Der März-Wahn: Cheltenheim, Tag 1
Vier Tage emotionaler Ausnahmezustand: Das Cheltenham Festival, die Mutter aller Meetings im Galopprennsport, steht vor der Tür. Jedes Rennen des Festivals für Hindernispferde ist ein Kracher, hier treffen sich wirklich die Top-Pferde aus England und Irland. Der Stellenwert der Veranstaltung in der englischen und irischen Öffentlichkeit ist enorm, seit Wochen haben Racing Post, Sportinglife oder Attheraces ausführliche Informationen im Netz und dreht sich zum Beispiel im englischen Racingforum die Diskussion fast nur noch um das Festival. Selbst am Bildschirm bekommt man die Begeisterung der Zuschauer mit. Und wir in der Galopp-Diaspora Deutschland schauen neidisch auf die Insel - einer der wenigen Zeitpunkte im Jahr, wo ich das mache. Die Vorschau auf den Dienstag, den 16. März.

Spinal Research Supreme Novices Hurdle (Grade 1), 2 m 110 y
Es beginnt sofort mit einem Knüller, denn in der ersten Prüfung für Novice-Hurdler läuft die große Hoffnung aus Irland: Dunguib gewann im letzten Jahr den Cheltenham Jumper (das Flachrennen für den Hindernisnachwuchs), ist in diesem Jahr noch ungeschlagen über Hürden und steht nach Form meilenweit über seine irischen Rivalen. Manche vergleichen ihn schon mit dem großen Champion-Hurdler Istabraq (siehe Video), mit 4/5 steht er unter-pari im Wettmarkt. Und das ist mir viel zu wenig in einem Rennen voller Kandidaten mit noch nicht voll erkanntem Potenzial, so gut der Wallach aus dem kleinen Quartier von Philip Fenton auch sein mag. Doch wer sind die Gegner? So richtig überzeugt mich keiner, auch wenn Get me out of here (Quote 6:1) immerhin gegen erfahrene Gegner die Totesport Trophy Hurdle in Newbury gewonnen. Also eher ein Rennen zum Schauen.

Irish Independent Arkle Trophy Chase (Grade 1), 2 m
Welche Qualitäten muss ein Sieger in einer dieser großen Novice-Jagdprüfungen haben? Er muss natürlich ein sicherer Springer sein, sollte gerade hier über 2 Meilen über einigen Speed verfügen und muss mit großen Feldern zurechtkommen. Und da fängt das Problem an: Denn gerade in England sind die meisten Novices-Chases quantitativ nur sehr dünn besetzt, betreten viele Pferde auf dem Festival neues Terrain. Hinzu kommt, dass die Rennen in Cheltenham in einem knackigen Tempo gelaufen werden. Captain Cee Bee hat immerhin 2008 die Supreme Novices Hurdle gewonnen und kommt mit den besten Formen in den irischen Novice Chases nach Cheltenham, auch wenn er in Leopardstown am letzten Hindernis fiel und so Sizing Europe den Sieg schenkte. Wenn er glatt über den Kurs kommt, dürfte er das zu schlagende Pferd sein. Sizing Europe trifft er wieder, auch Osana, 2008 Zweite in der Champion Hurdle, wird wahrscheinlich laufen. Von den heimischen Pferden sollten Somersby und Riverside Theatre die besten Chancen haben. Beide sind noch ungeschlagen über die großen Sprünge, die Formen wurden aber nicht unbedingt aufgewertet. Mein Tipp lautet Riverside Theatre. Er kommt aus dem Formquartier von Nicky Henderson mit vielen Vergleichsmöglichkeiten, sprang bislang tadellos und ist ein geschontes Pferd, dessen Leistungsgrenzen man noch nicht gesehen haben muss.
Tipp: Riverside Theatre

William Hill Trophy Handicap Chase, 3 m 110 y
Das erste richtige Minenfeld für Wetter: Ein großes Feld, in dem viele Pferde gute Chancen haben. Favoriten bei den Bookies sind The Package aus dem Quartier von David Pipe und Bensalem aus dem Stall von Alan King, bei zu Kursen von 5:1 erhältlich. Ich gehe aber mit Character Building (Kurs 10:1), im letzten Jahr Sieger in der Fulke Walwyn Kim Muir. Es ist erst sein zweite Start in dieser Saison und eigentliches Ziel ist das Grand National in Aintree. Der Quinn-Schützling mag aber Kurs und Boden und könnte als geschontes Pferd noch einiges im Tank haben.
Tipp: Character Building

Smurfit Kappa Champion Hurdle Challenge Trophy (Grade 1), 2m 110y
Eines der offensten Rennen seit Jahren, die große Vorschau gab es auf diesen Seiten schon vor Wochen. Nur dass Binocolar doch laufen wird, steht dort noch nicht. Ich bleibe dennoch bei meinen Tipps Punjabi und Celestial Halo.
Tipps: Punjabi, Celestial Halo (beide Sieg)

Glenfarclas Handicap Chase (Cross Country), 3m 7f
Man könnte es auch das Enda Bolgers-Rennen nennen, denn der irische Trainer und sein Besitzer J P Mac Manus haben quasi ein Gewinn-Abonnement. Den dritten Erfolg in Serie strebt Garde Champetre an, im November und Dezember ebenfalls über den Kurs erfolgreich. Der stärkste Gegner kommt mit L’Ami aus dem Bolger-Stall, Sizing Australia ist ein weiterer starker irischer Gast. Und ich hoffe, dass der ehemalige Grand National-Sieger Silver Birch (auch von der grünen Insel - woher sonst?) noch mal zu großer Form aufläuft und vielleicht zu einem anständigen Kurs die Bolger-Vormacht brechen kann.
Tipp: Garde Champetre

David Nicholson Mares' Hurdle, 2m 4f
Das Rennen für die Stuten, benannt nach einer ehemaligen englischen NH-Trainerlegende. Der „Duke“, so der Spitzname von David Nicholsen, hätte sich aber bestimmt einige chancenreiche Starterinnen aus seiner Heimat gewünscht. Auf dem Papier sieht es nach einem Zweikampf zwischen Vorjahressiegerin Quevega und Voler La Vedette aus. Quevega gewann 2009 mit dem berühmten Finger in der Nase, verletzte sich aber nach ihrem letzten Start im Mai und gibt ihr Jahresdebüt. Voler La Vedette gestaltete sieben ihrer neun Starts erfolgreich, das einzige Fragezeichen ist der Boden, weil sie immer nur auf weichem Boden siegte. Diese beiden stehen schon heraus, Easter Legend, trainiert von Emma Lavelle, könnte die beste einheimische Hoffnung sein.
Tipp: Eher was zum genießen, es kommen noch aufregende Tage.