Dienstag, 4. Juni 2013
Eindrucksvoller Blick hinter die Kulissen
Ansprachen des Trainers sind im Profi-Bereich auch nicht anders als in der Kreisliga. Das ist eine Erkenntnis des Filmes „Trainer“ von Aljoscha Pause, der gestern im dritten Programm des WDR lief. Und auch wenn obige Erkenntnis nicht neu ist: Die Dokumentation von Grimme-Preisträger Pause („Tom meets Zizou“) lieferte ansonsten sehenswerte Einblicke in den Alltag eines Profitrainers, die der normale Dauerkarteninhaber, Sportschau-Schauer und kicker-Leser nicht erhält.
Es ist der letzte Spieltag der Saison 2012/2013 und gerade hat der 1.FC Heidenheim den dritten Platz in der 3. Liga, der zum Relegationsspiel mit dem Zweitliga-16. berechtigt, denkbar knapp verpasst. Ein Blick in die Kabine, die Enttäuschung ist greifbar, die Spieler hocken dar wie das berühmte Häufchen Elend. Keiner sagt etwas – und Trainer Frank Schmidt geht los, gibt jedem seiner Akteure die Hand und bedankt sich so für die gute Saison.



Es sind intensive Szenen wie diese, die den Reiz der Dokumentation ausmachen. Pause hat drei Trainer über die gesamte Saison 2012/2013 begleitet. Neben Frank Schmidt (Heidenheim) sind dies Andre Schubert (FC St. Pauli) und Stephan Schmidt (SC Pàderborn). Zwei von ihnen – Schubert und Stephan Schmidt – erleben das Saisonende in dieser Funktion nicht mit. Dazu äußern sich bekannte Namen wie Jürgen Klopp, Hans Meyer, Armin Veh oder auch DFB-Ausbilder Frank Wormuth.
Der Druck auf den Fußball-Lehrer ist groß. Der Zuschauer spürt das, wenn er Heidenheims Frank Schmidt begleitet und diesem zuschaut. Schmidt lässt am meisten zu – die Kamera ist in der Kabine, bei Spielen, beim Training und bei internen Sitzungen. Dabei sitzt der Heidenheimer doch fest im Sattel, denn der Aufstieg des 1.FC in den Profi-Fußball ist stark mit dem seit 2007 amtierenden Trainer verbunden. Aber Heidenheim will weiter nach oben, das Ziel heißt Liga 2.
„Der Spieler bekommt von mir, was er bracht“, sagt Frank Schmidt und charakterisiert sich als „hart, aber herzlich“. Es sind unterschiedliche Typen, die Pause portraitiert: der eher hemdsärmelige Frank Schmidt, der höchst selbstbewusste Stephan Schmidt und der ruhige Andre Schubert.

Paderborn
„Ich bin aufgewachsen in den Käfigen Berlins, musste mich dort durchsetzen“, sagt Stephan Schmidt. Der SC Paderborn 07 ist seine erste Profistation, er übernahm die Truppe, als die Saisonvorbereitung bereits begonnen hatte und sein Vorgänger Roger Schmidt zu Red Bulls Salzburg ging. Paderborns Präsident Wilfried Finke sieht den Klub „in der oberen Tabellenhälfte der 2. Liga“, was allerdings mit dem Kader und Budget reichlich schwierig zu realisieren ist. Stephan Schmidt hält sich wacker – und wird kurz vor Schluss der Spielzeit nach einer Serie siegloser Spiele doch noch entlassen. Der Zuschauer spürt seine Frustration und begleitet ihn bei seiner letzten Tour durch die westfälische Provinz.
Schon im September 2012 endet für Andre Schubert der Job beim FC St. Pauli. Der Kiezclub startet desaströs in die neue Saison – und schuld ist wie so häufig der Trainer. Der intellektuell wirkende Schubert muss beim emotionalen Volksverein St. Pauli gehen. Auch hier liefert Pause eindrucksvolle Dokumente ab, indem er etwa die Aussagen von Schubert, Assistenztrainer Thomas Meggle oder Manager Rachid Azzouzi hintereinander legt. „Wir hatten etwas zu viel Rachid auf der Bank“, kommentiert ein sichtlich enttäuschter Schubert.
„Bei einem Verein mit einem schlechten Präsidenten bist du verloren“, sagt Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Das Problem des Trainers sei eben, dass er häufig zu viel mit Leuten zu tun habe, die vom Fußball eigentlich keine Ahnung haben. Die dafür andere Dinge besitzen – Geld etwa.

Filmmacher Aljoscha Pause im Interview



Dienstag, 19. März 2013
Kloppo, der Versuch einer Biografie
Es sind Worte wie diese, mit denen Jürgen Klopp die Herzen der BVB-Anhänger gewinnt. Nicht jeden Tag, sagte der Trainer von Borussia Dortmund nach dem grandiosen 3:0 seiner Mannschaft gegen Schachtar Donezk und dem Erreichen des Viertelfinals in der Champions League, könne seine Elf fußballerisch die Welt verändern. „Aber es gibt Tage, an denen uns das gelingt.“
Wenn man Dortmunder fragen würde, wer in der Ruhrgebiets-Metropole ein Denkmal verdiene, dann würden gefühlte 95 Prozent Jürgen Klopp antworten. Zwei Meisterschaften, ein Pokalsieg lautet die sportliche Bilanz des 2008 von Mainz nach Dortmund gekommenen Fußball-Lehrers. Zweifellos: Klopp hat den BVB aus der Lethargie geweckt, er hat wieder ein Team geschaffen, dessen Fußball die Anhänger stolz macht. Da können andere ihn heftig kritisieren, wenn der Übungsleiter während des Spiels mal wieder ausrastet und ihn ein schlechtes Vorbild nennen. Klopp ist eben authentisch.
Kein Wunder, dass es schon mehrere Biografien über ihn gibt. Eine heißt Jürgen Klopp – Echte Liebe, stammt von Elmar Neveling und anderen Autoren und erschien Ende 2011. Allerdings hat Jürgen Klopp an der Biografie nicht mitgewirkt, nurpferdeundfussball hat sie dennoch gelesen.

Inhalt
Streng chronologisch: Erst die Jugend im Schwarzwald, dann die Zeit als aktiver Spieler mit dem Schwerpunkt natürlich auf Mainz 05, der Übergang in den Trainerjob und die Mainzer Epoche als Trainer, die Klopp so prägte. Es folgt die Zeit in Dortmund mit all den großen Erfolgen.
Im zweiten Teil des Werkes beschäftigen sich Neveling und seine Mitautoren intensiv mit der Spielphilosophie von Klopp in Dortmund, versuchen den Mensch zu charakterisieren. Dazu gibt es Informationen zur „Marke Jürgen Klopp“, zum Umfeld des Erfolgstrainers und ein Interview mit Persönlichkeitstrainer Cristian Galvez.

Stärken
Wie gut eine Biografie ist, hängt immer von den Zeitzeugen ab, die zur Verfügung stehen. Das ist eine alte Weisheit und gilt auch bei „Jürgen Klopp – Echte Liebe“. Mitautor Roger Repplinger war in Glatten, dem Ort, wo der Trainer aufwuchs und hat sich dort unter anderen mit früheren Trainern und Mitspielern unterhalten. Und da Repplinger ein sehr guter Schreiber ist, entstand ein wunderbar zu lesender, sehr spannender Text über den jungen Jürgen Klopp.
Noch spannender sind die Rückblicke auf die Zeit bei Mainz 05. Christian Heidel, der Manager des selbsternannten Karnevalsvereins, erzählt sehr offen und liefert hochinteressante Einblicke in den Profifußball der 90er und 00erJahre. Immer wieder taucht der Name Wolfgang Frank auf. In den 90er Jahren galt der Fußball-Lehrer im „Manndecker-Paradies“ Deutschland als leicht verschrobener Phantast, der auf die exotische Viererkette setzte. „Deutschland hatte ein Trainerproblem“, berichtet Heidel. Frank prägt Klopp, Mainz 05 und Heidel – und der Klub Mainz 05, der früher nie eine große Rolle im deutschen Fußball spíelte, schafft auf einmal den Sprung in die Bundesliga mit dem Trainer Jürgen Klopp. „Das ist der größte Trainer in Deutschland“, sagte damals Christian Heidel zum Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, als der BVB Jürgen Klopp verpflichtete.

Schwächen
Dieses Niveau kann der Dortmunder Teil leider nicht halten. Weil eben Klopp nicht als Gesprächspartner zur Verfügung stand und auch sonst niemand aus seinem Dortmunder Umfeld etwas erzählt. So bleiben viele Texte ziemlich flach und oberflächlich, es ist nichts Neues, was der BVB-Fan erfährt. Das Meiste kennt er schon, wenn er regelmäßig Zeitungen und Fachmagazine verfolgt. Nur Thomas Hennecke, seit langem journalistischer Begleiter der Borussia beim Fachmagazin kicker, liefert ein paar interessante Einblicke.
Auch das Kapitel über die Spielphilosophie von Klopp überzeugt nicht wirklich, vieles wirkt reichlich aufgewärmt. Ebenso ist das mit der Markenbildung und der Persönlichkeit Jürgen Klopp. Vieles davon könnte auch in einem Management-Buch stehen – und das ist oft viel heiße Luft. Und für nicht BWL-Fetischisten schwere Kost.

Urteil
Es beginnt furios. Die ersten 70 Seiten sind eine spannende Lektüre. Doch dieses Tempo kann das Werk nicht halten, die Abschnitte über Jürgen Klopp beim BVB bleiben sehr oberflächlich und bieten weitgehend nichts Neues. Eben weil sich niemand aus dem BVB-Umfeld äußert und auch Klopp nicht beteiligt ist. Vielleicht hätte man warten sollen, bis er mal Manchester United trainiert oder Bundestrainer ist. Dann wäre zumindest der Teil über die Zeit bei Borussia Dortmund spannender ausgefallen.

Elmar Neveling: Jürgen Klopp, Echte Liebe, Copress Edition, ISBN 978-3-7679-1073-7, erhältlich bei den üblichen Verdächtigen
Eine Leseprobe gibt es auf der Homepage des Autors



Dienstag, 29. Januar 2013
Songs für Kauto Star und das Cheltenham Festival


Beim ersten Hören fand’ ich den Song nicht besonders gut: Mark Boylans Song über den großen Kauto Star riss mich nicht gerade vom Hocker. Aber entscheidet selber, die Musik-Geschmäcker sind verschieden. Und der Sänger hat was: Mark Boylan, ein irischer Teenager aus Banagher im County Offaly, ist ein wahrer Enthusiast in Sachen Hindernissport. Beispiel: Sein Song „The Festival“ über das Cheltenham-Festival aus dem Jahr 2011. Diesen Song finde ich ganz großartig. Und besonders die Geschichte mit A.P Mc Coy zu Beginn ist große Klasse….




Samstag, 19. Januar 2013
Rettet die Westfälische Rundschau

Schönes Video: Wir basteln uns eine Zeitung - etwas Westfalenpost, etwas Ruhr-Nachrichten, ein Hauch Hellweger Anzeiger und viel WAZ.

Eine Tageszeitung ohne Redaktion – das geht gar nicht. Die Verantwortlichen des Essener WAZ-Gruppe waren anderer Meinung und haben mal eben der kompletten Redaktion samt freier Mitarbeiter der Westfälischen Rundschau (WR) zum 1. Februar gekündigt. Das Blatt soll allerdings weiter unter dem Namen WR erscheinen – nur die Inhalte stammen von anderen Tageszeitungen. In Dortmund bedeutet das unter anderem, dass die Ruhr-Nachrichten quasi das lokale Informations-Monopol besitzen wird. Näheres dazu im Video, hier oder auf Facebook.
Das Vorgehen des WAZ-Managements ist natürlich eine absolute Schweinerei. Diese Kolumne zeigt sich solidarisch mit den Beschäftigten. Zumal die WR mit Rene Schröder einen exzellenten Kenner des Galopprennsports beschäftigt. Seine Artikel über den Turf sind fachkundig, sehr gut geschrieben und fernab jeglicher Hofberichterstattung. Besser geht es eigentlich gar nicht mehr.
Und natürlich kann ich keinen Text über die WR schreiben ohne einen Hinweis auf Wilfried Wittke, den langjährigen Sportchef und BVB-Berichterstatter des Blattes. Manche Kommentare von ihm haben mich zur Weißglut getrieben, weil er sich meist über die falschen Dinge aufregte. Aber da stand und steht Wittke nicht allein da im Sportjournalismus. Und als er dann aufhörte, habe ich ihn doch vermisst. Irgendwie gehörte Wittke quasi schon zum Montag.



Dienstag, 8. Januar 2013
„Der FC Schalke 04 grüßt die Dortmunder Fans“
„Revierderby – Geschichte einer Rivalität“: Als ich zum ersten Mal das Buch von Gregor Schnittker über die Begegnungen zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 sah, war ich skeptisch. Noch ein publizistischer Mitläufer, der sich an den Erfolg von Borussia Dortmund hängt. Falsch gedacht: Schnittker hat ein außergewöhnlich gutes Buch geschrieben, weil er fleißig recherchiert hat und viele Zeitzeugen aufgetrieben hat, deren Erinnerungen das Buch so lesenswert machen.
Denn der Autor hat nicht einfach nur Spiel an Spiel aneinander gereiht, sondern erzählt zu jedem der ausgewählten Derbys mehrere Geschichten aus der Sicht von Betroffenen. Beim 10:0-Sieg der Schalker 1940 (beim Schreiben dieses Ergebnisses verweigert meine Tastatur etwas die Arbeit) taucht zum Beispiel Anni Kuzorra aus Lütgendortmund auf, deren Schwiegervater Wilhelm ein Cousin des großen Ernst Kuzorra war.
Die Zeitzeugen präsentieren manche köstliche Anekdote. Zum Beispiel „Bruni“ Burgsmüller, Ehefrau des ehemaligen Dortmunder Kapitäns Willi Burgsmüller, über die damalige „Rivalität“ zwischen beiden Teams: „…Mein Mann hatte damals diese Knieprobleme. Da kam der Fritz Szepan auf mich zu und sagte: ´Mädchen, weißt du was? Da musst du jetzt jeden Abend Pellkartoffeln kochen, klein stampfen und dann in einem Stoffsack auf das Knie halten. Dann heilt das wieder.`Wir hatten alles versucht, aber damit wurde es besser.“
Oder die Geschichte von Schiedsrichter Karl-Heinz Altegoer aus Bochum (nicht verwandt mit dem späteren VfL-Präsidenten Werner Altegoer). Der pfiff mal im April ein Derby nach sintflutartigen Regenfällen (5:3 für Schalke) und erinnert sich an „Kraftnahrung von Muttern“ vor dem Spiel.

Tumulte
Später kommen dann die Spiele, an die ich mich selbst erinnern kann. Zum Beispiel an das Duell aus dem Jahr 1981. Weniger an das Ergebnis (2:2) als an den Auftritt von Schalkes Faktotum Charly Neumann, der mit einem großen Plakat mit der Aufschrift „Der FC Schalke 04 grüßt die Dortmunder Fans“ vor der Dortmunder Südtribüne auftauchte und für ein Pfeifkonzert sorgte, dass ich nie vergessen werde.
Später fand ich die Zeugenauswahl etwas blaulastig – allerdings triumphierte Schalke gerade in den neunziger Jahren und zu Beginn der 2000er Jahre mehrfach in großer Manier. Da möchte man sich als Schwarz-Gelber auch nicht recht zu äußern.
Nur wann begann die Rivalität zwischen den Fans? Am Anfang gab es nämlich eher freundschaftliche Gefühle zwischen den Klubs aus Dortmund und Gelsenkirchen. Das erste Derby fand 1925 statt, Schalke 04 gewann 4:2. Zwischen beiden Teams lagen vor dem zweiten Weltkrieg Welten, die Blauweißen waren der dominierende Verein in der NS-Zeit. Dortmund spielte meist nur den Punktelieferanten. Kuzorra kam sogar mal als eine Art Aufbauhelfer nach Dortmund und trainierte den BVB. Das änderte sich dann nach dem zweiten Weltkrieg, als Dortmund an S04 vorbeizog.
Die Vereine selbst haben sich immer gut verstanden, „gefährlich“ außerhalb im falschen Outfit am falschen Platz wurde es erst nach dem DFB-Skandal Anfang der siebziger Jahre und dem Dortmunder Wiederaufstieg. Und jetzt kann ich das mal endlich loswerden: Liebe Schalker, ihr schuldet mir noch ein BVB-Mannschaftsposter aus dem Jahr 1976. Das haben mir zu diesem Zeitpunkt zwei eurer hellsten Exemplare auf der Dortmunder Nordtribüne demonstrativ zerrissen, zum Glück verhinderte ein wacher Polizist Schlimmeres.

Urteil:
100 Prozent empfehlenswert für alle.

Gregor Schnittker, Revier-Derby, Schalke 04 – Borussia Dortmund: Die Geschichte einer Rivalität



Donnerstag, 22. November 2012
Alles nur wegen Fadime


Auschnitt aus dem Tatort "im Abseits". Lena Odenthal und Mario Kopper sind nicht dabei, dafür aber Oliver Bierhoff und Joachim Löw.

Ex-DFB -Präsident Theo Zwanziger ist nicht nur ein begeisterter Schreiber, seine Liebe gilt auch dem Theater. Kein Wunder, dass er im Tatort „Im Abseits“ mitspielte. Ein Tatort, der im Vorfeld der Frauenfußball-WM 2011 gedreht wurde. Mit dabei waren unter anderem Yogi Löw, Oliver Bierhoff, Steffi Jones und Nationalspielerin Celia Okoyino da Mbabi.
Legendär die Szene, als eine prominente Runde in Zwanzigers Büro versammelt ist: Zwanziger erhält die Nachricht vom Tod der Nachwuchsspielerin Fadime. „Fadime ist tot“, sagt Zwanziger. Alle sind geschockt. Und dann sagt Steffi Jones: „Theo, lass uns nach Eppheim fahren.“
Dann sind sie alle gemeinsam von Frankfurt nach Eppheim gefahren: die Steffi, der Olli, die Celia und der Theo. Wegen Fadime. Dabei haben sie festgestellt, dass es Eppheim gar nicht gibt und der Theo sich verhört hat. Daraufhin hat ihm der Oliver böse Vorwürfe gemacht, als sie in der hessischen Pampas strandeten. Von wegen Vertragsverlängerung so einfach mit Yogi, Hansi und dem Torwarttrainer. Das kostet extra.
Als sie dann wieder Mobilempfang hatten, rief auf einmal der Uli Hoeneß an und attackierte den Theo heftig – wegen FIFA, wegen Blatter und überhaupt: Frauenfussball sei doch irgendwie nicht ernst zu nehmen.
Daraufhin ist der Theo richtig wütend geworden und hat ein Buch geschrieben, in dem er sich über den bösen Uli beschwert. Und den Niersbach und den MV auch. Die Freunde von der Bild-Zeitung halfen da gerne mit einem Vorabdruck. Das war er Fadime und dem Fraunfußball einfach schuldig.
Aber eigentlich war die Aufregung umsonst, das Ganze nur ein Sturm im Wasserglas: Die Zwanziger Jahre (schon der Titel ist hitverdächtig) ist über weite Strecken ödes Funktionärsgewäsch. Zwanziger berichtet im Stil eines besseren Schulaufsatzes über sein Leben, nicht alles war toll, aber vieles doch. Muss man wirklich nicht lesen.



Dienstag, 13. November 2012
Die Kathedralen unserer Zeit
Wie viele Stunden verbringt der Fußball-Fan im Stadion seines Lieblingsclubs? Schwer zu sagen, für manche mag es ein zweites Wohnzimmer sein. Generell: Jedes Fußballstadion hat etwas Besonderes - für den Fan, für den neutralen Besucher. Mit dem wundersamen Ort Stadion beschäftigt sich auch „Fußball-Wunder-Bauten - Die schönsten Stadien und ihre Geschichten", das vor kurzem erschienene Buch von Andreas Bock, Alexander Gutzmer und Benjamin Kuhlhof. Das Schöne: Die drei Autoren beschrieben die Stadien nicht nur vom architektonischen Standpunkt, sie präsentieren unterschiedliche Geschichten zu den einzelnen Bauwerken. Das verwundert nicht, denn Bock und Kuhlhoff schreiben für das Fußball-Magazin 11 Freunde, nur Gutzmer arbeitet als Redakteur im Architekturbereich.
Manchmal funktioniert diese Mischung wirklich gut. Im Gegensatz zum BVB-Fanzine schwatzgelb.de finde ich gerade das Kapitel über das Westfalenstadion, neudeutsch Signal-Iduna-Park, sehr gelungen. So eine Begehung der Südtribüne von unten nach oben in 90 Minuten erfordert nicht nur viel Kondition, sondern bietet auch dem dauerhaften Westfalenstadion-Besucher neue Einsichten. Ich weiß nur nicht, wie der Autor das geschafft hat, denn im Normalfall stehen die Leute auf der Süd so dicht, dass es kaum ein Durchkommen gibt und jeder Bierholer mühselig Slalom nach oben laufen muss.



Interessant fand ich das Interview mit Campino über das Stadion des FC Liverpool an der Anfield Road und die legendäre Stehtribüne Kop. Der Frontmann der Toten Hosen plaudert viel über die alte Faszination des englischen Fußballs, scheint aber von den Neuzeiten der Premier League noch nicht viel mitbekommen zu haben. Und ob alles früher immer so toll war, sei mal dahingestellt. Dennoch ein lesenswertes Interview mit schönen alten Fotos.
Mein drittes Highlight ist die Geschichte über Sven Brux, den heutigen Sicherheitsbeauftragten des FC St. Pauli. Brux erzählt von seinen Besuchern in den neunziger Jahren bei den Fans von Celtic Glasgow im Celtic Park – zu einer Zeit, als Fußball noch lange kein Event war, sondern knallhartes Arbeiter-Vergnügen. Allerdings, liebe Fans des FC St. Pauli: In Dortmund gab es schon seit 1987, als beide Vereine im UEFA-Cup aufeinander trafen, eine Fanfreundschaft mit den Grün-Weißen. Das Celtic-Trikot war lange Zeit das zweit meistverkaufte in Dortmund.
Natürlich sind auch einige Geschichten nicht so gelungen: München fand ich zu architektonisch, Maracana zu allgemein und auch Netzers Interview zum Estadio Bernabeu zählt eher zur Kategorie Durchschnitt. Und das wunderbare Stadion des FC Fulham mit dem Craven Cottage hätte mehr Raum verdient.

Fazit
19 Stadien – unterteilt in die Bereiche Champions League, Erste Liga und Überraschungserfolge – stellen die Autoren vor. Die Bilder sind meist eindrucksvoll, manche Texte auch, manche weniger. Dennoch eine nette Lektüre für lange Winterabende. 39,95 Euro sind zwar ein stolzer Preis, aber so etwas kann man sich auch schenken lassen. Ist ja bald Weihnachten.

Fußball-Wunder-Bauten - Die schönsten Stadien und ihre Geschichten,
Andreas Bock, Alexander Gutzmer, Benjamin Kuhlhoff, Callwey Verlag, 192 Seiten, zahlr. Abb., 25 x 28 cm, gebunden, ISBN 978-3-7667-1969-0, 39,95 Euro



Montag, 1. Oktober 2012
Das Märchen von der doppelten Kuzorra-Beerdigung
Ruhrgebiets-Barde Adolf Tegtmeier hätte daran seine Freude gehabt. „Dem Fußball sein zuhause“ betitelte Ben Redelings sein 2009 erschienenes Werk. Dort präsentiert er allerhand kuriose Geschichten aus der Welt des Ruhrgebietsfußballs – aus einer Gegend, wo der „Fußball noch gelebt wird“, wie es immer so schön heißt. Doch auch im Revier leiden viele Vereine aus den unteren Ligen unter Zuschauer- und Spielerschwund, allerdings boomen Dortmund und Schalke weiter.
In einer Angelegenheit ist jedoch der VfL Bochum seinen großen Ruhrgebiets-Rivalen BVB und S 04 überlegen. Literarisch haben diese gegen den „kleinen“ VfL keine Chance. Da ist einerseits Frank Goosen (das einzige, was mich an ihm stört, dass ansonsten humorlose Süddeutsche seinen Witz gut finden); andererseits eben Redelings, der mit Scudetto auch im Netz gut vertreten ist und dessen gleichnamiges Bühnenprogramm durchaus empfehlenswert sein soll.
Der Konjunktiv ist hier angebracht, denn ich habe einen Scudetto-Abend noch nie live gesehen. Jedenfalls hat sich Redelings mit seinen Geschichten außerhalb des Sportlichen einen guten Namen gemacht. Auch für „Dem Fußball sein zuhause“ hat er Fleißarbeit geleistet und ordentlich Kurioses aus der bunten Kickerwelt ausgegraben.
Seine Liebe zum Sport hat familiäre Wurzeln: Schon als Kind beantwortete er Quizfragen seines Vaters zum Fußball im allgemeinen und zu Westfalia Herne im Besonderen. Manche Kinder werden dann später ganz anders, aber Redelings Liebe zum Fußball blieb. Immer wieder taucht autobiografisches auf: wie sie den Trainer ihres Jugendteams an den Pfosten gebunden haben (pfui) oder über erste zarte Hooligan-Anwandlungen auf den Stehplätzen des VfL Bochum.

Ekstase mit Wolle
Manche Geschichten sind wirklich schön. Etwa die über Max Merkel und seine Zeit bei Schalke 04 im Ruhrgebiet (Quizfrage: Welche Spieler montierte die Reifen seines Fahrzugs ab). Oder die Story über die Stadionsprecher alter Güte. „Und nach dem Spiel ein Spielchen in Jürgen Köpers Megaplay. Besuchen Sie unseren verdienstvollen ehemaligen Spieler, mittlerweile elf Mal in Bochum“, las einst Erwin Steden, Sprecher beim VfL Bochum, vom Blatt ab. Doch dann hatte der VfL die Moderne entdeckt und schickte den Schlagermoderator Frank Papke ins Rennen. Und der sorgte für die erste „Hände zum Himmel“-Euphorie im Bochumer Stadion. Redeling: „Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, wippe ich immer noch ekstatisch im Takt eines Wolle-Petry-Hits.“ So ein Stadionbesuch war früher eben viel gefährlicher als heute. „Ich heiße Uwe und bin von Beruf asozial“, sagt einer der Protagonisten einer Hooligan-Geschichte aus dem Jahr 1983.
Und dann räumt Redeling noch mit einer alten Mär auf: der doppelten Beerdigung des Schalke-Idols Ernst Kuzorra. Zumindest war es nicht so, wie die BILD-Zeitung schrieb, sagt der ehemalige Schalke-Präsident Günter Eichberg. Der Fototermin war eine Idee des Boulevardblattes – der Text allerdings (wir hätten "den ausgebuddelt, noch einmal hoch gehoben und fallen gelassen“, so Eichberg) völlig erlogen. Der einstige Schalker Sonnengott würde es jedenfalls nicht noch einmal so machen.
Nicht jede Story hat dieses Format, manche wirkt etwas aufgewärmt. Dennoch ein nettes Buch für lange Winterabende, auch wenn man schon auf den ersten Seiten erfährt, wer Wandolek war.



Mittwoch, 22. August 2012
Thomas Broich: „Roarcelona“ heilte Depression
Zum Schluss fand Thomas Broich doch noch sein sportliches Glück. In Australien beim Klub Brisbane Roar: Dort wurde er zweimal australischer Meister, dazu erhielt er die Auszeichnung „Australiens Fußballer des Jahres“. In Deutschland quälte ihn hingegen zuletzt eine „ausgewachsene Fußball-Depression“.
„Tom meets Zizou“ nannte Aljoscha Pause seine Dokumentation, die am Montag in West 3 lief. Tom steht für Thomas Broich und „Zizou“ natürlich für den großen Zinedine Zidane. Pause hatte Broich jahrelang begleitet – von den Anfängen der Karriere bis heute. Das Ergebnis ist ernüchternd – eben kein neues Sommermärchen aus dem Profifußball.
Dabei begann alles traumhaft: Broich schaffte den Sprung vom Zweitligisten Burghausen in die Bundesliga zu Borussia Mönchengladbach und galt schnell als einer der Hoffnungen des deutschen Fußballs für die WM 2006, weil er spielerisch sehr gut ist. „Ein ganz starker Fußballer“, sagt der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts und ist sich mit seinen einstigen Gladbacher Weggefährten Horst Köppel und Udo Lattek einig.

Bücherwurm
Auch die Medien stürzen sich auf den Hoffnungsträger. Zumal dieser nicht nur kicker und Sport-Bild liest, sondern auch Autoren wie Hemingway, Dostojewski oder Camus. Und weil er klassische Musik hört, hat er schnell den Spitznamen Mozart weg. Kaum eine Geschichte erscheint, bei der ein findiger Redakteur nicht irgendwelche Mozart-Wortspiele einbaut.
Und klar, dass das alles zurückkommt, wenn es nicht mehr so läuft. Unter Dick Advocaat folgte der Karriereknick, der strenge General aus den Niederlanden mag keine Schönspieler im harten Abstiegskampf. Das Schöne am Film ist die Ehrlichkeit seines Protagonisten. Broich redet erst gar nicht groß rum, ihn und Advocaat trennen Welten. Er mag den Holländer einfach nicht, der ihm den Spaß am Spiel nimmt.
Der Mittlfeldspieler wechselte dann zum 1.FC Köln, in eine Stadt, „wo man die Vergnügungen so herunterpflücken kann“ und wo der Wahnsinn irgendwie Alltag ist.“ Hier zeigt sich Thomas Broich zunehmend desillusioniert mit den Launen des Profifußballs. Zumal er auf einen Trainer wie Christoph Daum trifft, bei dem vieles Show ist. Ganz starke Szene: Während Daum schwadroniert und eigentlich nichts sagt, redet Broich Klartext über sein schwieriges Verhältnis zum FC-Zampano. Der Absturz folgte dann in Nürnberg, obwohl sein Freund Michael Oenning dort Trainer ist. Erst im fernen Australien kommt Broich wieder in die Spur – in „Roarcelona“, weil der Rucksack mit den Erwartungen weg war.

Urteil
Empfehlenswertes Portrait eines Profifußballers, das eindrucksvoll auch die negativen Seiten des Geschäfts zeigt.



Freitag, 17. August 2012
Tana Schanzara und das blau-weiße "Gesocks"


Mal wieder was aus der Rubrik “Feuilleton”: eine Erinnerung an die großartige Ruhrgebiets-Schauspielerin Tana Schanzara. „In meiner Küche, dass ihr euch nicht schämt – Schalke-Gesocks“, sagt Tana nämlich in ihrer Schwarz-Gelben Küche (man beachte zudem den Traditions-Schal in den schönsten Farben der Welt) zu Sohn und Enkel.
Bei denen muss irgendetwas in der Erziehung falsch gelaufen sein, denn beide sind Anhänger des Erzrivalen Schalke 04. Besonders bei Sohn Hans Pollak (gespielt von Uwe Ochsenknecht) ist jedoch Hopfen und Malz verloren. Denn der ist eingefleischter Knappe und hat sogar mit Kollegen den südamerikanischen Stürmerstar Pablo Antonio „Dios“ Di Ospeo gekidnappt. Mit dabei in „Fußball ist unser Leben“ ist auch Ralf Richter. Fazit: Für eine Komödie, in denen der Fußball ein wichtige Rolle spielt, ist diese sogar richtig gelungen. Und in einem Film, in dem es eine Spur zu viel Blau-Weiß gibt, ist die Küche von Oma Pollak natürlich der heimliche Star.