Da hat Michael Preetz, Manager des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin, Berlins Boulevard-Journaille aber mal ziemlich geleimt. Alle möglichen Namen hatten die Journalisten in die Trainerdiskussion bei Hertha gebracht – Stanislawski, Rangnick oder Thomas Doll, an den man sich in Dortmund nur mit Schaudern erinnert. Nur auf Otto Rehhagel kam keiner der findigen Leute von den Zeitungen mit den großen Buchstaben. Ausgerechnet dieser wird im zarten Alter von 73 Jahren Nachfolger von Michael Skibbe: Gemeinsam mit Assistenztrainer Rene Tretschok soll er die Hertha vor dem Abstieg in die 2. Liga retten.
Am Samstag blühte in der Bundesliga-Sendung auf WDR 2 schon wieder der Flachs. Zum Beispiel in Sachen Fußballtaktik a la Rehhagel: Ob denn Hertha wieder mit Libero agiere? Setzt Rehhagel wieder auf die Manndeckung? Feiert der gepflegte Oberlippenbart sein Comeback?
Am Sonntag präsentierte sich der Fußballlehrer in einem
Interview mit der
Bild am Sonntag in gewohnter Form. Er sei ab Montag Tag und Nacht für Hertha da – „und zwar immer pünktlich. Ich bin ein Vorreiter und erwarte Ordnung und Disziplin. Ich bin ein Preuße. Oder auch ein demokratischer Diktator.“ Oder: „Der Sinn des Lebens besteht in Arbeit – wie Immanuel Kant schon sagt.“
Experte für Fußball-Wunder
Doch bei allen Schrulligkeiten des gebürtigen Esseners: Otto Rehhagel ist ein hochgradig fähiger Fußball-Lehrer. Wer es schafft, mit dem Aufsteiger 1.FC Kaiserslautern Deutscher Meister zu werden und mit den griechischen Underdogs die Europameisterschaft zu holen, der muss schon einiges auf dem Kasten haben. Nicht zu vergessen die lange und erfolgreiche Zeit bei Werder Bremen mit Meistertiteln und Pokalsiegen. Es war diese Mischung aus Flexibilität und Starrsinn, die Rehhagel so erfolgreich machte. Nur in München beim FC Bayern scheiterte er – was auch nicht unbedingt gegen ihn spricht.
Jetzt also Hertha BSC. Die Berliner hatten im September 2011 beim Gastspiel in Dortmund eine taktisch sehr ausgereifte Vorstellung geboten und völlig verdient gewonnen. Das dachte nicht nur ich, dass die Verbindung mit Trainer Markus Babbel passt. Doch dann zofften sich Preetz und Babbel; Skibbe ersetzte Babbel, verlor fünf Spiele in Serie und musste gehen. Und in Berlin zittert man wieder um den Klassenerhalt.
Borussia Dortmund hatte mit einer ähnlichen Trainer-Lösung mal gute Erfahrungen gemacht: 2000 lösten Altmeister Udo Lattek und Matthias Sammer Bernd Krauss ab und hielten die Klasse.
Im Übrigen stimmt das gar nicht mit dem Libero. „Wir haben beim EM-Sieg 2004 mit Griechenland gar nicht mit Libero gespielt, sondern mit einer versetzten Viererkette. Ein Spieler, der nicht so schnell war, rutschte etwas heraus“, verriet der Meister im besagten
BamS-Interview. Das wäre also geklärt.