Die Freunde von Hannover 96 mögen es mir verzeihen: Aber bislang ist die Europa League im europäischen Klubfußball so ziemlich an mir vorbei gelaufen. Der Nachfolger des UEFA-Cups, in dem die Gruppenphase heute zu Ende geht, bleibt deutlich hinter der Champions League – finanziell und sportlich.
Die Anhänger von Hannover 96 sehen das verständlicherweise etwas anders: Für sie ist der Wettbewerb nach ewiger europäischer Abstinenz ein grandioses Erlebnis. Besonders der Auftritt der Niedersachsen in Kopenhagen entwickelte sich zu einer großen Vereins-Klassenfahrt.
In meinen unparteiischen Augen war die Vorrunde hingegen wenig attraktiv. Bislang habe ich zweieinhalb Spiele des Wettbewerbs gesehen, mehr ist auch nicht geplant. Beides Male waren es komplett die Partien zwischen Hannover und Standard Lüttich. In beiden Spielen gab es schon so etwas wie Europacup-Flair: Die Stimmung war jedes Mal sehr gut, das Spiel dann aber eher mau. Nicht verschwiegen werden soll zudem, dass 96 – im Gegensatz zum BVB im letzten Jahr und natürlich auch anders als die Dortmunder in der diesjährigen Champions League – die Gruppenphase überstand und die Ausscheidungsspiele erreicht hat.
Fürchterlich bis grauenhaft
Eine Runde weiter ist ebenfalls der FC Schalke 04. Von den Knappen habe ich ein halbes Spiel gesehen: eine Halbzeit bei Steaua Bukarest. Die war fürchterlich bis grauenhaft, was aber nicht am Dortmunder Erzrivale lag. Die Heimmannschaft wollte nur kein Tor kassieren und so entwickelte sich der Nichtangriffspakt von Bukarest, bei dem mir selig die Augen zufielen.
Schalke quälte sein Publikum in diesem Wettbewerb weiter mit einem Heim-Remis gegen die wackeren Zyprioten aus Larnaca. In diesem Jahr erreichte Königsblau immerhin das Halbfinale in der Champions League – dem gemeinen Turnhallen-Besucher bleibt da nur ein schaler Trost.
Im Frühjahr folgt der nächste Wahnsinn: Da kommen die Drittplacierten der Gruppen der Champions League. Das ist so und so ein mehr als schaler Witz: Da scheitern Mannschadten sportlich in einem anderen Wettbewerb und dürfen dann in einer anderen Konkurrenz ihr Glück versuchen. Schon einige Male kam der Gewinner aus dem Kreis der ausgeschiedenen Mannschaften. Damit werten die Verantwortlichen der UEFA die Euro League natürlich deutlich ab, machen den Wettbewerb zur zweiten Wahl.
Entsprechend ist das Image bei den regelmäßigen Champions League-Teilnehmern: Beim deutschen Rekordmeister Bayern München gilt das Wort Europa League quasi als Schimpfwort und ist der Alptraum nicht nur der Herren Rummenigge und Hoeneß.
Einige dumme Sprüche kassierte Sir Alex Ferguson, nachdem sein Club Manchester United diesmal bereits in der Gruppenphase der Königsklasse ausschied und damit in die Euro League muss. Turf-Freak Ferguson will allerdings den Wettbewerb ernst nehmen und nicht eine permanente B-Elf ins Rennen schicken. Dieses B-Team war 2011 im Halbfinale der Champiosn League aber immer noch eine Nummer zu groß für den FC Schalke 04.
Der große Socrates ist tot. Einen schönen Nachruf auf einen der einflussreichsten brasilianischen Mittelfeldspieler der achtziger Jahre kann Mann oder Frau auf spielverlagerung.de lesen. Ich erinnere mich an die Weltmeisterschaft 1982 in Spanien: Es waren triste Tage des Fußballs. Die Spiele waren fürchterlich langweilig, weil die meisten Mannschaften nur das Spiel zerstören wollten. Dazu wurde eine der schlimmsten deutschen Fußball-Nationalmannschaften aller Zeiten auch noch Vize-Weltmeister.
Natürlich wurde nicht das Team, das den besten Fußball spielte, Champion. Brasilien zauberte das letzte Mal so richtig, Socrates war der große Taktgeber. Doch die Südamerikaner scheiterten an den Defensivkünstlern aus Italien mit dem furchterregenden Abwehrspieler Claudio Gentile. Die Gerechtigkeit blieb auf der Strecke.
Wie Sun und co. einen Schweizer Referee drangsalierten
Englands Tabloids schäumten vor Wut und hatten ihren Sündenbock nach dem Ausscheiden der englischen Fußballnationalmannschaft bei der EM 2004 gefunden: den Schweizer Referee Urs Meier. „Ursloch“ titelte Rupert Murdochs Sun (andere Quellen meinen, die Schlagzeile kommt vom Daily Star). Es war das Viertelfinale der Europameisterschaft 2004, England traf auf Gastgeber Portugal. Beide Teams lieferten sich ein packendes Match, es gab Torchancen auf beiden Seiten. Dann die 90. Minute: Englands Sol Campbell traf per Kopf, doch Meier gab das Tor nicht, weil John Terry vorher den portugiesischen Keeper Ricardo gefoult hatte. Die Three Lions verloren später – wie auch anders – im Elfmeterschießen und mussten nach Hause fahren. Und die Jagd auf den Schweizer Schiedsrichter begann.
Urs Meier, der spätere ZDF-Experte, hat jetzt im Interview mit dem Schweizer Sonntag verraten, mit welchen Methoden ihn englische Boulevardjournalisten unter Druck setzten. Allen voran die Sun aus dem Imperium von Rupert Murdoch – ihr Schwesterblatt News of The World schloss Murdoch jetzt bekanntlich nach diversen Abhörskandalen.
30 000 Pfund
„Sie haben ihr volles Geschütz auf mich gerichtet“, erklärte Meier in dem Interview. „Meiner Ex-Frau haben sie 30000 Pfund geboten, weil sie eine Story machen und mich in die Pfanne hauen wollten. Meinem damals 14-jährigen Sohn haben sie auf dem Schulweg abgepasst. Sie wollten wissen, von welcher englischen Mannschaft er Fan sei. Wenn er über seinen Vater rede, würden sie organisieren, dass er zu einem Spiel seiner Lieblingsmannschaft gegen Manchester United eingeladen werde.“
Die Sun veröffentlichte Meiers E-Mail-Adresse, am Morgen nach dem Spiel hatte er 16 000 Mails mit oftmals wüsten Beschimpfungen und sogar Morddrohungen von empörten Anhängern der Three Lions in seinem Posteingang. Meier: „Hätten wir mein Mail-Konto nicht aus dem Netz bekommen, wären es weit über eine Million geworden.“
Noch heute fühle er sich nicht ganz wohl, wenn er in eine Gruppe von Engländern gerate. Dabei hatte Meier eigentlich gar nichts falsch gemacht: Vom Fachblatt kicker erhielt er die Note 3, das Foulspiel von Terry gegen Ricardo im 5 m-Raum konnte man durchaus pfeifen.
So richtig gepackt hat sie mich noch nicht, die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft. Parallel läuft gerade die Partie Schweden gegen die USA, aber sie dient nur als Geräuschkulisse im Hintergrund, während ich diese Zeilen schreibe.
Damit zähle ich offensichtlich zu den Außenseitern im Lande. Die Stimmung ist prima, auch wenn es zum Beispiel hier in Dortmund kein Public Viewing gibt und auch nicht massenweise schwarz-rot-goldene Fahnen durch die Stadt fahren. Aber ARD und ZDF dürfen sich über sehr gute Quoten freuen, die Stimmung in den gut besuchten Stadien ist richtig euphorisch. Es scheint ein ganz anderes Publikum als bei den Männern da zu sein: Keine Pfiffe gegen die Gegner, dafür geht die Welle schon frühzeitig durch die Arenen – egal, was auf dem Rasen abläuft. Fußball als harmloses, sauberes Familienvergnügen? Da ist zwar ganz schön, aber nicht unbedingt erstrebenswert: Zum Fußball gehören Leidenschaft, Emotionen und natürlich sportliche Rivalitäten. Aber immerhin verkürzt die WM die Wartezeit auf die Sonderhefte von kicker und 11 Freunde zur neuen Bundesliga-Saison.
Die Lehren der ersten zehn Tage
• Wenn Deutschlands Frauen wie zuletzt das Männer-Team Dritte würden, wäre das eine Riesenenttäuschung. Bislang merkte man dem zweifachen Weltmeister die Nervosität an, immerhin gab es drei Siege und das letzte Spiel gegen die starken Französinnen war schon viel besser. Irgendwie erinnerte das Spiel gestern an die Spiele der Männer in den achtziger Jahre: Die athletischen Deutschen entzaubern die technisch guten Franzosen. Im Gegensatz zu den Männern der 80er haben die deutschen Mädels auch technisch einiges drauf.
• ARD und ZDF übertragen ausgiebig, das Niveau ist besonders bei der ARD eher mäßig. Zum Glück musste „Expertin“ Franziska von Almsick später zur Hochzeit nach Monaco (Danke liebes Fürstenhaus), gegen die manchmal reichlich nervenden Livereporter Tom Bartels und Bernd Schmelzer half Eurosport.
• Manche Leistungen der Schiedsrichterinnen sind schwach, das zeigt nicht nur diese inzwischen berühmte Szene. Oder die Frau aus Südkorea, die Deutschland gegen Nigeria pfiff.
• Die Leistungsunterschiede sind geringer als prognostiziert, richtige Kanterergebnisse fehlten diesmal. Überraschungen blieben dennoch aus – obwohl besonders die Frauen aus Äquatorialguinea wenigstens einen Punkt verdient gehabt hätten. Allein wegen der großartigen Anonma. Oder wegen Bruna, dem Schrecken von Brasiliens Top-Spielerin Marta (siehe Video unten…)
Ja hier stand mal ein Video, tolle Bilder wie Bruna die große Marta in "Manndeckung" nahm. Leider nimmt uns die FIFA diesen Spass, meint dass das eine Verletzung des Urheberrechts sei. Was ein Unsinn ...
Was war das für eine Groteske in der letzten Woche beim Fußball-Weltverband FIFA. Selbstverständlich wählten die Delegierten den bisherigen Präsidenten Joseph S. Blatter wieder. Vorher gab es eine schöne Schlammschlacht: Sein Gegenkandidat Mohamed Bin Hammam (Katar) verzichtete, weil ihm die sogenannte FIFA-Ethik-Kommission der Korruption bezichtete. Nur Blatter hat weiter ein reines Gewissen.
Das sorgt nicht nur bei führenden deutschen FIFA-Kritikern wie Jens Weinreich oder Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung für Empörung. Selbst das Fachblatt kicker, früher immer stramm auf FIFA-Linie und immer noch ziemlich auf DFB-Kurs, spricht seit einiger Zeit von Korruption innerhalb des Weltfußballverbandes.
Aber, liebe Nachwuchs-Machiavellis und BWL-Studenten im fortgeschrittenen Semester, Ihr könnt einiges vom Management a la Blatter lernen. Ihr müsst nur gewisse Regeln beachten. nurpferdefussball enthüllt exklusiv die Management-Leitlinien des Joseph S. Blatter.
Kritik ignorieren, Probleme aussitzen: Da ist der Sepp ganz groß drin. Kritik prallt bei ihm äußerlich unbeteiligt ab (na gut, nicht immer, manchmal bricht er auch Pressekonferenzen einfach ab), Krisen sitzt er aus. Und seit seinem Amtsantritt hat er schon einige schlimme Situationen erlebt. Was stört es eben die stolze Eiche, wenn sich das niedrige Borstenvieh dran weidet. Wichtig sind zudem (Pseudo)-Aktionen, um Probleme zu beseitigen. Das übernimmt der Präsident höchstpersönlich.
Das Gute betonen: Großen Wert legt Blatter in seinen Reden und Interviews auf Begriffe wie Leidenschaft, Fairplay, Transparenz, Ethik oder Fortschritt. Gerne spricht er auch von der großen weltweiten Fußball-Familie. Wir sitzen doch alle in einem Boot – geführt von den weisen Männern der FIFA.
Klotzen: Als FIFA-Präsident stellt man etwas dar in der großen Welt. Nur keine falsche Bescheidenheit: Top-Hotels, Privatjets, die besten Plätze im Stadion – keine Ahnung, wann jemand wie Blatter zuletzt Eintritt für ein Fußballspiel bezahlt hat.
Orden sammeln: Zahllose Auszeichnungen schmücken die Karriere des Joseph S. Blatter. Unter anderem ist er Träger des Ordens Jarowslas des Weisen (Ukraine), Träger des „Order of Good Hope" der Republik Südafrika, dazu Ritter der französischen Ehrenlegion. Unter natürlich hat er auch das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und ist Ehrenmitglied des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Nur keine Scheu vor Diktaturen oder politisch fragwürdigen Regimes. Denn die haben unheimlich tolle Auszeichnungen. Vielleicht wird es ja doch noch etwas mit dem Friedensnobelpreis.
Geschenke machen: 1998, was war das damals für ein Ärger. Dieser schwedische Typ von der UEFA, er sprach wahrlich von solchen Dingen wie Transparenz. Doch wer gewann die Wahl? Natürlich unser Held – und so hat jetzt der Fußballverband von Mali ein Hauptquartier, in dem das Büro des Verbandspräsidenten größer ist als das des Landespräsidenten. Weil der Präsident ein Herz für die kleinen Verbände hat und sie finanziell unterstützt. Das schafft Dankbarkeit und bringt Wählerstimmen. Wo das Geld letztendlich landet – Themenwechsel.
Die Schwächen der Kollegen kennen: Zweifellos die größte Stärke des Sepp Blatter. So hat er sich mit Leuten wie diesen umgeben, von denen einige nichts gegen gutgemeinte Geschenke (es kann auch Bargeld sein) haben. Das weiß der Blatter Sepp: Und wenn dann einer davon wie Jack Warner nach seiner Suspendierung von einem „Tsunami spricht, der die die ganze FIFA zum Einsturz bringen kann", dann sind das nur leere Worte. Weil der Ticketspezialist Warner doch einige Flecken in seiner sauberen Weste hat und ihm die materiellen Pfründe dann doch wichtiger sind als die gute Sache.
Dinge gibt es, die gibt es einfach nur im Fußball. 5:2 gewann der FC Schalke gerade sensationell beim Titelverteidiger Inter Mailand im Viertelfinale der Champions League - ein Ergebnis, dass im Vorfeld niemand den Schalkern zugetraut hat. Zumal Inter auch noch nach 20 Sekunden 1:0 vorne war. "Schalker riesengroß an diesem Abend", meinte SAT1-Kommentar Wolf-Dieter Fuß. Und dann traf auch noch jemand zweimal, den viele beim Reviernachbarn Bochum immer noch für die europäische Apokalypse halten, weil er einst einen Ball nicht klären konnte: Edu Goncalves de Oliveira, brasilianischer Fußballer jetzt in Diensten des FC Schalke 04. Dinge gibt es.....
Etwas flapsig nennt man das wohl „vorglühen“: Weil Borussia Dortmund im nächsten Jahr mit hohen Wahrscheinlichkeit wieder in der Champions League spielt, schaue ich mir die Spiele der europäischen Königsklasse noch genauer an. Zum Beispiel das Duell am Mittwoch zwischen Arsenal London gegen FC Barcelona: Zwei Mannschaften der europäischen Spitzenklasse, die eine ähnliche Spielphilosophie auszeichnet. Beide Teams sind offensiv ausgerichtet, es dominiert das gepflegte Kurzpassspiel, viel Direktspiel – und alles passiert in einem Wahnsinnstempo. Da waren Erwartungen und Vorfreude groß.
Zum Glück erfüllte das „Duell der Passkünstler“ (kicker) dann auch die Erwartungen. Es war ein tolles Spiel zweier technisch perfekter Teams. 60 Minuten dachte ich, dass Barca die Partie locker nach Hause bringt. Der Ball lief grandios durch die Reihen der Katalanen; Xavi, Iniesta, Messi und co. bewiesen eindrucksvoll, dass sie derzeit das beste Vereinsteam der Welt sind. Doch dann lockerte Barca das Tempo; Arsenal fand zurück ins Spiel, profitierte beim 1:1 von einem Fehler von Victor Valdes im Barcelona-Tor, erarbeitete sich weitere Chancen und kam sogar zum 2:1 durch den eingewechselten Arshavin.
Barcelona ist also auch ohne den berühmten „Bus“ schlagbar. Mit dieser Taktik hatte Jose Mourinho im letzten Jahr mit seinem damaligen Klub Inter Mailand die Katalanen in der Champions League ausgeschaltet. Mourinho hatte strikte Defensive angeordnet, quasi einen „Bus in den Strafraum“ geschoben.
So eine Taktik widerspricht allerdings völlig der Philosophie von Arsenal-Manager Arsene Wenger. „Er will schönen Fußball spielen wie Barcelona, er weigert sich, die irre anmutenden Transfersummen für die Top-Stars zu zahlen, und er glaubt an den Aufbau von Mannschaften mit jungen Spielern, die er selbst ausgebildet hat“, charakterisierte der kicker den Franzosen sehr treffend in seinem Champions League-Sonderheft.
Seit September 1996 trainiert der Elsässer den Londoner Traditionsklub – und er hat im Laufe der Zeit den Verein gründlich umgekrempelt. „French Revolution“ schrieben die englischen Gazetten häufig in den ersten Jahren, „Boring Arsenal“, wie die Westlondoner aufgrund ihrer ergebnisorientierten Spielweise gerne in den achtziger Jahren tituliert wurden, war längst Vergangenheit.
Fish, Chips und Lager
Wenger setzte auf Offensive und Kurzpass, brachte moderne Trainingsmethoden in den Verein und kümmerte sich auch um Dinge wie die Ernährung seiner Spieler. Das war offensichtlich völlig neu für englische Profis: Nach dem Vormittagstraining ging es häufig nach einer ordentlichen Portion Fish und Chips zum nachmittäglichen Umtrunk ins nächste Pub. Da verwunderte es nicht, dass eine Arsenallegende wie der kantige Abwehrspieler Tony Adams zum Alkoholiker wurde.
Drei Mal holte Arsenal unter Wenger den Titel in der Premiere League, vier Mal den FA-Cup. In den letzten Jahren stand er allerdings erstmals etwas in der Kritik. Denn der letzte Titel lag schon einige Jahre zurück (2005 FA-Cup), sein Jugend-Konzept fand nicht mehr überall Anklang. Zudem monierten manche Kritiker, dass kaum noch ein Engländer im Startteam stand.
Die großen Namen fehlten bis auf Arshavin auch in den letzten Jahren bei den Neueinkäufen. Allerdings kamen mit Squillaci, Vermaelen, Koscielny und Charmakh etwas routiniertere Spieler. Aber keine großen Namen, andere Vereine der Premiere League rüsten da ganz anders auf. Das Gerüst bilden weiter Spieler, die früh zu den Gunners kamen und die Wenger und sein Trainerteam formten.
In dieser Spielzeit läuft es in der Premiere League ganz ordentlich, nur haben die Westlondoner Pech, dass der alte Rivale Manchester United eine fast perfekte Saison statt. Mit seinem Managerkollegen Alex Ferguson verband Wenger lange Zeit eine heftige Rivalität, inzwischen verstehen sich diese beiden Alpha-Tiere des englischen Ligafußballs aber besser.
Das Emirates Stadium, in dem Arsenal seit 2006 spielt, ist fast immer ausverkauft. Ohne Mitgliedschaft läuft gar nichts – bei Eintrittspreisen, bei denen man in Deutschland nur die Ohren anlegt. Die Premiere League ist ein kostspieliger Spaß und in London noch einmal besonders teuer. „Wer 50 Pfund für ein Fußballspiel bezahlt, der erwartet ein Spektakel“, meint Wenger. Und das bekamen die Zuschauer am Mittwoch zweifellos..
In Europa kannten den Klub wohl nur absolute Insider: TP Mazembe Lubumbashi, aktueller Gewinner der afrikanischen Champions League, und beheimatet in der Demokratischen Republik Kongo. Ein Land, aus dem sonst immer nur Nachrichten über Bürgerkriege, Hunger und andere Scheußlichkeiten kommen. Und jetzt schafft der Klub die absolute Sensation, schlägt bei der Klub-Weltmeisterschafterschaft in Abu Dhabi die erheblich höher eingeschätzten Teams von Pachuca CF (Mexico) und Internacional Porto Alegre aus Brasilien mit dem ehemaligen Dortmunder Tinga.
Im Finale trifft Mazembe am Samstag auf den großen Favoriten Inter Mailand. „Das ist etwas ganz Besonderes für uns. Wir sind hier, um Afrika zu repräsentieren, und ganz Afrika wird stolz auf unsere Arbeit sein", sagte nach dem Match ein ebenso stolzer Lamine N'Diaye, Trainer des Finalisten. Nicht nur in Europa und Südamerika wird erfolgreicher Vereinsfußball gespielt.
Wer ist dieser TP Mazembe, wer steckt hinter dem Verein? Lesenswerte Stories über den Verein gibt es hier und im Fußball-Blog des englischen Guardians. Wer etwas über den täglichen Wahnsinn im Kongo lesen möchte, empfehle ich diese Seiten. Und wir erfreuen uns hier am Jubel von Mazemba-Torhüter Muteba Kidiaba und am 2:0 durch Dioko Kaluyituka: Kurzer Übersteiger und dann ein trockener Schuss ins kurze Eck.
Was man nicht alles so findet, wenn man auf den Seiten des Guardians die englische Reaktionen auf die Vergabe der Fußball-WM nachlesen möchte: Ein grandioses Foul von Boris Johnson, englischer Tory-Politiker (also ein Konservativer) und Bürgermeister von London. Starr der Blick auf den Boden und dann mit dem Kopf in den Gegner - ein Foulspiel, das auf Fußballplätzen Seltenheitswert hat. "Er komme mehr vom Rugby" soll Johnson hinterher gesagt haben. Wen er da auf deutscher Seite fällt, konnte ich leider nicht erkennen und war auch im nachhinein nicht festzustellen. Zumal das Ganze schon etwas länger zurückliegt: 2006 war es in Reading und Deutschland gewann 4:2. Erfolgreiche Revanche 40 Jahre nach Wembley - trotz Boris.
Als Shinji Kagawa, Dortmunds neuer japanischer Publikumsliebling, das 2:0 des BVB gegen den VfL Wolfsburg markierte, meinte jemand auf der Tribüne des Signal-Iduna-Parks: „Den hätte Valdez nie gemacht“. Die Reaktion der anderen war Kopfnicken. Denn so sehr sich der vor der Saison zum spanischen Erstligisten Hercules Alicante verkaufte Nelson Valdez im BVB-Dress auch bemühte, erfolgreich im Torabschluss war er nicht. Er galt eher als Chancentod: 16 Tore in vier Jahren Dortmund sind für einen Angreifer keine gute Bilanz.
Und dann das Deja-Vu-Erlebnis am Samstag Abend: Neuling Alicante gewann sensationell 2:0 beim großen FC Barcelona, der vielleicht besten Vereinsmannschaft der Welt. Doppelter Torschütze: Nelson Valdez, besonders das zweite Tor war ganz große Klasse. Selbst BVB-Trainer Jürgen Klopp schickte eine Glückwunsch-SMS.
Denn unbeliebt war Paraguays Nationalstürmer in Dortmund nie. Zu sehr passte sein Spielweise zur schwarzgelben Fanmentalität – kämpfen, nie aufgeben, so etwas sieht man im schönsten Stadium der Republik gerne, da verzeiht man auch andere Schwächen.
Zumal Valdez in seinen vier Jahren Borussia Dortmund sich auch Respekt verdient hatte. Seine beste Saison war die Spielzeit 2008/09, das erste Jahr der Ära Jürgen Klopp. Da war er als zweite Angriffsspitze eine feste Größe im System Klopp. Weil er unermüdlich erarbeitete, Räume schuf und mit seinem hohen Aktionsradius dafür sorgte, dass das Dortmunder Spiel nur schwer vom Gegner auszurechnen war.
Im letzten Jahr allerdings war Valdez einer der Leidtragenden der Umstellung des BVB-Systems von 4-4-2 auf ein 4-2-3-1 mit der einzigen gesetzten Spitze Lucas Barrios. Die Positionen hinter den Spitzen behagten Valdez überhaupt nicht. Spieler wie Zidan oder Großkreutz liefen ihm den Rang ab, für den Paraguayo blieb nur die Bank. Die gute WM mit seiner Nationalmannschaft beflügelte dann den Wechsel nach Spanien – auch wenn Hercules Alicante nicht unbedingt zu den ersten Adressen des Weltfußballs gehört. Nach diesem Wochenende aber vielleicht doch….