Zwischen Genie und Wahnsinn: Woodburn macht Schluss
Kevin Woodburn sagt dem Galopprennsport ade. Das ist nicht neu, denn den Entschluss kündigte er schon im Sommer an. Doch jetzt sattelte er mit Cabanello in Frankfurt seinen letzten Starter.
Als Trainer lief es nicht so gut, als Jockey war er hingegen Extraklasse. Andere mögen in den neunziger Jahren mehr gewonnen haben (wie etwa Peter Schiergen), aber keiner siegte oft so spektakulär wie Woodburn. Dabei pendelte er manchmal zwischen Genie und Wahnsinn.
In den 90er Jahren war es bei mir immer ein gutes Zeichen: Wenn Kevin Woodburn den Führring betrat und mit der Peitsche spielte, dann standen die Zeichen auf Erfolg. So häufig machte er das natürlich nicht, aber damals war ich noch nicht so ein mit allen Wassern gewaschener Turfzyniker und leichter zu beeindrucken. Und Woodburn konnte man zusammen mit seinem damaligen Trainer Harro Remmert immer wetten. Zum einen zahlten ihre Starter im Schnitt meist mehr als die Schützlinge der Trainer Jentzsch und Schütz, zum anderen trafen sich zwei absolute Spitzenleute: der akribische Trainer Remmert, der fast immer das richtige Gespür für seine Pferde hatte, und der herausragende Jockey Woodburn.
Der gebürtige Engländer war nicht nur ein gewiefter Taktiker, der fast immer die richtige Spur fand – nicht nur bei seinem berühmten Ritt im Schlamm in Mülheim auf Tsarina. Woodburn war zudem ein fantastischer Endkampfreiter.
Ich kann mich heute noch an einen Samstag im April 1994 erinnern, als er sich in Köln im Sattel des späteren Union-Siegers Twen einen grandiosen Zweikampf mit Mark Rimmer, damaliger Stalljockey bei Bruno Schütz und auch kein schlechter Endkämpfer, lieferte. Mal war Woodburn vorn, mal Rimmer – so ging das fast 200 Meter. Am Ende siegte – natürlich Twen.


Derbysieg Nummer 2: All my Dreams und Woodburn triumphieren 1995 leicht

Der verpasste Derbysieger
Und dann war noch All my Dreams, der spätere Derbysieger und auf ewig verbunden mit seinem Jockey Kevin Woodburn. Den habe ich bei seinem Debüt in Mülheim siegen sehen und dachte, dass könnte doch ein Pferd für das Derby sein. Drei Tage später bin ich bei meinem Buchmacher und schaue mir die Festkurse für das Derby an. All my Dreams steht da über 150, doch so richtig traute ich mich nicht. Der Hengst gewinnt sein nächstes Rennen und ist auf einmal Mitfavorit. Nur mir steht er zu tief. Das Ende der Geschichte – All my Dreams triumphierte im deutschen Derby, nur ich war nicht dabei.
Doch irgendwie umwaberte Woodburn auch immer etwas das Image des „Unseriösen“. Kaum vorstellbar, dass etwa ein Peter Schiergen einem am Führring stehenden Bekannten aus dem Sattel zuruft, dass Pferd XY das Rennen gewinnt. Bei Woodburn einst in Dortmund gesehen und es war nicht das Pferd, auf dem er saß, dass er ansagte. Ich war etwas überrascht und dachte an die Brigade beim Buchmacher, die immer sagt, dass so und so jedes Rennen geschoben sei. Was natürlich völliger Bullshit ist. Am Ende siegte allerdings weder Woodburns Tip noch sein Ritt.
„Trainer werde ich bestimmt nicht, da müsste ich zu viel telefonieren“, sagte er einst den Machern der Seite Jockeys in Deutschland. Dann wurde Woodburn doch Trainer, doch es funktionierte nicht so recht, weil er einfach zu wenig Pferde hatte. Es sind aber auch schlechte Zeiten für Trainer. Alles Gute Kevin Woodburn und vielen Dank für einige große Momente auf der Rennbahn.