Donnerstag, 15. November 2012
Dettori, die Drogen und der Rennsport
Es ist zweifellos nicht das Jahr des Lanfranco, besser bekannt als „Frankie“, Dettori. Erst verlor er seinen langjährigen Stalljockey-Posten bei Godolphin und jetzt auch noch dieses Malheur: Der 41jährige Jockey wurde am 16. September in Longchamp positiv auf eine verbotene Substanz gestestet. Genaueres ist noch nicht unbekannt, auch wenn manche Zeitung von Kokain als verbotene Substanz spricht. Dettori will sich erst in der nächsten Woche auf einer Anhörung äußern, erklärte sein Rechtsanwalt. Wenn er für schuldig befunden wird, droht ihm eine weltweite lange Sperre.
Nun könnte es dem gebürtigen Italiener doch eigentlich egal sein: Er befindet sich quasi im Herbst seiner Karriere, hat fast alle wichtigen Rennen der Welt gewonnen, Millionen dabei verdient und ist einer der besten Jockeys der Welt. Eigentlich könnte er doch Schluss machen, ein gemütlicheres Leben führen und sich um seine Kinder kümmern.
Wer allerdings den Dettori der letzten Jahre erlebt hat, der hat von Müdigkeit wenig gespürt. Gut, die Trefferquote ist in diesem Jahr nicht mehr so hoch wie in den Jahren zuvor. Das mag aber auch daran liegen, dass er bei Godolphin nicht mehr automatisch die erste Wahl hatte, sondern Mikael Barzalona und Silvestre da Sousa gleiche Rechte haben. Und jetzt der fehlgeschlagene Test: Das mit dem Wendepunkt der Karriere (Guardian) hat schon seine Richtigkeit.

Moralapostel
Schon wetzen viele die Messer. Natürlich sollten Jockeys keine Drogen nehmen - wie jeder andere Sportler auch. Allerdings gibt es mildernde Umstände: zum Beispiel, dass Jockeys einen Stressjob haben und es ziemlich ungesund ist, wenn sie bei einer Größe von 1,70 Gewichte um die 50 kg auf die Waage bringen müssen und permanent Hunger haben. Noch 'mal: Das ist keine Absolution für etwaiges Fehlverhalten.
Jockeys und Drogen sind kein neues Problem. Gerüchte gibt es viele, konkrete Fälle weniger. 2008 stand der englische Top-Jockey Kieren Fallon 18 Monate am Zaun, weil er Kokain genommen hatte.
Dennoch kein Vergleich zum Profi-Radsport, wo in den letzten Jahren wohl jeder Top-Fahrer verbotene Substanzen nahm. Auch wenn Fallon damals das englische Turfzentrum Newmarket als „hotbed of drug abuse“ bezeichnete.
Das sei aber definitiv nicht so, zitiert der englische Independent Graham Locking, Geistlicher der Rennsport-Gemeinde. Auch in Newmarket sei der Gebrauch von Alkohol und Drogen eher durchschnittlich. „Die große Mehrheit der Leute, die im Rennsport arbeiten, führen normale Leben, arbeiten hart…“, so der Kaplan. Er fordert Fairness gegenüber Newmarkets bekanntestem Einwohner. Locking: „Niemand sollte mit dem Finger auf Frankie Dettori zeigen.“ Aber so sei das mit den Stars: Wenn sie sich als menschlich erwiesen und Fehler machen, werden viele Menschen zu Moralaposteln.