Freitag, 26. Oktober 2018
Derby-Starter 2018: Qualitativ und quantitativ schwach
Beliebtes Spiel zum Ende der Turfsaison: nurpferdeundfussball hat sich den deutschen Vollblutjahrgang 2015 angeschaut und die Leistungen der Derbystarter nach dem großen Rennen analysiert. Das Ergebnis ist enttäuschend.

Weltstar (Trainer Markus Klug): Derbysieger und Union-Gewinner, die beiden Rennen mit dem größten Prestige für Dreijährige. Danach sollte er eigentlich im Großen Preis von Baden laufen, doch sein Trainer Markus Klug meldete ihn vor dem Rennen ab. Es sei aber „nichts Ernstes“, sagte er. Jedenfalls soll er 2019 im Rennstall bleiben.

Destino (Trainer Markus Klug, Platz 2): Der Soldier Hollow-Sohn unterlag sowohl im Derby als auch der Union nur dem Stallgefährten Weltstar. Nach dem Derby siegte er in einem Düsseldorfer Gruppe 3-Rennen gegen den alten Rivalen Salve Del Rio und blieb vor dem sehr formbeständigen Devastar (ebenfalls aus dem Gestüt Park Wiedingen). Dann war Pause, im neuen Jahr soll er wieder mitmischen.

Royal Youmzain (Trainer Andreas Wöhler, Platz 3): Der etwas unglückliche Dritte aus Hamburg bot nach dem Derby noch zwei gute Vorstellungen, auch wenn er nicht gewann. Aber Platz 3 im Großen Preis von Berlin hinter Best Solution (der diese Form in Baden und Australien deutlich aufwertete) und Platz 4 im Qatar Prix Niel (Gruppe 2) in Longchamp (keine zwei Längen hinter dem Sieger) waren die besten Leistungen eines Derby-Teilnehmers 2018.

Salve Del Rio (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 4): Gutes Pferd, aber zur Spitze fehlte noch ein wenig. Platz 4 im Derby und Rang 3 in der Union untermauern diese These. Nach Hamburg unterlag er im Fritz Henkel Stiftung-Rennen (Gruppe 3) in Düsseldorf nur dem alten Rivalen Destino. 2019 wird er in England sein Glück bei Trainer Jim Best suchen.

Aldenham (Trainer Andreas Wöhler, Platz 5): Lief im Derby als großer Außenseiter von der Spitze aus ein starkes Rennen. Später in der Saison nicht mehr auf der Bahn. Der Hengst hatte zwar noch eine Nennung später für den Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden, aber dort lief er nicht. Zukünftig wird er von Dominik Moser trainiert.

Sweet Man (Trainer Jens Hirschberger, Platz 6): Sechster im Derby, danach kein weiterer Start.

Jimmu (Trainer Henk Grewe, Platz 7): Vor dem Derby durchaus hoch gehandelt, in Hamburg-Horn aber ohne Möglichkeiten. Verkauft nach Hongkong.

Emerald Master (Trainer Mario Hofer, Platz 8): Nach Hamburg Vierter im Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gruppe 3) in Baden sowie Sechster im Großen Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf (Gruppe 3). Beide Prüfungen gingen über deutlich kürzere Wege wie das Derby, in keinem Rennen hatte der Hengst eine Siegchance. Im Oktober kaufte Eckhard Sauren, Präsident des Kölner Rennvereins, Emerald Master für immerhin 105 000 Euro auf der Auktion in Baden.

Giuri (Trainer Jean Pierre Carvalho, Platz 9): Als siegloses Pferd im Derby war es zu schwer, immerhin schaffte der Carvalho-Schützling später in zwei Versuchen, seine Maidenschaft abzulegen.

Star Max (Trainer Markus Klug, Platz 10): Das Derby war dann doch eine Nummer zu anspruchsvoll. Kleiner Trost: Der Maxios-Sohn gewann im September eine eher harmlose Aufgabe in Dortmund mit dem berühmten Finger in der Nase.

Zargun (Trainer Andreas Wöhler, Platz 11): Der Derby-Elfte war mit vier Starts nach Hamburg einer der fleißigsten Kandidaten. In guter Klasse blieb er aber blass: Platz 8 in Deauville (Listen-Rennen), Platz 6 in Hannover (Ausgleich 1), Platz 6 in Strasbourg (Listen-Rennen). Zuletzt siegte Zargun in einem Verkaufsrennen in Compiegne gegen bescheidenere Konkurrenz – über 1400 Meter.

Ecco (Trainer Peter Schiergen, Platz 12): Mit Hamburg-Spezialist Andrasch Starke erwartungsgemäß stark gewettet, aber ohne Chance. Das war sein letzter Start in Deutschland, sein zukünftiger Betätigungsort wird der englische Hindernissport sein. Ecco wird von Top-Trainer Paul Nicholls betreut und da ist nicht nur der Kolumnist gespannt, wie sich der Maxios-Sohn dort entwickelt.

Capone (Trainer Sascha Smrczek, Platz 13): War mal der dunkle Derby-Tipp dieser Kolumne, doch schön früh zeichnete sich ab, dass dies Wunschdenken blieb. Trug im Derby die rote Laterne, danach lief er noch zweimal und schlug sich in Düsseldorf und Baden passabel, denn beide Formen wurden ziemlich aufgewertet. Aber Capone blieb weiter sieglos, zukünftig wird er im englischen Hindernissport von Charlie Mann trainiert.

Chimney Rock (Trainer Andreas Wöhler, Nichtstarter): Im Derby Nichtstarter, später enttäuschte der bislang wenig geprüfte Rock of Gibraltar-Sohn noch in dem Düsseldorfer Rennen mit Destino und Salve Del Rio.

Fazit
Bislang ist der Derby-Jahrgang 2015 eine Enttäuschung. Speziell unter dem Aspekt, dass die besten Pferde in Spätsommer und Herbst in den deutschen Top-Rennen über längere Distanzen starten und dort vielleicht sogar gewinnen. Das Fazit 2018: Kein Derby-Starter im Großen Preis von Baden, keiner im Preis von Europa, keiner im Preis der Deutschen Einheit (immerhin rannte Balmain mit und wurde Vierter). Die besten Leistungen zeigte Royal Youmzain, der sich im Großen Preis von Berlin und später in Longchamp ganz ordentlich schlug, ohne zu siegen. Nur Destino gewann ein Grupperennen von den Derbystartern 2018.
Die enttäuschende Bilanz mag auch daran liegen, dass talentierte Pferde der zweiten Reihe wie Salve Del Rio und Jimmu verkauft wurden. Diese Kandidaten fehlen in den besseren Rennen. Und natürlich auch daran, dass der Derbysieger nach Hamburg nicht mehr am Start war. Verletzungspech kam ebenfalls hinzu: Mit dem Winterfavoriten Erasmus, Lord Leoso und Alounak etwa fielen frühzeitig talentierte Kandidaten aus.



Donnerstag, 12. Juli 2018
Derby 2018: Ein glücklicher Sieger
Glückwunsch an das Gestüt Röttgen, Trainer Markus Klug, Jockey Adrie de Vries und alle anderen Beteiligten des siegreichen Teams. Derbysieger Weltstar bestätigte damit seine Sieg-Form aus der Union und folgte seinem Halbbruder Windstoß, der im letzten Jahr triumphiert hatte. Es war aber ein glücklicher Erfolg: Nicht nur Destino als Zweiter war minimal geschlagen, leider behinderte der Sieger auch den späteren Dritten Royal Youmzain.

Manchmal spielt das Leben schon ein komisches Spiel. Da wartete das Gestüt Röttgen, eine der renommiertesten Zuchtstätten für Rennpferde in Deutschland, unzählige Jahre auf einen Erfolg im wichtigsten Rennen der Saison und dann beendete Windstoß im Vorjahr diese langen Serie des Misserfolgs. Und schon ein Jahr später folgt jetzt Weltstar.
Für Trainer Markus Klug war es einmal mehr ein großer Tag. Sein frenetischer Jubellauf nach dem Rennen zeigt, welchen immensen Stellenwert das Derby immer noch im Lager der Aktiven hat. Es ist immer noch so mit das Größte, was ein Aktiver im Turf gewinnen kann. Zumal Klug auch noch den Zweiten Destino stellte, der nur hauchdünn unterlag. Es war sein dritter Derby-Erfolg, weitere werden folgen.
Der Röttgener Trainer hat zukünftig eine Art Luxusproblem: Er betreut mit dem Derbysieger Weltstar und dem Zweiten Destino zwei starke Dreijährige und mit Dschingis Secret, Windstoß und Colomano drei ältere Top-Kandidaten für Strecken bis 2400 Meter. Da wird das Management ziemlich schwierig – wenn die Pferde denn alle in Deutschland bleiben.
Die Stallform von Markus Klug in den letzten Wochen ist famos. Seit dem Erfolg von Weltstar im Kölner Union-Rennen reiht das Quartier einen Gruppeerfolg nach dem anderen: Degas im Dortmunder Preis der Wirtschaft, Dschingis Secret im Hamburger Großen Hansa-Preis und jetzt wiederum Weltstar im Derby.
Eine Premiere war es hingegen für Klug-Stalljockey Adrie de Vries. Der 48jährige Niederländer zählt seit langem zur deutschen Jockey-Elite, doch das Derby gewann er noch nie. „Ich war schon geschlagen und das von einem aus meinem Stall, da dachte ich: ‚schon wieder den Falschen gewählt‘, aber dann zog er wieder an“, sagte der Siegreiter nach dem Derby. In der Tat – Kollege Martin Seidl war mit Destino schon vorbei, doch Weltstar mobilisierte noch einmal alle Kräfte.

Behinderung
Allerdings hatte de Vries Glück, dass er das Rennen behalten durfte. Denn in der Geraden behinderten Weltstar und Jimmu den Favoriten Royal Youmzain eindeutig. Auf dem Renn-Video ist deutlich zu erkennen, dass de Vries kurz nach hinten schaut und dann sein Pferd Richtung Rails schiebt. Damit ist die Lücke für den Wöhler-Schützling dicht, der viel Schwung verliert und dessen Jockey Eddie Pedroza neu ansetzen muss. Die Kritik von Trainer Andreas Wöhler ist nachvollziehbar, zumal Royal Youmzain noch mal gut ins Rennen fand. Die Stewards ließen das Ergebnis unverändert, bestraften de Vries jedoch mit fünf Renntagen Reitverbot wegen Behinderung.
Unser Tipp Salve Del Rio lief ein gutes Rennen und wurde Vierter. Aber die erwartete Steigerung blieb dann doch aus, am Ende waren die ersten Zwei aus der Union wieder vor ihm. Eigentlich waren die gemeinten Pferde alle vorne, im Gegensatz zu vielen anderen Derbys lief diesmal kein großer Außenseiter in die Wette. Auch Capone nicht.
Gut, dass zumindest in ARD und ZDF wieder etwas über das wichtigste Pferderennen lief. Aber trotzdem wird einem an einem solchen Tag immer wieder bewusst, welcher Randsportart wir anhängen. Das Derby bleibt etwas für Insider – leider.



Donnerstag, 5. Juli 2018
Salve Del Rio ist der Derby-Tipp 2018
Nur 14 Pferde im wichtigsten Rennen des deutschen Rennjahres – es gab schon aufregendere Versionen des Deutschen Derbys in Hamburg-Horn. Zumindest auf dem Papier, aber entscheidend ist ja auf dem Platz. Vielleicht erleben wir ja einen Krimi oder wir sehen einen kommenden vierbeinigen Superstar. Zumindest droht bei der derzeitigen Wetterlage keine Schlammschlacht wie so oft auf dem Horner Moor. Starter und Chancen im Deutschen Derby 2018.

1. Royal Youmzain (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eduardo Pedroza)
Bislang das Top-Pferd im Jahrgang und der klare Favorit nach seinem Badener Spaziergang im Derby Trial und dem Münchner Erfolg im Bavarian Classic zum Saisonauftakt. Vielleicht beschert er Eddie Pedroza endlich den ersten Derbysieg.

2. Weltstar (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie de Vries)
Der Sieger in der Union gegen Destino und Salve Del Rio und schon aus diesem Grund einer der Derby-Favoriten. Eine überzeugende Vorstellung nach bestens eingeteilter Ritt von Jockey Adrie de Vries. Auch vorher gute Leistungen über kurze Strecken in den Top-Rennen des Jahrgangs. Vielleicht kann er ja seinem Halbbruder Windstoß nacheifern.

3. Destino (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Seidl)
Der Bruder von Dschingis Secret hätte beinahe in der Union für eine Überraschung gesorgt, als er sich nur dem Stallgefährten Weltstar beugen müsste. Nach dieser Form ein Siegkandidat, davor aber schwach. Man beachte zudem die gute Stallform, gilt natürlich für alle Klug-Pferde.

4. Salve Del Rio (Trainer Jean-Pierre Carvalho/Jockey Michael Cadeddu)
Unser Mumm aus dem Union-Rennen, dort lief er als Dritter ein gutes Rennen. Und machte auf den letzten Metern noch mal etwas Boden. Das gibt Hoffnung für die 200 Meter längere Strecke in Hamburg, die 2400 Meter sollten dem Rio De La Plata-Sohn noch mehr liegen. Vielleicht kann er ja die Form umdrehen.

5. Jimmu (Trainer Henk Grewe/Jockey Andrea Atzeni)
In der Union als Vierter noch halbwegs dabei, davor eine ganz starke Leistung als Zweiter im Bavarian Classic. Interessanter Teilnehmer aus einem Stall mit einer bislang starken Saison. Wenn er sich weiter steigert, mischt er mit.

6. Emerald Master (Trainer Mario Hofer/Jockey Alexis Badel)
Blieb in der Union quasi in der inneren Spur stecken und landete im geschlagenen Feld, weil die siegreichen Pferde außen endeten. In den Bavarian Classic mit einer mutigen Vorstellung von der Spitze, vom Gefühl sind andere Pferde gefährlicher.

7. Giuri (Trainer Jean-Pierre Carvalho/Jockey Filip Minarik)
Immer hocheingeschätzt im Quartier, der dritte Platz in Baden Baden sah schon besser aus als der schwächere Lauf in München. Gegen Royal Youmzain jedoch ohne Chance, der Zweite Theo hat die Form in Dortmund nicht bestätigt. Steigerung notwendig, aber das Duo Carvalho/Minarik hat nicht nur mit Ancient Spirit in den Deutschen 2000 Guineas bewiesen, dass es sowas kann.

8. Ecco (Trainer Peter Schiergen/Jockey Andrasch Starke)
In der Union chancenlos, spätreifer Hengst aus einer guten Familie, der aber bislang nur in überschaubarer Konkurrenz gewann. Im Sattel sitzt jedoch Andrasch Starke, der in Hamburg immer eine Empfehlung wert ist.



Rückblick auf 2013: Lucky Speed, damals Derby-Tipp dieser Kolumne, triumphierte. Jockey Andrasch Starke, Trainer war Peter Schiergen

9. Aldenham (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jozef Bojko)
Noch wenig geprüft, in der Union deutlich geschlagen. In Hannovers Derby Trial besser dabei, aber dennoch Außenseiter.

10. Sweet Man (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Robert Havlin)
Noch sieglos und längst nicht ausgereift. Seine beste Vorstellung war der zweite Platz in Hannovers Derby-Trial, in der Union ohne jede Möglichkeit. Müsste sich schon gewaltig verbessern.

11. Star Max (Trainer Markus Klug/Jockey Robert Havlin)
Im Mittelfeld in Union und Hannover. Zuletzt auch nicht überzeugend in Köln. Klarer Außenseiter.

12. Capone (Trainer Sascha Smrczek/Jockey Bayarsaikhan Ganbat)
Im Frühjahr einer der Geheimtipps dieser Kolumne für das Derby, aber das Laufen in Hannovers Derby Trial war sehr ernüchternd. Noch sieglos, zumindest an mangelndem Stehvermögen wird er nicht scheitern.

13. Zargun (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Clément Lecoeuvre)
2400 Meter sind Neuland, beim Derby-Trial über 2000 Meter war er deutlich geschlagen, siegreich war er über 1850 Meter. Großer Außenseiter.

14. Chimney Rock (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Bauyrzhan Murzabayev)
Rock of Gibraltar-Sohn, drei Starts, zwei Siege. In Dresden besiegte er immerhin souverän den späteren Hannover-Derby-Trial-Gewinner Balmain, in Baden-Baden lief er hinter dem Stallgefährten Royal Youmzain aber sehr schwach. Dort wirkte er aber im Vorfeld ziemlich aufgeregt, so sein Trainer. Nicht zu unterschätzen.

Urteil
Zwei überzeugende Siege in diesem Jahr machen den Wöhler-Schützling Royal Youmzain zum klaren Favoriten für das Deutsche Derby 2018. An den Formen gibt es wenig zu mäkeln, jedes Mal schien es so, dass der Hengst noch weitere Reserven haben sollte. Sein Kurs ist mir aber zu tief und Eddie Pedrozas Bilanz im Derby ist auch nicht überwältigend. Alternativen gibt es einige: Weltstar und Destino, die ersten Beiden aus der Union, zum Beispiel. Und natürlich Salve Del Rio, der in der Union gut lief, vielleicht von der längeren Strecke profitieren könnte und unser Tipp ist. Wer Außenseiter möchte: Chimney Rock und Ecco.



Donnerstag, 24. Mai 2018
Turfwunder und andere Überraschungen
Manchmal denke ich, ich habe den Sport verstanden. Aber manchmal eben auch nicht. Besonders, wenn es Ergebnisse gibt, mit denen nicht zu rechnen war. So distanzierte Ancient Spirit mit einer Leichtigkeit seine Konkurrenten in den Deutschen 2000 Guineas, die niemand erwartet hatte.

„Größter Außenseiter im Feld“ hatte diese Kolumne prophezeit, auch die Wetter sahen es so. Andere Kandidaten hatten deutlich bessere Meriten als das Pferd aus dem Quartier von Jean-Pierre Carvalho. Vier Rennen brauchte der Invincible Spirit-Sohn, um seine Maidenschaft abzulegen. Allerdings war schon zu sehen, dass der Hengst Talent hat: Zweijährig beim Kölner Debüt nur von Lord Leoso geschlagen, beim ersten Jahresstart hauchdünn gegen Alinaro verloren. Nur im Preis des Winterfavoriten blieb das Ullmann-Pferd ohne Chance.
„Bessere Meilenrennen“, hatte Trainer Jean-Pierre Carvalho als Saisonziel in der Sportwelt-Stallparade genannt. Seit Montag darf sich Ancient Spirit klassischer Sieger nennen. Dabei sah es anfangs gar nicht gut aus: Der Hengst pullte ziemlich hart und das ist nie ein gutes Zeichen. Englische Kommentatoren weisen darauf immer hin. Unzählige Rennen wurden verloren, weil ein Pferd sich so seine Kraft nahm. Es ist eine Mischung aus Nervosität, Übereifer und Unerfahrenheit, an der sie scheitern.
Jockey Filip Minarik schickte den Hengst dann mit einem Schub an die Spitze und dort fand er seinen Rhythmus, galoppierte allen davon. Ancient Spirit marschierte ohne Pause: Am Ende hatte er viereinhalb Längen Vorsprung, der größte Außenseiter hatte sich gewaltig gesteigert und deklassierte ein auf dem Papier ausgeglichenes Feld. Dinge gibt es, die gibt es eigentlich nicht.

Große Minarik-Show
Es war ein schöner Tag für Jockey Filip Minarik, vielleicht der Beste in seiner Karriere. Schon mit dem beständigen Devastar hatte Minarik im Röttgen-Cup ein famoses taktisches Rennen geritten und von der Spitze aus gewonnen. In den deutschen 2000 Guineas folgte der nächste Streich.
Haben die anderen Jockeys geschlafen? Hätten sie das Tempo des Siegers mitgehen sollen? Warum sollten sie, in acht von zehn Rennen wird der Führende noch überlaufen. Es schien so, dass Minarik das Tempo zu sehr forciert hatte. Doch Ancient Spirit wurde nie müde, sein Jockey hatte die richtige Strategie gewählt.
Für meinen Geheimtipp Fajjaj bleib Platz 2, Fighting Irish wurde Dritter. Zaman, der Favorit aus dem Godolphin-Quartier, aber enttäuschte sehr, war schon vor der Zielgeraden in Nöten.
Von den deutschen Pferden machte Weltstar noch Boden gut und wurde knapp Vierter vor Außenseiter Ninario, der sich wacker schlug. Der hochgehandelte Kronprinz blieb blass, auch Julio, Wild Max und All for Arthur enttäuschten.
Für das Derby lieferte die 1600 Meter-Prüfung erwartungsgemäß wenige Erkenntnisse. Ancient Spirit hat keine Derbynennung, die 2400 Meter in Hamburg sind für den Sohn des Sprinters Invincible Spirit viel zu lang. Fajjaj und Weltstar liefen wie zwei Kandidaten, die über längere Strecken besser sind. Aber 2400 Meter?

Der nächste Hammer
Und damit ab nach Hannover. Dort ging es um Derby-Fahrkarten im Trial und auch dort gab es mit Balmain aus dem Hoppegartener Quartier von Roland Dubasz eine Überraschung. Zwar keine so große wie in Köln, denn Balmain stand deutlich tiefer am Toto .
Jaromir Safar hatte den It’s Gino-Sohn frühzeitig nach vorne geschickt, zum Schluss hatte er eindreiviertel Länge Vorsprung. Es war Balmains zweiter Start, beim Saisondebüt in Dresden landete er hinter dem Wöhler-Schützling Chimney Rock. Auch dort war er früh vorne, doch gegen den Sieger chancenlos. Die Leistung von Hannover war noch mal eine deutliche Verbesserung.
Auf den Plätzen zwei und drei landeten mit Sweet Man und Nandaleo zwei weitere wenig gewettete Pferde. Drei vorher Sieglose vorne in einer wichtigen Derbyprüfung, die immer von guten Pferden gewonnen wurde – keine Wunder, dass die Quote der Dreierwette hoch war. Was die Form wert ist? Schwer zu sagen, aber schon im Vorfeld roch es nach Überraschung. Weil das Leistungsvermögen der wenig geprüften Teilnehmer noch gar nicht eingeschätzt werden kann.
Vielleicht verdient Eclectic Bird einen Hinweis, der als Vierter noch guten Speed zeigte. Aber ansonsten waren alle Favoriten deutlich geschlagen. Zu den Geschlagenen zählte auch Capone, der Mumm dieser Kolumne. Aber er wird ein Geheimtipp blieben, galoppierte schwerfällig und ließ Fortschritte vermissen. Für das Derby reicht das nicht, nur ein Wunder kann noch helfen. Oder er macht den Ancient Spirit.



Donnerstag, 3. Mai 2018
Die Lehren des Bavarian Classic
Spannendes Rennen, guter Derby-Test: Das Bavarian Classic am 1. Mai in München lieferte interessante Hinweise für das Saison-Highlight am ersten Juli-Sonntag in Hamburg. Royal Youmzain gewann überzeugend und auch die Pferde dahinter versprechen einiges für die Zukunft. Die Analyse und ein erster Ausblick auf das Deutsche Derby 2018 mit einem mutigen Tipp.

Der Sieg des klaren Favoriten Royal Youmzain fiel nicht überlegen aus: Eine halbe Länge war der Wöhler-Schützling vor dem Zweiten Jimmu, Emerald Master und Salve Del Rio als Dritter und Vierter waren keine 1,5 Längen geschlagen. Die Art des Erfolges imponierte jedoch: Es dauerte etwas, bis Eddie Pedroza den Sieger in Schwung brachte, aber dann zog Royal Youmzain noch gut an. Der Sieg war sicherer als es die Abstände aussagten.
Der Münchener Start war das Jahresdebüt, der Lauf wird den Hengst mit der markanten weißen Blesse weiter nach vorne gebracht haben. Die 400 Meter längere Strecke in Hamburg sollte ihm zudem noch besser passen. Nach Abstammung dürften die 2400 Meter kein Problem sein: Vater Youmzain – auch schon im Besitz von Jaber Abdullah – war ein Top-Pferd auf der klassischen 2400 Meter-Distanz, unter anderem drei Mal Zweiter im Arc und dreijährig Sieger im Kölner Preis von Europa. Bruder Saglawy wird trainiert vom irischen Top-Hindernistrainer Willie Mullins und gefiel zuletzt als Dritter in einem Gruppe 1-Hürdenrennen in Punchestown.
Eine starke Leistung als Zweiter bot Jimmu aus dem aktuell sehr erfolgreichen Stall von Henk Grewe. „Wir freuen uns über diesen tollen Erfolg und gehen die klassische Derby-Route weiter“, lautete der Eintrag auf der Stall-Facebook-Seite. Die Prüfung in München war der erste in Deutschland, die zwei Formen vorher aus Frankreich waren sehr ansprechend. Dennoch musste der Schimmel des Stalles Energy noch mal einen Sprung bewältigen, den er beeindruckend schaffte. Es war ein beherzter Ritt von Jockey Clement Lecoeuvre aus dem Vordertreffen, Stehvermögen über 2400 Meter sollte der Dalakhani-Sohn aus einer Samum-Tochter haben.
Emerald Master lief unter Alexander Pietsch von der Spitze ein glänzendes Rennen, zog Mitte der Geraden noch mal gut an. Wie der Sieger war Emerald Master schon ein sehr guter Zweijähriger, der unter anderem auf schweren Boden über 2000 Meter in Saint Cloud gewann. Sein Trainer Mario Hofer war jedenfalls sehr zufrieden. Stehvermögen sollte vorhanden sein.

Empfehlung für einen Außenseiter
Spät noch sehr gut in die Partie fand der Carvalho-Schützling Salve Del Rio. Auch er lief wie ein Pferd, das sich auf längeren Strecken weiter verbessern kann. Dahinter landete Refuseeveryoffer, der ebenfalls Boden zum Schluss gut machte, dennoch deutlich hinter der Spitzengruppe landete. Dies war erst sein zweiter Lebensstart, Steigerung sollte bei ihm wie auch bei Theo drin sein. Beide Pferde haben jedoch keine Derbynennung, müssten also nachgenannt werden.
Zu den Enttäuschungen zählten die beiden Markus Klug-Schützlinge Star Max und Valajani, die wie der Schiergen-Starter Holding Court ohne Chance blieben. Eher ernüchternd war auch die Leistung von Giuri: Der Motivator-Sohn mischte lange mit, zum Schluss aber fehlten die Reserven. Dabei hatten die Wetter den Ritt von Filip Minarik deutlich stärker eingeschätzt als den Stallgefährten Salve Del Rio.
Wenn jemand einen krummen Tipp für das Deutsche Derby haben möchte, dem empfehle ich Capone aus dem Quartier von Sascha Smrczek. Der ist zwar noch sieglos, endete am Maifeiertag in Hannover in einem Sieglosenrennen über 2000 Meter als Dritter hinter Aldenham und Ernesto. Capone wirkte noch reichlich ungeschliffen und kam erst ins Rollen, als das Rennen schon fast zu Ende war.
Natürlich reicht das nicht für das Derby, derzeit wäre der Halbbruder von Colomano noch nicht mal qualifiziert, aber bis Hamburg sind es ja noch zwei Monate. Außerdem mag ich seinen Vater Nathaniel, bei dem es auch etwas dauerte, bis der Groschen gefallen war. Wer jetzt den Kopf schüttelt, sei daran erinnert: Diese Kolumne empfahl im letzten Jahr auch den späteren Derby-Dritten Rosenpurpur, der im Mai 2017 auch noch längst nicht alle Karten aufgedeckt hatte.