigen. Meyer war da schon lange kein Nürnberger Trainer mehr, sein Nachfolger Thomas von Heesen musste nach schwachem Start gehen, doch dessen Nachfolger Michael Oenning schaffte den Umschwung. Oenning krempelte die Truppe ziemlich um, trennte sich von satten Spielern und integrierte erfolgreich einige Nachwuchsspieler ins Team.
Tipp: Die jungen Club-Spieler behalten die Nerven und spielen Remis.

Freitag: SC Paderborn 07 – VfL Osnabrück, 1. Relegationsspiel zur 2. Liga (Rückspiel am 1.6), West3/Nord3
Nach der Hinserie hatte der SC Paderborn 07 als Tabellenführer der 3. Liga noch sechs Punkte Vorsprung auf Kickers Emden, dem damaligen Dritten. Was folgte, war eine turbulente Rückserie, in der der SCP sein Führungspersonal reihenweise verschliss. Ende April trat Präsident Wilfried Finke, jahrelang der Macher des Vereins, nach der 0:2-Niederlage in Braunschweig zurück; zwei Wochen vor Saisonende feuerte Peter Evers, Finkes Nachfolger, Trainer Pavel Dotschev. Mit André Schubert gab es zwei klare Siege und damit Selbstvertrauen für das Duell gegen VFL Osnabrück.
In Osnabrück ist Trainer „Pele“ Wollitz derzeit mehr als Psychologe gefragt. 8000 VfL-Fans waren nach Duisburg gereist und pfiffen nach dem katastrophalen 1:4 ihre Mannschaft gnadenlos aus. Wollitz ging in die Kurve, stellte sich der aufgebrachten Menge und forderte Unterstützung für sein angeschlagenes Team. Seine Mannschaft müsse zum letzten Mal „alle Kräfte mobilisieren.“
Tipp: Keine guten Vorzeichen für Osnabrück, Paderborn gewinnt das Hinspiel.



Samstag, 23. Mai 2009
Trotz Trochowski: Stolz auf ein Team mit Perspektive
Was bleibt nach so einem Resultat? Trauer, Wut, Depressionen oder vielleicht doch Stolz auf das Erreichte? Borussia Dortmund hat durch ein 1:1-Unentschieden bei Borussia Mönchengladbach die Teilnahme an der neuen Euro League verpasst, weil der Hamburger SV mit 3:2 bei Eintracht Frankfurt siegte und damit den BVB von Platz 5 verdrängte. Das Tor von Piotr Trochowski zum 3:2 fiel in der 90. Minute, sah nicht unhaltbar aus und – noch schlimmer – war irregulär, weil Trochowski vorher im Abseits war. Unglücklicher konnte es es nicht laufen.
Allerdings: Hätte der gute Nelson Valdez wenigstens eine der Chancen in der ersten Halbzeit genutzt, dann wäre Dortmund heute abend Partyzone. Wenn Valdez aber die ganzen Möglichkeiten verwandeln würde, die er sich erarbeitet, dann würde er nicht bei Borussia spielen, sondern beim FC Barcelona, Manchester United oder Chelsea. Oder hätte der Schiedsrichter nach Foul an Valdez auf Elfmeter entschieden? Etwas viel Konjunktiv, ist aber so…
Was bleibt also? Keine Trauer, keine Wut, keine Depressionen, sondern Stolz auf eine geile Saison. Wer nur fünf Spiele verliert, in der Rückserie sieben Spiele nacheinander gewinnt, der kann stolz sein. Es waren nur ein paar Unentschieden zu viel.
So toll ist die neue Europa League auch nicht. Erst einmal hätte es zwei Qualifikationsrunden gegeben, und dann hätte Borussia bestimmt wieder so einen Krachergegner aus Italien, Spanien, England oder Belgien (FC Brügge) bekommen.
Wer das Scheitern in Gladbach mit dem Remis gegen Energie Cottbus aus der Saison 2002/2003, das damals die Champions League kostete, vergleicht, der liegt übrigens völlig falsch. Damals hatte der BVB eine überschätzte Mannschaft, die ihren Zenit längst überschritten hatte und unter Trainer Matthias Sammer über weite Strecken der Saison fürchterlichen Fußball spielte. 2009 verfügt der BVB über ein Team mit Spielkultur und Perspektive. Subotic, Santana, Hummels, Sahin, Kuba und Boateng (unbedingt behalten, finanziell aber wohl kaum machbar) besitzen noch viel Potenzial nach oben, aus Regionalliga-Mannschaft und Jugend drängen weitere Talente nach vorne. Es wird in den nächsten Jahren noch genügend „Vollgas-Veranstaltungen“ geben.
Glückwunsch nach Wolfsburg! Da war schon große Klasse, wie der VfL in den letzten Spielen aufgetreten ist. Auch gegen Bremen war das Spiel eigentlich nach 15 Minuten gelaufen. Der Titel ist der verdiente Lohn.
Und Bayern macht dicke Backen, schafft so gerade mit Ach und Krach die Champions League.



Freitag, 22. Mai 2009
Der Triumph eines Mega-Reichen
Glückwunsch an Schachtjor Donezk. Die Mannschaft aus der Ukraine gewann verdient das Finale im UEFA-Cup gegen Werder Bremen und schrieb damit Geschichte. Schachtjor ist die erste Mannschaft aus der Ukraine, die den UEFA-Pokal holte und zugleich das letzte Team, das dort triumphierte. Denn im nächsten Jahr wird aus dem UEFA-Cup die Euro League.
Es war über weite Strecken ein reichlich fades Finale. Wenn ich schon Mitte der zweiten Halbzeit höre, dass beide Mannschaften ihre Kräfte für eine Verlängerung sparen, dann ist das ein schlechtes Zeichen. Ohne den gesperrten Diego fehlten Werder die spielerischen Mittel, Donezk zu gefährden. Die Bremer Offensive enttäuschte und beim 1:2 patzte dann auch noch Torwart Tim Wiese.
Hinter den Erfolgen von Schachtjor Donezk steht Rinan Akhmetov (Achmetow), seit 1996 Präsident von Schachtjor. Der Sohn eines Bergmanns und einer Verkäuferin finanziert den Verein durch seine Unternehmensgruppe SKM und konnte nun den ersten großen ersten internationalen Erfolg verbuchen. 70 Millionen Euro stehen laut kicker Sportmagazin als Saisonetat zur Verfügung; im Kader des rumänischen Trainers Mircea Lucescu stehen unter anderem fünf Brasilianer sowie diverse ukrainische/kroatische/polnische und rumänische Auswahlspieler.
Der 1966 geborene Akhmetov ist laut Wikipedia mit einem Vermögen von geschätzten 31,1 Mrd. US-Dollar (Stand Juli 2008) der reichste Mensch der Ukraine und Europas. Was Akhmetov jetzt durch die Wirtschaftskrise verloren hat, ist mir nicht bekannt. Das ist allerdings auch egal, denn auch wenn er nur noch 25 Mrd. US-Dollar besitzt, ist das für die Verhältnisse eines normal verdienenden Arbeitnehmers immer noch eine unvorstellbare Summe.
Interessant ist natürlich, wie der Mann sein Geld anhäufen konnte. Bei Dietmar Hopp etwa gibt es Fakten: Mit ein paar Kollegen gründete er eine Softwareklitsche namens SAP und im Laufe der Zeit wurde daraus ein Weltkonzern.
Bei Akhmetov sind die Informationen nicht so eindeutig: Laut Wikipedia war er 1995 Mitbegründer der Dongorbank in Donezk und kontrolliert nun als Chef der Beteiligungsgesellschaft „System Capital Management“ ein Firmengeflecht aus über 30 Unternehmen.
Etwas mehr über die Vergangenheit Akhmetovs weiß der Autor Jürgen Roth, Spezialist für organisiertes Verbrechen. Unter der Überschrift „Die Paten von Donezk und der märchenhafte Aufstieg des Rinat Akhmetov“ stellt er den Werdegang des Unternehmers detailliert dar. Welchen Einfluss Akhmetov auch politisch hat, zeigt
dieser Artikel aus der Berliner Zeitung.



Donnerstag, 21. Mai 2009
"Höschste" Zeit für einen Besuch in Dortmund
Die Fußballnationalmannschaft geht am Ende der Saison noch mal auf große Reise: Am 29. Mai spielt das Team von Trainer Joachim Löw in Schanghai gegen China (104. der FIFA-Weltrangliste), am 2. Juni folgt das Spiel in Dubai gegen die Vereinigten Arabischen Emiraten (114. der FIFA-Weltrangliste).
Der Termin ist reine Sport- und Wirtschaftspolitik. Der deutsche Fußball präsentiert sein Aushängeschild, die Nationalmannschaft, auf einem wichtigen Markt der Zukunft.
Sportlich haben die Begegnungen wenig Wert. Zum einen sind die Gegner relativ schwach, zum anderen wird zum Saisonende nach Asien nur eine Rumpfmannschaft fahren.
In Schanghai und Dubai werden fehlen:
• die Spieler der Pokalfinalisten Bayer Leverkusen (Adler, Kießling, Rolfes, Helmes) und Werder Bremen (Mertesacker, Frings, Özil, Fritz, Wiese), die am 30. Mai in Berlin aufeinander treffen.
• Kapitän Michael Ballack, der mit dem FC Chelsea im FA-Cupfinale gegen Everton steht.
• die U21-Spieler, die ihre Europameisterschaft in Schweden spielen. Mit einer Ausnahme – als zweiten Torhüter hinter Robert Enke nominierte der Bundestrainer Manuel Neuer vom FC Schalke 04.
Große taktische Varianten wird Löw mit dieser Besetzung kaum einüben können, zumal ja aus seiner Wunschelf einige wichtige Leute fehlen.
Keine Rolle in den Plänen von Yogi Löw spielen hingegen die Spieler von Borussia Dortmund – eine Tatsache, die nicht nur auf Dortmunder Journalisten etwas befremdlich wirkt. Löw sollte mal wieder in Dortmund vorbeischauen: Ein gesunder Sebastian Kehl in der Form der Rückrunde ist der beste deutsche defensive Mittelfeldspieler, der sich vor Rolfes oder Frings nicht verstecken muss. Über Patrick Owomoyela oder Roman Weidenfeller lässt sich streiten, Fakt ist aber: Beide haben eine hervorragende Rückrunde gespielt und zählten auf ihren Positionen zu den Besten der Liga. Mal schauen, wie der kicker sie in seiner Rangliste des deutschen Fußballs einstufen wird. Weltklasse und Internationale Klasse wird es wohl nicht sein (einfach, weil auch die internationalen Spiele fehlen), aber zumindest die dritte Kategorie, der weitere Kreis, sollte es schon sein.
Für die Asienreise nominierte der Bundestrainer unter anderem Robert Huth (mit Middlesbrough höchstwahrscheinlicher Absteiger aus der Premier League) und den Wolfsburger Christian Gentner, der es verdient hat. Dazu kommen der Hoffenheimer Tobias Weis sowie die Stuttgarter Cacau und Christian Träsch, einem 21jährigen Außenspieler mit gerade einmal 18 Bundesligaspielen. Irgendwie macht sich die dauerhafte Präsenz in Stuttgart und Sinsheim doch bezahlbar…



Sonntag, 17. Mai 2009
Wolfsburg vor der Krönung, BVB im Spielrausch
Wolfsburg zwei Punkte vor Bayern und Stuttgart; drei Punkte Vorsprung sind es gar vor Hertha BSC – wenn die Wolfsburger das am letzten Spieltag gegen Bremen in der heimischen Arena noch vermasseln, dann sind sie wirklich reichlich doof. Ich bin aber sicher, dass der VfL ab Sommer endlich seinen Briefkopf mit einem ordentlichen Titel schmücken kann. Zu gut waren die Leistungen der letzten Spiele: 3:0 gegen Dortmund, 5:0 beim Niedersachsenrivalen Hannover. Und Werder sollte daran denken, wie viele gute Spieler die Bayern ihnen schon abgenommen haben.
Wenn ich diese Zeilen vor sieben, acht oder neun Jahren geschrieben hätte, dann wäre mein Urteil anders gewesen. Trotz der schlechteren Ausgangslage hätte ich den Bayern zugetraut, die Situation noch zu drehen. Doch der FCB des Jahre 2009 hat nicht mehr die mentale Stärke seiner Vorgänger. Das wurde beim 2:2 in Hoffenheim, dem so jäh abgestürzten Emporkömmling der Hinrunde, deutlich.
Eher traue ich dem VfB Stuttgart zu, das er am letzten Spieltag in München gewinnt und von einem eventuellen Wolfsburger Ausrutscher profitiert. Hertha spielte nur torlos remis und ist quasi aus dem Titelrennen.

Ganz großes Kino in Dortmund
Der größte Verlierer der letzten Wochen ist der Hamburger SV. Die Hanseaten scheiterten in zwei Pokal-Halbfinals gegen Werder Bremen und auch in der Bundesliga ist die Teilnahmen an der neuen Euro League nach dem überraschenden 0:1 gegen Köln stark gefährdet.
Denn Borussia Dortmund verdrängte den HSV nach dem 6:0 gegen Bielefeld von Platz 5 und hat das weitaus bessere Torverhältnis. Die Nachricht, dass Köln 1:0 führte, war auch lange Zeit das einzig gute im Westfalenstadion, denn Borussia verfiel in Halbzeit 1 dem Trott längst vergessener Tage und präsentierte sich so schwach wie lange nichzt mehr. Die abstiegsbedrohte Arminia spielte da durchaus selbstbewusst auf und hatte auch die besseren Möglichkeiten. Doch wie das so ist im Fußball: Nach einem Freistoß von Alex Frei war Sebastian Kehl vor Arminia-Keeper Dennis Eilhoff am Ball, 1:0 für den BVB nach 43 Minuten. Und spätestens nach dem 2:0 durch Hajnal in der 53. Minute war das Spiel gelaufen. Borussia steigerte sich in einen wahren Spielrausch, Bielefeld ergab sich seinem Schicksal. Mein persönlicher Höhepunkt war Tingas Kopfball knapp über der Grasnarbe zum 5:0. Bei Bielefeld wurde Trainer Michael Frontzeck am Sonntag nach dem Spiel entlassen. Ein neuer Mann, der noch nicht bekannt ist, soll die Mannschaft vor Abstieg und Relegation retten.
„Ihr für uns! Und wir für Euch“, stand auf dem Plakat, mit dem die BVB-Spieler am Ende durchs Stadion liefen und sich damit bedankten. Es war einer dieser magischen Momente nach einer hervorragende Saison, die wirklich Lust auf die neue Spielzeit macht. Da sollte die letzte Hürde gegen Gladbach nicht mehr zur Stolperfalle werden. Die Borussia vom Niederrhein braucht noch einen Punkt gegen den Abschied und einigen Anhängern der selbsternannten „wahren“ Borussia wäre es ein besonders Vergnügen, den verhassten Schwarz-Gelben die Tour zu verderben. Doch das wird nicht passieren.



Mittwoch, 13. Mai 2009
Der Titelkampf: Wolfsburg hätte es verdient
Irgendwie ein ganz neues Gefühl, mal wieder ein Spiel zu verlieren. Gestern riss die Siegesserie von Borussia Dortmund in der Bundesliga, beim Spitzenreiter VfL Wolfsburg kassierte Schwarz-Gelb eine 0:3-Niederlage. Eine Halbzeit spielte der BVB gut mit, hatte seine Chancen, doch spätestens nach dem 2:0 durch Grafite nach 47 Minuten war das Spiel gelaufen. Dzeko, kongenialer Sturmpartner des Brasilianers, traf noch zweimal. Die beste Offensive der Liga stoppte den Dortmunder Vormarsch.
Felix Magath hat schon eine gute Mannschaft „zusammengecastet“ (Kicker), die den Meistertitel verdient hätte. Natürlich ist der VfL ein Plastikverein, der jetzt gerade mal im absoluten Erfolgsfall sein 30.000-Zuschauer-Stadion voll bekommt. Aber was soll es? Wenn es nach Tradition geht, müssten beispielsweise Dresden (3. Liga), Braunschweig (3. Liga) oder RW Essen (4. Liga) in der Bundesliga spielen. Sie sind aber nicht dabei – aus vielerlei Gründen, aber ihr Abstieg hat immer etwas mit völlig unfähigen Vereinsführungen zu tun.
Und Bayern? Da „juppt“ es ja wieder dank Jupp Heynckes – typischer Wort-Schwachsinn irgendwelcher durchgeknallter Boulevardjournalisten. Gestern hatten sie erstmal Glück, dass Schiedsrichter Kinhöfer aus Herne zwei glasklare Elfmeter für Leverkusen nicht gab. Danach trafen dann Toni, Ribery und Podolski, über den man sich im Manchester United-Forum ziemlich lustig macht. Falls der FC Bayern München Meister wird, versammeln sich die üblichen 5 000 Verdächtigen auf dem Münchener Marienplatz, der BR sendet live und bricht die Sendung nicht wegen eines Tierfilms ab und im DSF-Doppelpass verkündet Udo Lattek, das er es schon immer gewusst hat. Ihre eigentlichen Erwartungen aber - und das wissen die Bayern-Verantwortlichen und darum durfte auch Klinsmann gehen – hat die Mannschaft nicht erfüllt. Denn Ribery und Toni wurden vor knapp zwei Jahren verpflichtet, damit die Münchener auf Augenhöhe mit den Top-Clubs der Champions League sind. Das sind sie nicht, wie das Desaster von Barcelona eindrucksvoll zeigte.
Respekt natürlich für Hertha BSC Berlin, wo Trainer Lucien Favre aus einer Durchschnittsmannschaft das Optimum herausgeholt hat. Aber mit diesem Minimalistenfußball zum Titel – das muss wirklich nicht sein.
Dann doch lieber der VfB Stuttgart. Der Ex-Bayer Markus Babbel hat den Schwaben offensichtlich das berühmte Bayern-Sieger-Gen eingepflanzt. Wenn die Stuttgarter heute in Schalke gewinnen, traue ich ihnen alles zu. Dann kommt es am letzten Spieltag zum Showdown in München – und da macht der VfB dann sein Meisterstück.



Sonntag, 10. Mai 2009
Borussia weiter auf Wolke 7
Die ersten träumen davon, dass die Serie bis Saisonende hält: Nach dem lockeren 4:0-Erfolg gegen den Karlsruher SC blieb Borussia Dortmund auch im siebten Spiel in Folge unbesiegt. Wenn heute (Sonntag) der Hamburger SV in Bremen verliert, wäre der BVB auf dem wichtigen fünften Platz und damit für die Euro League (den ehemaligen UEFA-Cup) qualifiziert. Für Bayern München wäre das blamabel, für Dortmund hingegen ein großer Erfolg. Noch stehen allerdings drei Spiele bis zur Sommerpause an.
Seit über 30 Jahren besuche ich die Heimspiele des BVB – und es hat selten so viel Spass gemacht wie derzeit. Trainer Jürgen Klopp und die Spieler haben es geschafft, dass sich Dortmund wieder mit seiner Profimannschaft identifiziert.
Gut, die Rückserie 2004/2005 war Klasse, als Dortmund im ersten Jahr unter Trainer Bert van Marwijk eine phänomenale Serie absolvierte und diese mit einem Sieg auf Schalke krönte. Und das zu einem Zeitpunkt, als dem Verein durch die finanziellen Altlasten der Ära Niebaum/Meier das Aus drohte. Davor und danach war aber viel Ergebnisfußball – langweilig, ohne Herz, ohne Spaß.
Derzeit gibt es wirklich nichts zu kritisieren. Natürlich sollte man einen Sieg gegen den Tabellenletzten nicht überbewerten; aber es gab Zeiten, da hätte sich der BVB zu einem 1:0 gequält und ein Trainer wie Matthias Sammer es geschafft, einen Abwehrspieler für einen Stürmer einzuwechseln, um das Ergebnis zu halten.
Bis auf eine Schwächeperiode kurz vor der Pause hatte Dortmund das Spiel jederzeit im Griff, zeigte viel Spielfreude und erarbeitete sich eine Vielzahl an Torchancen. Der KSC präsentierte sich zudem als reichlich schwacher Gegner, der hinten wackelig wirkte und vorne ohne große Durchschlagskraft agierte. Ein Team, das an seine Chance im Abstiegskampf glaubt, tritt anders auf. Nach dieser Vorstellung sind die Karlsruher endgültig erster Abstiegskandidat.
Und noch eine gute Nachricht vom BVB: Die zweite Mannschaft gewann das Spitzenspiel der Regionalliga West beim 1.FC Köln II. Der Aufsteig in die dritte Liga ist damit greifbar nahe....



Freitag, 8. Mai 2009
DFB-Pokal und UEFA-Cup retten Werders Saison
Eine Papierkugel spielte Schicksal. 82. Minute, HSV-Innenverteidiger Michael Gravgaard wollte den Ball zu seinem Keeper Frank Rost zurückspielen. Doch von einer auf dem Platz liegenden zusammengeknüllten Papierkugel sprang der Ball ans Bein des Dänen und von da ins Toraus. Ecke für Werder Bremen: Und die nutzten die Gäste zum 3:1 beim Hamburger SV – ausgerechnet Kapitän Frank Baumann, ein eher seltener Torschütze, traf zur Vorentscheidung. Der HSV konnte im Halbfinale des UEFA-Cups nur noch durch Olic auf 2:3 verkürzen und war trotz des 1:0-Auswärtserfolges in Bremen aufgrund der weniger geschossenen Auswärtstore draußen. Werder hat hingegen nach dem Pokalfinale das zweite Endspiel erreicht und trifft in Istanbul auf Schachtjor Donezk aus der Ukraine.
Werder ist in diesem Jahr eine richtige Wundertüte. In der Bundesliga blieben die Hanseaten im Mittelmaß stecken. In den Pokalwettbewerben beißt die Mannschaft aber richtig, schaltete unter anderem im UEFA-Cup den AC Mailand aus.
Dabei lagen im dritten Nordderby in zwei Wochen (das vierte folgt am Sonntag in der Bundesliga) die Trümpfe eindeutig auf Seiten der Hamburger. Nach dem frühen Führungstor durch Olic führte der HSV addiert mit 2:0; Werder zeigte sich allerdings wenig geschockt. Angetrieben vom starken Duo Diego und Özil übernahmen die Gäste die Initiative und kamen durch Diego nach präzisem Anspiel von Pizarro zum Ausgleich. Das Spiel wogte hin her; Chancen gab es auf beiden Seiten. Und wieder entschieden die Torhüter: Rost sah bei Pizarros Schuss nicht gut aus, auch wenn der Ball richtig flatterte. Und dann kam eben jenes besagte Tor aus der 84. Minute…
Wermutsstropfen auf der Bremer Seite dürften aber die gelben Karten für Diego und Hugo Almeida sein, die damit im Finale fehlen werden.
Damit ist Werder Bremen die erste deutsche Mannschaft seit 2002, die das Finale eines europäischen Klubwettbewerbes erreicht. 2002 verlor der BVB gegen Feyenoord Rotterdam.
Im gleichen Jahr unterlag Bayer 04 Leverkusen äußerst unglücklich im Finale der Champions League gegen Real Madrid. Heute sind deutsche Mannschaften von den Finalspielen der europäischen Königsklasse weit entfernt – auch der FC Bayern, der gegen Barcelona im Viertelfinale schmerzhaft seine Grenzen gezeigt bekam.
Das norddeutsche Derby im UEFA-Cup bot ordentlichen Fußball, doch im Vergleich zu den Halbfinals der Champions League waren die Spiele in Tempo, Taktik und Technik eine Klasse schlechter. Der UEFA-Pokal, der im nächsten Jahr als Euro League firmiert, hat immens an Bedeutung verloren, weil sich alles auf die Meisterklasse fokussiert. Einst von Franz Beckenbauer despektierlich als „Cup der Verlierer“ tituliert, ist er jetzt wirklich einer. Oder was qualifiziert die Mannschaften, die den dritten Platz in der Gruppenphase der Champions League belegten, für den Wettbewerb? Sportlich sind sie gescheitert und ausgeschieden. Werder und Schachtjor Donezk belegten dritte Plätze in ihren Gruppen, scheiterten an Pananthinaikos Athen und Inter Mailand bzw. FC Barcelona und Sporting Lissabon.
Nachtrag: Bei Ebay tauchen inzwischen mehrere (!!!) Papierkugeln auf, die alle die besagte aus dem Spiel sein sollen.



Donnerstag, 7. Mai 2009
Chelsea schreit Betrug
Was ein Drama! Mehr als 180 Minuten „quälte“ Chelsea den FC Barcelona regelrecht im Halbfinale der Champions League – sowohl beim 0:0 im Hinspiel als auch im Rückspiel an der Stamford Bridge fanden die Katalanen, am Samstag noch stolzer 6:2-Sieger gegen den Erzrivalen Real Madrid in der heimischen Liga, nie ein Mittel gegen die ausgeklügelte Defensivtaktik der Westlondoner. Und dann traf Iniesta in der 93. Minute quasi aus dem Nichts zum Ausgleich und schoss Barca dank des erzielten Auswärtstores ins Finale nach Rom.
Chelseas Coach Guus Hiddink spielte zwar offensiver als im Hinspiel, dennoch stand die Heimmannschaft erst mal hinten gewohnt sicher. Perfekte Raumaufteilung, enorme physische Präsenz – das war Gift für Barcas Kurzpassspiel. Das frühe Tor durch Essien unterstützte die Taktik der Londoner. Barcelonas gefürchtete Kurzpässe kamen nicht an, weil Chelsea die Räume geschickt dichtmachte.
Die Ratlosigkeit der Katalanen zeigte sich zunehmend daran, dass die Strategen des perfekten Kurzpassspieles zwangsläufig auf lange und hohe Bällen in die Mitte setzten. Das war kein Problem für Terry und Alex in der Chelsea-Innenverteidigung, zudem flankte Barcas Außenverteidiger Dani Alves grauenhaft an diesem Abend. Außerdem wirkte Iniesta in der Henry-Position auf links völlig verschenkt.
Die Londoner hätten das Spiel frühzeitig entscheiden müssen. 7:2 lautete die Chancenbilanz – Barcelona konnte sich bei Torhüter Victor Valdes, der sonst eher im Schatten der Offensivkünstler steht, bedanken.
Ihr Dank sollte aber auch dem norwegischen Unparteiischen Tom Henning Övrebö gelten. Chelsea fühlte sich betrogen – und der Zorn ist verständlich. Selbstverständlich lässt sich vom heimischen Sofa nach mehreren Zeitlupen immer vortrefflich argumentieren, aber bei allen vier strittigen Szenen wäre ein Strafstoß berechtigt gewesen. Und schon tauchen die ersten Konspirationstheorien wie „die UEFA wollte keine zwei englischen Mannschaften im Finale" auf.
Für Övrebö dürfte die nächste Zeit nicht leicht werden. Wer sich daran erinnert, wie die englische Boulevardpresse einst den Schweizer Urs Meier verfolgte, der dürfte Böses ahnen. Die Tabloids, allen voran die üble Sun, gaben dem Schiedsrichter die Schuld, dass England bei der EM 2004 ausschied. Meier hatte in der 89. Minute im Viertelfinalspiel gegen Portugal ein englisches Tor wegen eines Foulspiels nicht anerkannt.



Mittwoch, 6. Mai 2009
Das Traumtor des Rene Tretschok
Champions League Halbfinale: Leichter als erwartet setzte sich Manchester United mit 3:1 und 1:0 gegen Arsenal London durch und steht damit als erster Final-Teilnehmer fest. Vor 12 Jahren stand ManUtd auch im Halbfinale – doch damals scheiterte das Team von Alex Ferguson, schon zu dieser Zeit Manager, an Borussia Dortmund. 1:0 gewann Schwarz-Gelb im Westfalenstadion, 1:0 siegte der BVB auch im Rückspiel in Old Trafford. Dortmund zog ins Finale ein und holte dank eines 3:1-Erfolges gegen das mächtige Juventus Turin sensationell den Pokal mit den hässlichen Ohren.
Damit war der BVB auf dem Zenit angekommen, nach den Meisterschaften 1995 und 1996 folgte die europäische Krönung. Ottmar Hitzfeld betreute eine hochkarätige Mannschaft, der große Namen wie Reuter, Kohler, Möller, Sammer, Paulo Sousa oder Chapuisat angehörten. Finanzprobleme, die später fast zum Kollaps des Vereins führten, erahnten höchstens Insider; Präsident Dr. Gerd Niebaum und Manager Michael Meier galten als das Dreamteam des deutschen Fußballs.
Ganz so heil war die BVB-Welt im Frühjahr 1997 aber nicht mehr. In der Bundesliga enttäuschte die Mannschaft besonders auswärts, es gab peinliche Niederlagen in Bochum, Düsseldorf oder Bielefeld. Am Ende landete die Millionentruppe auf Rang 3, neun Punkte hinter Meister Bayern München.
In der Champions League hielt sich der BVB jedoch schadlos. Ohne Probleme qualifizierte sich das Team in den Gruppenspielen gegen Widzew Lodz, Steaua Bukarest und Atletico Madrid für das Viertelfinale. Dort traf man auf den AJ Auxerre aus Frankreich mit der Trainerlegende Guy Roux und gewann beide Spiele mit 3:1 zuhause und 1:0 in Auxerre.

Ooh Aah Cantona
Im Halbfinale wartete allerdings mit Manchester United ein anderes Kaliber. Alex Ferguson hatte mit Giggs, Beckham, Scholes, den Neville-Brüdern, Butt und Solskjaer hochtalentierte junge Spieler in die Mannschaft eingebaut; im Tor stand der furchterregende Däne Peter Schmeichel, im Mittelfeld bestimmte der aggressive Roy Keane den Rhythmus und vorne sorgte der charismatische Franzose Eric Cantona für die Tore.
Wie so oft in dieser Zeit, plagten den BVB vor der Partei gegen die Engländer zudem massive personelle Sorgen. So musste Hitzfeld im Hinspiel Riedle, Chapuisat, Kohler und Sammer ersetzen. Am 9. April 1997 war das 1997 Westfalenstadion natürlich ausverkauft (damals passten nur 48 500 Zuschauer in den Tempel), die Nordtribüne war fest in Hand der englischen Fans.
Es wurde einer dieser knisternden internationalen Abende, die man nicht mehr vergisst – nicht, weil die Partie spielerisch besonders gut war. Beide Mannschaften waren absolut gleichwertig, schenkten sich nichts, versuchten aber oft mit hohen Bällen ihr Glück. Dortmunds „Verlegenheitssturm“ mit Heiko Herrlich und Rene Tretschok schlug sich wacker, doch Uniteds Abwehr stand sicher. Chancen blieben Mangelware. In der Pause gab es nicht die üblichen Werbespots, sondern Soul vom Altmeister James Brown. Die Tribünen swingten...
Im zweiten Abschnitt beharkten sich beide Teams nach allen Kräften, richtige Vorteile konnte sich aber keiner erarbeiten. Bis zur 75 Minute: Da nahte die große Stunde des Rene Tretschok, damals meist Reservist hinter Knut Reinhardt und im nach hinein einer der am meist unterschätzten Spieler im BVB-Dress. Die portugiesische „Diva" Paulo Sousa gewann den Ball gegen Butt, passte zu Tretschok und der zog aus 25 Metern, halblinke Position, einfach ab. Das Unheil für United nahm seinen Lauf: Pallister fälschte ab, Van der Gouw, der den kurzfristig verletzten Schmeichel im Tor ersetzte, zögerte einen Moment und flog dann vergeblich. 1:0 für den BVB – viele wie Neil Mullally vom Manchester United-Forum RedCafe.net meinten, der Däne hätte den Schuss gehalten.
Das 1:0 war natürlich ein denkbar knappes Ergebnis für das Rückspiel am 23. April in Old Trafford. Doch es ging gut los: Lars Ricken markierte das 1:0 schon nach 8 Minuten. Manchester musste jetzt schon mindestens drei Tore schießen. Es folgte ein einziger Sturmlauf der Gastgeber, den Borussia nur mit sehr, sehr viel Glück überstand. Nach 17 Minuten rettete Jürgen Kohler unglaublich artistisch gegen Cantona; ein paar Minuten folgte die nächste Rettungstat des Abwehrrecken.
United belagerte pausenlos das Dortmunder Tor, hatte massenweise Chancen, vergab diese aber allesamt. Dortmund war hingegen nur in der Defensive und kam kaum zu Entlastungsangriffen, Stefan Klos im BVB-Tor musste unzählig Male klären – und irgendwann hatte Schiedsrichter Urs Meier aus der Schweiz nach gefühlten 120 Minuten ein Einsehen und pfiff das Spiel ab. Borussia Dortmund durfte nach München, Manchester Uniteds große Stunde kam erst zwei Jahre später in Barcelona gegen den FC Bayern.