Samstag, 14. August 2010
Ein glühender Anhänger des schönen Fußballs
Ich werde sie vermissen, die oftmals gnadenlos subjektiven Texte des Harald Irnberger. Der Spanien-Korrespondent des Fachblattes kicker sportmagazin verstarb am 15. August im Alter von 60 Jahren.
Früher hießen die Auslandskorrespondenten des kicker K.Rosso oder Arthur Rotmil. Keine Ahnung, ob das echte Personen waren oder nur Künstlernamen. Ihre wesentliche Aufgabe besteht jedenfalls daran, die Spiele des Wochenendes noch mal zusammenzufassen.
Das hat sich geändert: Heute ist die „Bibel des deutschen Fußballs“ zumindest in der Berichterstattung über den Fußball in England, Italien und Spanien viel hintergründiger – ohne allerdings an die Klasse der Auslands-Fußballberichterstattung der Süddeutschen Zeitung heranzukommen.
Seit 2003 war Harald Irnberger, ein in Andalusien lebender Österreicher, der Mann des Fachmagazins auf der iberischen Halbinsel. Schon von seiner ganzen Philosophie kein Spezialist für die reine 1:1-Berichterstattung: „Wir wollen über Fußball reden, doch dabei nicht vernachlässigen, was alles mit Fußball verknüpft ist: Politik und Geschäft, Macht und Einfluss, Medienspektakel und Cäsarenwahn“, schrieb der Exil-Österreicher in seinem Buch „Die Mannschaft ohne Eigenschaften.“


Cäsarenwahn
Irnberger war offensichtlich ein publizistisches Multitalent und ein großer Anhänger des ehemaligen argentinischen Weltmeistertrainers Cesar Luis Menotti, über den er eine Biographie publiziert hatte. Besonders Menottis These vom „schönen und ästhetischen linken Fußball“ hatte es ihm angetan. So favorisierte er den „linken“ Fußball des FC Barcelona unter den Trainern Rijkaard und Guardiola.
Das Pendant ist der „rechte Fußball“, bei dem der Erfolg alle Mittel heiligt. Entsprechend verabscheute Irnberger den erfolgreichen Defensivfußball des FC Valencia. Und Real Madrid hatte spätestens nach dem Rauswurf von Trainer Vicente del Bosque alle Sympathien verspielt, den „Cäsarenwahn“ des Real-Präsident Florentino Perez mit den „Galaktischen" Ronaldo, Zidan, Figo oder Beckham kritisierte der gebürtige Kärntner heftig.
Beim Duell Barca gegen Real stand Irnberger eindeutig auf Seiten der Katalanen. Das schimmerte sich auch in den Spieleinschätzungen wieder: In der Regel gewann Real nach den Schilderungen des kicker-Mannes vor Ort immer mit sehr viel Glück; Barca im Gegenteil lieferte hingegen fast immer ein fußballerisches Feuerwerk ab.



Mittwoch, 31. März 2010
Bayern träumt vom Halbfinale
Seit gestern hängt bei mir im Haus gegenüber eine Fahne des Bayern München aus dem Fenster – wohlgemerkt, wir befinden uns in der Dortmunder Innenstadt und und diese ist natürlich schwarz-gelbes Terrain. Doch das Böse ist immer und überall – und gestern durfte der FC Bayern mal wieder richtig feiern, weil er im Viertelfinale der Champions League mit Manchester United einen der Großen Europas besiegte und damit gute Chancen für das Rückspiel in Old Trafford anmeldete. Wobei die Münchener mit ihrer teueren Mannschaft sich innerlich immer noch zu den Großen in Europa zählen, obwohl der Erfolg in den letzten Jahren fehlte.
Der gestrige Sieg war hochverdient, auch wenn der Siegestreffer durch den unermüdlichen Irvica Olic erst in der Nachspielzeit fiel. Vorher hatte Gomez bereits eine Riesenchance, die United-Keeper van der Sar im letzten Moment vereitelte. Sir Alex Ferguson, seit 1986 Manager bei United, soll zwar im Laufe der Jahre etwas ruhiger geworden sein, aber die Fehlerkette vor dem 1:2 dürfte ihn ziemlich wütend gemacht haben. Früher flogen da schon einmal die Fußballschuhe durch die Kabine, David Beckham wird sich schmerzlich erinnern.

Verwaltungsbeamte
Dabei hatten die Rot-Weißen einen Auftakt nach Maß, als Demichelis wegrutschte und Wayne Rooney bereits nach 77 Sekunden das 1:0 für die Engländer markierte. Bayern tat sich jetzt schwer, brauchte einige Zeit, um ins Spiel zu finden. Ribéry war nach seinen diversen Verletzungspausen noch weit von seiner Bestform entfernt, sorgte nur sporadisch für Aufsehen. Am auffälligsten spielte noch der überraschend in die Mannschaft gekommene Hamit Altintop.
Doch Manchester verwaltete nur den Vorsprung, Bayern „biss“ sich immer mehr ins Spiel. Das 1:1 durch Ribérys abgefälschten Freistoss war zwar glücklich, aber belohnte die unermüdlichen Bemühungen der Truppe von Louis van Gaal. Und das 2:1 durch den famosen Olic lässt den FC Bayern für das Rückspiel hoffen. Auch wenn es keine Revanche für die Schmach von Barcelona vor elf Jahren war.


Was sonst noch derzeit in Manchester abgeht, zeigt dieser Beitrag. Und eine wichtige Rolle spielen die Farben Gelb und Grün. Das sind nämlich die Vereinsfarben des Gründungsvereins Newton Heath und sie sind das optische Symbol des Protests gegen die Glazer-Familie, Mehrheitseigner des Vereins.



Donnerstag, 11. März 2010
Real und Ronaldo im Elend
Eines habe ich gestern gelernt: Die „Galaktischen“ gibt es nicht mehr. Sagt zumindest Wolf Fuß, Kommentator des Champions League-Achtelfinales zwischen Real Madrid und Olympique Lyon. Doch die Nachfolger der Außerirdischen machten es auch nicht besser als ihre hochdotierten Vorgänger: Zum sechsten Mal in Folge scheiterte Real im Achtelfinale der Königsklasse, Lyon reichte gestern ein 1:1 nach dem 1:0 im Hinspiel.
Es ist doch ein Elend mit den Königlichen aus Madrid. Dabei hatte Real-Boss Florentino Perez vor dem Spiel noch getönt, dass „wir den Europacup im Erbgut haben.“ 250 Millionen (kicker) bzw. 260 Millionen Euro (Fuß) hatte Perez vor der Saison noch investiert und Cristiano Ronaldo, Kaka, Xabi Alonso oder Benzema (von Lyon) nach Madrid gelotst. Besonders Ronaldo feierten die Madrilenen wie den Messias.
Und jetzt der Super-Gau. Dabei hatte Real vor der Pause durchaus imponiert, führte 1:0 durch Ronaldo nach Guti-Zauberpass und hatte das Spiel jederzeit im Griff. Nur bei der Chancenverwertung zeigten sich die Spanier großzügig.

Geld schoss keine Tore
Das sollte sich rächen: Nach der Pause kam Lyon besser ins Spiel, griff Real jetzt früher an und auf einmal war die Harmonie bei den Spanier verschwunden. Real wirkte nur noch wie eine Ansammlung von guten Individualisten, der Ausgleich durch Pjanic in der 75. Minute war hoch verdient.
„Wieder einmal wurde klar: Auch noch so viel Geld kann Erfolge nicht kaufen“, höhnte Harald Irnberger, Spanien-Korrespondent des kickers. Irnberger, das sollte man aber wissen, ist glühender Barca-Anhänger und mag Real überhaupt nicht, auch wenn er das nie offiziell zugeben würde.
Und ausgerechnet der FC Barcelona könnte im Stadion des Erzrivalen seine Titelverteidigung feiern. Denn das Endspiel der Champions League findet im Estadio Santiago Bernabeu statt. Es wäre eine weitere Demütigung für die Real-Anhänger. Immerhin sind die Königlichen in der spanischen Meisterschaft Tabellenführer, allerdings punktgleich mit den Katalanen.



Dienstag, 2. Februar 2010
Ägyptens Hattrick und ein Skandalurteil


Das Finale des Afrika-Cups 2010 in Angola verlief genauso zäh wie viele Spiele des Turniers. Erst ein Geistesblitz der Ägypter – fantastischer Doppelpass zwischen Dortmunds Zidan und dem Torschützen Gedo – entschied die Partie gegen Ghana. Zum dritten Mal in Serie gewannen die Ägypter das Turnier, das natürlich überschattet wurde vom Anschlag auf das Nationalteams Togo. Ein Fazit: Der afrikanische Fußball stagniert bestenfalls, mit Ägypten gewann wie in den Jahren zuvor das Team mit der besten Organisation. nurpferdeundfussball nennt Gewinner und Verlierer der Veranstaltung.

Gewinner
Ägypten: Die goldene Generation der Pharaonen hat den Hattrick geschafft. Verdient, denn von allen Teilnehmern war das Team von Trainer Hassan Shehata das taktisch beste. Andere Spieler haben vielleicht bessere Einzelspieler, doch Ägypten setzt bei Team-Organisation und taktischer Disziplin Maßstäbe. Kontinuität ist ein weiterer Erfolgsfaktor: Seit 2004 trainiert Shehata das Team, andere Mitbewerber verschlissen in dieser Zeit ein halbes Dutzend Übungsleiter.
Natürlich hatten sie auch das Glück des Tüchtigen – zum Beispiel gegen Kamerun im Viertelfinale. Aber es war schon imponierend, wie sie in der Vorrunde gegen Nigeria nach dem Rückstand aufdrehten oder das Halbfinale gegen Algerien entschieden. Gedo war der Topjoker (sechs Einwechslungen, fünf Tore), Dortmunds Zidan sehr spielfreudig. Nur bei einer WM werden wir viele dieser Spieler nicht mehr sehen, weil das Team jedes Mal in der Qualifikation scheiterte.
Ghana: Ein Schönheitspreis verdienten sich die „Black Stars“ wahrlich nicht. Mit viel taktischer Disziplin und einer soliden Abwehr arbeitete sich Ghana ins Finale, überstand zudem das Halbfinale gegen Nigeria mit sehr viel Glück. Doch Deutschlands Gruppengegner bei der WM in Südafrika fehlten sieben Stammspieler, unter anderem Chelseas Michael Essien. Doch sie haben Top-Nachwuchs: Die U-20 wurde Weltmeister und einige Spieler aus diesem Team zogen sich bei ihrem ersten Seniorenturnier hervorragend aus der Affäre. Yogis Mannen sollten diesen Gegner bloß nicht unterschätzen, auch wenn Scout Urs Siegenthaler angeblich nicht viel Neues gesehen hat.
Gabun/Malawi: Zwei Underdogs, die ihren großen Moment hatten: Gabun, trainiert von Alain Giresse (Ältere erinnern sich sofort an die magischen Drei Platini, Tigana und Giresse im französischen Mittelfeld Anfang der achtziger Jahre) schlug dank guter Abwehrarbeit und eines reaktionsschnellen Keepers das mächtige Kamerun mit 2:1. Malawi dämpfte mit einem 3:0 die Hoffnungen des WM-Teilnehmers Algerien. Für beide war zwar nach der Vorrunde Schluss, doch besonders für Gabun war das Ausscheiden (punktgleich mit den qualifizierten Teams aus Kamerun und Sambia) mehr als unglücklich.

Verlierer
Elfenbeinküste/Kamerun/Nigeria – Die Drei mit den größten Stars wie Drogba, Eto’o oder Obi Mikel – für sie war im Viertelfinale bzw. Halbfinale Schluss. Und da man natürlich einen Schuldigen sucht, werden wahrscheinlich zur WM die Trainer ausgewechselt. Die Elfenbeinküste scheiterte im Viertelfinale gegen Algerien auch an ihrer eigenen Arroganz. Oder warum stellten sie nach dem 1:0 das Fußballspielen ein und bauten damit die Nordafrikaner auf, die verdient weiter kamen?
Kamerun kam gegen Ägypten zwar auf 24:0 Ecken, aber ermöglichte mit dilettantischen Patzern in der Deckung den Ägyptern den Erfolg. Und Nigeria? So richtig schlau werde ich aus der Mannschaft nicht. Spielerisch in der Vorrunde und im Viertelfinale weitgehend ideenlos, drehten sie gegen Ghana im Halbfinale richtig auf und hätten nach dieser Leistung eigentlich das Finale verdient gehabt. Am Ende reichte es zu Rang 3.
CAF: Der afrikanische Verband sperrte das Nationalteam von Togo für die nächsten beiden Turniere, weil Togos Premierminister sein Team zurückbeorderte. Damit lag man natürlich genau auf der Linie auf der FIFA, die jede politische Einmischung in sportliche Belange sanktioniert. Nur: das Team aus Togo trat nicht an, weil beim Attentat vor Turnierbeginn neben dem angolanischen Busfahrer der Assistenztrainer und der Pressesprechers des Nationalteams starben und mehrere Spieler des Teams verletzt wurden. „Mangelndes Fingerspitzengefühl“ war noch die freundlichste Einschätzung dieser Maßnahme, die Worte „zynisch“ und „menschenverachtend“ beschreiben die CAF-Entscheidung viel treffender.



Mittwoch, 27. Januar 2010
El Loco geht in Rente
Er war ein Torhüter, der jeden europäischen Trainer zum Wahnsinn getrieben hätte und dessen Spielweise eigentlich nur in Südamerika vorstellbar ist: Rene Higuita, einstiger kolumbianischer Nationaltorhüter, hat im Alter von 43 Jahren seine Karriere beendet. Zu seinem Abschiedsspiel kamen noch einmal illustre Namen wie sein alter Mannschaftskamerad Carlos Valderrama – nicht nur bekannt durch seine Frisur, sondern auch durch eine Wunderheilung direkt auf der Krankenbahre, als er beim WM-Spiel 1990 gegen Deutschland direkt von dieser wieder aufsprang.
Zwei Szenen machten Higuita in Europa bekannt: Da war einmal das WM-Achtelfinale 1990 in Italien. Kolumbien spielte gegen Kamerun; Altmeister Roger Milla luchste „El Loco“ 35 Meter vor dem Tor den Ball ab und traf zum 2:0 in der Verlängerung. Es war allerdings auch ein schlampiger Pass des kolumbianischen Abwehrspielers.
Und dann natürlich 1995 beim Gastspiel der kolumbianischen Nationalmannschaft im Wembley-Stadion, als er auf sehr, sehr, sehr unorthordoxe Weise einen weiten Ball abwehrte. Doch nicht nur der „Scorpion Kick“ sorgte für Aufsehen.



Higuita war außerdem ein sicherer Elfmeter- und Freistoßschütze. Bis Paraguays Luis Chilavert kam, war der Kolumbianer der torgefährlichste Keeper der Welt. Für das Nationalteam traf das Reaktionswunder, das allerdings im Strafraum einige Schwächen zeigte, nur dreimal; wie viel Treffer ihm bei seinen zahlreichen Vereinen gelangen, weiß leider nur er selbst.



Mittwoch, 13. Januar 2010
Bodenturner mit Schutzengel


Die Torhüter sorgen auch beim Afrika Cup 2010 für einige große Unterhaltungsmomente: Joao Raphael Kapango hütet das Tor für Mosambik und spielt ansonsten für Al-Terrana in Ägypten. Gegen Benin verschuldete der etwas übergewichtig wirkende 34jährige einen Elfmeter, rettete aber einige Male auch prächtig. Doch sein spektakulärster Auftritt kam kurz vor Schluss, als er auf etwas unkonventionelle Weise einen Ball aufnahm. Und je mehr ich die Szene sehe, desto mehr bin ich der Ansicht, dass der gute Raphael einen Schutzengel hatte, weil er sich dabei nicht ernsthaft verletzte.



Sonntag, 10. Januar 2010
Wieder schlechte Nachrichten aus Afrika
Es sollte ein fröhliches Fußball-Fest werden. Doch der Anschlag auf den Mannschaftsbus Togos, bei dem der Fahrer, der Assistenzarzt und der Pressesprecher des Teams getötet wurden, legt einen düsteren Schatten über den Afrika Cup 2010, der heute in Angola beginnt.
Erst die Afrika-Meisterschaft und dann im Juni die Fußball-WM in Südafrika sollten das Image eines Kontinents verbessern, den viele mit Armut, Hunger, Gewalt und Bürgerkrieg gleichsetzen. Der Anschlag verstärkt das Unbehagen; schon zweifeln manche, ob die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika sicher sei.
Einen Absage des Afrika-Cups stand allerdings nicht zur Debatte. Die Veranstalter wollen sich nicht der Gewalt beugen und haben die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Gespielt wird jedenfalls an den vier Standorten – auch in der Exklave Cabinda, wo der Anschlag stattfand.
Nicht dabei ist die Mannschaft aus Togo: Der Präsident des Landes sprach ein Machtwort und beorderte die Mannschaft zurück. Die Spieler wollten ursprünglich antreten.



Donnerstag, 7. Januar 2010
Afrika-Cup 2010: Ein Kontinent hofft


Ab Sonntag blickt die Fußball-Öffentlichkeit zum ersten Mal nach Afrika: Am 10. Januar startet in Angola mit dem Eröffnungsspiel der Gastgeber gegen Mali der 27. Afrika-Cup. Im Juni folgt bekanntlich die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika.
Für den Kontinent eine große Chance, am Image zu arbeiten. „Die wichtigste Aufgabe wird 2010 sein, das Bild zu ändern, das die Menschen von Afrika haben, wir müssen dem Rest der Welt zeigen, was Afrika kann", zitiert die taz Anthony Baffoe, einst Bundesligaspieler in Köln und Düsseldorf und heute Teammanager Ghanas.
Angola steht im Januar im Blickpunkt des Interesses: eine noch junge Nation, erst 1975 unabhängig geworden und bis 2002 von einem blutigen Bürgerkrieg geplagt. Es grenze fast ein Wunder, schreibt der kicker in seiner Print-Ausgabe vom Montag, „dass die vier Spielstätten in der Hauptstadt Luanda, in Cabinda, in Benguela und Lubango rechtzeitig fertig geworden sind“. Für die Gastgeber ist die Organisation eine Herkules-Aufgabe, aber sie sind optimistisch und hoffen, von der verbesserten Infrastruktur zu profitieren – ähnlich wie Mali, Veranstalter 2002.
Sportlich wird es für Angola, immerhin 2006 in Deutschland bei der WM dabei, schwierig. In der Afrika-Qualifikation scheiterten die „Palanca Negras (Schwarze Antilopen)“ bereits in Runde 2 an Benin. Die Favoriten tragen andere Namen: Da wären zum einen die fünf WM-Teilnehmer Elfenbeinküste, Kamerun, Ghana, Nigeria und Algerien. Ägypten gewann die letzten beiden Turniere, scheiterte in der WM-Qualifikation aber an Algerien. Auch mit Tunesien sollte zu rechnen sein. Für Freunde interessanter Aussenseiter empfehlen sich Mali, Benin und Burkina Faso; drei Nationen, die sich in der WM-Qualifikation ganz achtbar schlugen.

Exodus
Aufschlussreich ist ein Blick in die offizielle Spielerliste: Es gibt eigentlich keine Profiliga in Europa, in denen afrikanische Fußballer nicht am Ball sind. Sie kicken in Moldawien, Bulgarien, Norwegen oder Kroatien, in der zweiten französischen oder zweiten deutschen Liga – aber auch in den Top-Ligen wie die großen Namen Samuel Eto’o (Kamerun/Inter Mailand), Didier Drogba (Elfenbeinküste/Chelsea London), Michael Essien (Ghana/Chelsea London) und Frederic Kanoute (Mali/FC Sevilla), die selbstverständlich bei dieser Prestige-Veranstaltung dabei sind. Aus Deutschlands Profiligen kommen 21 Spieler, darunter vom BVB Mohammed Zidan, der für Ägypten auf Torjagd geht.
Die Liste dokumentiert auch ein großes Problem: Es gibt keine funktionierenden Profiligen (Ausnahme vielleicht Ägypten oder Südafrika) auf dem Kontinent, irgendwann landet fast jeder talentierte Spieler - oftmals mit Hilfe dubioser Berater - in Europa.
Interessant dürfte zudem sein, wie sich das sportliche Niveau entwickelt. Immer wenn ich mir bei den Veranstaltungen zuvor Spiele angeschaut haben, waren das Begegnungen, bei denen sich die Mannschaften taktisch quasi selbst neutralisierten. Nur die oftmals unsicheren Torhüter sorgten für Unterhaltung.
Afrikas Fußball stagniert. Die Prognosen, dass beispielsweise Nigeria oder Kamerun bei einer WM in naher Zukunft ein Finale erreichen werden, erwiesen sich als falsch. Was nicht verwundert: Nigeria hatte zum Beispiel immer wunderbare Fußballer, doch es fehlt einfach an Kontinuität und Strategie. Wer jedes halbe Jahr einen neuen Trainer (am besten irgendeinen Europäer) für viel Geld holt, der nach kurzer Zeit wieder fliegt, darf sich nicht wundern, das sein Team nur aus eitlen, egoistischen Diven besteht. Und auch Shaibu Amodu, einheimischer aktueller Coach der Super Eagles, steht schon wieder zur Diskussion, falls er nicht mindestens das Halbfinale erreicht.
Ein Land fehlt übrigens: WM-Gastgeber Südafrika scheiterte frühzeitig. Wenigstens dort dürfte es drei ruhige Wochen geben.



Freitag, 11. Dezember 2009
CL-Rückblick, Teil 2: Bye Bye Liverpool

4:3 siegte Florenz beim VSC Debreceni. Die Tore sind sehenswert

Teil 2 unserer Champions League-Nachlese, diesmal die Gruppen E bis H. Ein prominenter Name wird im Achtelfinale fehlen: Der FC Liverpool, Gewinner 2005 und 2007 im Finale, scheiterte in der Gruppe E und muss als Dritter in die Europa League.

Gruppe E
Dass der AC Florenz eine gute Mannschaft hat, musste in der vorherigen Saison schon der FC Bayern feststellen. Die Münchener gewannen zwar 3:0 in der Arena und spielten 1:1 in Florenz. Dabei hatten sie jedoch viel Glück, weil die Italiener beste Chancen vergaben. Dieses Jahr marschierte die Fiorentina: Am 1. Spieltag verlor sie 0:1 in Lyon, danach folgten fünf Siege in Serie. Platz 1 war der verdiente Lohn. Dahinter platzierte sich mit Olympique Lyon eine Mannschaft, die fast schon zum Inventar im Achtelfinale gehört.
Beide profitierten aber auch von der Schwäche des FC Liverpool: Das Team von Rafael Benitez holte nur einen Punkt gegen das Spitzenduo, verlor zuhause an der Anfield Road sowohl gegen Lyon als auch Florenz.
Keine Chance hatte erwartungsgemäß der ungarische Vertreter Debreceni VSC, der abgeschlagen mit 0 Punkten und einem Torverhältnis von 5:19 Toren die rote Laterne trug. Immerhin darf sich der Club über ein Startgeld von 7,1 Millionen Euro freuen.

Gruppe F
Zum Schluss setzen sich doch die heißen Favoriten Barcelona und Inter Mailand durch. Aber beide Teams hatten viel Mühe mit den Außenseitern Rubin Kasan und Dynamo Kiew. Vor dem letzten Spieltag hatte noch jeder der vier Teilnehmer Chancen, ehe sich dann Barca in Kiew und Inter gegen Kasan behauptete. Selbst Titelverteidiger Barca wackelte teilweise, verlor zuhause gegen die Russen aus Kasan und spielte in Tatarstan bei Rubin nur Unentschieden. Erst ein überzeugendes 2:0 gegen Inter sorgte für Ruhe.

Gruppe G
Hier dominierte eindeutig der FC Sevilla, der Rest kämpfte eigentlich nur um Platz 2. Den belegte der VfB Stuttgart, der im „Endspiel“ gegen Unirea Urziceni dank drei schneller Tore 3:0 führten und am Ende mit 3:1 die Oberhand behielten. Ausgerechnet die Schwaben, die in der Bundesliga auf einem Abstiegsplatz stehen und wo nach dem enttäuschenden 1:1 gegen den VfL Bochum die Volksseele überkochte. Der VfB reagierte, ersetzte Trainer Markus Babbel durch den Schweizer Christian Gross und schaffte noch die Wende. Die Rumänen aus Urzecini verkauften sich ganz gut, was man definitiv nicht von den Glasgower Rangers behaupten kann. Spielerisch einer der schwächsten Mannschaften der Champions League, reichte es gerade mal zu zwei Punkten und Platz 4 für die einst in Europa so stolzen Rangers.

Gruppe H
Der FC Arsenal marschierte souverän zum Gruppensieg und patzte nur im letzten Spiel in Piräus. Da war allerdings auch schon alles entschieden. Platz 2 sicherte sich Olympiakos Piräus und profitierte wieder von der Heimstärke: Im Stadion Georgios Karaiskakis holten die Griechen neun von zehn Punkten und schufen so die Basis, das Achtelfinale zu erreichen. Ganze vier geschossene Tore sprechen allerdings nicht gerade für ein Offensivspektakel.
Die beiden CL-Debütanten aus Belgien und den Niederlanden zahlten gegen die erfahrene Konkurrenz manches Lehrgeld, obwohl sie durchaus mithalten konnten. Platz 3 und damit den Verbleib in Europa sicherte sich Standard Lüttich durch den späten Ausgleich (90. + 5 Minute!) ihres Torhüters gegen den AZ Alkmaar.



Donnerstag, 10. Dezember 2009
CL-Rückblick, Teil 1: Chapeau Bordeaux
Die Gruppenphase in der Champions League ist beendet, die Teilnehmer für das Achtelfinale stehen fest. Zeit für eine erste Bilanz: Immerhin zwei von drei deutschen Vereinen bleiben im Wettbewerb, nur der VfL Wolfsburg muss als Dritter in die Europa League. Im ersten Teil blicken wir zurück auf die Gruppen A bis D.

Gruppe A
16 von 18 Punkten, fünf Siege und nur ein Remis: Girondins Bordeaux war die Überraschung dieser Gruppe. Nicht die großen Namen Bayern München und Juventus Turin dominierten, der französische Meister setzte die Akzente. Auch der FC Bayern verlor beide Spiele gegen das Team von Laurent Blanc und wurde in Bordeaux so richtig vorgeführt.
Dass die Bayern-Oberen hinterher doch noch „dicke Zigarren paffen durften“ (kicker), dafür war die 4:1-Gala bei Juventus Turin verantwortlich, mit der sich die Münchener im letzten Moment für das Achtelfinale qualifizierten. Die Leistungen der Bayern dokumentieren sehr gut die Berg- und Talfahrt des Klubs im ersten Jahr unter Trainer Louis van Gaal: Zwei Pflichtsiege gegen Haifa, zwei bittere Niederlagen gegen Bordeaux, ein gutes 0:0 gegen Juventus in München und zum Anschluss die bislang beste Saisonleistung in Turin. Und schon ist in München die Welt wieder in Ordnung.
Bei Juventus Turin ist hingegen der Hausfrieden erheblich gestört. Das Desaster gegen Bayern toppte die schon vorher nicht überzeugenden Leistungen. „Kranke alte Dame“ titelte der kicker, „Schämt euch“ skandierten die Juve-Fans. Sie riefen zudem nach Luciano Moggi, den Vieltelefonierer und früheren Juve-Sportdirektor, der einst dafür sorgte, dass die Schiedsrichter seinem Verein wohl gesonnen waren. Punkt- und torlos blieb Maccabi Haifa. Spielerisch wirkten die Israelis durchaus gefällig, aber ihre Offensive wirkte restlos überfordert.

Gruppe B
In Wolfsburg wird man sich ärgern, denn da war mehr drin als nur Platz 3. Der deutsche Meister enttäuschte keineswegs, bekam gute Kritiken (zum Beispiel beim 1:2 in Manchester), letztendlich fehlte aber die Cleverness. Deutlich erkennbar beim letzten Spiel gegen United, als die englische B-Elf dank Michael Owen aus vier Chancen drei Tore machte.
Manchester United qualifizierte sich problemlos, der Zweite ZSKA Moskau drehte zum Schluss noch richtig auf und erreichte das Achtelfinale. Für Besiktas blieb nur Platz 4, immerhin gewann der türkische Meister mit 1:0 bei Manchester United.

Gruppe C
Etwas zittern mussten Real Madrid und AC Mailand schon, denn Olympique Marseille mischte durchaus mit. Doch am Ende hatten die Favoriten die Nase vorn, weil die Franzosen in den Spielen gegen Real und Milan nur insgesamt einen Punkt holten. Der FC Zürich gewann bei seiner CL-Premiere immerhin in Mailand und erreichte im Rückspiel ein 1:1 gegen das italienische Millionen-Ensemble. Auf der anderen Seite stehen aber auch empfindliche Klatschen gegen Real (2:5) und Marseille (1:6).

Gruppe D
Chelsea und der FC Porto beherrschten die Gruppe D eindeutig und qualifizierten sich schon frühzeitig. Das lag auch daran, dass Atletico Madrid (wie in der spanischen Primera Division) restlos maßlos enttäuschte, gegen Porto zum Beispiel 0:2 und 0:3 verlor. Auch das 0:4 an der Stamford Bridge gegen Chelsea war eine deutliche Angelegenheit. Am Ende hatte Atletico ganze drei Punkte, keinen einzigen Sieg bei einem Torverhältnis von 3:12.
Dass das Team dennoch die Europa League erreichte, ist ein Hohn. Denn die Zyprioten von APOEL Nikosia blieben zwar auch sieglos, verkauften sich aber tapfer bei einem Torverhältnis von 4:7 und kamen ebenfalls auf drei Punkte. Gegen Atletico gab es ein 0:0 in Madrid und ein 1:1 auf Zypern. Das Auswärtstor entschied also für die Spanier. Jesus Gil y Gil, ihr ehemaliger Präsident, wird dennoch im Himmel zürnen...