Jeden Tag kommt etwas mehr an die Oberfläche im Wett- und Manipulationsskandal, der den europäischen Fußball erschüttert. Die europäische Fußball-Union nannte jetzt sieben Partien in der Champions League- und Europa League-Qualifikation, die manipuliert worden sein sollen. Fünf Klubs stehen unter Verdacht: KF Tirana, KS Vllaznia (beide Albanien), FC Dinaburg (Lettland), NK Ljubljana (Slowenien) und Honved Budapest (Ungarn); (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Ich habe mir mal die Statistiken der verdächtigen Spiele auf der Homepage der UEFA angeschaut.
• Champions-League-Qualifikation, 2. Runde, 21. Juli 2009: Stabaek IF (Norwegen) – KF Tirana 4:0 (3:0): Nach dem 1:1 im Hinspiel war das Spiel schnell zugunsten der Norweger entschieden: Stabaek führte bereits nach 17 Minuten durch zwei Tore von Segerström (15., 17.). Noch vor der Pause fiel das 3:0 durch Berglund (44.), Farneruds 4:0 nach 55 Minuten war bereits der Entstand. Bei den Albanern sah der eingewechselte Mohellebi die rote Karte, Torschüsse 17:11. Schiedsrichter war Torsten Kinhöfer aus Herne.
• Europa League-Qualifikation, 2. Runde, 16. Juli 2009: Bnei Yehuda Tel Aviv (Israel) – FC Dinaburg 4:0 (2:0): Nach dem Spielticker müssen die Israelis haushoch überlegen gewesen sein. Nur zwei Mal schossen die Spieler aus Dinaburg auf das Tor von Bnei Yehuda. Das 4:0 durch Zhairi fiel in der Nachspielzeit (90. + 3).
• Europa League-Qualifikation, 2. Runde, 23. Juli 2009: FC Dinaburg – Bnei Yehuda Tel Aviv 0:1 (0:1): Auch das Rückspiel zwischen Dinaburg und Bnei Yehuda steht unter Verdacht. Der Spielverlauf ist wenig spektakulär, zumal nach dem 4:0 im Hinspiel die Gäste aus Israel in einer sehr komfortablen Lage waren. Das einzige Tor erzielten die Gäste nach 32 Minuten. Zumindest leisteten die Letten diesmal mehr Gegenwehr, wenn man sich die Zahl der Torschüsse anschaut.
• Europa League-Qualifikation, 2. Runde, 16. Juli 2009: Rapid Wien (Österreich) - KS Vllaznia Shkoder 5:0 (1:0): Offensichtlich eine klare Angelegenheit, die letzten zwei Tore für Rapid fallen in den 83. und 85. Minute. „In Wien hielt der albanische Vizemeister die Partie allerdings lange Zeit offen. Erst nach dem 2:0 durch Nikica Jelavic (68. Minute) brach die Mannschaft auseinander. Am Ende hätte die Niederlage sogar noch höher ausfallen können“, heißt es in diesem Spielbericht.
• Europa League-Qualifikation, 2. Runde, 23. Juli 2009: KS Vllaznia Shkoder – Rapid Wien 0:3 (0:0): Auch das Rückspiel zwischen Vllaznia und Rapid steht unter Beobachtung. Im zweiten Abschnitt entschied Rapid das Spiel durch Tore in der 66., 76. Minute und der Nachspielzeit (90. + 2).
• Europa League-Qualifikation, 3. Runde, 6. August 2009: NK Ljubljana – FC Metalurg Donezk (Ukraine) 0:3 (0:0): Nach dem 0:2 im Hinspiel hatte Ljubljana zumindest auf dem Papier noch Chancen. 0:0 stand es zur Pause, doch dann drehte Donezk auf und gewann noch locker 3:0. Das dritte Tor fiel durch einen Foulelfmeter in der 83. Minute.
• Europa League-Qualifikation, 3. Runde, 30. Juli 2009: Fenerbahce Istanbul (Türkei) – Honved Budapest 5:1 (3:0): Deutliche Angelegenheit für Fenerbahce: Nach 13 Minuten traf Roberto Carlos per Freistoß zum 1:0, dann kam die große Show von Daniel Güiza, der drei Tore erzielte. Alex markierte das 5:0 für das Team von Christoph Daum; Honved konnte nur noch durch Zsolnai (78.) verkürzen. Schiedsrichter war Knut Kircher. Zumindest bei einem Tor (siehe Video) agierte die Budapester Abwehr ziemlich dilettantisch.
Fazit: Fast alles Ergebnisse mit hoher Tordifferenz. Wie allerdings manipuliert wurde, darüber gibt die UEFA bislang noch keine Auskünfte.
Die letzten Entscheidungen sind gefallen, die 32 Teilnehmer für die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 stehen fest. Einige prominente Namen aus der Fußballszene müssen allerdings daheim bleiben. 11 Nationen, deren Nationalspieler sich im Sommer über eine längere Pause freuen dürfen.
Russland: Was haben sie für einen Hochgeschwindigkeitsfußball bei der EM zelebriert, was hatten sie gegen Deutschland für Chancen, das Spiel zu gewinnen. Und jetzt scheitern die Russen in den Play-offs am kleinen Slowenien. In entscheidenden Spielen versagen russische Fußballer immer – auch Gus Hiddink konnte das nicht verhindern.
Irland: Eigentlich müsste ja Frankreich hier auftauchen, aber das Tor von Gallas in der 103. Minute, das keines war, weil Henry den Ball vorher mit der Hand spielte (siehe Video), schickte die Franzosen trotz ihres Trainers Raymond Domenech nach Südafrika. Giovanni Trappatoni macht aber als irischer Trainer weiter und hat mit seinen 70 Jahren seinen Vertrag noch mal bis 2012 verlängert. Und wird auch zukünftig keinen Schönheitspreis für offensiven Fußball erhalten.
Türkei: Bei der EM noch im Halbfinale, in der WM-Qualifikation chancenlos gegen Spanien und Bosnien-Herzogewina. Was in der fußball-fanatischen Türkei danach los war, kann man sich vorstellen. Im Blickpunkt der Kritik stand Trainer-Denkmal Fatih Terim, der seinen Rücktritt erklärte, obwohl er erst 2008 seinen Vertrag bis 2012 verlängert hatte.
Bosnien-Herzogewina: Letztlich waren die Portugiesen in den Play-offs dann doch zu clever. Ein ganz Land fieberte mit dem Team um seine erste WM-Teilnahme und mit etwas mehr Glück und etwas weniger Aluminium hätte es die Mannschaft um die Bundesliga-Akteure Dzeko, Ibisevic, Misimovic und Salihovic auch geschafft. Jetzt ist wieder Tristesse angesagt.
Tschechien: Die Brüder aus der Slowakei haben sich qualifiziert, die Tschechen nicht, weil auch Slowenien zu stark war. Spielmacher Rosicky verletzt, die einstigen Helden wie Nedved, Smicer, Galasek und Koller haben aufgehört oder sind über ihren Zenit – den Generationswechsel haben die Tschechen noch nicht bewältigt. Das konnte auch Peter Cech im Tor nicht verhindern.
Kroatien: In der EM-Qualifikation hatten sie noch in England gewonnen und das Mutterland des Fußballs in eine tiefe Krise geschickt. Jetzt nahmen die Three Lions mit Trainer Fabio Capello fürchterlich Rache: 5:1 hieß es in Wembley; 4:1 gewannen die Engländer am zweiten Spieltag in Zagreb. Und weil die Ukraine am letzten Spieltag die schon qualifizierten Inselbewohner besiegte, blieb der Kroaten noch nicht mal der Umweg über die Play-offs. Trainer Slaven Bilic bleibt aber im Amt und verspricht weiter „ehrliche und aufopferungsvolle Arbeit“.
Belgien: Niederlagen gegen die Fußballzwerge Estland und Armenien, dazu ein deftiges 0:5 in Spanien – der einst so stolze belgische Fußball befindet sich in einer tiefen Krise. 10 Punkte und 13:20 Tore lautete die blamable Bilanz in der WM-Qualifikation. Jetzt sollen es Dick Advocaat als Trainer und das ehemalige Schalker „Kampfschwein“ Marc Willmots als Co-Trainer richten. Advocaat muss umdenken: Als Nationaltrainer darf er nicht unbegrenzt neue Spieler kaufen.
Kolumbien: Es war 1990 in Italien, da sprang der vorher so schwer verletzte kolumbianische Spielmacher Carlos Valderrama von der Trage und konnte auf einmal wieder laufen. Die Hoch-Zeit der Drogenkartelle aus Medellin und Cali war zugleich die beste Zeit des kolumbianischen Fußballs. Aktuell ist mit der aktuellen Nationalmannschaft weniger los, in der Südamerika-Qualifikation blieb Kolumbien letztlich chancenlos. Leise Hoffnungen auf bessere Zeiten gibt es allerdings beim Nachwuchs: Die U-17 erreichte bei der WM in Nigeria das Halbfinale.
Costa Rica: Am Ende standen sie mit leeren Händen da, während um sie herum ein blau-weißes Freudenfest ausbrach: Nur 1:1 spielte Costa Rica beim Südamerika-Vertreter Uruguay und nach dem 0:1 im Hinspiel schafften es die tapferen Ticos diesmal nicht. 2002 und 2006 konnten sie sich hingegen qualifizieren. Und auch hier sind die Talente auf der Vormarsch: Die U 20-Auswahl schied erst im WM-Halbfinale nach großem Kampf gegen Brasilien aus.
Ägypten: Der aktuelle Afrikameister von 2008 entwickelt in der WM-Qualifikation kein Fortune. Das Land mit den Traditionsvereinen Al Ahly und Zamalek wird zwar immer hoch eingeschätzt, doch die letzte WM-Qualifikation gelang 1990. Diesmal war es aber reichlich knapp: Erst im Entscheidungsspiel scheiterten die Pharaonen an Algerien.
Senegal: 2002 in Japan/Südkorea, da sorgte der Senegal für Aufsehen, als er unter anderen den Weltmeister Frankreich besiegte und bis ins Viertelfinale marschierte. Dieser Erfolg blieb eine Eintagsfliege, in der Qualifikation für Südafrika scheiterten die Westafrikaner bereits in Runde 2 an Algerien und Gambia.
Der schottische Fußball befindet sich in einer tiefen Krise: Die Nationalmannschaft verpasste erneut ein großes Turnier, war in der WM-Qualifikation chancenlos in der Gruppe mit den Niederlanden und Norwegen. Damit muss WM-Ausrichter Südafrika auf ein großes Spektakel verzichten: Denn die schottischen Fans, besser bekannt als Tartan Army, sorgten immer für viel fröhliche Stimmung und gute Bier-Umsätze.
Auch in Dortmund erinnert man sich gerne an diese lustige Truppe mit dem Markenzeichen Schottenrock. Im September 2003 gab es ein wichtiges EM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Schottland – und schon am Sonntag war der erste Kilt in der Stadt zu sehen.
Einige Innenstadt-Wirte reiben sich heute noch die Hände: Denn immer mehr schottische Fans kamen in die Stadt und trieben den Umsatz in Dortmunds Kneipen in ungeahnte Höhen. Und da sie zwar laut, aber ansonsten friedlich und freundlich sind, waren sie gerngesehene Gäste.
Doch Schottland verpasste auch diese EM. Das war früher anders: In den achtziger und neunziger Jahre waren die Schotten Stammgäste bei Welt- und Europameisterschaften. 1998 spielten sie zuletzt bei einer Fußball-Weltmeisterschaft und verabschiedeten sich in Frankreich wie immer traditionell in der Vorrunde. Es waren kurze, aber heftige Touren für die Tartan Army.
Old Firm-Clubs nicht erwünscht in England
Die Vereinsmannschaften bieten keinen Trost. Undenkbar, dass ein schottischer Provinzklub wie Aberdeen heute einen Europapokal holen würde. 1983 war es, da triumphierte der FC Aberdeen mit dem jungen Manager Alex Ferguson im damaligen Pokal der Pokalsieger. Im Finale besiegten die Schotten Real Madrid, im Viertelfinale scheiterte der FC Bayern am Team von Alex Ferguson.
Schottischer Vereinsfußball – das sind eigentlich nur die Glasgower Großklubs Celtic und Rangers. Celtic war 41mal schottischer Champion, die Rangers holten sogar 52mal den Titel. In der schottischen Liga sind die beiden Rivalen absolut dominant, das Old Firm-Derby zwischen dem katholischen Celtic und den protestantischen Rangers ist mehr als nur Fußball. Doch außerhalb des Derbys regiert die Langeweile und da liebäugeln die beiden Rivalen mit einem Start in der englischen Premier League.
Doch das trifft auf Widerstände: Die englischen Clubs wehren sich gegen eine Teilnahme, der letzte Versuch scheiterte heute. „Der Vorschlag des Bolton-Chairmans Phil Gartside, die Old Firm-Clubs aufzunehmen, sei weder wünschenswert noch durchführbar“, berichtet die Sporting Life.
International laufen sowohl Rangers als auch Celtic der Musik hinterher: Die Rangers sind Tabellenletzter mit zwei Punkten in der Champions-League Gruppe G und kassierten unter anderem eine peinliche 1:4-Niederlage gegen die Rumänen von Unirea Urziceni. Celtic scheiterte in der Champions League-Qualifikation an Arsenal und ist in der Europa League mit zwei Punkten nach vier Spielen schon draußen.