Schlenderhan gegen den Rest der Welt – so könnte man das Deutsche Derby 2011 am Sonntag in Hamburg-Horn charakterisieren. Da kann der deutsche Rennsport noch so kriseln, die Faszination des Derbies bleibt. Auch in diesem Jahr stellt diese Kolumne wieder die Starter im wichtigsten Rennen der Turfsaison vor. Eine erste Vorschau gab es bekanntlich
bereits im Mai, aber da waren die wichtigsten Vorbereitungsrennen noch nicht gelaufen.
1 Arrigo (Jens Hirschberger/Gestüt Schlenderhan): Sieger in der Union, dem wichtigsten Derby-Trial in Deutschland, gewann dort äußerst knapp gegen den Stallgefährten Ametrin, zeigte aber viel Speed. In den Bavarian Classics unterlag er hauchdünn Mawingo, ebenfalls aus Schlenderhan. Stehvermögen ist vorhanden, lief bislang nur auf gutem Boden, bevorzugt aber angeblich durchlässiges Geläuf.
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2 Ametrin (Jens Hirschberger/Gestüt Schlenderhan): Noch sieglos, zeigte aber seine bislang beste Form als Zweiter in der Union hinter Arrigo, wo er anfangs sogar noch etwas grün lief. Ein Pferd, das noch Reserven haben dürfte, aber ich bin bei Frontrennern im Derby immer etwas skeptisch – außer der Boden ist schwer. Das wird er wahrscheinlich nicht sein.
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3 Lindenthaler (Peter Schiergen/Gestüt Ebbesloh): In Deutschland noch unbesiegt, Sieger im Krefelder Busch-Memorial. Dort ging es aber über 1700 Meter. Danach war der Schiergen-Schützling chancenlos in einem französischen Gruppe 2-Rennen über 2200 Meter. Die vor ihm Placierten waren danach allesamt geschlagen – liefen aber auch in Top-Rennen. Leichte Fragezeichen zudem, ob die 2400 Meter für Lindenthaler nicht zu lang werden. Der Hengst ist nicht die Wahl des Stalljockeys.
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4 Mawingo (Jens Hirschberger/Gestüt Schlenderhan): Adrie de Vries durfte wählen und hat sich etwas
überraschend aus dem großen Schlenderhaner Aufgebot für Mawingo entschieden. Nach den reinen Leistungen ist das aber nachvollziehbar, unter anderem schlug er in einer Kampfpartie den Stallgefährten Arrigo in den Bavarian Classics. Dort ging es jedoch über 2000 Meter, ob er über die Derbydistanz von 2400 Meter kommt, ist als Sohn des Spitzenmeilers Tertullian durchaus fraglich.
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5 Ibicenco (Jens Hirschberger/Gestüt Schlenderhan): „Ein Rennen für den Richter“ meinten die Kommentatoren nach dem
Prix Du Lys, einem Gruppe 3-Rennen über 2400 Meter in Chantilly. Nur hauchdünn unterlag Ibicenco auf der französischen Derbybahn. Die Gegner würde ich mal als gute französiche zweite Wahl einschätzen, aber die Leistung sah schon sehr gut aus.
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6 Gereon (Christian Zschache/Christian Zschache): Das Pferd mit dem unglücklichen Rennverlauf in der Union, zumindest wäre Gereon noch näher an den zwei Erstplacierten gewesen, wenn er ein glattes Rennen gehabt hätte. Besitzertrainer Christian Zschache wechselte darauf den Jockey, statt Altmeister Georg Bocskai reitet jetzt mit Johnny Murtagh ein Top-Name der Szene. Zumindest lief Gereon wie ein Steher in der Union. Sehr gute Möglichkeiten, den Spieß diesmal umzudrehen.
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7 Saltas (Peter Schiergen/Gestüt Ittlingen): Der Ritt von Asterblüte-Stalljockey Andrasch Starke. Lief eigentlich nie richtig schlecht, aber immer fehlte der letzte Tick, um den Sieger zu gefährden.
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8 Brown Panther (Tom Dascombe/Owen Promotions Ltd.): „Das ist der deutsche Derbysieger 2011“ war meine erste spontane Reaktion. Gerade hatte Brown Panther mit der berühmten „Finger in der Nase“ die
King George V Stakes während der Rennwoche Royal Ascot gewonnen. Das war zwar nur ein Handicap, aber eines der Top-Kategorie. Die Sieger dieser Prüfung sind meist potenzielle Gruppe-Pferde. Bei Brown Panther können wir das potenziell vergessen, er dürfte noch zu ganz anderen Taten bereit sein. Es war der dritte Erfolg in Serie und bereits die Form aus Haydock, als der Scirocco-Sohn nach schlechtem Rennverlauf beschleunigte und noch leicht gewann, sah nach hohem Leistungsvermögen aus. Das einzige, was mich stört, ist die Tatsache, dass Brown Panther wahrscheinlich als Favorit an den Ablauf kommen wird.
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9 Theo Danon (Peter Schiergen/Stall D’Angelo): In der Union letztlich chancenlos, davor aber ein überzeugender Sieger im Hannoveraner Derby-Trial, wo er immerhin Ametrin schlug. Nach Abstammung nicht unbedingt ein sicherer Steher, auch fehlt vielleicht das letzte Stück Klasse.
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10 Silvaner (Peter Schiergen/Margot Herbert): Der Winterfavorit 2010, in diesem Jahr aber noch sieglos, zuletzt ohne echte Chance gegen Mawingo und Arrigo im Bavarian Classic. Steher, aber nur Außenseiter. Immerhin reitet ihn Terry Hellier, früher einmal ein Spezialist für die Wartetaktik. Das funktionierte in großen Prüfungen oftmals sehr gut, im Derby aber noch nie.
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11 Earl of Tinsdal (Andreas Wöhler/Sunrace Stables): Ein Pferd mit viel Kampfgeist und die Wahl von Stalljockey Eddie Pedroza. Für die letzte schwächere Form ist er entschuldigt, weil er ein Hufeisen verlor. Davor gewann der Wöhler-Schützling drei Mal in Serie, unter anderen den Frühjahrspreis des Bankhauses Metzler in Frankfurt. Läuft gerne von vorne, nur gewinnt man so nicht oft das Derby.
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12 Waldpark (Andreas Wöhler/Gestüt Ravensberg): Der Sohn der grandiosen Wurftaube, unter anderem Siegerin im Gerling-Preis und im St. Leger. Ihr Nachkommen hat noch eine weiße Weste, siegte im Mai als Dreijähriger mühelos im Ausgleich 3 und dann ebenfalls leicht im Iffezheimer Derbytrial. Nicht die Wahl des Stalljockeys, aber ein Pferd, das noch nicht alle Karten aufgedeckt haben könnte. Auf so starke Gegner traf er jedoch noch nie.
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13 Sommernachtstraum (Waldemar Hickst/Lars-Wilhelm Baumgarten, Sebastian J. Weiss): In dieser Kolumne im Mai angesagt und von mir zum Toto 200 gespielt. Normalerweise triumphieren Sieglose nicht im Derby und vielleicht kommt das Rennen noch etwas zu früh. Denn auch im Iffezheimer Derby-Trial lief der Scirocco-Sohn etwas grün. Zudem behinderte ihn der spätere Sieger Waldpark, Doch dann zog der Hengst noch einmal gut an, ohne Waldpark jedoch zu gefährden. Die längere Strecke wird ihm entgegenkommen. Und dann hoffen wir einfach mal auf ein glattes Rennen.
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14 Ordensritter (Horst Steinmetz/Stall Nizza): Die gleichen Farben gewannen einst mit Nicaron das Derby. Ordensritter dürfte jedoch kaum in dessen Fußstapfen treten – Riesen-Außenseiter.
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15 Tahini (Jens Hirschberger/Gestüt Schlenderhan): Der Schlenderhaner, der am höchsten am Toto stehen wird. Ganz chancenlos ist er nicht, zumal der Medicean-Sohn sein Stehvermögen schon mehrmals bewiesen hat und noch einiges an Reserven haben könnte. **
16 Appleby (Sascha Smrczek/Stall Schloss Benrath): Wer unbedingt einen Starter für eine lukrative Platz-Wette haben möchte, der sollte sich mal Appleby anschauen. Der ist zwar noch sieglos, lief aber bislang gar nicht so verkehrt. Zuletzt in der Bremer Derbyvorprüfung kam der Mamool-Sohn noch mit viel Speed auf Platz 2. Zudem hat Sascha Smrczek seine Pferde derzeit glänzend in Schuss. Allerdings muss sich Appleby schon ziemlich verbessern, um hier eine Platzchance zu haben.
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17 Mi Senor (Andreas Wöhler/Stall Darboven): Lange hielt er vorne stand im Bremer Derby-Trial, doch dann wurden ihm die 2200 Meter zu lang. Kein Wunder, war die Schwester Mi Emma doch eine Meilerin, aber eine von sehr hohem Format. Davon ist Mi Senor noch weit entfernt.
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18 Hoseo (Erika Mäder/Roswitha Sturm): Nach keiner bislang gezeigten Form hier mit dem Hauch einer Chance.
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Fazit: Das überragende deutsche Pferd fehlt in diesem Jahr, dafür hat Schlenderhan einen starken klassischen Jahrgang mit fünf Startern. Und erstaunlicherweise hält die Stallform eigentlich seit April. Ein Scirocco-Sohn wird gewinnen:
Brown Panther, der Schlenderhaner
Ibicenco oder als ganz verwegener Tipp
Sommernachtstraum.
Was bedeuten die Sterne
***** Top-Favorit
**** sehr gute Chancen
*** Chancen, wenn alles passt
** Außenseiter mit geringen Chancen
* Dabei sein ist alles.